Urteil des AG Frankfurt am Main vom 26.05.2009

AG Frankfurt: karte, schalter, treu und glauben, grobe fahrlässigkeit, beweismittel, bargeld, verfügung, diebstahl, beweisvereitelung, verwahrung

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Gericht:
AG Frankfurt
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
30 C 2223/08 - 45,
30 C 2223/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 242 BGB, § 667 BGB, § 676h
BGB
EC-Karten-Missbrauch: Haftungsverteilung bei
Geldautomaten- und Barabhebung nach Entwendung einer
EC-Karte
Leitsatz
1. Eine Bank darf sich im Falle des ec-Karten-Missbrauchs nicht auf den
Anscheinsbeweis berufen, wenn sie ihren Kunden in der Möglichkeit beschneidet, diesen
zu erschüttern (hier: Vernichtung der eingezogenen ec-Karte, Nichtherausgabe der
Videoaufzeichnung des Täters).
2. Mitverschulden der Bank bei Schalterablehnung mit gestohlener ec-Karte und PIN
durch unterlassene Identitätsprüfung.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.510,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.07.2007 zuzüglich
vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 390,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.10.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Rückerstattung von Geldbeträgen, die von der Beklagten
seinem Girokonto belastet wurden.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten ein Girokonto, zu dem ihm von der
Beklagten eine Debitkarte (… bank Card) mit persönlicher Geheimnummer (PIN)
ausgestellt worden war.
Der Kläger behauptet, ihm sei die Debitkarte am 03.07.2007 entwendet und
anschließend missbräuchlich verwendet worden.
Nachdem er den Diebstahl bemerkt hatte, habe er die Karte um 21:06 Uhr sofort
sperren lassen.
Zuvor wurden jedoch mit der Karte um 16:48 Uhr und 16:49 Uhr an einem
Geldausgabeautomaten der …. Sparkasse in …. jeweils 500,00 € und um 17:01
Uhr am Schalter der Beklagten in der … straße in … ein Betrag in Höhe von
2.500,00 € abgehoben, wobei für die Verfügungen an den Geldausgabeautomaten
noch jeweils 5,00 € Gebühren berechnet wurden.
Zwei weitere Versuche um 16:50 Uhr und 18:19 Uhr jeweils 500,00 € an
Geldausgabeautomaten Geld abzuheben, wurden wegen Überschreitung des
Tageslimits abgelehnt, um 23:45 Uhr erfolgte bei dem Versuch, 1.000,00 € am
Geldausgabeautomaten abzuheben, der Einzug der Debitkarte.
Ausweislich der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Frankfurt
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Ausweislich der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Frankfurt
am Main wurden am 02.07.2007 und 12.07.2007 weitere Debit- und Kreditkarten
anderer Geschädigter gestohlen und an Geldausgabeautomaten bzw. POS-
Terminals eingesetzt, wobei die von den Geldausgabeautomaten und der
Überwachungskamera eines Schalterraums gefertigten Lichtbilder in allen Fällen
augenscheinlich den gleichen Täter zeigen, der sich vom Erscheinungsbild jedoch
erheblich von dem Kläger unterscheidet.
Der Kläger behauptet, er habe die PIN zu seiner Debitkarte weder zusammen mit
der Debitkarte aufbewahrt, noch diese auf der Karte notiert.
Der Kläger vermutet, dass seine PIN am Vorabend des Missbrauchs ausgespäht
wurde, als er am 02.07.2007 am Geldausgabeautomaten in der Filiale der
Beklagten in …. um 19:15 Uhr Geld abgehoben hatte.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagten stehe kein Aufwendungsersatzanspruch
für die missbräuchliche Nutzung seiner Debitkarte zu. Auch stehe der Beklagten
ihm gegenüber kein Schadensersatzanspruch zu, da er seine vertraglichen
Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Verwahrung der Debitkarte und der
Geheimnummer gemäß den Besonderen Bedingungen zum ….bank Karten-
Banking und Bargeld-Service nicht grob fahrlässig verletzt hat.
Der Kläger ist ferner der Ansicht, die Beklagte könne sich in diesem Rechtsstreit
aus mehreren Gründen nicht auf den vom BGH statuierten Anscheinsbeweis
stützen.
