Urteil des AG Herford vom 08.12.2010

AG Herford (stpo, gesetzliche grundlage, verfolgung, bundesverfassungsgericht, beweisverwertungsverbot, vorschrift, abweichende meinung, örtliche polizei, sicherheit, polizei)

Amtsgericht Herford, 11 OWi-54 Js 1096/10-442/10
Datum:
08.12.2010
Gericht:
Amtsgericht Herford
Spruchkörper:
Abt. 11
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 OWi-54 Js 1096/10-442/10
Tenor:
Der Betroffene wird auf Kosten der Landeskasse, die auch seine
notwendigen Auslagen trägt,
f r e i g e s p r o c h e n .
Gründe:
1
A.
2
Mit Bußgeldbescheid des Kreises H. vom – wurde gegen den Betroffenen eine
Geldbuße in Höhe von 160,-- € festgesetzt. Außerdem wurde ein Fahrverbot für die
Dauer von einem Monat (unter Gewährung einer Abgabefrist für den Führerschein von
vier Monaten) angeordnet. Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, am als Fahrer eines
PKWs der Marke , amtl. Kennzeichen , in H. auf der außerorts gelegenen Straße die
durch Verkehrszeichen angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um
mindestens 41 km/h aus Fahrlässigkeit überschritten zu haben.
3
Die Geschwindigkeitsmessung wurde im Rahmen einer mobilen
Geschwindigkeitskontrolle festgestellt. Bei der Geschwindigkeitsmessung wurde ein
Radarmessgerät der Marke Multanova VR 6 F eingesetzt. Von dem gemessenen Pkw
und dem Fahrer wurde ein "Frontfoto" gefertigt. Der Pkw wurde nicht angehalten.
4
Im Laufe des Bußgeldverfahrens kam die Bußgeldbehörde zu dem Ergebnis, dass der
Betroffene als Fahrer identifiziert werden könne.
5
Der Betroffene hat gegen den Bußgeldbescheid rechtzeitig Einspruch eingelegt.
6
Der Betroffene machte im Laufe des Bußgeldverfahren entweder keine Angaben zur
Frage seiner Fahrereigenschaft oder aber er stritt seine Fahrereigenschaft ab. Im
Hauptverhandlungstermin berief sich der Betroffene auf sein Schweigerecht. Der
Betroffene rügte außerdem die Verwertbarkeit des Messfotos aus
verfassungsrechtlichen Gründen.
7
B.
8
Bei dieser Sachlage war es nicht möglich, den Betroffenen als Täter der festgestellten
Verkehrsordnungswidrigkeit zu identifizieren, so dass der Betroffene aus tatsächlichen
Gründen freizusprechen war.
9
Das ergibt sich aus Folgendem:
10
Zum Nachweis der Fahrereigenschaft des Betroffenen stand lediglich das im Rahmen
der Geschwindigkeitsmessung gefertigte "Frontfoto" zur Verfügung. Anderweitige
Beweismittel waren nicht gegeben. Es kam deshalb im Rahmen der Beweiswürdigung
auf die Frage an, ob die gefertigten Frontfotos von dem gemessenen Pkw-Fahrer trotz
des ausdrücklichen Widerspruches des Betroffenen zu Beweiszwecken verwertet
werden durften. Diese Frage hat das Gericht verneint. Für die gefertigten Frontfotos
bestand nämlich ein Beweiserhebungsverbot, welches aufgrund des ausdrücklichen
Widerspruchs des Betroffenen zu einem Beweisverwertungsverbot führte. Die Messfotos
konnten deshalb nicht zu Lasten des Betroffenen verwertet werden.
11
I.
12
Es bestand ein Beweiserhebungsverbot, weil die erforderliche gesetzliche Grundlage
für die Anfertigung der Messfotos fehlte.
13
1.
14
Für das erkennende Gericht bestand jahrzehntelang keine Veranlassung, sich für die
Frage einer gesetzlichen Grundlage für die Anfertigung von Messfotos im Rahmen von
Radarmessungen bzw. von Geschwindigkeitsmessungen durch stationäre
Messanlagen (Starenkasten) zu kümmern. Es war geradezu selbstverständlich, dass es
zulässig war, derartige Messfotos zu fertigen. Wenn überhaupt nach einer
Ermächtigungsgrundlage gefragt wurde, entnahm man diese aus den allgemeinen
Vorschriften der §§ 46 OWiG, 163 b I StPO.
15
a. Das erkennende Gericht hat mit Urteil vom 12.09.2008 – Aktenzeichen: 11 OWi 53
Js 2782/07 / (980/07) – ( DAR 2009, S. 97 ff ) gefordert, dass bei Lasermessungen
im Zweifelsfall Bildaufnahmen für eine Verurteilung erforderlich sind, wenn die
Aussage eines Polizeibeamten nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausreicht,
Messfehler auszuschließen. Bei dieser Entscheidung ist das erkennende Gericht
ohne weitere Begründung davon ausgegangen, dass die Anfertigung von
Bildaufnahmen ohne weiteres zulässig ist.
16
17
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 11.08.2009 ( NJW 2009, S. 3293
ff.) für die Anfertigung von durchlaufenden Videoaufzeichnungen im Rahmen einer
Geschwindigkeitskontrolle eine Rechtsgrundlage verlangt, weil durch hoheitliche
Bildaufnahmen in das Recht eines Bürgers auf seine informationelle Selbstbestimmung
18
eingegriffen werde. Für das verwendete Messsystem konnte das
Bundesverfassungsgericht die erforderliche Rechtsgrundlage nicht feststellen. Aufgrund
dieser überraschenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kam es
anschließend zu einer intensiven Suche nach einer gesetzlichen Rechtsgrundlage für
Bildaufnahmen im Straßenverkehr, wobei zwischen den sogenannten
verdachtsunabhängigen Aufnahmen und den verdachtsabhängigen Aufnahmen
unterschieden wurde (vgl. dazu: u. a.: Grunert, Anmerkung zum Beschluss des OLG
Bamberg vom 16.11.2009 ( DAR 2010, S. 26 ff ), und Elsner, DAR 2010, S. 164 ff.). In
der Folgezeit kam es zu einer Vielzahl unterschiedlicher Entscheidungen. Dabei wurde
für die sog. verdachtsunabhängigen Bildaufnahmen überwiegend angenommen, dass
eine Ermächtigungsgrundlage fehlte, was zu einem Beweiserhebungsverbot und
teilweise auch zu einem Beweisverwertungsverbot führte. Bei den sog.
verdachtsabhängigen Bildaufnahmen, also den Bildaufnahmen unmittelbar nach
Begehen einer Ordnungswidrigkeit, kamen etliche Gerichte zu der Erkenntnis, dass die
erforderliche Ermächtigungsgrundlage in § 100 h I Satz 1 Nr. 1 StPO in Verbindung mit
§ 46 OWiG zu finden sei.
