Urteil des AG Gelnhausen vom 29.08.2008

AG Gelnhausen: verkehrsunfall, tarif, unparteilichkeit, beschädigung, fachkunde, abholung, grundpreis, zustellung, mensch, jahreszeit

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Gericht:
AG Gelnhausen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
51 C 672/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 249 Abs 2 BGB, § 287 ZPO
Schadensersatz bei Verkehrsunfall: Ermittlung des für die
Anmietung eines Ersatzfahrzeugs erforderlichen Betrags
auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens
Tenor
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an
den Kläger 526,07 Euro, nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über
dem Basiszinssatz seit 24.01.2006, zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 1/5, die Beklagte 4/5
zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
(Die Darstellung eines Tatbestandes entfällt gemäß § 313 a ZPO, eine
Rechtsmittelzulassung erfolgt mangels vorliegender Voraussetzungen des § 511
Abs. 4 ZPO nicht).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte, hinsichtlich der Schäden aus dem
Verkehrsunfall vom 16.12.2005, einen Anspruch nach §§ 7, 18 StVG, 823 Abs. 1,
249 Abs. 2 Satz 1 BGB, 3 Pflichtversicherungsgesetz, auf Erstattung weiterer
Mietwagenkosten in Höhe von 526,07 Euro.
Erstattungsfähig sind Mietwagenkosten in einer Gesamthöhe von 946,07 Euro,
gemindert durch Zahlung der Beklagten von 420,– Euro, so dass der ausgeurteilte
Betrag übrig bleibt.
Die Kosten setzen sich zusammen aus einem Grundpreis von 622,99 Euro, einem
Zuschlag von 20 %, der gemäß § 287 ZPO geschätzt wird, den Kosten für die
Zustellung und Abholung als notwendige Kosten in Höhe von 32,– Euro, 36,– Euro
für Winterreifen, im Hinblick auf die Jahreszeit des Unfalls, und die gesetzliche
Mehrwertsteuer in Höhe von seinerzeit 16 %.
Das Sachverständigengutachten hat zur vollen Überzeugung des Gerichts
ergeben, dass der von der Autovermietung, Fa. S, berechnete Preis von 968,–
Euro, 200 % über dem Minimalpreis in Höhe von 306,49 Euro, und immerhin noch
14 % über dem übrigen Maximalpreis in Höhe von 851,48 Euro im Raum A lag.
An der Fachkunde und Unparteilichkeit des Sachverständigen B zu zweifeln sieht
das Gericht keinen Anlass.
Die Abweichung des Preises der Autovermietung S zum arithmetischen Mittel der
ermittelten Preis liegt bei 55 %.
Mietwagenkosten gehören regelmäßig zu den Kosten der Schadensbehebung im
Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
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Danach kann der Gläubiger bei einer Verletzung einer Person oder wegen
Beschädigung einer Sache, statt der Herstellung den dazu erforderlichen
Geldbetrag verlangen.
Mietwagenkosten sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH insoweit zu
ersetzen, als dies tatsächlich zur Herstellung des Zustandes erforderlich ist, der
ohne die Schädigung bestehen würde.
Erforderlich sind Aufwendungen, die ein verständiger wirtschaftlich denkender
Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und erforderlich halten darf.
Die Inanspruchnahme eines Mietwagens allein verstößt daher nicht gegen die
Schadensgeringhaltungspflicht.
Dies ergibt sich auch nicht allein durch die Inanspruchnahme eines sogenannten
Unfallersatztarifs.
Bei der Inanspruchnahme des Unfallersatztarifs ist die Erforderlichkeit jedoch nur
gewahrt, wenn die besonderen Umstände des Unfalls dies aus
betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen.
Der Kläger kann nicht damit gehört werden, dass die Preise der Fa. S innerhalb des
ortsüblichen Preisniveaus lägen, da dies sachverständigenseits widerlegt wurde.
Auch wenn dem Kläger keine erweiterte Markterkundungsobliegenheit zukommt,
da er nur für eine kurze Dauer das Mietfahrzeug benötigte, musste sich ihm bei
einer Abweichung von 55 % über dem arithmetischen Mittel, und 200 % über dem
Minimalangebot, aufdrängen, dass die Preise der Fa. S überhöht waren.
Die alleinige Vermietung von ... S zu einem einzigen Tarif ändert hieran nichts,
auch wenn der Kläger nicht daran gehalten ist, das billigste Angebot zu nehmen.
Da ihm dies wiederum eine Markterforschung auferlegen würde, hat er vorliegend,
als keine erkennbare Eilsituation vorlag, (der Kläger hat erst nach 11 Tagen einen
Ersatzwagen angemietet) die Verpflichtung, zumindest ein zumutbares
Alternativangebot zu berücksichtigen.
Bereits hierbei wäre ihm aufgefallen, dass die ... S-Preise überdurchschnittlich
hoch sind.
Dass gerade der von der Fa. S in Rechnung gestellte Unfallersatztarif aufgrund
unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich gewesen wäre, trägt der Kläger nicht
substantiiert vor.
Auch eine vorherige Regulierung dieses Tarifes durch die Versicherung bei einem
früheren Unfall allein genügt insoweit nicht, da hierzu genauerer Vortrag fehlt.
Wegen Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht war daher die
Inanspruchnahme eines Mietwagens der Fa. S zu den dortigen Tarifen nicht
erforderlich im Sinne von 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Vielmehr ermittelt sich vorliegend der Schaden des Klägers ausnahmsweise aus
dem arithmetischen Mittel der Mietwagenpreise in A für die Dauer von 4 Tagen im
Dezember 2005, für die Anmietung eines Fahrzeuges der Gruppe 7.
Dabei ist nicht das günstigste Angebot von E maßgeblich, da der Kläger insoweit
keine Marktforschung betreiben muss, des Weiteren wird ihm ein Aufschlag von 20
% auf den so ermittelten Tarif zugebilligt, um die Besonderheiten der Kosten und
Risiken des Unfallersatzgeschäfts, im Vergleich zu einer normalen
Autovermietung, abdecken zu können, die regelmäßig von den Autovermietungen
auf die Kunden überwälzt wird.
Üblicherweise wird das Kreditierungsrisiko, welches die Autovermieter im
Unfallersatztarif tragen, ebenfalls preisgestaltend sein.
Damit ergibt sich der ausgeurteilte Betrag.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug und in gesetzlicher Höhe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur
29 Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziffer 11, 713 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.