Urteil des AG Hagen vom 09.06.2008

AG Hagen: geschlecht, anfang, schmerzensgeld, schlichtungsverfahren, kränkung, vollstreckbarkeit, akte, verweigerung, quote, datum

Amtsgericht Hagen, 140 C 26/08
Datum:
09.06.2008
Gericht:
Amtsgericht Hagen
Spruchkörper:
Zivilabeitung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
140 C 26/08
Schlagworte:
Benachteiligung wegen des Geschlechts, Fitnesstudio
Normen:
AGG §§ 19, 21
Tenor:
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. den Kläger zu einem Monatsbeitrag in Höhe von 19,95 € als Mitglied
im Fitness Gym I, T-Straße. 50-52, ####1 I aufzunehmen zu den
allgemeinen Geschäftsbedingungen, die im Mai 2007 gültig waren,
2. an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 50,00 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
dem 15.11.2007 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe
von 83,50 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 27 % und die
Beklagte zu 73 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO
abgesehen.
Entscheidungsgründe:
1
Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
2
Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß §§ 21 Abs. 1 S. 1, 19 AGG ein Anspruch
auf Aufnahme in das Fitnessstudio der Beklagten zu den Bedingungen, die im Zeitpunkt
seines Aufnahmebegehrens Anfang Mai 2007 gültig waren, zu.
3
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger Anfang Mai 2007 einen
Aufnahmeantrag bei der Beklagten gestellt hat, er aber dennoch nicht in das
Fitnessstudio der Beklagten aufgenommen wurde. Zudem ist zwischen den Parteien
unstreitig, dass der Kläger unter dem 15.5.2007 ein von der Beklagten veranlasstes
Schreiben erhalten hat, in dem erklärt wird, der Kläger könne als Mann derzeit nicht in
das Fitnessstudio aufgenommen werden, weil man unterhalb der wünschenswerten
Quote an weiblichen Mitgliedern liege. Gemäß § 22 AGG ist aufgrund dieses Indizes zu
vermuten, dass die Nichtaufnahme des Klägers auf seinem Geschlecht beruhte, er also
aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe benachteiligt wurde.
4
Den Beweis, dass ein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor
Benachteiligung nicht vorlag, konnte die Beklagte nicht führen. Zwar hat sie
vorgetragen, das Geschlecht des Klägers sei nicht der Grund für die Verweigerung des
Vertragsschlusses gewesen, ausschlaggebend sei vielmehr gewesen, dass der Kläger
sich unsympatisch, schroff und beleidigend verhalten und sich eine verbale Entgleisung
zuschulden habe kommen lassen. Diese Behauptungen hat die Beklagte jedoch trotz
des Bestreitens des Klägers nicht unter Beweis gestellt, so dass sie insoweit als
beweisfällig anzusehen ist.
5
Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass der Kläger die Frist des § 21 Abs. 5 S. 1
AGG gewahrt hat. Zwar hat die Beklagte bestritten, das Schreiben des
Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 5.6.2007 erhalten zu haben, das Gericht ist
aber dennoch davon überzeugt, dass dieses Schreiben der Beklagten zugegangen ist.
Die Beklagte hat nämlich in ihrem Schriftsatz vom 12.12.2007 (Bl. 25 d.A.) vorgetragen,
sie habe "die Schreiben des Herrn C nächst für eine Attacke ohne ernsthaft juristischen
Hintergrund" gehalten, weil diese Schreiben sie "teilweise mit Getränke-/Kaffeeflecken"
erreicht hätten. Das von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 23.5.2008
zur Akte gereichte Schreiben des Schlichters Rechtsanwalt S, das als Anlage das das
Schlichtungsverfahren einleitende Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers
enthielt, wies aber weder Kaffee- noch sonstige Getränkeflecken auf. Auch wäre es
unverständlich im Plural von "den Schreiben des Herrn C" zu sprechen, wenn
tatsächlich nur ein Schreiben von ihm der Beklagten zugegangen wäre. Die von der
Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 23.5.2008 aufgestellte Vermutung, die
erwähnten Kaffeeflecken könnten sich ja auf dem Briefumschlag befunden haben,
erscheint demgegenüber als Schutzbehauptung.
6
Dem Kläger steht gemäß § 21 Abs. 2 S. 3 AGG ein Anspruch auf ein Schmerzensgeld
für den erlittenen immateriellen Schaden in Höhe von 50,00 € zu. Mit diesem Betrag
sind die Beeinträchtigungen des Klägers, die vor allem in einer persönlichen Kränkung
bestanden, hinreichend abgegolten. Die darüber hinausgehende
Schmerzensgeldforderung des Klägers ist übersetzt, da der Kläger weitere wesentliche
Beeinträchtigungen nicht vorgetragen hat.
7
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
8
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind als Verzugsschaden zu ersetzen, jedoch
nur aus einem Streitwert von bis zu 600,00 €, da die an die Beklagte gestellte Forderung
im Übrigen unberechtigt war.
9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
10
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.