Er trägt hierzu vor, die Beklagte beschneide ihn der Möglichkeit den
Anscheinsbeweis zu erschüttern, da sie sich geweigert habe, ihm die
entsprechenden Protokolle und Log-Dateien der Geldausgabeautomaten zur
Verfügung zu stellen.
Ferner habe sich die Beklagte geweigert, ihm einen Mitschnitt der
Videoüberwachung der Barabhebung am Bankschalter zur Verfügung zu stellen,
auch habe sie die von ihm gesperrte und vom Geldausgabeautomaten
eingezogene Debitkarte vernichtet.
Schließlich ist der Kläger der Ansicht, die Regelung der Besonderen Bedingungen
der Beklagten zum …bank Karten-Banking und Bargeld-Service, wonach der
Verfügungsrahmen (Tageslimit) nur für Verfügungen an Geldausgabeautomaten,
automatisierten Kassen und die Aufladung der GeldKarte, nicht jedoch auch für
Barabhebungen am Schalter gelte, verstoße gegen das Transparenzgebot des §
305 c BGB.
Im Übrigen ist er der Ansicht, die Beklagte hätte sich bei der Barabhebung am
Schalter gemäß Ziffer 4.1 Abs. 5 ihrer Besonderen Bedingungen einen Ausweis
zeigen lassen müssen, da die Beklagte im Hinblick auf die vorherige Ausnutzung
des Tageslimits am Geldausgabeautomaten und der Tatsache, dass durch die
gewünschte Abhebung der 2.500,00 € sein Konto ins Soll geriet, genügend
konkrete Verdachtsmomente für einen möglichen Missbrauch und damit eine
entsprechende Kontrollpflicht hatte.
Der Kläger stellt den Antrag,
auf den erkannt wurde.
Hilfsweise hat der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.07.2007, hilfsweise
seit dem 11.07.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger könne nicht Zahlung, sondern allenfalls
wertstellungsgerechte Wiedergutschrift verlangen, aber auch dieser Anspruch
stehe dem Kläger nicht zu.
Die Beklagte bestreitet den behaupteten Diebstahl der Debitkarte mit Nichtwissen
und ist im Übrigen der Ansicht, der Kläger habe die ihm obliegenden Verpflichtung
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und ist im Übrigen der Ansicht, der Kläger habe die ihm obliegenden Verpflichtung
zur sorgfältigen Aufbewahrung der Karte grob fahrlässig verletzt, da er die Karte
nach eigenem Vortrag in einem Geldbeutel im Rucksack aufbewahrt habe, welcher
neben dem Schreibtisch im Büro abgestellt worden sein soll.
Da die streitgegenständlichen Verfügungen unter korrekter Verwendung der PIN
getätigt worden seien, ohne dass es zu Fehlversuchen gekommen sei, spreche der
Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Kläger die Pflicht zur absoluten
Geheimhaltung der PIN verletzt habe.
Das vom Kläger vermutete Ausspähen der PIN am Vorabend hält die Beklagte für
absurd. Zwischen der letzten Verfügung, die der Kläger einräumt (02.07.2007 um
19:15 Uhr) und der ersten angeblich missbräuchlichen Nutzung am 03.07.2007
um 16:48 Uhr lägen rund 22 Stunden, so dass von einem „engen zeitlichen
Zusammenhang“ keine Rede sein könne. Hinzu komme, dass die letzte Verfügung
des Klägers in …. erfolgte, der Diebstahl und die missbräuchliche Nutzung jedoch
in … erfolgten, so dass auch ein örtlicher Zusammenhang fehle.
Sie bestreitet, bei der Schalterabhebung ihrerseits Sorgfalts- oder
Organisationspflichten verletzt zu haben. Die zwischen den Parteien geltenden
Besonderen Bedingungen sähen keine Verpflichtung zur Vorlage eines Ausweises
bei Barabhebungen vor, sondern regelten lediglich das Recht der Beklagten, sich
„auf Verlangen“ einen Ausweis zeigen zu lassen.
Da durch die Barabhebung der 2.500,00 € am Schalter zwar das Guthaben
aufgebraucht, jedoch die eingeräumte Kreditlinie bei weitem nicht ausgeschöpft
wurde, habe keine Pflicht bestanden, sich den Ausweis zeigen zu lassen.
Das Verfahren der Schalterabhebung sei im Prinzip das Gleiche wie am
Geldausgabeautomaten, mit dem einzigen Unterschied, dass am Schalter keine
Höchstbetragssummen gelten.
