Urteil des AG Hagen vom 06.03.2007

AG Hagen: vorname, eltern, konsulat, ausstellung, geburt, stadt, beruf, form, namensänderung, bad

Amtsgericht Hagen, 8 III 37/07
Datum:
06.03.2007
Gericht:
Amtsgericht Hagen
Spruchkörper:
Familienabteilung
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 III 37/07
Schlagworte:
Keine Berichtigung der unüblichen lateinischen Schreibweise des
Vornamens eines griechischen Kindes, Vorrang des Elternwillens vor
der durch das Konsulat gewählten Schreibweise, Beischreibung
späterer Änderungen der Schreibweise durch den Standesbeamten
ohne gerichtliche Anordnung
Normen:
§§ 30, 47 PStG
Leitsätze:
Der Vorname eines in Deutschland geborenen griechischen Kindes
kann nicht entsprechend der Schreibweise in dem aktuellen Pass
berichtigt werden, wenn die Eltern bei der Geburt eine andere
Schreibweise festgelegt haben. der Standesbeamte schreibt die
Änderung mit Wirkung ab Ausstellung des neuen Passes analog § 30
PStG bei.
Tenor:
Die Berichtigung des Geburtenbuches des Standesamts
I Nr. xxx dahin, dass der Vorname des Kindes
„Wassilios“ oder „Vassilios“ lautet, wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Sohn als Antragsteller.
Der Gegenstandswert wird festgesetzt auf 3.000,00 €.
G r ü n d e :
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Frau T hat am 04.08.1971 in I einen Sohn geboren, der im Geburtenbuch des
Standesamts I I Nr. #####/####eingetragen worden ist. Die Eltern und der Sohn sind
griechischen Staatsangehörige. Der Vorname des Kindes ist mit "Wasillios" beurkundet.
Der Sohn beantragt, seinen Vornamen in die Schreibweise "Wassilios" oder "Vassilios"
zu berichtigen. Der Antrag ist am 27.02.2007 bei Gericht eingegangen. Die
Standesamtsaufsicht der Stadt I hat sich gegen die beantragte Berichtigung
ausgesprochen.
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Der Berichtigungsantrag war kostenpflichtig zurückzuweisen. Nach § 47 PStG ist eine
Eintragung in einem deutschen Personenstandsbuch auf Antrag eines Beteiligten zu
berichtigen, wenn nachgewiesen wird, dass die Eintragung bereits im Zeitpunkt der
Beurkundung falsch war. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. In der Geburtsanzeige
des Krankenhauses ist der Vorname in der Schreibweise "Wasillios" eingetragen.
Unmittelbar neben dem Vornamen des Kindes hat der Vater die Richtigkeit des
Vornamens durch seine Unterschrift bestätigt. Aufgrund dieser Geburtsanzeige ist die
Geburt im Geburtenbuch der Stadt I beurkundet worden. Das Gericht hat keinen Zweifel
daran, dass beide Kindeseltern im Zeitpunkt der Geburtsbeurkundung den Vornamen
des Kindes in der lateinischen Schreibweise "Wasillios" wollten. Das Gegenteil wird
von dem Antragsteller auch nicht behauptet.
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Die Eltern konnten den Vornamen des Kindes in der lateinischen Schreibweise
"Wasillios" wählen. Nach griechischem Recht wurde der Vorname des Kindes damals
durch den Vater bestimmt. Dabei musste der Vater keineswegs eine Übertragung der
griechischen Schreibweise des Vornamens in die lateinische Schreibweise
entsprechend der ELOT-Norm oder der ISO-Norm wählen. Das Gericht ist der
Auffassung, dass der Vater in analoger Anwendung des Beschlusses des
Bundesgerichtshofes vom 27.10.1993 (FamRZ 1994, 225 ff. = StAZ 1994, 42 ff.) die
lateinische Schreibweise des griechischen Vornamens des Kindes abweichend von
offiziellen Übersetzungsnormen wählen konnte, beispielsweise entsprechend der
phonetischen Aussprache des Namens und in Anpassung an die Umgebung, in welcher
das Kind aufwächst. Der Bundesgerichtshof hat sämtliche Transliterationsnormen als
unverbindlich gewertet und eine davon abweichende Schreibweise in dem Pass als
verbindlich erklärt. Aus dieser Entscheidung folgt jedoch nicht, dass die lateinische
Schreibweise des Namens eines in Deutschland geborenen Kindes durch das Konsulat
festgelegt wird. Das Wahlrecht steht ausschließlich den Kindeseltern zu, das Konsulat
hat die von den Eltern bzw. dem Vater gewählte lateinische Schreibweise zu
akzeptieren. Im Zeitpunkt der Eintragung des Kindes in das deutsche Geburtenbuch
wollten die Kindeseltern den Vornamen des Sohnes in der lateinischen Schreibweise
"Wasillios".