b. Aufgrund dieser Entwicklung hat sich das erkennende Gericht zunächst der
Auffassung angeschlossen, dass die erforderliche Ermächtigungsgrundlage für
Bildaufnahmen im Straßenverkehr aus den §§ 46 OWiG, 100 h I Satz 1 Nr. 1 StPO
entnommen werden könne. Dementsprechend hat das erkennende Gericht es
weiterhin für zulässig erachtet, dass bei der Verkehrsüberwachung auch
Bildaufnahmen von Beifahrern gem. den §§ 46 OWiG, 100 h Abs. III StPO gefertigt
werden dürfen ( Beschluss AG Herford vom 12.04.2010, DAR 2010, S. 592 f. mit
Anmerkung Elsner ). Diese Rechtsauffassung hat das Gericht jedoch inzwischen
aufgrund erneuter Überprüfung der Sach- und Rechtslage aufgegeben, wie noch
im einzelnen darzulegen ist.
c. Inzwischen hat sich die Mehrzahl der Oberlandesgerichte dafür ausgesprochen,
als erforderliche Ermächtigungsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen
im Straßenverkehr den § 100 h I Satz 1 Nr. 1 StPO heranzuziehen ( vgl. u. a.: OLG
Bamberg, DAR 2010, S. 26, OLG Bamberg DAR 2010, S. 279, OLG Brandenburg,
DAR 2010, S. 280, OLG Düsseldorf, DAR 2010, S. 393, OLG Celle, DAR 2010, S.
476). Eine abweichende Meinung hat lediglich das OLG Düsseldorf im Beschluss
vom 09.02.2010 ( DAR 2010, S. 213 ff.) geäußert.
19
20
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 05.07.2010 ( DAR 2010, S. 508)
gegen die Heranziehung von § 100 h I Satz 1 Nr. 1 StPO als Ermächtigungsgrundlage
keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert. Es hat dabei u. a. ausgeführt, dass
es Sache der fachgerichtlichen Rechtsprechung sei, ob eine Ermächtigungsgrundlage
in bestimmten Vorschriften gefunden werden könne. Zur Anwendung von 100 h I Satz 1
Nr. 1 StPO heißt es dabei u. a.:
21
"Die Heranziehung dieser Rechtsgrundlage begegnet vielmehr keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken. Es handelt sich um eine Frage der Anwendung und
Auslegung einfachen Rechtes, die vom Bundesverfassungsgericht nicht zu überprüfen
22
ist."
Diese Rechtsauffassung hat das Bundesverfassungsgericht in einer weiteren
Entscheidung vom 12.08.2010 ( DAR 2010, S. 574 f.) wiederholt. Während es bei der
erstgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts um Bildaufnahmen im
Rahmen einer Geschwindigkeitskontrolle ging, ging es bei der zweiten Entscheidung
um Bildaufnahmen im Rahmen einer Abstandskontrolle. Bei dieser Abstandskontrolle
gab es einmal Bildaufnahmen zum Zwecke der Identifizierung des Fahrers, zum
anderen aber auch Bildaufnahmen im Rahmen von dauerhaft angefertigten
Übersichtsaufnahmen, bei denen eine Identifizierung des Fahrzeugs bzw. des Fahrers
nicht möglich war.
23
Das erkennende Gericht konnte den beiden Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts nicht entnehmen, dass für die vorliegende Sache eine Art
Sperrwirkung entstanden ist. Das Bundesverfassungsgericht hat es vielmehr
ausdrücklich den Fachgerichten überlassen, eine Ermächtigungsgrundlage für
Bildaufnahmen im Straßenverkehr zu finden. Es ist somit ohne weiteres zulässig,
abweichend von der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte, zu dem
Ergebnis zu kommen, dass eine solche ausreichende Ermächtigungsgrundlage nicht
gegeben ist. Im Übrigen hat sich das Bundesverfassungsgericht nicht mit der
Problematik auseinandergesetzt, die Grundlage der hier getroffenen Entscheidung ist.
Letztlich geht es nämlich bei den Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte
und den beiden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts immer nur um die
Frage, ob eine Ermächtigungsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen besteht,
in der das "Ob" der Zulässigkeit einer Bildaufnahme geregelt ist. Mit der weiteren Frage
des "Wie" und des "Warum" der Bildaufnahmen haben sich bisher die
Oberlandesgerichte und auch das Bundesverfassungsgericht nicht ausreichend befasst.
Insbesondere ist in den genannten Entscheidungen nicht ausreichend diskutiert worden,
ob und in welchem Umfange gesetzliche Maßnahmen und Regelungen erforderlich
sind, um einen Missbrauch von Bildaufnahmen bei der Straßenverkehrsüberwachung
zu verhindern. Es fehlt also eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema der
sogenannten "Abzocke", insbesondere durch vollautomatische
Verkehrsüberwachungsanlagen. Die angesprochenen Entscheidungen verschiedener
Oberlandesgerichte und die beiden Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht
konnten deshalb für das erkennende Gericht in der vorliegenden Sache nicht
verbindlich sein.
24
d) Das erkennende Gericht ist im August 2010 zu dem Ergebnis gelangt, dass es für
Bildaufnahmen zur Überwachung des Straßenverkehrs keine ausreichende
Ermächtigungsgrundlage gibt. Nunmehr stellte sich die Frage, ob aus einem
Beweiserhebungsverbot mangels einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage auch ein
Beweisverwertungsverbot folgt. Ein Beweisverwertungsverbot hätte nicht angenommen
werden können, wenn die Bundesregierung im Herbst 2010 die Absicht gehabt hätte,
die streitigen Fragen durch eine besondere gesetzliche Regelung zu lösen. Aus diesem
Grunde hat das Gericht in einem der jetzt entschiedenen Verfahren (11 OWi 64 Js 13/10
(32/10)) mit Schreiben vom 19.08.2010 beim Bundesjustizministerium in Berlin
angefragt, ob beabsichtigt sei, gesetzliche Regelungen in Gang zu bringen. Auf diese
Anfrage hat das Bundesjustizministerium nicht schriftlich reagiert. Der zuständige
Sachbearbeiter hat allerdings in einem Telefonat vom 09.09.2010 ausgeführt, nach
Auffassung des Bundesjustizministeriums sei die betreffende Problematik durch die
beiden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ausreichend beantwortet
25
worden, so dass eine gesetzliche Regelung nicht notwendig sei. Für
verdachtsabhängige Bildaufnahmen gebe es in § 100 h I Satz 1 Nr. 1 StPO eine
ausreichende Ermächtigungsgrundlage. Für verdachtsunabhängige Bildaufnahmen sei
eine gesetzliche Regelung nicht erforderlich, weil die Bundesländer, die für die
Überwachungsmaßnahmen zuständig seien, erklärt hätten, dass die
verdachtsunabhängigen Bildaufnahmen eingestellt worden seien und nicht erneut
aufgenommen würden.
2.
