Urteil des AG Hagen vom 14.04.2009

AG Hagen: krasses missverhältnis, geschädigter, wiederbeschaffungswert, fahrzeug, betrug, kostenvoranschlag, informationspflicht, verkehrsunfall, gefahr, zustand

Amtsgericht Hagen, 17 C 623/08
Datum:
14.04.2009
Gericht:
Amtsgericht Hagen
Spruchkörper:
17. Zivilkammer des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 C 623/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Kläger macht aus abgetretenem Recht weitere Schadensersatzansprüche aus
einem Verkehrsunfall vom 20.04.2005 gegenüber den Beklagten in Höhe von 102,63
EUR geltend.
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Die Haftung dem Grunde nach ist unstreitig.
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Der Kläger erstellte im Auftrag des Geschädigten, Herrn u, ein schriftliches
Sachverständigengutachten im Hinblick auf den am Kraftfahrzeug entstandenen
Sachschaden. Ausweislich des Gutachtens beliefen sich die Kosten einer Reparatur
des Fahrzeuges auf 1.022,45 EUR. Als Wiederbeschaffungswert errechnete der Kläger
einen Wert in Höhe von 650,00 EUR und einen Restwert in Höhe von 150,00 EUR.
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Bei dem begutachteten Fahrzeug handelte es sich um einen Opel Kadett Kombi,
Erstzulassung März 1990 mit einer Fahrleistung laut Auskunft des Herrn u 161.035 km.
Auf den Inhalt der Ablichtung des Sachverständigengutachtens wird Bezug auf Bl. 97
bis 110 d.A. genommen.
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Der Kläger begehrt für die Gutachtenerstellung insgesamt 310,13 EUR, die Beklagte zu
1. zahlte außergerichtlich einen Betrag von 207,50 EUR. Mit der Klage begehrt der
Kläger Zahlung der restlichen Kosten in Höhe von 102,63 EUR.
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Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird nach § 313a Abs. 1 ZPO
abgesehen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage wird abgewiesen.
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Dem Kläger stehen keine weiteren Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht
nach §§ 7, 17, 18 StVG, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 249, 398 BGB zu.
Daher scheitet auch ein Anspruch gegenüber der Beklagten zu 1. nach § 3 Nr. 1 PflVG
a.F. aus.
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Die Kosten des Sachverständigengutachtens gehören vorliegend nicht zu den mit dem
Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden
Vermögensnachteilen, denn die Begutachtung war zur Geltendmachung eines
Schadensersatzes nicht erforderlich und zweckmäßig. Ebenso gehören die Kosten
vorliegend nicht nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zum erforderlichen
Herstellungsaufwand, denn zur Wiederherstellung des Kfz war eine Begutachtung
ebenfalls nicht erforderlich und zweckmäßig.
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Nach der Rechtssprechung des BGH (BGH Urt. v. 30.11.2004, NJW 2005, 356, 357),
der sich das erkennende Gericht anschließt, ist für die Frage der Erforderlichkeit und
Zweckmäßigkeit einer Beauftragung auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der
Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und
wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten
die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (vgl. BGH Urt. v.
26.05.1970; BGHZ 54, 82, 85).
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Für diese Voraussetzungen ist der Geschädigte, vorliegend der Kläger, darlegungs- und
beweisbelastet nach § 249 BGB (vgl. BGH Urt. v. 06.11.1973; BGHZ 61, 346, 351).
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Der beweisbelastete Kläger hat auch nach einem Hinweis des Gerichtes gemäß § 139
ZPO nicht substantiiert dargelegt, warum ein verständig und wirtschaftlich denkender
Geschädigter unter diesen Umständen den Kläger beauftragt hätte. Der Hinweis der
Klägers darauf, dass der Geschädigte die Höhe des Schadens im Zeitpunkt der
Beauftragung noch nicht kannte, kann nicht überzeugen, denn er kannte den Zustand
und die wertbildenden Faktoren seines Fahrzeuges.
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Bei dem zu begutachteten Fahrzeug handelte es sich um einen Opel Kadett Baujahr
1990, welches ausweislich der Lichtbilder bereits deutlich sichtbare Gebrauchsspuren
und eine Fahrleistung von mind. 160.000 km aufwies. Aus diesen Umständen muss sich
dem Geschädigten geradezu aufgedrängt haben, dass die Kosten einer Begutachtung
im Verhältnis zum Wert des Fahrzeuges in einem krasses Missverhältnis stehen. Dies
verdeutlicht auch eine ex ante Betrachtung, der eingetretene Schaden betrug 500,00
EUR (Wiederbeschaffungswert in Höhe von 650,00 EUR abzüglich eines Restwertes
von 150,00 EUR), die Kosten der Begutachtung 310,13 EUR.
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Unter diesen Umständen hätte ein wirtschaftlich denkender Geschädigter allenfalls
einen Kostenvoranschlag eingeholt, nicht aber ein Gutachten mit der entsprechenden
Kostenfolge in Auftrag gegeben.
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Darüber hinaus sieht das Gericht eine Informationspflicht beim Kläger nach § 241 Abs. 2
BGB. Dieser hätte im vorliegenden Fall von seiner Beauftragung abraten, zumindest
aber den Geschädigten über die Gefahr einer Nichterstattungsfähigkeit seiner Kosten im
Falle eines sog. Bagatellschadens hinweisen müssen.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat
und die Fortbildung des Rechts bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht erfordert.
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