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Die Schreibweise des Vornamens des Sohnes ist auch nicht später rückwirkend
dadurch unrichtig geworden, dass er seinen Vornamen in der Schule, im Studium und
im Beruf in der Schreibweise "Wassilios" benutzt hat. Alleine durch einen geänderten
tatsächlichen Gebrauch des Vornamens kann dessen Schreibweise nicht
rechtsverbindlich neu festgelegt werden.
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Der Geburtseintragung ist ferner nicht unrichtig geworden, weil der neu ausgestellte
Pass des Sohnes dessen Vornamen nun in der geänderten lateinischen Schreibweise
"Vassilios" enthält. Wenn die griechischen Behörden die lateinische Schreibweise von
Namen in späteren Pässen immer wieder ändern, wie dies bei den griechischen
Konsulaten nach den Erfahrungen der Unterzeichnenden aus mehr 20 Jahren Tätigkeit
in Personenstandssachen sehr häufig geschieht, so ist dies für die Schreibweise der
Namen in den bereits abgeschlossenen deutschen Personenstandsbeurkundungen
rechtlich unbeachtlich. Soweit die Entscheidungen des KG vom 04.04.2000 (StAZ,
2000, 216 f) und des OLG Hamm vom 02.02.2006 (15 W 303/05) dahin missverstanden
werden, dass aufgrund eines später ausgestellten Passes stets eine Berichtigung der
zeitlich früheren deutschen Personenstandsbeurkundungen zulässig sei, so ist das nicht
richtig. Eine solche Auffassung verstößt gegen § 47 PStG, weil nicht beachtet wird, dass
eine Berichtigung nur erfolgen darf, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür
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vorliegen oder aber ein Sachverhalt, der eine analoge Anwendung rechtfertigt.
Ein
späterer Pass berechtigt nur dann zu einer Berichtigung, wenn der Passinhaber in
Griechenland geboren ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass die
Schreibweise in dem späteren Pass von der Schreibweise in den früheren Pässen
abweicht.
Vorname von dem Vater wirksam in der beurkundeten Weise festgelegt worden. Bei
dieser Sachlage ist eine Berichtigung unzulässig.
Es besteht auch keine Notwendigkeit, dass die deutschen Gerichte und Behörden unter
Missachtung der Voraussetzungen des § 47 PStG eine Berichtigung durchführen, damit
die früheren Personenstandbeurkundungen mit der Schreibweise in dem neuen Pass
übereinstimmen, da das griechische Generalkonsulat Düsseldorf in einer
Stellungnahme vom 30.09.2003 (vgl. OLG Hamm StAZ 2005,262 ff) mitgeteilt hat, dass
die lateinische Schreibweise bei der Passausstellung auf Antrag des Inhabers
abweichend von der üblichen Norm (ELOT 743 bzw. ISO 843) eingetragen werden
kann, z. B. wenn eine abweichende Form im Vorpass oder in sämtlichen anderen
öffentlichen Urkunden benutzt wird. Der Sohn hätte danach unter Vorlage seiner
deutschen Geburtsurkunde erreichen können, dass sein Vorname auch in seinem
aktuellen Pass in Übereinstimmung mit der Geburtsurkunde eingetragen wurde.
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Die Veränderung der lateinischen Schreibweise des Vornamens in dem aktuellen Pass
könnte als Namensänderung gewertet werden. Spätere Namensänderungen fallen nicht
unter § 47 PStG, sondern sind analog § 30 PStG zu behandeln (vgl. AG München StAZ
2005, 79). Dies wird nach einer Mitteilung von anderen Standesbeamten aus dem
hiesigen Landgerichtsbezirk so auch auf Fortbildungsveranstaltungen für
Standesbeamte in Bad Salzschlierf gelehrt. Es ist Sache des Standesbeamten, eine
geänderte Schreibweise ohne gerichtliche Anordnung in eigener Zuständigkeit durch
einen Randvermerk beizuschreiben, nachdem ihm ein entsprechender Pass vorgelegt
worden ist. Sollte der Standesbeamte dies ablehnen, so kann der Betroffene das
Ablehnungsschreiben des Standesbeamten bei Gericht vorlegen und bei Gericht
beantragen, den Standesbeamten anzuweisen, durch einen Randvermerk im
Geburtenbuch einzutragen, dass der Sohn mit Wirkung ab Ausstellung eines
entsprechenden griechischen Passes seinen Vornamen in der Schreibweise "Vassilios"
führt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 48 PStG, 13 a FGG.
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