Urteil des AG Hohenschönhausen vom 01.01.2005

AG Hohenschönhausen: treu und glauben, abrechnung, wohnung, vermieter, betriebskosten, nachzahlung, einsichtnahme, akte, aufwand, vollstreckung

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Gericht:
AG
Hohenschönhausen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 C 56/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 242 BGB, § 273 BGB, § 556
BGB
Betriebskostenabrechnung bei Wohnraummiete: Anspruch des
Mieters auf Kopien der Belege gegen Kostenerstattung
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 947,51 € nebst 5% Zinsen über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 €
abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Nachzahlung aus einer
Betriebskostenabrechnung.
Zwischen der Klägerin als Vermieterin und der Beklagten als Mieterin wurde mit Wirkung
vom 1. November 2002 ein Mietvertrag über eine im Hause K Straße .., B, gelegene 5-
Zimmer-Wohnung geschlossen. Dabei trafen die Parteien eine Vereinbarung über die
Zahlung der Betriebskosten durch die Beklagte im Wege der Vorauszahlung und die
Abrechnung der Betriebskosten durch die Klägerin. Wegen der weiten Einzelheiten des
Vertrages wird auf die zur Akte gereichten Abschriften des Vertrages nebst Anlagen (Bl.
12ff d.A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 16. August 2004 sandte die Klägerin der Beklagten, die
zwischenzeitlich aus der Wohnung ausgezogen war, an ihre jetzige Anschrift die
Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2003. Diese ergab hinsichtlich der Heiz- und
Warmwasserkosten eine Nachzahlung von 803,74 € und hinsichtlich der kalten
Betriebskosten eine solche in Höhe von 143,77 €. Die Klägerin verlangte mit ihrem
vorgenannten Schreiben von der Beklagten die Nachzahlung des Gesamtbetrages von
947,51 €. Wegen der Einzelheiten des Schreibens der Klägerin und der Abrechnung wird
auf die zur Akte gereichten Abschriften (Bl. 25ff d.A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 31. August 2004 ließ die Beklagte die
Klägerin auffordern, ihr sämtliche den Abrechnungen zugrunde liegenden Belege in
Ablichtung zu übersenden, wobei sie sich zur Zahlung eines Kostenbeitrages in Höhe
von 0,25 € pro Fotokopie bereit erklärte (Bl. 69 d.A.). Mit Schreiben vom 2. September
2004 teilte die Klägerin den Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit, dass diese oder
die Beklagte persönlich Einsicht in die Unterlagen in den Geschäftsräumen der Klägerin
nehmen könnten. Die Übersendung der Kopien lehnte sie ab. Daraufhin teilten die
Prozessbevollmächtigten der Beklagten der Klägerin durch Schreiben vom 8. September
2004 mit, dass sie es ablehnten, die Einsichtnahme in die Unterlagen bei der Klägerin
durchzuführen.
Nachdem der Beklagten am 31. Dezember 2004 ein sich auf die streitgegenständliche
Forderung beziehender Mahnbescheid zugestellt worden war, verlangt die Klägerin
nunmehr mit der Klage die Zahlung des von ihr errechneten Nachzahlungsbetrages in
Höhe von 947,51 €.
Die Klägerin meint, sie sei nicht verpflichtet gewesen, der Beklagten Kopien der
Abrechnungsbelege zu übersenden.
Nachdem die Klägerin die Klage hinsichtlich eines Teils des Zinsantrages
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Nachdem die Klägerin die Klage hinsichtlich eines Teils des Zinsantrages
zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 947,51 € nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet die Höhe der für die Heiz- und Warmwasserkosten in Ansatz gebrachten
Beträge und meint, auch weitere Positionen der Betriebskostenabrechnung seien zum
Teil nicht umlagefähig und zum Teil der Höhe nach nicht nachvollziehbar. Außerdem
seien die Vorauszahlungen zu niedrig bemessen gewesen.
Ferner meint die Beklagte sie müsse den Nachzahlungsbetrag auch deshalb nicht
leisten, weil die Klägerin ihr die angeforderten Unterlagen nicht zugesandt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Inhalt
der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Inhalt der Akte
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch gemäß § 535 Abs. 2 BGB
i.V.m. den getroffenen Vereinbarungen über die Abrechnung von Betriebskosten auf
Nachzahlung eines Betrages von 947,51 € zu.
Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über die im Hause K Straße ..
gelegene 5-Zimmer-Wohnung. Die Parteien hatten vereinbart, dass die Beklagte
Vorauszahlungen für die Betriebskosten zu leisten und die Klägerin die Abrechnung
durchzuführen hatte. Aufgrund der Abrechnung ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf
Nachzahlung des im Schreiben vom 16. August 2004 bezeichneten Betrages von 947,51
€.