Es bestünden auch weder Prüfungsmöglichkeiten des Kassenbeamten, noch
Prüfungspflichten.
Der Schalterbeamte habe auch keine Kenntnis von den zuvor erfolgten
Abhebungen an den Geldausgabeautomaten gehabt, diese könnten nur bei
gezielter Nachforschung festgestellt werden, die ohne besonderen Anlass nicht
durchgeführt würden.Lediglich besondere Verdachtsmomente, die sich aus der
Person oder dem äußeren Erscheinungsbild des die Auszahlung Begehrenden
ergeben, würden Anlass geben, von dem Recht zur Vorlage des Ausweises
Gebrauch zu machen. Solche Verdachtsmomente hätten sich im vorliegenden Fall
jedoch nicht ergeben.
Die Beklagte ist ferner der Ansicht, sie sei dem Kläger nicht zur Herausgabe der
Videobänder bezüglich der Barabhebung verpflichtet. Diese Aufnahmen dienten
ausschließlich der Überfall- und damit der Eigensicherung.
Schon aus datenschutzrechtlichen Gründen dürften die Aufnahmen auch nicht
länger-fristig vorgehalten werden. Lediglich anlässlich eines Überfalls dürften die
Daten überhaupt verwertet werden und würden daher, sofern kein Überfall
stattfindet, in regelmäßigen Abständen überschrieben.
Auch die Vernichtung der eingezogenen Debitkarte des Klägers stelle keine
Beweisvereitelung dar, da die Karte in diesem Rechtstreit nicht als Beweismittel
diene.
Die Debitkarte sei kein Beweismittel, die Beklagte daher zur Aufbewahrung nicht
verpflichtet.
Soweit der Kläger die Karte zur Überprüfung etwaiger Fingerabdrücke und damit
zur Überführung des Täters und zur zivilrechtlichen Geltendmachung von
Schadensersatzansprüchen benötige, sei schon fraglich, ob verwertbare Spuren
überhaupt vorhanden sind und der Täter leistungsfähig ist, im Übrigen sei dies im
hier anhängigen Rechtsstreit von keinerlei Belang.
Es gäbe auch keine Rechtsgrundlage, wonach sie verpflichtet sei, eventuelle
Beweismittel zum Zwecke der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen ihres
Vertragspartners gegenüber Dritten aufzubewahren.
Mit Schriftsatz vom 23.04.2009 hat die Beklagte die vom Kläger angemahnten log
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Mit Schriftsatz vom 23.04.2009 hat die Beklagte die vom Kläger angemahnten log
files des betroffenen Geldausgabeautomaten zur Akte gereicht.
Das Gericht hat zu Informationszwecken die Ermittlungsakte der
Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht … (Az.: …..) beigezogen und zum
Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 07.05.2009 gemacht.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gegenseitig gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie die beigezogene Ermittlungsakte der
Staatsanwaltschaft Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten gemäß §§ 667, 675 Abs. 1, 676f BGB
der geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung des zu Unrecht seinem Girokonto
belasteten Betrages zu.
Dem geltend gemachten Zahlungsanspruch kann die Beklagte nicht
entgegenhalten, dass der Kläger allenfalls berechtigt sei, wertstellungsgerechte
Wiedergutschrift zu fordern. Insoweit ist die Rechtslage durch ein Urteil des I.
Zivilsenates des BGH vom 17.12.1992 geklärt (Az. IX ZR 226/91, NJW 1993, 735,
737; bestätigt durch BGH, Urteil vom 17.10.2000, Az. XI ZR 42/00).
Das auf einem Bankkonto ausgewiesene Guthaben verkörpert eine Geldforderung
des Kontoinhabers gegen die Bank in Höhe des Guthabenbetrages. Verfügt die
Bank über das Guthaben, ohne dass ein Auftrag des Kunden oder ein
anderweitiger rechtlicher Grund vorliegt, wird die Forderung des Kunden nicht
berührt.
Dieser hat daher einen Anspruch auf Rückbuchung in Höhe des von einer
rechtsgrundlosen Verfügung erfassten Betrages nebst den vereinbarten Zinsen
(vgl. KG BB 1977, 772; OLG Düsseldorf WM 1987, 403, 404; Canaris, in Großkomm.
