Urteil des AG Königswinter vom 12.03.2008

AG Königswinter: grundsatz der erforderlichkeit, anwaltskosten, geschädigter, aufwand, vollstreckung, rechtskraft, wirtschaftlichkeitsgebot, wertminderung, verdienstausfall, haftpflichtversicherung

Amtsgericht Königswinter, 3 C 149/06
Datum:
12.03.2008
Gericht:
Amtsgericht Königswinter
Spruchkörper:
3. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 C 149/06
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Rechtskraft:
z.Zt. noch nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung
der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400 Euro
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin betreibt ein Mietwagenunternehmen.
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Die Parteien streiten sich über die Erstattung von Rechtsanwaltskosten anlässlich einer
Unfallschadensregulierung. Die Beklagte verursachte am 08.04.2006 einen
Auffahrunfall. Dabei wurde ein im Gewerbebetrieb der Klägerin eingesetzter PKW
beschädigt. Mit Anwaltsschreiben vom 22.4.2006 beanspruchte die Klägerin von der
hinter der Beklagten stehenden W AG Schadensersatz in Höhe von 22.482,22 Euro. In
diesem Anspruchsschreiben war keine Darstellung des Sachverhalts enthalten. Es
waren von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin lediglich die Schadenspositionen
aufgelistet und addiert worden. Unter anderem wurden vorgerichtliche Anwaltskosten
auf der Grundlage einer 1,3 fachen Geschäftsgebühr in Höhe von 859,00 Euro, später
auf 755,80 Euro reduziert, geltend gemacht. Es wurde eine Zahlungsfrist bis zum
12.5.2006 gesetzt. Jedoch bereits am 28.04.2006 erfolgte die Regulierung des geltend
gemachten Schadens mit Ausnahme der vorgerichtlichen Anwaltskosten, deren
Ausgleich mit der Argument, diese seien wegen des einfach gelagerten Sachverhalts
nicht erforderlich gewesen, verweigert wurde. Nachfolgende Vergleichsverhandlungen
führten nicht zum Erfolg. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 755,80 Euro
sind nunmehr streitgegenständlich.
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Die Klägerin meint, das Hinzuziehen eines Rechtsanwalts und die dadurch
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Die Klägerin meint, das Hinzuziehen eines Rechtsanwalts und die dadurch
verursachten Kosten seien für die Schadensregulierung erforderlich gewesen. Denn nur
so sei es zur Waffengleichheit zwischen den Parteien gekommen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 755,80 EUR nebst 5 % Zinsen p.a.
über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der EZB seit 07.06.2006 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, die Einschaltung eines Anwaltes und die damit
verbundenen Kosten seien wegen des einfach gelagerten Sachverhalts nicht
erforderlich gewesen. Vielmehr sei die geschäftlich erfahrene Klägerin gehalten
gewesen, zunächst selbst Kontakt mit der gegnerischen Versicherung aufzunehmen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Klägerin steht kein Anspruch aus § 7 StVG auf Erstattung der vorgerichtlichen
Anwaltskosten zu. Es handelt sich hierbei nicht um einen zur Schadensbeseitigung
erforderlichen Aufwand im Sinne des § 249 BGB
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Nach § 249 BGB kann als erforderliche Herstellungskosten nur der Aufwand als
Schadenersatz verlangt werden, den ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig
denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig
halten darf. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten
Wirtschaftlichkeitsgebot ist der Geschädigte gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren
von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu
wählen.
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Ein Geschädigter in der Situation des Klägers, der die Kosten der Rechtsverfolgung
hätte selbst tragen müssen, hätte zunächst zur vorgerichtlichen Schadensregulierung
keinen Anwalt eingeschaltet.
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Bei der Klägerin handelt es sich um eine Mietwagenunternehmerin, die am
Wirtschaftsleben beteiligt ist. Hinzu kommt, dass der Ablauf einer
Unfallschadensregulierung auf Grund der Vielzahl weiterer Schadensfälle vor dem
streitgegenständlichen Unfallereignis der Klägerin bekannt gewesen sein dürfte.
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Der Unfallhergang und die alleinige Einstandspflicht der Beklagten war unstreitig. Das
folgt bereits aus dem anwaltlichen Aufforderungsschreiben vom 22.4.2006, dem eine
eigene Sachverhaltsschilderung nicht beigefügt war.
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Auch die Schadensbezifferung war für einen wirtschaftlich erfahrenen Laien ohne große
Probleme möglich. Der Umfang des Sachschadens folgte aus dem Schadensgutachten
wie auch die Wertminderung. Sachverständigen - und Abschleppkosten ergaben sich
aus entsprechenden Rechnungen. Der Verdienstausfall/Gewinnentgang bezifferte sich
nach Erfahrungswerten für das Unternehmen der Klägerin.
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Vor diesem Hintergrund hätte ein Geschädigter mit dem Wissens- und Kenntnisstand
der geschäftlich erfahrenen Klägerin, der die Kosten der Rechtsverfolgung selbst tragen
müsste, sich zunächst selbst an die gegnerische Haftpflichtversicherung gewandt. Erst
bei einem Bestreiten der Forderung dem Grunde oder der Höhe nach hätte ein
wirtschaftlich denkender Geschädigter in der Situation der Klägerin einen Anwalt
eingeschaltet.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 I, 708 Nr.1, 711 ZPO
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Streitwert: 755,80 EUR
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