Aus den Einwendungen der Beklagten ergibt sich nicht, dass die Klägerin zu hohe bzw.
nicht umlegbare Kosten in Ansatz gebracht hat. Soweit die Beklagte hinsichtlich der
Heizkostenabrechnung eingewandt hat, die Kosten seien zu hoch und müssten daher
bestritten werden, stellt dies kein substantiiertes Vorbringen dar. Die Klägerin hat
ihrerseits ihre Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung vorgelegt, aus der sich im
Einzelnen ergibt, welche konkreten Kosten angefallen waren und wie diese auf die
Wohnung der Beklagten umgelegt worden sind. Die Abrechnung ist in allen Einzelheiten
rechnerisch nachvollziehbar, so dass sich die Beklagte nicht darauf zurückziehen kann,
die Höhe der Kosten zu bestreiten. Aus diesem Bestreiten wird nämlich schon nicht
erkennbar, welche konkreten Einwände die Beklagte überhaupt erheben will. Die Klägerin
hat die ihr insgesamt angefallenen Kosten in Ansatz gebracht und nach den in der
Wohnung der Beklagten gemessenen Verbrauchswerten abgerechnet. Diesbezüglich hat
die Beklagte noch nicht einmal dargelegt, ob sie die Gesamtkosten oder aber die für ihre
Wohnung in Ansatz gebrachten Verbrauchskosten bestreiten will. Hinsichtlich der
Heizkosten hat die Klägerin die Abrechnung auf die abgelesenen Stricheinheiten
gestützt, hinsichtlich des Wasserverbrauchs auf die ermittelte Verbrauchsmenge in
Kubikmetern. Soweit die Beklagte eingewandt hat, der in Ansatz gebrachte
Wasserverbrauch von 86,74 cbm erscheine als zu hoch, ist auch dies nicht hinreichend
substantiiert. Vielmehr hätte die Beklagte ihrerseits dazu vorzutragen gehabt, welcher
konkrete Verbrauch tatsächlich vorgelegen habe. Daran fehlt es jedoch.
Auch die weiteren Einwendungen gegen die im einzelnen bezeichneten Positionen zur
Gartenpflege, zur Hausreinigung/Schädlingsbekämpfung, zur Müllabfuhr und zu den
Sonstigen Betriebskosten ist nicht geeignet, Fehler der Abrechnung erkennen zu lassen.
Auch insofern wäre es Sache der Beklagten gewesen, sich mit den angesetzten
Beträgen im Einzelnen auseinander zu setzen und darzulegen, welche konkreten Kosten
die Klägerin ihrer Ansicht nach zu viel angesetzte habe. Auch daran fehlt es hier. So hat
sich die Beklagte lediglich darauf beschränkt, die angesetzten Kosten als nicht
nachvollziehbar zu bezeichnen. Sie hat sich jedoch mit den der Klägerin tatsächlich
entstandenen Kosten in keiner Weise auseinandergesetzt und insbesondere nicht
dargelegt, in welcher Höhe diese tatsächlich angefallen sein sollen. Dies aber wird einem
substantiierten Vorbringen ebenfalls nicht gerecht. Das unsubstantiierte Vorbringen der
Beklagten dürfte maßgeblich dadurch beeinflusst sein, dass sie keine Einsicht in die
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Beklagten dürfte maßgeblich dadurch beeinflusst sein, dass sie keine Einsicht in die
Unterlagen der Klägerin genommen hat. Die Einwendungen stehen daher dem
Zahlungsanspruch der Klägerin nicht entgegen.
Der Beklagten steht auch kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der klägerischen
Forderung im Hinblick darauf zu, dass diese ihr die angeforderten Fotokopien der Belege
nicht übersandt hatte. Zu einer solchen Einsichtnahme ist der Mieter gegenüber dem
Vermieter allerdings berechtigt. Daraus wird in Rechtsprechung und Literatur die
Schlussfolgerung gezogen, dass dem Mieter gemäß § 273 BGB dann ein
Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Nachforderung des Vermieters zusteht, wenn
ihm eine solche Einsichtnahme nicht ermöglicht wird. Davon kann im vorliegenden Fall
jedoch nicht ausgegangen werden. Denn die Beklagte hat das Angebot der Klägerin
nicht wahrgenommen, die Unterlagen in ihren Geschäftsräumen einzusehen. Vielmehr
hatte sie darauf bestanden, dass die Klägerin ihr die angeforderten Kopien übersendet.
