Urteil des AG Herne vom 19.12.2007

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Amtsgericht Herne, 20 C 277/07
Datum:
19.12.2007
Gericht:
Amtsgericht Herne
Spruchkörper:
20. Abteilung des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 C 277/07
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 %-
punkten über dem Basiszinssatz aus 355,10 Euro vom 15.11.2006 bis
zum 17.07.2007 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Tatbestand entfällt gemäß § 313 a II ZPO.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist im Wesentlichen unbegründet; außer den zugesprochenen Zinsen auf die
geschuldeten Kosten des Sachverständigengutachtens in Höhe von 355,10 Euro steht
dem Kläger weitergehender Schadensersatzanspruch aus dem Verkehrsunfall nicht zu.
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Die grundsätzliche Haftung der Beklagten für die Folgen des Verkehrsunfalls vom
06.07.2007 steht außer Streit.
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Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der
beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Er hat hierzu den
Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung
erforderlichen Geldbetrages zu befriedigen und nicht etwa vom Geschädigten bezahlte
Rechnungsbeträge zu erstatten. Der tatsächliche Aufwand bildet freilich bei der
Schadensschätzung nach § 287 ZPO oft einen Anhalt zur Bestimmung des zur
Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 BGB. Indes ist der tatsächlich
aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schäden identisch.
Insbesondere kann die Berechnung des Schadens grundsätzlich nicht von etwaigen
rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen
Verbindlichkeiten abhängig gemacht werden, vgl. BGH NJW 2007, 1450. Wahrt der
Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der
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Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle
durchzuführen. Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigen Honorars, BGH am
angegebenen Ort.
Nach diesen Grundsätzen kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob die zwischen dem
Geschädigten und dem Sachverständigen getroffene Preisvereinbarung wirksam ist
oder nicht. Ebenso ist es nicht von Bedeutung, welche Vergütung bei fehlender
Honorarvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen von
Letzterem nach "billigem Ermessen" gemäß § 315 BGB bestimmt werden könnte.
Maßgeblich ist vielmehr, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach
den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur
Wiederherstellung Erforderlichen halten.
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Der Geschädigte ist zwar grundsätzlich berechtigt, zur Schadensfeststellung einen
qualifizierten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadensgutachtens zu
beauftragen. Er kann jedoch vom Schädiger nach § 249 BGB als erforderlichen
Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines
verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur
Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist nach dem
Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den
wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für
die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.
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Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von
Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des
Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet; hierfür haftet der Sachverständige.
Deshalb trägt eine an der Höhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars
dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand
Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die
Feststellung des wirtschaftlichen Werts der Forderung des Geschädigten ist, vgl. BGH
am angegebenen Ort. Dabei hat der BGH den Gerichten offen gelassen, ob sie die
erforderliche Höhe des Honorars mit sachverständiger Hilfe oder in geeigneten Fällen
im Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO treffen.
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Zumindest in Standardfällen erscheint es dem Gericht geboten, die Höhe der
Sachverständigengebühren nach § 287 ZPO zu schätzen. Grundlage dieser Schätzung
sind dabei für das Gericht die Ergebnisse der Verhandlungen der Beklagten und dem
Sachverständigenverband BVSK. Danach berechnet sich bei einer Nettoreparaturhöhe
von bis 2.300,00 Euro das Bruttoentgelt eines Sachverständigen auf 335,10 Euro. Hinzu
kommen 20,00 Euro Fahrtkostenzuschlag, so dass der von der Beklagten gezahlte
Betrag von 355,10 Euro ausreichend war, um die Position Sachverständigenkosten
ausreichend zu erfüllen.
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Die diesen Betrag übersteigende Klage musste abgewiesen werden.
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Zinsen stehen dem Kläger für den geschuldeten Betrag für den Zeitraum vom
15.11.2006 bis zur Zahlung des Betrages zu.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 ZPO; der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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