26
Um die hier getroffene Entscheidung besser einordnen zu können, sind zunächst einige
Vorbemerkungen erforderlich.
27
a) Nach § 47 I OWiG liegt die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im pflichtgemäßen
Ermessen der Verfolgungsbehörde. Dieses Ermessen erstreckt sich auf das gesamte
Verfahren bis hin zur jeweiligen Rechtsfolge einer Bußgeldentscheidung. Bei einem
derartig weiten Ermessensspielraum ist somit ein Ordnungswidrigkeitenverfahren
anfällig für sachfremde Erwägungen. Es ist deshalb zu prüfen, ob und in welchem
Umfang es verbindliche Regelungen gibt, wie das pflichtgemäße Ermessen ausgeübt
wird, wie diese Ausübung dokumentiert wird, und welche Möglichkeiten ein Betroffener
hat, die Ermessensausübung gerichtlich überprüfen zu lassen. Es ist außerdem zu
klären, ob ein Bußgeldverfahren überhaupt geeignet ist, die angestrebten Ziele der
Verkehrsüberwachung, nämlich die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehres
zu erreichen, und ob es anstelle oder neben einer bußgeldbewehrten
Verkehrsüberwachung andere Möglichkeiten der Verkehrslenkung gibt, die sinnvoller
und effektiver sein könnten.
28
b) Das erkennende Gericht hat in den letzten Jahren den Eindruck gewonnen, dass die
Verkehrsüberwachung durch bildgestützte Überwachungsanlagen immer intensiver
geworden ist. Als der erkennende Richter vor über 30 Jahren erstmals als
Bußgeldrichter eingesetzt wurde, gab es nur Radarmessungen durch die örtliche
Polizei. Der Verfolgungsdruck war deshalb eher gering. Im Laufe der Jahre erhöhten
sich die Überwachungsmaßnahmen. In zahlreichen Bundesländern erhielten die
kommunalen Ordnungsbehörden die Befugnis, ebenfalls Geschwindigkeitsmessungen
durchzuführen. Die Kommunalbehörden setzten dazu nicht nur Radarmessungen,
sondern auch stationäre Messanlagen (Starenkästen) ein. In der Folgezeit erhielt die
Polizei die zusätzliche Möglichkeit, Geschwindigkeitsmessungen durch Lasergeräte
durchzuführen. Bei den stationären Messanlagen gibt es inzwischen eine neue
Generation der Überwachungsgeräte, die seit einiger Zeit auf Digitaltechnik umgestellt
sind. Es besteht jetzt die Möglichkeit, rund um die Uhr über das ganze Jahr hinweg
Messstellen zu überwachen. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist deshalb
der Verfolgungsdruck um ein Vielfaches gestiegen. Ein Kraftfahrer, der die
Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht einhält, den erforderlichen Sicherheitsabstand
unterschreitet oder Rotlichtverstöße begeht, muss heute damit rechnen, in absehbarer
Zeit mehrfach aufzufallen und mit punktepflichtigen Eintragungen im
Verkehrszentralregister zu landen. Auf den ersten Blick wäre zu erwarten gewesen,
dass sich der erhöhte Verfolgungsdruck in sinkenden Eintragungszahlen beim
Verkehrszentralregister niederschlägt, eben weil die Verkehrsteilnehmer vorsichtiger,
einsichtsvoller und rücksichtsvoller geworden sind. Soweit dem erkennenden Gericht
bekannt, ist das jedoch nicht der Fall. Es fragt sich dann aber, warum eine
bußgeldbewehrte Verkehrsüberwachung betrieben wird, wenn die Verkehrsteilnehmer
29
nicht entsprechend reagieren.
Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung vom 05.07.2010 u. a.
ausgeführt, der Zweck von bildgestützten Maßnahmen der Verkehrsüberwachung sei
die Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs und damit der Schutz von
Rechtsgütern mit ausreichendem Gewicht, insbesondere auch der Schutz von Leib und
Leben der Verkehrsteilnehmer. Die Anfertigung von Bildaufnahmen zum Beweis von
Verkehrsverstößen sei zur Erreichung dieses Zieles geeignet. Dieser Argumentation ist
zuzustimmen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass hoheitliche
Verkehrsüberwachungsmaßnahmen den erforderlichen Schutz von wichtigen
Rechtsgütern nur mittelbar über einen Umweg erreichen können, nämlich über die
Einsicht und das Mitdenken der Verkehrsteilnehmer. Das wird beispielhaft dann
besonders deutlich, wenn es um die Geschwindigkeitsüberwachung an
Fußgängerüberwegen, die von Kindern und Schülern benutzt werden, geht. Es wirkt
schon sehr seltsam, wenn ein Polizeibeamter an solchen Stellen eine verdeckte
Geschwindigkeitsmessung zum Schutze von Schülern und Kindern macht, weil solche
Maßnahmen überhaupt nicht geeignet sind, die konkrete Unfallsituation auf dem
Fußgängerüberweg in dem jeweiligen Augenblick zu entschärfen. Erst wenn ein
Kraftfahrer nach einem Geschwindigkeitsverstoß mit einem Bußgeld belegt wird, kann
bei ihm in den folgenden Monaten die Einsicht entstehen, er müsse an den
entsprechenden Stellen langsamer fahren. Ob der betreffende Kraftfahrer wirklich zu der
erforderlichen Einsicht kommt, entzieht sich jedoch dem Einfluss der
Verfolgungsbehörden. Aus diesem Grunde fordern beispielsweise die
Elternvertretungen an Grundschulen immer wieder, dass es eine offene und deutlich
sichtbare Schulwegsicherung durch Polizei oder andere Personen gibt, die direkt und
unmittelbar wirkt.
30
Wenn es um die Sicherheit und die Leichtigkeit des Verkehrs und den Schutz von
wichtigen Rechtsgütern im Verkehr geht, stellt sich immer wieder die Frage, ob neben
oder anstelle der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten es besser und sinnvoller ist,
technische Lösungen herbeizuführen. Eine solche technische Lösung kann
beispielsweise die Einrichtung eines Kreisverkehres sein. Bei einer
Geschwindigkeitsüberwachung könnte als technische Lösung auch zu überlegen sein,
ob bei bestimmten Verkehrszeichen eine digitalfunkgestützte zwangsweise
Geschwindigkeitsreduzierung der Kraftfahrzeuge erfolgen kann. Solche technischen
Lösungen dürften zum Schutze der anderen Verkehrsteilnehmer und zur
Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in vielen Fällen effektiver
sein, als die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten.