HGB, Bankvertragsrecht, 4. Aufl. 2005, II. Rdn. 366; Liesecke WM 1975, 238, 241).
Statt dieser Rückbuchung, der lediglich rechtsbestätigende (deklaratorische)
Bedeutung zukommt (vgl. KG a.a.O.; Canaris a.a.O.), kann der Kunde gemäß § 667
BGB grundsätzlich auch sogleich Auszahlung des rückzubuchenden Betrages
verlangen, sofern ihm ein solcher Zahlungsanspruch ohne die rechtsgrundlose
Abbuchung zugestanden hätte (vgl. BGH, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ist zwischen Parteien unstreitig, dass das Konto des Klägers
sich vor den streitgegenständlichen Transaktionen im Haben befand.
Umstände, die einem Auszahlungsanspruch des Klägers entgegenstehen, sind
somit nicht ersichtlich (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 30.01.2008, Az. 23 U 38/05).
Der Kläger kann deshalb verlangen, dass der Klagebetrag an ihn ausgezahlt wird,
da die Beklagte das Konto des Klägers zu Unrecht mit den streitgegenständlichen
Auszahlungsbeträgen und Gebühren belastet hat.
Der Beklagten steht gegenüber dem Kläger kein Aufwendungsersatzanspruch zu,
mit dem sie das Girokonto des Klägers belasten durfte.
Gemäß § 676h BGB kann ein Kreditinstitut Aufwendungsersatz für die Verwendung
von Zahlungskarten oder von deren Daten nur verlangen, wenn diese nicht von
einem Dritten missbräuchlich verwendet wurden.
Zur Überzeugung des Gerichts steht aber fest, dass die beiden
streitgegenständlichen Abhebungen am Geldausgabeautomaten sowie die
Barauszahlung am Schalter unter missbräuchlicher Verwendung der Debitkarte
des Klägers oder von deren Daten erfolgten.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe die streitgegenständlichen Transaktionen
nicht vorgenommen, vielmehr sei ihm seine Debitkarte gestohlen und
anschließend missbräuchlich verwendet worden.
Ganz abgesehen davon, dass dieser Vortrag bereits aufgrund der äußeren
Umstände - insbesondere der in der Ermittlungsakte vorhandenen Lichtbilder des
Täters, der zudem noch in andere Missbrauchsfälle involviert ist - glaubhaft
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Täters, der zudem noch in andere Missbrauchsfälle involviert ist - glaubhaft
erscheint, hat die Beklagte zwar den Diebstahl mit Nichtwissen bestritten, hierbei
aber übersehen, dass gemäß § 676h BGB die Beweislast, dass die Karte der
Inhaber selbst (oder ein von ihm Bevollmächtigter) eingesetzt bzw. eine Weisung
erteilt hat und der Aufwendungsersatz durch den Kartenaussteller erforderlich war,
seit Einführung des § 676h BGB nunmehr der Kartenaussteller, hier also die
Beklagte, trägt (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl. 2008, § 676h, Rn. 21).
Behauptet also der Karteninhaber nachvollziehbar, dass ihm die Karte abhanden
gekommen ist und kann das Kreditinstitut nicht nachweisen, dass er dennoch die
Karte verwendet hat, liegen die Voraussetzungen des
Aufwendungsersatzanspruchs nicht vor.
Der Rechtssausschuss des Deutschen Bundestages hat hierzu in seiner
Beschlussempfehlung vom 12.04.2000 (vgl. BT-Drs. 14/3195, S. 34) ausdrücklich
ausgeführt:
„ Auch sollte darauf geachtet werden, dass nicht ungewollt eine Beweislastumkehr
zu Lasten des Kunden eintritt. Nach deutschem Recht wird die Abrechnung von mit
Karten getätigten Verträgen als Aufwendungsersatzanspruch des
kartenausgebenden Instituts gegen den Kunden konstruiert. Rechtlich gesehen
muss das Kreditinstitut also beweisen, dass der Kunde Aufwendungen getätigt hat
und die Übernahme dieser Aufwendungen erforderlich war. Das kartenausgebende
Institut muss dazu auch darstellen, dass der Karteninhaber selbst diese Geschäfte
getätigt hat. Bestreitet er dies, liegt die Beweislast beim Kreditinstitut.
