Urteil des AG Hamm vom 26.03.2008

AG Hamm: internetseite, vergütung, unentgeltlichkeit, agb, besucher, vollstreckbarkeit, anbieter, gestaltung, stillschweigend, abtretung

Amtsgericht Hamm, 17 C 62/08
Datum:
26.03.2008
Gericht:
Amtsgericht Hamm
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 C 62/08
Schlagworte:
Angebot, Gratisversand, SMS, Internet, stillschweigende
Vergütungsvereinbarung, ​free​, ​gratis​ und ​umsonst​, Eindruck der
Unentgeltlichkeit, AGB
Normen:
BGB §§ 305 c, 612 Abs. 1
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
Angebot des Gratisversand von SMS im InternetKeine stillschweigende
Vergütungsvereinbarung, wenn durch zahlreiche Verwendung der
Begriffe „free“, „gratis“ und „umsonst“ der Eindruck der Unentgeltlichkeit
erweckt wirdGgf. überraschende Vergütungsregelung in AGB
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt..
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Von der Darstellung des Tatbestandes wurde gem. § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung
von 96,00 € nicht zu.
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Zum einen fehlt es an der Aktivlegitimation der Klägerin.
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Die Klägerin macht einen Anspruch geltend, der ihr von der Fa. Micro SD 256 Ltd. aus
England abgetreten worden sein soll. Ausweislich der Klageschrift soll dieser Anspruch
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der Zedentin gegen die Beklagte wegen Nutzung der Internetseite
"www.smsfree100.de" entstanden sein.
Ausweislich der beigefügten Kopie der Abtretungsvereinbarung zwischen der Klägerin
und der Fa. Micro SD 256 Ltd. bezieht sich die Abtretung jedoch auf Ansprüche, die
über das Portal "www.smsfree24.de" entstanden sind.
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Daher ist die Klägerin selbst nach eigenem Vortrag nicht zur Geltendmachung des
behaupteten Anspruchs befugt. Der diesbezügliche Vortrag ist bereits unschlüssig.
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Zum anderen hat die Klägerin keine Vereinbarung zwischen den Parteien dargelegt,
aus der sich ergibt, dass die Inanspruchnahme der Dienste der Zedentin entgeltlich sein
sollte.
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Die Klägerin hat trotz gerichtlicher Aufforderung vom 20.12.2007 die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen, aus denen sich die Entgeltlichkeit und die Höhe des Entgeltes
der Leistung der Zedentin ergeben soll, nicht vorgelegt. Insoweit ist sie ihrer Pflicht, die
anspruchsbegründenden Umstände darzulegen und unter Beweis zu stellen, nicht
nachgekommen.
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Jedoch selbst für den Fall, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen
entsprechende Regelung der Entgeltlichkeit enthalten sollten, wäre diese Klausel gem.
§ 305c Abs.1 BGB als überraschende Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden.
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Wie sich aus dem von der Beklagten übermittelten Ausdruck der Internetseite der
Zedentin ergibt, wird der Besucher der Internetseite in den Glauben versetzt, die
Zedentin bietet den kostenlosen Versand von SMS an. Dieser Eindruck wird durch die
zahlreiche Verwendung der Begriffe "free", "gratis" und "umsonst" erweckt. Aus diesem
Grunde braucht der Verwender nicht damit zu rechnen, dass in den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen nun entgegen des Eindruckes der Unentgeltlichkeit der
Leistungen der Zedentin die Entgeltlichkeit der Leistungen festgelegt wird. Nur bei
einem deutlichen Hinweis auf die Entgeltlichkeit der Leistungen auf der Internetseite
wäre eine entsprechende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht
überraschend. Da hier jedoch eindeutig der Eindruck der Unentgeltlichkeit erweckt wird,
wäre eine entsprechende Klausel überraschend i.S.d. § 305c BGB
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Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch nicht die Vereinbarung der Vergütung
aus dem Umstand, dass die Leistungen der Zedentin naturgemäß nur kostenpflichtig
angeboten werden würden.
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Gem. § 612 Abs.1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die
Dienstleistungen den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind.
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Wie bereits dargestellt, wird durch die Gestaltung der Internetseite der Eindruck erweckt,
die Leistungen der Zedentin seien unentgeltlich. Daher liegen keine Umstände vor, aus
denen sich eine Entgeltlichkeit ergibt. Vielmehr liegen durch die verwendeten Begriffe
Umstände vor, aus denen sich gerade ergibt, dass die Leistungen unentgeltlich erfolgen
sollen. Insoweit ist für die Annahme eine stillschweigenden Vergütungsvereinbarung
kein Raum.
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Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die von der Zedentin erbrachten
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Dienstleistungen stets nur gegen eine Vergütung erbracht werden. Zum einen ist dies
aufgrund des bereits beschriebenen Eindruckes, die die Internetseite erweckt,
unerheblich. Zum anderen ist es gerichtsbekannt, dass andere Anbieter derartige
Leistungen unentgeltlich erbringen, so dass ein Internetnutzer nicht stets mit der
Entgeltlichkeit solcher Leistungen rechnen muss.
Da insoweit keine Vergütung der Zedentin vereinbart wurde, kann es dahinstehen, ob
der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag überhaupt wirksam ist. Insoweit
braucht nicht auf rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendungen der
Beklagten eingegangen werden. Jedenfalls steht der Zedentin kein
Vergütungsanspruch zu.
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2. Mangels Hauptanspruch bestehen auch nicht die geltend gemachten
Nebenansprüche auf Zinsen und auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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Streitwert: 96,00 EUR.
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