Urteil des AG Köln vom 01.04.2010

AG Köln (wiederherstellung des ursprünglichen zustandes, stadt, fassade, zeitpunkt, finanzierung, kläger, verwaltung, ausgleich, klagefrist, umstände)

Amtsgericht Köln, 202 C 329/09
Datum:
01.04.2010
Gericht:
Amtsgericht Köln
Spruchkörper:
Abt. 202
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
202 C 329/09
Tenor:
Der unter TOP 3 auf der Eigentümerversammlung vom 20.10.2009
gefasste Beschluss über die Beauftragung der Arbeiten zur
Wärmedämmung und Instandsetzung der bahndammseitigen Fassade
N. Straße 27a und 29a, 50674 Köln sowie deren Finanzierung durch
Erhebung einer Sonderumlage wird für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem
Urteil vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Die Parteien sind die Mitglieder der im Rubrum näher bezeichneten
Wohnungseigentümergemeinschaft. Am 20.10.2009 fand eine Eigentümerversammlung
statt, in der zu TOP 3 über die Beauftragung der Arbeiten zur Wärmedämmung und
Instandsetzung der bahndammseitigen Fassade der Häuser N. Straße 27a und 29a
sowie deren Finanzierung durch Erhebung einer Sonderumlage beschlossen wurde.
Wegen der Einzelheiten der Beschlussfassung wird auf das zu den Akten gereichte
Protokoll der Eigentümerversammlung vom 20.10.2009, Blatt 22 ff. der Gerichtsakten,
Bezug genommen. Die Beschlussfassung zu TOP 3 ficht der Kläger vorliegend an. Er
beanstandet, dass eine Wärmedämmung der Außenwände mit einer Stärke von 10 cm
beschlossen wurde, obwohl nach dem bestandskräftigen Bescheid der Stadt Köln –
Denkmalbehörde- vom 18.05.2009 lediglich eine Außendämmung von 7 cm genehmigt
worden sei. Insoweit stehe zu befürchten, dass die Denkmalbehörde die
Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verlange. Auch stehe zu befürchten,
dass die Stadt Köln die Durchführung einer Maßnahme in Abweichung des
Genehmigungsbescheides mit einer Geldbuße ahnden werde. Sollte der Inhalt des
Bescheides nicht mit den Bestimmungen der Energiesparverordnung vereinbar
gewesen sein, hätte es allein ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen, diesen
Bescheid innerhalb der Klagefrist anzufechten. Nach Ablauf der Klagefrist hätte
zunächst die Möglichkeit bestanden, eine Ausnahmeregelung gemäß § 24 Abs. 1 EnEV
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zu beantragen. Des Weiteren hätte es ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen,
zunächst zu prüfen, ob die Bauschäden nicht durch eine Kombination von Innen- und
Außendämmung behoben werden könnten.
Der Kläger beantragt,
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der unter TOP 3 auf der Eigentümerversammlung vom 20.10.2009 gefasste
Beschluss über die Beauftragung der Arbeiten zur Wärmedämmung und
Instandsetzung der bahndammseitigen Fassade N. Straße 27a und 29a sowie
deren Finanzierung durch Erhebung einer Sonderumlage wird für ungültig erklärt.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie tragen vor, dass wenn die Eigentümergemeinschaft eine Wärmedämmung nach DIN
und § 9 der Energieeinsparverordnung aufbringe, es sich um eine Wärmedämmung mit
einer Dämmschicht über alles von mindestens 10 cm Dicke handeln müsse.
Wärmedämmungen, die dickenseitig darunter liegen, blieben wirkungslos und
entsprächen nicht der Gesetzeslage. Hinzukomme, dass eine einheitliche Dämmdicke
auf der Fassade ohnehin nicht zu realisieren sei. Die Unebenheiten und
unterschiedlichen Wanddicken der historischen Wände führten dazu, dass ein
Ausgleich stattfinden müsse. Die notwendigen Ausgleichungen beliefen sich auf bis zu
3-4 cm, was zur Folge habe, dass bei einer Dämmdicke von maximal 7 cm die 3-4 cm
darin aufgehen müssten, mit der Folge, dass 7 cm -3-4 cm Ausgleich, also 3-4 cm
Dämmdicke übrig blieben. Bei einer generellen Auslegung der Dämmdicke auf 10 cm
würden durch die Ausgleichung dann rund 7 cm übrig bleiben. Der Kläger verkenne,
dass die Dämmstärke die notwendigen Ausgleichungen wegen der unterschiedlichen
Wandstärken und Unebenheiten zwischen 3 und 4 cm aufnehme. Zudem habe das Amt
für Denkmalschutz eindeutig zu verstehen gegeben, dass es eine Dämmstärke bis zu 10
cm tolerieren und nicht zum Gegenstand einer Beseitigungsverfügung machen werde,
zumal ja gewisse "Spielräume" nötig seien, um die Unebenheiten der Fassade
auszugleichen. Das vom Kläger geschilderte Horrorszenario werde nicht eintreten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet.
