Urteil des AG Köln vom 02.06.2009

AG Köln: positive feststellungsklage, avb, behandlung, physiotherapie, mindeststandard, leistungsausschluss, bademeister, gemeinschaftspraxis, leistungsklage, bezifferung

Amtsgericht Köln, 146 C 62/09
Datum:
02.06.2009
Gericht:
Amtsgericht Köln
Spruchkörper:
Abteilung 146
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
146 C 62/09
Tenor:
1.)Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2.)Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3.)Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte
durch Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des vollstreckungsfähigen
Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
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Zugunsten der Klägerin besteht bei der Beklagten eine private
Krankheitskostenversicherung nach dem Tarif AD 1. Die allgemeinen
Versicherungsbedingungen und die Tarifbedingungen waren vereinbart. Die Klägerin
befand sich aufgrund ärztlicher Verordnung nach einer Schulterverletzung in ambulanter
Behandlung im Zentrum für private Therapie in Frankfurt. In der Zeit vom 24. Oktober bis
zum 28. November 2007 fanden zwölf Behandlungen statt, die mit Rechnung vom 17.
Januar 2008 mit einem Betrag von 973,02 € in Rechnung gestellt wurden. Durchgeführt
wurden Lymphdrainagen, manuelle Therapien, Wärmepackungen und
Krankengymnastik an Geräten. Da die Beklagte die Erstattung der Rechnung ablehnte,
begehrt die Klägerin mit der vorliegenden Klage die Feststellung, dass die Beklagte
verpflichtet sei, sie von den Kosten für die Heilbehandlungen bei der Praxis für
Physiotherapie freizustellen.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass die vorliegende Feststellungsklage zulässig sei. Ein
Anspruch ergebe sich vorliegend aus § 4 Nr. 3.2 a der AVB. Diese Klausel sei
mehrdeutig. Da es sich um eine Risikobeschränkungsklausel handele, sei sie eng
auszulegen, so dass sie zu Lasten des Klauselverwenders anzuwenden sei. Aus
diesem Grund sei davon auszugehen, dass sich das Erfordernis der eigenen Praxis
gemäß § 4 Nr. 3.2 a AVB lediglich auf die medizinischen Bäder beziehe. Ansonsten
würde dies eine weitere Einschränkung des Leistungsumfangs und Verwirklichung des
Schutzes des Versichertengemeinschaft bedeuten, wenn der Zusatz in § 4 sich auf alle
dort genannten Heilbehandler beziehen würde. Hilfsweise wendet die Klägerin ein,
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dass die Klausel § 4 Nr. 3.2 a AVB unwirksam sei. Diese Klausel verstoße gegen § 307
Abs. 2 Nr. 2 BGB, weil sie wesentliche Pflichten der Beklagten, die sich aus der Natur
des Vertrages ergeben, gefährden würde, in dem sie fordere, dass der jeweilige
Physiotherapeut seine Praxis alleine führe.
Die Klägerin beantragt
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1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Klägerin von den Kosten für
die Heilbehandlungen bei der Praxis für Physiotherapie freizustellen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die im außergerichtlichen Verfahren
entstandene Geschäftsgebühr i. H. v. 155,20 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozent
über dem Basiszinssatz seit dem 31. Januar 2009 zu zahlen, soweit diese nicht
auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte rügt die Zulässigkeit der Klage.
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Die Beklagte stützt ihre Leistungsablehnung auf § 4 Abs. 3.2 AVB. Die
Voraussetzungen seien vorliegend in dem Zentrum für private Therapie nicht gegeben.
Geschäftsgegenstand dieser GmbH seien Angebote zur körperlichen Ertüchtigung und
ganz allgemeine Freizeitangebote. Die Regelung des § 4 Abs. 3.2 AVB sei auch
wirksam. Es solle durch sie sichergestellt werden, dass ein Mindeststandard an
technischen Voraussetzungen zugunsten des Versicherungsnehmers ebenso wie die
medizinischen Leistungen durch entsprechendes Personal sach- und fachgerecht
sichergestellt werden. Im Übrigen bestehe kein Anspruch auf Erstattung, da nach Ziffer
2.1 der vereinbarten Tarifbedingungen nur ein Erstattungsanspruch hinsichtlich
physikalisch-medizinischer Maßnahmen bestehe, soweit die Leistungen im Rahmen der
in Deutschland üblichen Preise berechnet werde. Da es an einer amtlichen Taxe für die
Leistungen der Physiotherapeuten fehle, sei die übliche Vergütung anhand der
beihilfefähigen Höchstsätze vorzunehmen. Insoweit sei vorliegend allenfalls ein Betrag
von 745,90 € erstattungsfähig.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen
Akteninhalt Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist nicht zulässig.