31
Für das erkennende Gericht hat sich deshalb in der Vergangenheit immer wieder die
Frage gestellt, aus welchem Grunde an bestimmten Stellen verdeckte
Geschwindigkeitsmessungen durch die Ordnungsbehörde oder die Polizei durchgeführt
wurden, obwohl die vorhandene Gefahrensituation viel besser durch bauliche
Maßnahmen entschärft worden wäre. Im Laufe der Jahre entstand so der Eindruck, dass
es für die zuständige Behörde leichter und auch billiger sei, Ordnungswidrigkeiten zu
verfolgen als teure Investitionen in die bauliche Situation einer Straße zu tätigen. Für
den Betroffenen ist im Bußgeldverfahren eine solche Konfliktsituation der Behörde nicht
erkennbar. In den Bußgeldverfahren wird nicht aktenkundig gemacht, warum
erforderliche oder zweckmäßige bauliche Maßnahmen unterlassen wurden und
stattdessen Verkehrsordnungswidrigkeiten verfolgt wurden. Ein Betroffener hat somit
keine Möglichkeit, die Richtigkeit der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens bei der
32
Verfolgung einer Verkehrsordnungswidrigkeit überprüfen zu lassen.
c) Im Rahmen der Ermessensausübung bei der Feststellung und Ahndung der
Verkehrsordnungswidrigkeiten gibt es nur wenige Regelungen durch Gesetz oder
Rechtsverordnung. Auf der Rechtsfolgenseite ist hier die Bußgeldkatalogverordnung zu
nennen, in der festgelegt ist, welche Geldbußen oder Verwarnungsgelder bei
Verkehrsverstößen festgelegt werden sollen. Aus der Bußgeldkatalogverordnung kann
jedoch nicht entnommen werden, auf welche Art und Weise die Verkehrsverstöße
geahndet werden, und warum überhaupt eine solche Ahndung erfolgen soll. Die
Bußgeldkatalogverordnung gibt im Übrigen keinerlei Anhaltspunkte für die Frage,
aufgrund welcher Ermächtigungsgrundlage Bildaufnahmen im Straßenverkehr gemacht
werden.
33
In den Gesetzen der Länder für die Ordnungsbehörden und die Polizei finden sich,
soweit ersichtlich, keine gesetzlichen Regelungen, die sich mit der Ausübung des
pflichtgemäßen Ermessens bei der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten
befassen. In § 48 des Ordnungsbehördengesetzes für Nordrhein-Westfalen und in den
entsprechenden Ordnungsbehördengesetzen der anderen Länder gibt es allerdings
Zuständigkeitsregelungen, wonach bestimmte Ordnungsbehörden für die Verfolgung
von Geschwindigkeitsüberschreitungen und Verstößen an die Lichtzeichenanlagen "an
Gefahrenstellen" zuständig sind. Nähere gesetzliche Ausführungen zu der Frage, was
unter einer "Gefahrenstelle" zu verstehen ist, gibt es jedoch nicht. Aufgrund dieser
gesetzlichen Regelungen dürfen die Ordnungsbehörden
Geschwindigkeitsübertretungen nur unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich an
Gefahrenstellen, verfolgen. Wenn sie Messungen außerhalb von Gefahrenstellen
tätigen, sind sie zunächst einmal unzuständig, zum anderen aber liegt auch ein
Ermessensfehlgebrauch vor. In solchen Fällen lässt sich nämlich die
Verfolgungstätigkeit der Ordnungsbehörde nur mit fiskalischen Gesichtspunkten
erklären. Fiskalische Gesichtspunkte sind aber weder durch die Vorschriften der
Polizeigesetze, der Ordnungsbehördengesetze oder der Straßenverkehrsgesetze
abgedeckt. ( vgl. dazu: Hentschel, Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, § 26 StVG
Rdn 2 ).
34
In den Richtlinien der Bundesländer zur Geschwindigkeitsüberwachung, die sowohl für
die Polizei als auch für die Ordnungsbehörden gelten, finden sich unterschiedliche
Regelungen zu den Grundsätzen und Zielen einer Geschwindigkeitsüberwachung und
für die Auswahl der jeweiligen Messstellen ( vgl. dazu die Übersicht von Sobisch in
DAR 2010 S. 48 ff.). Allen Richtlinien der Bundesländer ist jedoch gemeinsam, dass es
keinerlei Regelungen gibt, wonach fiskalische Überlegungen für eine
Verkehrsüberwachung zulässig sein sollen.
35
Es stellt sich nunmehr die Frage, wie zu verfahren ist, wenn
Verkehrsüberwachungsmaßnahmen nicht wegen der Sicherheit und Leichtigkeit des
Verkehrs und zur Gefahrenabwehr erfolgen, sondern ausschließlich oder überwiegend
aus fiskalischen Interessen der Verfolgungsbehörden, denen die festgesetzten
Geldbußen zufließen. Nach § 90 OWiG in Verbindung mit den jeweiligen
Landesgesetzen landen Bußgelder nämlich in allen Bundesländern in den Kassen
derjenigen Behörden, die die Geldbußen festsetzen, und nicht in der jeweiligen
Landeskasse. Wenn eine solche Bußgeldbehörde gleichzeitig zuständig ist für die
Aufstellung von automatischen Überwachungsanlagen, so hat diese Bußgeldbehörde
die Möglichkeit, durch Ausweitung der Verkehrsüberwachung ihre Einnahmen zu
36
bestimmen und zu vermehren. Insoweit wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die
kommunalen Bußgeldbehörden ihre Bußgeldeinnahmen bereits im Jahresetat
vorplanen , wobei vermutet wird, dass später so lange eine intensive
Verkehrsüberwachung stattfindet, bis der Jahresetat erreicht ist.
Es ist damit festzustellen, dass es für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten,
die auf Bildaufnahmen gestützt werden, keine ausreichenden Regelungen durch
Gesetze oder Rechtsverordnungen gibt, in denen auf die spezifischen Verhältnisse des
Straßenverkehrsrechts eingegangen wird. Soweit es verwaltungsinterne Richtlinien der
Bundesländer zur Geschwindigkeitsüberwachung gibt, sind diese nur teilweise
öffentlich zugänglich, teilweise sind sie nur für den internen Dienstgebrauch bestimmt
und daher nicht frei verfügbar. Aus der Sicht eines Betroffenen ist deshalb das
Verwaltungshandeln nicht transparent, nicht nachvollziehbar und nicht überprüfbar. Ein
Betroffener kann nicht beurteilen, ob eine Ordnungsbehörde
Geschwindigkeitsmessungen durch vollautomatisierte Anlagen an "Gefahrenstellen" im
Sinne des Ordnungsbehördengesetzes durchführt oder ob fiskalische Interessen
ausschlaggebend sind. Ein Betroffener hat keinen Überblick, aus welchem Grunde
Polizeibeamte an bestimmten Stellen Geschwindigkeitsmessungen durchführen, und
welche Ermessensgründe für diese Überwachungsmaßnahme ausschlaggebend sind.