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Die Beschlussfassung der Eigentümerversammlung vom 20.10.2009 zu TOP 3
entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Dies folgt daraus, dass die
Beschlussfassung nicht in Einklang mit dem Bescheid der Denkmalbehörde der Stadt
Köln vom 18.05.2009 steht, und ebenfalls nicht in Einklang mit dem erstmals mit nicht
nachgelassenem Schriftsatz der Beklagten vom 11.03.2010 vorgelegten Bescheid der
Denkmalschutzbehörde der Stadt Köln vom 03.08.2009. Danach wurde sowohl
bezogen auf das Haus N. Straße 27a als auch auf das Haus N. Straße 29a die
Genehmigung einer Außendämmung der rückwärtigen Fassade inklusive Putz und
Anstrich der glatt geputzten Flächen von maximal 7 cm erteilt. Die Angebote, die der
Beschlussfassung zu TOP 3 zugrunde liegen, sehen jedoch sämtlich eine
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Wärmedämmung mit einer Dicke von 10 cm vor. Der angefochtene Beschluss zur
bahndammseitigen Fassadendämmung folgt einer Empfehlung der Architekten C. vom
16.04.2009 auf der Grundlage des von dem Sachverständigen Herrn Q. gefertigten
Gutachtens vom 27.03.2009. Zur Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden im Souterrain
und Erdgeschoss der Liegenschaft empfehlen diese eine Wärmedämmung von 8 cm.
Letztere soll nach dem Sachvortrag der Beklagten allerdings falsch oder überholt sein.
Bevor nicht abschließend geklärt ist, in welcher Dicke eine Wärmedämmung nun
tatsächlich erforderlich und auch unter Berücksichtigung der Vorschriften des
Denkmalschutzes genehmigungsfähig ist, kann nicht einfach im Vertrauen darauf, dass
die Stadt Köln auch eine dickere Wärmedämmung als die von ihr genehmigte dulden
wird, eine Wärmedämmung von 10 cm aufgebracht werden. Dass seitens der Stadt Köln
zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 20.10.2009 eine rechtsverbindliche Zusage
dahin vorlag, gegen eine dickere Wärmedämmung als noch mit Bescheiden vom
18.05.2009 und 03.08.2009 genehmigt, nicht vorzugehen, ist nicht erkennbar.
Maßgeblich für die Beurteilung der Frage der Ordnungsgemäßheit eines
Eigentümerbeschlusses sind allein die Umstände zum Zeitpunkt der Beschlussfassung.
Das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 20.10.2009 gibt den Prozess der
Willensbildung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung detailliert wieder. Danach hat der
Architekt C. darauf hingewiesen, dass der "Denkmalschützer" lediglich eine
Außendämmung von 7 cm genehmigt habe, allerdings mit dem Hinweis, dass er nicht
nachmessen werde. Sodann hat der Architekt C. erläutert, dass sämtliche Angebote
eine Dämmung mit einer Stärke von 10 cm beinhalten. Daraufhin hat der Beklagte Dr. U.
erklärt, noch einmal mit dem Denkmalschützer, Herrn Dr. H., über die Stärke der
Dämmung Rücksprache zu halten. Sodann erfolgte die Beschlussfassung über eine
Außendämmung mit einer Stärke von 10 cm. Auch lässt sich der Beschlussfassung
nicht entnehmen, dass die Dämmung unter Berücksichtigung des Ausgleichs von
Unebenheiten zwischen 3 und 4 cm auf maximal 10 cm ausgelegt ist, sondern ist davon
auszugehen, dass sie allerorts 10 cm beträgt. Der Ausgleich von Unebenheiten
zwischen 3 und 4 cm war erkennbar nicht Gegenstand der angefochtenen
Beschlussfassung. Eine Beschlussfassung, die vor dem eindeutigen Wortlaut der
Bescheide der Denkmalschutzbehörde darauf vertraut, dass eine bewusste
Überschreitung der genehmigten Maße entweder seitens der Ordnungsbehörde nicht
bemerkt, oder aber für die Zukunft geduldet werde, entspricht nicht ordnungsgemäßer
Verwaltung. Die Wohnungseigentümer konnten sich auch nicht darauf verlassen, dass
ein anderer Sachbearbeiter der Denkmalbehörde ebenfalls "nicht nachmessen" werde
oder den nicht genehmigten Zustand in Zukunft dulden werde. Insoweit hätte zum
Zeitpunkt der Beschlussfassung der Eigengemeinschaft zumindest eine entsprechende
schriftliche Stellungnahme der Denkmalbehörde vorliegen müssen, was jedoch nicht
der Fall war. Ob die Denkmalbehörde nunmehr wegen etwaiger besonderer
bauphysikalischer Verhältnisse eine Überschreitung der ursprünglich genehmigten
Maße genehmigt hat oder genehmigen wird ist für den Ausgang des vorliegenden
Rechtsstreits unerheblich, da es- wie bereits oben erwähnt- für die Beurteilung der
Rechtmäßigkeit eines Eigentümerbeschlusses auf die Umstände zum Zeitpunkt der
Beschlussfassung ankommt. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass
die ebenfalls unter TOP 3 beschlossene Finanzierung der Wärmedämmung durch
Erhebung einer Sonderumlage keinen Bestand haben konnte.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 ZPO.
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Streitwert: 27.500,- Euro
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