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Denn es fehlt vorliegend das Feststellungsinteresse. Ein solches muss verneint werden,
wenn das Urteil nicht zu einer abschließenden Klarstellung des Streits führen würde
und praktisch nichts mehr regeln könnte. Vorliegend hätte die Klägerin im Hinblick auf
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die Rechnung vom 17. Januar 2008 positive Leistungsklage erheben können. In einem
solchen Fall fehlt das Feststellungsinteresse für die positive Feststellungsklage, da dem
Kläger die Klage auf fällige Leistung, insbesondere Bezifferung möglich und zumutbar
ist (BGH, NJW 06, 248).
Die Klage wäre jedoch auch unbegründet.
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Denn im vorliegenden Fall ist ein Anspruch der Klägerin im Hinblick auf § 4 Abs. 3.2
AVB ausgeschlossen. Zwar handelte es sich bei den Behandlungen der Klägerin um
physikalisch-medizinische Leistungen nach Abschnitt E der GOÄ, die grundsätzlich
erstattungsfähig sind. Jedoch wurden diese Leistungen nach dem unwidersprochenen
Vortrag der Beklagten in einem Zentrum für private Therapie, dem sogenannten Medical
Department der Venture Lease Deutschland GmbH durchgeführt. Neben
physiotherapeutischen Maßnahmen bietet dieses Institut auch Leistungen zur
körperlichen Ertüchtigung und allgemeine Freizeitangebote an. Für eine solche
Institution besteht vorliegend gemäß § 4 Abs. 3.2 AVB ein Leistungsausschluss, da die
physikalisch-medizinischen Leistungen nicht von einem in eigener Praxis tätigen
Masseur, Bademeister, Krankengymnast oder Physiotherapeuten ausgeführt werden.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist diese Klausel aufgrund des Wortlautes und des
Satzbaus eindeutig so auszulegen, dass die physiotherapeutischen Maßnahmen nur
dann erstattet werden, wenn sie durch einen in eigener Praxis tätigen
Physiotherapeuten erbracht werden. Denn durch die Aufzählung der einzelnen
Berufsgruppen im physikalisch-medizinischen Bereich wird deutlich, dass sämtliche
Behandlungen der dort aufgezählten Berufsgruppen nur dann erstattungsfähig sind,
wenn sie in eigener Praxis durchgeführt werden. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem
Grund sich dieser Zusatz "in eigener Praxis" allein auf den medizinischen Bademeister
beziehen soll.
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Die Klausel des § 4 Nr. 3.2 AVB ist auch nicht unwirksam. Durch diese Klausel soll
sichergestellt werden, dass bei der Behandlung des Versicherungsnehmers ein
Mindeststandard an technischen und hygienischen Voraussetzungen sichergestellt
werden, ferner soll dafür Sorge getragen werden, dass die medizinischen Leistungen
durch entsprechendes Personal sach- und fachgerecht erbracht werden. Wenn man
weiter berücksichtigt, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten in dem
Zentrum für private Therapie auch Angebote zur körperlichen Ertüchtigung und ganz
allgemeine Freizeitangebote Geschäftsgegenstand sind, so wird durch die Anwendung
dieser Klausel im Übrigen verhindert, dass neben den Heilmitteln auch noch darüber
hinaus allgemeine Gesundheitsleistungen als Heilmittel abgerechnet werden. Mithin
besteht nur eine Erstattungspflicht der Beklagten, wenn die Behandlung der Klägerin
von einem Physiotherapeuten in eigener Praxis durchgeführt worden wäre. Dem
widerspricht auch nicht die Argumentation der Klägerin, dass damit der größte Teil der
physiotherapeutischen Praxen aus dem Leistungsbereich des Versicherers
herausgenommen würden, da überwiegend diese Praxen als Gemeinschaftspraxen
geführt würde. Bei einer Gemeinschaftspraxis sind jedoch mehrere Physiotherapeuten
in eigener Praxis tätig, nämlich in Gemeinschaft, so dass der Leistungsausschluss in
diesem Fall keine Anwendung finden würde.
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Mithin war davon auszugehen, dass die Beklagte zu Recht im vorliegenden Fall die
Erstattung der Rechnung vom 17. Januar 2008 abgelehnt hat. Daher war die Klage
abzuweisen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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