Urteil des AG Freiburg vom 26.07.2004

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AG Freiburg Urteil vom 26.7.2004, 1 C 4284/03
Wohnraummiete: Schadenersatzanspruch des Mieters wegen unwirksamer fristloser Mietvertragskündigung in Höhe von
Rechtsberatungskosten
Gründe
1 (aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
2 Der Beklagte ist verpflichtet, gemäß § 9 Beratungshilfegesetz die gesetzliche Vergütung für die Tätigkeit der Kläger zu bezahlen. Die Kläger waren
unstreitig mit der Beratung und außergerichtlichen Vertretung der Eheleute beauftragt, nachdem der Beklagte die fristlose Kündigung des
Wohnungsmietverhältnisses über die Wohnung in Freiburg ausgesprochen hat durch Schreiben vom 28.7.2003. Der Beklagte ist verpflichtet,
diese Kosten zu ersetzen, weil die am 28.7.2003 ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam ist. Aus schadensersatzrechtlichen
Gesichtspunkten ist der Beklagte daher verpflichtet, die entstandenen Anwaltskosten zu tragen. Gemäß § 9 Satz 2 Beratungshilfegesetz ist der
Anspruch auf die Kläger übergegangen. Die vom Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 28.7.2003 ist nicht ausreichend begründet und
daher unwirksam. Zu Recht weisen die Kläger darauf hin, dass der allgemeine Hinweis, dass von dem Mandanten der Kläger derart starke
Lärmbelästigungen ausgingen, dass es den übrigen Mitbewohnern im Hause unmöglich sei, dort zu bleiben, und die Mandanten den Hausfrieden
so nachhaltig störten, dass dies nicht weiter hinzunehmen sei, nicht ausreichend substantiiert ist und den Anforderungen des § 569 Abs. 4 BGB
daher nicht genügt. Soweit ausgeführt wird, der Sohn der Mandanten habe nachts im Keller sein Moped repariert und hierbei auch Lärm
verursacht, genügt der Hinweis auf einen solchen einmaligen Vorfall zur Begründung einer fristlosen Kündigung nicht. Im Übrigen wird in der
Begründung nur noch darauf hingewiesen, dass Leute bedroht und beleidigt worden seien und am Wochenende die Polizei zweimal da gewesen
sei, um für Ruhe zu sorgen. Auch insoweit sind die Ausführungen im Kündigungsschreiben zu pauschal.
3 Die Mandanten der Kläger waren auch berechtigt, zur Abwehr etwaiger Räumungsansprüche anwaltlichen Rat einzuholen. Etwaige
Schadensminderungspflichten haben sie hierbei nicht verletzt. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts entsprach vielmehr der Entscheidung eines
jeden wirtschaftlich vernünftig denkenden Dritten, da die Beibehaltung der Wohnung von zentral wichtiger Bedeutung ist.
4 Der Beklagte hat zwar behauptet, die Mandanten der Kläger hätten konstant die Hausruhe und den Hausfrieden gestört, weshalb die Kündigung
in der Sache nicht unberechtigt gewesen sei. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob die Kündigung, in der Form, wie sie
ausgesprochen wurde, wirksam war.
5 Nach Einholung des Gutachtens der Rechtsanwaltskammer Freiburg vom 18.6.2004 steht außerdem fest, dass die von den Klägern
abgerechneten Gebühren auch der Höhe nach nicht zu beanstanden sind. Das Gutachten kommt vielmehr zu dem Ergebnis, dass die von den
Klägern berechnete 9/10 Geschäftsgebühr billigem Ermessen entspricht. Die Erhöhungsgebühr ist gemäß § 6 Abs. 1 BRAGO geschuldet.
6 Die Gebühren sind auch nicht auf die Gebühren des Räumungsrechtsstreits, der beim Amtsgericht Freiburg zwischen den Mandanten der Kläger
und dem Beklagten anhängig gewesen ist, anzurechnen. Die Kläger weisen zu Recht darauf hin, dass eine Anrechnung gemäß § 118 Abs. 1 Satz
1 BRAGO nicht in Betracht kommt, da allenfalls später entstehende Gebühren im Anrechnungsfall zu mindern sind. Die Frage, ob überhaupt ein
Anrechnungstatbestand vorliegt, kann daher offen bleiben.