In den Bußgeldakten finden sich niemals Hinweise auf den Anlass der
Überwachungstätigkeit. Stattdessen gibt es in den Bußgeldakten zahlreiche Belege zu
der technischen Seite der Überwachungsmaßnahme, beispielsweise Kopien des
Eichscheins, Kopien der Messprotokolle, Kopien der Schulungsnachweise der
eingesetzten Beamten. Es ist schon auffällig, dass die technische Seite der
Überwachungsmaßnahme in den Bußgeldakten sehr gut dokumentiert wird, während
sich zu dem Anlass und dem Zweck der Überwachungsmaßnahme und den
Voraussetzungen ( z.B Vorliegen einer Gefahrenstelle oder eines Unfallschwerpunktes )
keinerlei Hinweise finden. Es ist dann nicht verwunderlich, wenn Betroffene auf dieses
Verwaltungsverhalten mit dem Vorwurf der "Abzocke" reagieren.
37
Letztlich ist festzuhalten, dass ein rechtswidriges Verwaltungshandeln vorliegt, wenn die
Polizei oder die Ordnungsbehörden Geschwindigkeitsübertretungen allein oder
hauptsächlich aus fiskalischen Gründen, aus Gründen einer "Pensenbeschaffung" oder
zur Erfüllung statistischer Vorgaben durchführen, wenn keine Gefahrenstellen vorliegen
oder wenn ansonsten die verbindlichen verwaltungsinternen Richtlinien solche
Maßnahmen nicht erfassen. Die Folgen eines solchen rechtswidrigen
Verwaltungshandelns sind bisher jedoch noch nicht geklärt, insbesondere ist nicht
gesetzlich geklärt, ob aus einem Beweiserhebungsverbot ein Beweisverwertungsverbot
folgt.
38
d) In einem gerichtlichen Bußgeldverfahren ist es praktisch unmöglich, die Frage zu
klären, aus welchem Grunde Bildaufnahmen zur Verfolgung von
Verkehrsordnungswidrigkeiten gemacht wurden, ob es hier um die Sicherheit und
Leichtigkeit des Verkehrs, um Gefahrenabwehr oder aber um fiskalische Interessen
ging. Diese Frage müsste für jede einzelne Messung, für jede einzelne Messstelle
gesondert im Einzelfall beantwortet werden. Eine solche Klärung erforderte eine
umfangreiche, langwierige und kostenintensive Beweisaufnahme, die jedoch weder
dem Gericht noch einem Betroffenen zugemutet werden kann. Hinzu kommt, dass es
bisher keine eindeutigen klaren Regelungen durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu
der Frage gibt, was im Straßenverkehr unter "Gefahrenabwehr", "Unfallschwerpunkte"
oder ähnlichen Begriffen zu verstehen ist. Für ein Gericht wäre es deshalb nicht
39
möglich, bei der jetzigen Gesetzeslage eindeutig zu bestimmen, ob ein
Ermessensfehlgebrauch im Hinblick auf fiskalische Erwägungen vorliegt oder nicht.
Außerdem erscheint es problematisch, wenn verwaltungsinterne Begriffe wie
"Unfallschwerpunkt", die sich in zahlreichen Richtlinien der Bundesländer zur
Geschwindigkeitsüberwachung befinden, für eine gerichtliche Entscheidung
herangezogen werden. Es läge dann nämlich in der Hand der jeweiligen Bundesländer,
durch Änderung der Richtlinien den Grenzbereich bei der Ermessensausübung
zwischen der zulässigen Gefahrenabwehr und den unzulässigen fiskalischen
Interessen zu Gunsten der öffentlichen Kassen zu verschieben. Die Notwendigkeit von
verbindlichen Regelungen durch Gesetz oder Rechtsverordnung liegt somit auf der
Hand.
e) Es gibt zahlreiche Entscheidungen zu der Frage, wie mit Bußgeldverfahren
umgegangen werden muss, wenn die Überwachungsmaßnahmen im Straßenverkehr
entgegen den verwaltungsinternen Richtlinien erfolgt sind, beispielsweise durch
"Blitzen" in der Nähe eines Ortseingangsschildes bzw. eines Ortsausgangsschildes
entgegen den Richtlinien. In allen diesen Fällen wird ein Beweisverwertungsverbot
nicht angenommen. Auf der Rechtsfolgenseite kann es aber unter Berücksichtigung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes zu einem minderschweren Fall kommen, was dann in
der Regel Anlass gibt, ein Fahrverbot ausnahmsweise wegfallen zu lassen (vgl. z. B.
OLG Dresden, DAR 2010, S. 29). Wendet man diese Rechtsprechung auf
Geschwindigkeitsübertretungen an, die nicht an Gefahrenstellen stattgefunden haben,
sondern ausschließlich oder überwiegend fiskalischen Erwägungen und Zwecken
dienten, so müsste auch für diese Fälle ein Sonderfall mit der Folge angenommen
werden, dass die Geldbuße herabgesetzt werden könnte, bzw. ein Fahrverbot wegfallen
könnte. Eine solche für den Betroffenen günstige Maßnahme könnte aber nur in jedem
Einzelfall nach gesonderter Prüfung der gesamten Umstände festgesetzt werden, was
jedoch in einem normalen gerichtlichen Bußgeldverfahren oft nicht zu leisten ist.
40
f) Aus allen diesen Gründen besteht ein erheblicher gesetzlicher Regelungsbedarf, der
bisher nicht abgedeckt ist. Dieser Regelungsbedarf wird immer stärker, weil die
Verfolgungsbehörden in den letzten Jahren dazu übergegangen sind, immer mehr
vollautomatische Überwachungsanlagen, ausgerüstet mit digitaler und damit
wartungsfreier Technik, zu installieren. Es ist jetzt ohne weiteres möglich, bestimmte
Messstellen 24 Stunden am Tag für 365 Tage im Jahr ständig zu überwachen.
41
Für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung einer
Verfolgungsbehörde ergeben sich dabei Schwierigkeiten im Hinblick auf die zeitliche
Komponente. Verkehrszeichen, insbesondere Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten
in der Regel das ganze Jahr über. Bei dem heutigen Stand der Überwachungstechnik,
insbesondere den digitalisierten und vollautomatischen Überwachungsanlagen, ist es
ohne weiteres möglich, an Messstellen rund um die Uhr zu messen. Bisher ist nicht
bekannt, dass es hier zu zeitlichen Differenzierungen, etwa zwischen Tagzeiten und
Nachtzeiten, gekommen ist. Wenn man davon ausgeht, dass
Geschwindigkeitsmessungen nur an Gefahrenstellen und an Unfallschwerpunkten
zulässig sein sollen, müsste weiter geprüft werden, ob eine solche Gefahrensituation
über den ganzen Tag und über das ganze Jahr hinweg besteht, oder ob es zeitliche
Freiräume gibt. Wenn eine zeitliche Differenzierung erforderlich ist, müsste diese
aktenkundig gemacht werden, um dem Gericht und dem Betroffenen ggf. eine
Überprüfung zu ermöglichen.
