Urteil des AG Gross-Gerau vom 06.11.2007

AG Groß-Gerau: nebenkosten, unfall, pauschalierung, angemessenheit, sachverständiger, hessen, pauschalbetrag, vergütung, fahrtkosten, abhängigkeit

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Gericht:
AG Groß-Gerau
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
63 C 306/06 (14),
63 C 306/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 249 Abs 2 S 1 BGB, § 631
BGB, § 632 Abs 2 BGB, § 287
ZPO
Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Angemessenheit der
Honorarvereinbarung mit einem Sachverständigen unter
Bezugnahme auf eine Honorartabelle
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 317,00 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
15.9.2006 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner weiter verurteilt, außergerichtliche
Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 40,95 € netto zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern
auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
wurde vom Gericht nicht mitgeteilt.>
Entscheidungsgründe
Die Klägerin, der die Beklagten aus einem Unfallereignis unstreitig in vollem
Umfang zum Schadensersatz verpflichtet sind, kann auch die gemäß Rechnung
vom 2.6.2005 mit 317,00 € netto berechneten Kosten für das Schadensgutachten
vom 25.5.2005 nach Maßgabe von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB verlangen. Die
Klägerin hat auch durch Vorlage eines Ausdrucks ihrer Buchhaltung nachgewiesen,
dass dieser Betrag (zusätzlich Mehrwertsteuer) gezahlt wurde.
Das „lt. Vereinbarter Honorartabelle“ nach - was die Beklagten für unzulässig
halten - Schadenhöhe bestimmte Sachverständigen-Honorar hält sich auch im
Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1
BGB. Denn ein Kraftfahrzeug-Sachverständiger überschreitet allein dadurch, dass
er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des
Honorars vornimmt, die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung
grundsätzlich nicht (BGH NJW Urt. v. 23.1.2007, zfs 2007, 507ff., 509). Auf dieser
Grundlage ist im vorliegenden konkreten Fall das Honorar - wie das hierzu
eingeholte Gutachten des Sachverständigen vom 6.9.2007 bestätigt hat -
angemessen bestimmt worden.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen hat die Gutachterin, die Firma ...
Bewertung, für die Erstellung ihres Gutachtens ein Grundhonorar von 240,00 € bei
einer Schadenhöhe von insgesamt 2.240,38 € berechnet. Dieses zu Grunde
gelegte Grundhonorar und auch der Gesamtbetrag der Rechnung von 317,00 €
netto (einschließlich Fahrtkosten, Auslagen und Lichtbilder etc.) liegen im Rahmen
der üblichen Vergütung.
Dies ergibt sich aus den von dem Sachverständigen zu Grunde gelegten bzw.
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Dies ergibt sich aus den von dem Sachverständigen zu Grunde gelegten bzw.
durchgeführten Honorarbefragungen. Dabei hat sich insbesondere aus der
Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen
Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen (BVSK) herausgestellt, dass kein
einziger Sachverständiger des BVSK nach Zeitraufwand abrechnet; vielmehr ist es
durchgängig üblich, für die Erstellung eines Schadensgutachtens einen
Pauschalbetrag zu berechnen, der als Grundhonorar bezeichnet wird und der in
Abhängigkeit zu der Höhe der ermittelten Reparaturkosten netto bzw. im
Totalschadenfall zum Wiederbeschaffungswert brutto steht. Dies erscheint auch
grundsätzlich sachgerecht. Denn Schadensgutachten dienen in der Regel dazu,
die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen, weswegen die
richtige Ermittlung des Schadensbetrages von dem Sachverständigen als Erfolg
seiner Bemühungen geschuldet wird und er hierfür haftet. Deshalb trägt eine an
der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem
nach der Rechtssprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand
Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die
Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl.
BGH a.a.O.).
Für eine Schadenshöhe von 2.240,38 € hat sich, wie der Sachverständige ... weiter
ausführt, nach den Veröffentlichungen der BVSK ein Honorarbereich
(Honorarkorridor) für das Grundhonorar von 296,00 € bis 332,00 € und für das
Gesamthonorar mit Nebenkosten inklusive Mehrwertsteuer von 406,16 € bis
496,75 € ergeben. Für eine von dem Sachverständigen in der Region selbst
durchgeführte Befragung bei Kfz-Sachverständigen ergibt sich ein Honorarkorridor
für das Grundhonorar von 230,00 € bis 325,00 € (Mittelwert 273,80 €) und für das
Gesamthonorar mit Nebenkosten ohne Mehrwertsteuer ein solcher von 294,00 €
bis 427,50 € (367,40 €). Nach den Angaben von TÜV Hessen, TÜV Rheinland und
DEKRA ergeben sich zwar geringere Grundhonorare, nämlich 227,00 €, 176,00 €
und 254,92 € bzw. niedrigere Gesamthonorare von 314,10 €, 261,40 € und 349,57
€, letztere Werte allerdings ohne Mehrwertsteuer. Seitens des TÜV sei jedoch
darauf hingewiesen worden, dass auf Grund der neueren BGH-Rechtsprechung die
Gutachtenhonorare zwischenzeitlich deutlich angehoben worden seien. Schließlich
ergibt sich auch aus den von dem Sachverständigen ... mitgeteilten
Gesprächsergebnissen von BVSK und den Versicherungen für eine Schadenshöhe
von 2.240,38 € ein Nettoendbetrag von 297,50 € für Gutachten der HUK-Coburg
und von 304,94 € für Gutachten der DEVK Versicherung, die aber auf Grund der
aktuellen BVSK-Honorarbefragung 2005/2006 und durch Vereinbarung mit den
beiden Versicherungsgesellschaften auf 320,31 € angehoben worden seien.
Insgesamt entspricht der Honorarbetrag, den die Gutachterin berechnet hat, den
Honoraren, wie sie von freien Sachverständigen in der Region üblicherweise in
Rechnung gestellt werden, liegt aber auch unter Berücksichtigung der
durchgeführten Honorarbefragungen, zu welchem Ergebnis auch der
Sachverständige ... kommt, im unteren sich hieraus ergebenden Bereich, wobei
hier im Übrigen auch die Nebenpositionen hinreichend spezifiziert und
nachvollziehbar berechnet sind.
Etwaige Honorarvereinbarungen der Beklagten zu 2. mit anderen
sachverständigen firmen sind für das Rechtsverhältnis der Parteien ohne
Bedeutung.
Die Verzinsung der Hauptforderung folgt aus den §§ 288, 291 BGB.
Unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes sind auch als
Rechtsverfolgungskosten die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten gemäß
Berechnung in der Klageschrift (Blatt 5 der Akten) zu erstatten. Die - nur von der
Klägerin für den Fall des Unterliegens beantragte - Berufungszulassung kam nicht
in Betracht, weil die streitigen Punkte durch die genannte Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs grundsätzlich geklärt sind.
Die Nebenkostenentscheidungen beruhen auf den §§ 91; 708 Nr. 1, 713 ZPO.
Gemäß §§ 128 Abs. 2, 313a Abs. 1, 495a ZPO ist ohne mündliche Verhandlung
entschieden und von der gesonderten Darstellung des Tatbestandes abgesehen
worden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.