Es wird zwar teilweise die Auffassung vertreten, dass der Mieter gegenüber dem
Vermieter einen Anspruch auf Übersendung der Kopien der Rechnungsbelege habe und
nicht darauf verwiesen werden könne, die Einsicht bei dem Vermieter zu nehmen (LG
Duisburg, WuM 2002, 32f; Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und
Gewerberaummiete, 3. Aufl. 2002, Abschnitt I, Rn. 17). Dem wird jedoch durch die
überwiegende Rechtsprechung und Literatur mit der Erwägung entgegengetreten, dass
es dem Mieter im Regelfall zugemutet werden kann, den für den Vermieter einfacheren
und weniger belastenden Weg der direkten Einsichtnahme in die Originalbelege bei dem
Vermieter zu nehmen. Entscheidend ist dabei die Überlegung, dass für den Vermieter
mit der bloßen Vorlage der Unterlagen eine deutlich geringere Belastung für sich bzw.
das für ihn tätige Personal entsteht, als wenn sämtliche Unterlagen kopiert und an den
Mieter übersandt werden müssten (KG, GE 2004, 423f; LG Berlin, GE 2002, 860; GE
2003, 121; LG Zwickau, WuM 2003, 271; Palandt-Weidenkaff, Komm. z. BGB, 64. Aufl.
2005, § 535, RN 97). Maßgebend ist hier unter Berücksichtigung der Grundsätze von
Treu und Glauben eine Abwägung, ob dem Mieter das Aufsuchen der Geschäftsräume
des Vermieters zur Überprüfung der Unterlagen zuzumuten ist oder nicht. Im
vorliegenden Fall unterhält die Klägerin ihre Geschäftsräume in der L Straße in B-H. Nur
wenige Straßenzüge von dem Geschäftssitz entfernt befindet sich die vermietete
Wohnung. Die Beklagte ist nach ihrem Umzug auch im gleichen Bezirk verblieben. Ein
Blick auf den Stadtplan lässt erkennen, dass ihre jetzige Wohnung sogar noch etwas
näher an den Geschäftsräumen der Klägerin liegt. Es wäre ihr daher ein Leichtes
gewesen, die Unterlagen bei der Klägerin einzusehen. Auf der anderen Seite würde
entgegen der von Langenberg vertretenen Auffassung (vgl. oben) die Anfertigung und
Versendung der Kopien sämtlicher Belege für die Klägerin einen erheblichen Aufwand
darstellen, der ihr jedenfalls dann nicht zuzumuten ist, wenn wie hier die Beklagte ohne
weiteres die Geschäftsräume der Klägerin aufsuchen könnte. Dabei muss insbesondere
berücksichtigt werden, dass eine Wohnungsbaugenossenschaft wie die Klägerin
Wohnungen in erheblichem Umfang vermietet, wie aufgrund einer Vielzahl von anderen
Verfahren gerichtsbekannt ist. Wenn dem Mieter tatsächlich das uneingeschränkte Recht
zustehen würde, die Übersendung der Kopien von dem Vermieter zu verlangen, würde
dies dazu führen, dass die Klägerin in erheblichem Maße Kopierarbeiten durch ihre
Mitarbeiten durchführen lassen müsste. Ein Wohnungsunternehmen beschäftigt sich
jedoch mit der Vermietung von Wohnungen und kann nicht zwangsweise dazu
verpflichtet werden, nebenher quasi ein Kopiercenter zu unterhalten. Die
volkswirtschaftliche Erwägung, dass damit Arbeitsplätze geschaffen werden könnten,
verbietet sich im vorliegenden Rechtsstreit ohnehin. Hinzu kommt auch eine weitere
Erwägung: Wenn der Mieter tatsächlich die Unterlagen durch den Vermieter in Kopie
erhalten würde, so würde dies ggf. noch nicht dazu führen, dass er sich ein
abschließendes Bild über die Berechtigung der Forderung des Vermieters machen
könnte. Es könnten immer noch Einwendungen erhoben werden, die sich auf die Frage
beziehen würden, ob die übersandten Kopien vollständig sind ob sie tatsächlich den
Originalen entsprechen. Diese Einwände würden bei der Einsichtnahme in den
Geschäftsräumen des Vermieters gar nicht erst entstehen bzw. könnten ohne größeren
Aufwand sofort geklärt werden.
Im Ergebnis steht der Beklagten daher ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der
klägerischen Zahlungsforderung nicht zu. Sie ist daher dazu verpflichtet, an die Klägerin
den geltend gemachten Betrag von 947,51 € zu zahlen.
Der zuerkannte Zinsanspruch stützt sich auf §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 2,
288 Abs. 1 BGB. Mit Zustellung des Mahnbescheides am 31. Dezember 2004 war die
Beklagte in Verzug geraten, so dass sie jedenfalls ab dem Folgetage den gesetzlichen
Zinssatz aufzubringen hat.
Die Nebenentscheidungen folgen hinsichtlich der Kosten aus § 91 Abs. 1 ZPO und
22 Die Nebenentscheidungen folgen hinsichtlich der Kosten aus § 91 Abs. 1 ZPO und
hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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