42
Weiterhin müsste für jeden Einzelfall festgestellt werden, ob die Gründe für die
Einrichtung der Messstelle weiterhin fortbestehen, und in welchem Zeitraum eine
Überprüfung der Messstelle stattzufinden hat, wobei die Ergebnisse ebenfalls
aktenkundig gemacht werden müssten. Es ist nämlich nicht gesagt, dass insbesondere
vollautomatische Überwachungsanlagen über Jahre hinweg unbedenklich betrieben
werden können. Es ist hier ohne weiteres vorstellbar, dass nach Errichtung einer
vollautomatischen Überwachungsanlage in der Folgezeit an der Gefahrenstelle
bauliche Maßnahmen stattfinden, die zu einer deutlichen Entkrampfung und
Entschärfung der Verkehrssituation führen, so dass überlegt werden könnte, ob die
vollautomatische Überwachungsanlage nunmehr abgebaut werden kann. Mit dieser
zeitlichen Problematik der Zulässigkeit von Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen
haben sich die Gerichte aber bisher noch nicht ausreichend auseinandergesetzt.
43
g) Insgesamt ist also festzuhalten, dass die rechtliche Situation bei der
Verkehrsüberwachung und Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten aufgrund von
Bildaufnahmen völlig unbefriedigend ist. Dies gilt insbesondere, wenn man bedenkt,
dass von zahlreichen Betroffenen immer wieder und immer mehr der Vorwurf erhoben
wird, dass sehr viele Überwachungsmaßnahmen lediglich fiskalischen Zwecken
dienten und damit unzulässig seien. Aus Sicht eines Betroffenen liegen in juristischer
Hinsicht keine "blühenden Landschaften" vor, sondern eher ein gesetzliches
"Niemandsland".
44
3.
45
Bei dieser Ausgangssituation ist es erforderlich, bei der Prüfung einer
Ermächtigungsgrundlage für Bildaufnahmen im Straßenverkehr zur Verfolgung von
Ordnungswidrigkeiten einen strengen Maßstab anzulegen. Andernfalls würden nämlich
die Grundrechte eines Betroffenen entscheidend beeinträchtigt, ohne dass er sich
erfolgversprechend im gerichtlichen Verfahren wehren könnte, so wie es jetzt der Fall
ist. Diesem strengen Prüfungsmaßstab wird die als Ermächtigungsgrundlage
herangezogene Vorschrift des § 100 h I Satz 1 Nr. 1 StPO nicht gerecht. In dieser
Vorschrift wird nur das "Ob" einer Bildaufnahme dahingehend geregelt, dass eine
solche Bildaufnahme zulässig sein soll. Es finden sich jedoch keinerlei verbindliche
Vorschriften, wie im einzelnen eine Bildaufnahme durchgeführt wird, und aus welchem
Zweck es zu Bildaufnahmen kommt. Es besteht eine ähnliche Situation wie damals
beim Jugendstrafvollzug, für den in § 17 JGG lediglich geregelt war, dass es eine
Jugendstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren gibt. Die notwendigen ausfüllenden
Vorschriften zur Konkretisierung des Begriffes "Jugendstrafe" gab es lediglich in Form
von Verwaltungsvorschriften. Das war nicht ausreichend, wie das
Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 31.05.2006 festgestellt hat. In diesem Urteil
wurde ausgeführt, dass es im Interesse der jungen Gefangenen erforderlich ist,
gesetzliche Regelungen zum "Wie und Warum" der Jugendstrafe zu treffen. Eine
ähnliche Situation besteht bei der Anfertigung von Bildaufnahmen zur Überwachung
des Straßenverkehrs und zur Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten. Auch hier
ist es nicht ausreichend, lediglich das Ob einer Maßnahme zu regeln, wenn man § 100 h
I Satz 1 Nr. 1 StPO zugrunde legt, weil für das weitere Verfahren nach Anfertigung der
Bildaufnahmen keine ausreichenden gesetzlichen Vorschriften für das "Wie" und
"Warum" der Verfolgungsmaßnahmen bestehen. Dazu im einzelnen:
46
a) Die Ermächtigungsgrundlage des § 100 h I Satz 1 Nr. 1 StPO (i.V. m. § 46 OWiG) trifft
dem Wortlaut nach auf Bildaufnahmen eines Betroffenen im Straßenverkehr zu. Von der
47
Entstehungsgeschichte und vom Gesamtzusammenhang her bestehen jedoch
erhebliche Bedenken, aus dieser Vorschrift Überwachungsmaßnahmen im
Straßenverkehr herzuleiten. Bisher ist nämlich nicht der Verdacht ausgeräumt worden,
dass diese Vorschrift lediglich deshalb als Ermächtigungsgrundlage von den
Obergerichten und dem Bundesverfassungsgericht herangezogen wurde, weil man in
der Not, die nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009
entstanden war, keine bessere Vorschrift gefunden hatte. Für Gerichte,
Verwaltungsbehörden und Juristen mag es zwar nachvollziehbar sein, dass die
genannte Vorschrift jetzt als Ermächtigungsgrundlage dienen soll. Aus Sicht eines
Betroffenen stellt sich die Anwendung dieses "Terroristenparagraphen" jedoch als
justizpolitische Katastrophe dar. Es dürfte einem normalen Kraftfahrer nicht zu vermitteln
sein, dass er bezüglich der Anfertigung von Bildaufnahmen auf die gleiche Stufe wie ein
Schwerverbrecher gestellt wird.
b) Eine Überwachungsmaßnahme nach § 100 h I Satz 1 Nr. 1 StPO ist normalerweise in
ein großes Ermittlungsverfahren mit zahlreichen Beweismöglichkeiten eingebettet. Es
geht in der Regel um eine Observation im Rahmen von schwerwiegenden Straftaten.
Solche Überwachungsmaßnahmen sind personalaufwendig und kostenträchtig. In
fiskalischer Hinsicht stellen sie für die Verfolgungsbehörde eine erhebliche finanzielle
Belastung dar. Der Kostendruck ist damit eine starke Bremse für die
Verfolgungsbehörde, wenn es um eine Ausweitung der Überwachungstätigkeit geht.
Damit gibt es in der Regel keine Veranlassung, an der Verhältnismäßigkeit einer
solchen Überwachungsmaßnahme Zweifel anzumelden. Ganz anders ist die Situation
jedoch bei der Bildüberwachung im Straßenverkehr. Je mehr Überwachungsstellen
eingerichtet werden, desto größer ist der finanzielle Vorteil der Verfolgungsbehörde. Ist
die Verfolgungsbehörde eine kommunale Körperschaft, schlägt sich der erhebliche
Finanzbedarf der Kommunen in dem Wunsch nieder, möglichst viele vollautomatische
Überwachungsanlagen für den Verkehr zu installieren. Diese offenkundige Tatsache ist
immer wieder Gegenstand zahlreicher Presseberichte geworden. Für den Betroffenen
eines Bußgeldverfahrens sind die kommunalpolitischen Überlegungen für die
Einrichtung einer vollautomatischen Messanlage nicht nachvollziehbar und auch nicht
aktenkundig. Eine kommunale Verfolgungsbehörde braucht daher nicht mit dem
Widerstand eines Betroffenen zu rechnen, wenn sie eine vollautomatische Messanlage
im Straßenverkehr einrichtet. Bei einer solchen Fallkonstellation ist deshalb zu
befürchten, dass viele stationäre Messanlagen hauptsächlich aus fiskalischen Gründen
errichtet und betrieben werden.
48
c) Kommt es in einem Strafverfahren zu heimlichen Bildaufnahmen eines Betroffenen,
sind die Einzelheiten dieser Bildaufnahme wegen der Besonderheiten des jeweiligen
Ermittlungsverfahrens gesetzlich nicht regelbar. Ein jedes Strafverfahren stellt nämlich
einen individuellen Fall dar. Es muss daher den Verfolgungsbehörden überlassen
werden, wie und warum solche Bildaufnahmen zum Zwecke des Strafverfahrens
vorgenommen werden. Ganz anders ist die Situation jedoch beim Straßenverkehr. Es
geht hier bei der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten um Massendelikte.
Praktisch jeder Bürger dieses Landes ist von solchen Maßnahmen betroffen. Die
Verfolgungsmaßnahmen können zu punktepflichtigen Bußgeldentscheidungen führen,
die wiederum Einfluss auf die Fahrerlaubnis bzw. ein Fahrverbot haben. Bei Wegfall
oder Aussetzung einer Fahrerlaubnis kann eine Arbeitsstelle in Gefahr geraten, letztlich
kann somit eine Bildaufnahme im Rahmen der Verkehrsüberwachung zu einem
sozialen Abstieg eines Betroffenen führen. In tatsächlicher Hinsicht ist es damit für einen
Betroffenen von erheblicher Bedeutung, ob solche Bildaufnahmen im Straßenverkehr
49
zulässig sind oder nicht. Aus diesem Grunde ist eine klare gesetzliche Regelung
erforderlich.
Abgesehen davon ist es auch für die Bußgeldbehörden erforderlich, eine eindeutige
gesetzliche Regelung für ihre Verfolgungstätigkeit zu schaffen , weil andernfalls eine
erhebliche finanzielle Unsicherheit für die Behörden entstehen würde. Immerhin dürfte
der jährliche Gesamtumsatz der Bußgeldbehörden aus der Verfolgung von
Verkehrsordnungswidrigkeiten durch vollautomatische Überwachungsanlagen im
gesamten Bundesgebiet bei mehreren 100 Millionen Euro liegen. Die wirtschaftliche
Bedeutung dieser Überwachungsmaßnahmen ist somit ganz erheblich und erfordert
folglich eine eigenständige gesetzliche Regelung. Mit dieser wirtschaftlichen Bedeutung
und der vorhandenen Missbrauchsgefahr haben sich bisher die angeführten
Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte und des
Bundesverfassungsgerichts nicht auseinandergesetzt.
50
d) Bei Bildaufnahmen im Straßenverkehr steht und fällt ein Bußgeldverfahren mit der
Anfertigung der jeweiligen Fotos. Es ist völlig unerheblich, was wenige Minuten vor und
nach der Tat geschieht. Auch das ist ein Unterschied zu den strafprozessualen
Bildaufnahmen im Sinne von § 100 h I Satz 1 Nr. 1 StPO.
51
e) Die Bildaufnahmen im Straßenverkehr haben den Zweck, eine
Verkehrsordnungswidrigkeit für ein Bußgeldverfahren nachzuweisen und notfalls in
einem gerichtlichen Verfahren als Beweismittel eingesetzt zu werden. Die
Messverfahren müssen damit "gerichtsfest" sein. Hierbei muss auch berücksichtigt
werden, dass der Grundsatz des fairen Verfahrens eingehalten wird, dass also ein
Betroffener und ein Verteidiger ausreichende Möglichkeiten haben, die Richtigkeit einer
Überwachungsmaßnahme vor Gericht überprüfen zu lassen. Um diese Problematik
scheinen sich die Verfolgungsbehörden nicht immer ausreichend gekümmert zu haben.
Insbesondere bei Lasermessungen ist zu beanstanden, dass es keinerlei technische
Nachweise durch Bildaufnahmen (Foto- oder Videoaufnahmen) zu dem
Verkehrsverstoß gibt. Es ist oftmals völlig unbefriedigend und unzureichend, wenn in
einem gerichtlichen Verfahren bei Lasermessungen nur auf die wenig aussagekräftigen
polizeilichen Anhalteprotokolle zurückgegriffen werden kann. Insoweit besteht ein
deutlicher gesetzlicher Regelungsbedarf über das "Wie" einer Messung.
52
f) Das erkennende Gericht hat in den letzten Jahrzehnten bisher kein einziges Mal
erlebt, dass eine Bußgeldbehörde irgendwelche Überlegungen zum Grund und Anlass
der Geschwindigkeitsüberschreitung aktenkundig gemacht hat. Wenn insoweit
Polizeibeamte oder die Messbeamten der Kommunalbehörden als Zeugen befragt
wurden, kamen stets vage Auskünfte, es gebe dort einen "Unfallschwerpunkt". Konkrete
Einzelheiten dazu konnten die Zeugen jedoch niemals benennen. Es bestand deshalb
nie die Möglichkeit, diese Angaben der Zeugen zu überprüfen und in Frage zu stellen. In
vielen Fällen hatte das Gericht daher den Eindruck, dass die Zeugen letztlich nur
"Leerformeln" verwendeten, um aus einer unangenehmen Befragung herauszukommen.
Auf Seiten der Verfolgungsbehörde bestand kein großes Interesse, diese
angesprochenen Punkte aufzuklären und unter Beweis zu stellen. Es fehlten
insbesondere Bescheinigungen neutraler Stellen über die jeweilige Notwendigkeit der
durchgeführten Messung. Diesem Missstand kann nur durch eindeutige gesetzliche
Regelungen abgeholfen werden, die jedoch nicht bestehen.
53
g) Für das erkennende Gericht ist es aus diesen Gründen nicht ausreichend, als
54
Ermächtigungsgrundlage für Bildaufnahmen im Straßenverkehr die Vorschrift des § 100
h I Satz 1 Nr. 1 StPO heranzuziehen. Diese Vorschrift regelt lediglich, dass solche
Bildaufnahmen überhaupt zulässig sind. Es fehlen jedoch die erforderliche Regelungen
für weitere Einzelheiten. Bildhaft gesprochen ist dieses mit einem Grenzbaum
vergleichbar, der sich öffnet, wenn man als Ermächtigungsgrundlage § 100 h I Satz 1 Nr.
1 StPO heranzieht. Wenn anschließend bei dem weiteren Verfahren die wesentlichen
Grundzüge gesetzlich geregelt sind, ist es unbedenklich, eine solche Grenze zu
passieren. Herrscht allerdings hinter dieser Grenze ein gesetzliches Niemandsland,
muss im Interesse eines effektiven Grundrechtsschutzes des Bürgers die Grenze
geschlossen bleiben. § 100 h I Satz 1 Nr. 1 StPO kann deshalb nicht als
Ermächtigungsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen im Straßenverkehr zur
Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten dienen.
h) Andere Ermächtigungsgrundlagen als die genannte Vorschrift der StPO kommen für
die hier interessierten Überwachungsmaßnahmen nicht in Betracht (vgl. dazu Roggan in
NJW 2010, S. 1042 ff.; Bull in NJW 2009, S. 3279 ff. )
55
In der vorliegenden Sache erfolgte deshalb die Anfertigung des Messfotos ohne die
erforderliche gesetzliche Grundlage. Es bestand daher ein Beweiserhebungsverbot für
das Messfoto.
56
II.
57
Das festgestellte Beweiserhebungsverbot zieht in der vorliegenden Sache ein
Beweisverwertungsverbot nach sich.
58
1) Ob ein auf rechtswidrige Weise erlangtes Beweismittel zu Lasten eines Betroffenen
verwertet werden darf, ist nach der herrschenden und vom Bundesverfassungsgericht
gebilligten Rechtsprechung im Einzelfall, insbesondere nach der Art des Verbotes und
dem Gewicht des Verfahrensverstoßes sowie der Bedeutung der betroffenen
Rechtsgüter unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden, wenn es,
wie hier, an einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung eines Verwertungsverbotes
fehlt. Dabei ist zu beachten, dass die Annahme eines Verwertungsverbotes, auch wenn
die Strafprozessordnung nicht auf die Wahrheitserforschung um "jeden Preis" gerichtet
ist, ein wesentliches Prinzip des Strafrechts, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht
die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle
Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind, einschränkt. Ein
Beweisverwertungsverbot ist ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung daher nur
ausnahmsweise aus übergeordneten wichtigen Gesichtspunkten im Einzelfall
anzunehmen, wenn einzelne Rechtsgüter durch Eingriff fern jeder Rechtsgrundlage so
massiv beeinträchtigt werden, dass dadurch das Ermittlungsverfahren als ein nach
rechtsstaatlichen Grundsätzen geordnetes Verfahren nachhaltig geschädigt wird.
Insoweit wird ein Beweisverwertungsverbot dann angenommen, wenn die zur
Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße derart schwer
wiegend sind oder bewusst oder willkürlich begangen wurden.
59
2) Nach diesen vorgenannten Grundsätzen ist im vorliegenden Fall ein
Beweisverwertungsverbot anzunehmen (vgl. dazu: OLG Oldenburg DAR 2010, S. 32 ff.,
OLG Düsseldorf, DAR 2010, S. 213 ff.; Roggan NJW 2010, S. 1042 ff.; Elsner, DAR
2010, S. 164 ff.; Wolfgramm, DAR 2010, S. 233 ff.). Die Bildaufnahmen im
Straßenverkehr erfolgen aufgrund von standardisierten Verfahren. Sie betreffen nahezu
60
jeden Bürger dieses Landes und können für diesen erhebliche wirtschaftliche
Auswirkungen haben. Für die Bußgeldbehörden haben die Bildaufnahmen eine große
wirtschaftliche Bedeutung. Es besteht eine massive Missbrauchsgefahr, wenn
unzulässige fiskalische Gründe für die Überwachungsmaßnahme in Betracht kommen.
Es kann deshalb nicht hingenommen werden, dass die Bußgeldbehörden ohne eine
gesetzliche Ermächtigungsgrundlage Bildaufnahmen zur Verfolgung von
Verkehrsordnungswidrigkeiten machen.
Nur bei Annahme eines Beweisverwertungsverbotes kann im Übrigen erwartet werden,
dass der Gesetzgeber die erforderlichen gesetzlichen Regelungen trifft. Im Rahmen
dieser gesetzlichen Regelungen wird auch zu prüfen sein, ob und in welchem Umfang
verdachtsunabhängige Bildaufnahmen im Straßenverkehr zulässig sein sollen ( vgl.
dazu: Bull in NJW 2009, S. 3282 ). Für die Bundesregierung dürfte es keine rechtlichen
Probleme darstellen, für den Straßenverkehr eigenständige gesetzliche Regelungen für
Bildaufnahmen zu entwickeln. Von daher ist es für das erkennende Gericht im
Augenblick nicht nachvollziehbar, dass bisher keine parlamentarischen Anstrengungen
unternommen wurden, die Folgen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 11.08.20098 in den Griff zu bekommen.
61
,
62
3) Für das erkennende Gericht bestand keine Veranlassung, im Augenblick von einem
Beweisverwertungsverbot abzusehen, um dem Gesetzgeber oder den
Verfolgungsbehörden noch eine Übergangsfrist zu gewähren. Eine solche
Übergangsfrist unter Ablehnung eines Beweisverwertungsverbotes war zunächst aus
übergeordneten Gründen zur Aufrechterhaltung einer effektiven Verkehrsüberwachung
erforderlich, nachdem das Bundesverfassungsgericht am 11.08.2009 seine
überraschende Entscheidung zur Frage einer Ermächtigungsgrundlage für
Bildaufnahmen im Straßenverkehr getroffen hatte. Dem Gesetzgeber musste genügend
Zeit eingeräumt werden, auf diese Entscheidung zu reagieren. Diese Zeitspanne ist
inzwischen abgelaufen. Das Bundesjustizministerium hat nämlich auf eine gerichtliche
Anfrage von August 2010 mitgeteilt, es sehe keinerlei Veranlassung, eine besondere
gesetzliche Regelung für Bildaufnahmen im Straßenverkehr zu schaffen. Soweit das
Bundesjustizministerium dazu meinte, die Streitfrage sei durch die beiden
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom Juli und August 2010
entschieden worden, konnte dem nicht gefolgt werden. In den bisher getroffenen
Entscheidungen der Obergerichte und des Bundesverfassungsgerichts ist nämlich nicht
ausreichend auf die besondere Problematik des Straßenverkehrs und die
Bildüberwachung im Rahmen von Bußgeldverfahren eingegangen worden, wie im
Einzelnen dargelegt wurde. Dem Gesetzgeber war deshalb keine Übergangsfrist mehr
zu gewähren, so dass es bei dem Beweisverwertungsverbot verbleiben musste.
63
4) Bei diesem Ergebnis ist festzustellen, dass die vorhandenen Messfotos nicht zu
Lasten des Betroffenen verwertet werden durften. Weitere geeignete
Beweismöglichkeiten, den Betroffenen als Fahrer des gemessenen Fahrzeugs zu
identifizieren, gab es nicht. Die Fahrereigenschaft des Betroffenen ließ sich somit nicht
nachweisen.
64
C.
65
.
66
Der Betroffene war demnach aus tatsächlichen Gründen mit der Kostenfolge aus den §§
46 OWiG, 467 StPO freizusprechen.
67