Konstruktiv bedeutet das, dass in dem neuen § 676h Satz 1 BGB nicht der
Anspruch des Kunden auf Gutbuchung, sondern umgekehrt der Anspruch des
Kreditinstituts auf Aufwendungsersatz geregelt und davon abhängig gemacht
werden muss, dass die Karte nicht von einem Dritten (vgl. dazu den von der
Bundesregierung akzeptierten Vorschlag des Bundesrates in Nummer 22 seiner
Stellungnahme) rechtsmissbräuchlich, also ohne dass der Kunde eine wirksame
Weisung (§ 665 BGB) erteilt hätte, verwendet worden ist. Darauf zielt die
vorgenommene Änderung.“
Da die Beklagte nicht bewiesen hat, dass die hier in Rede stehenden
Geldabhebungen von dem Kläger selbst oder mit seinem Einverständnis durch
einen Dritten vorgenommen worden sind, steht ihr gegenüber dem Kläger daher
kein Aufwendungsersatzanspruch zu, mit dem sie das Girokonto des Klägers
belasten durfte (vgl. BGH, Urteil vom 5. 10. 2004 - XI ZR 210/03).
Der Beklagten steht gegenüber dem Kläger aber auch kein
Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, den sie in das
Kontokorrent einstellen und mit dem sie das Girokonto des Klägers belasten
durfte.
Das Gericht sieht es nicht für erwiesen an, dass der Kläger seine vertraglichen
Sorg-faltspflichten im Zusammenhang mit der Verwahrung der Debitkarte und der
Geheimnummer gemäß den Besonderen Bedingungen zum …bank Karten-
Banking und Bargeld-Service grob fahrlässig verletzt hat.
Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass der Kläger seine Debitkarte und die PIN
unsorgfältig aufbewahrt hat.
Die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Verletzung von
Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten des Karteninhabers trägt das Kreditinstitut (vgl.
BGH, WM 2004, 2309; BGH, WM 2000, 2421). Denn eine Pflichtverletzung muss
nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich der Gläubiger - für den dem
Rückzahlungsanspruch des Klägers entgegengesetzten Schadenersatzanspruch
hier also die Beklagte - beweisen, während der Schuldner nach § 280 Abs. 1 Satz 2
BGB gegebenenfalls die Einwendung des fehlenden Vertretenmüssens der
Pflichtverletzung beweisen muss (vgl. LG Bonn, Urteil vom 23.08.2005, Az. 3 O
126/05).
Auch wenn man mit der Beklagten von einer Entwendung der Debitkarte aus dem
Büro des Klägers ausgehen würde (die genauen Umstände des Diebstahls
konnten nicht ermittelt werden), ist eine Pflichtverletzung des Klägers nicht
nachgewiesen.
Für den Beweis der tatsächlichen Voraussetzungen einer Pflichtverletzung kann
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Für den Beweis der tatsächlichen Voraussetzungen einer Pflichtverletzung kann
der Beklagten zwar eine Beweiserleichterung nach den Grundsätzen des
Anscheinsbeweises zugute kommen. Die Grundsätze über den Beweis des ersten
Anscheins sind allerdings nur bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, d.h.
in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen
Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf
als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist. Dabei bedeutet
Typizität nicht, dass die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen
bestimmten Erfolg bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer
vorhanden ist; sie muss aber so häufig gegeben sein, dass die Wahrscheinlichkeit,
einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (BGH, WM 2004, 2309).
Spricht ein Anscheinsbeweis für einen bestimmten Ursachenverlauf, kann der
Inanspruchgenommene diesen entkräften, indem er Tatsachen darlegt und
gegebenenfalls beweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende
Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen.
Der Anscheinsbeweis kann auch erschüttert werden, wenn unstreitig oder vom
Inanspruchgenommenen bewiesen ist, dass ein schädigendes Ereignis durch zwei
verschiedene Ursachen mit jeweils typischen Geschehensabläufen herbeigeführt
worden sein kann; haftet der Inanspruchgenommene in einem solchen Fall nur für
eine der möglichen Ursachen, sind die Regeln über den Anscheinsbeweis nicht
anwendbar.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die eine oder eine andere
Verursachungsmöglichkeit nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die
wahrscheinlichere ist (BGH, a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben kann sich die Beklagte im Ergebnis nicht auf einen Beweis
des ersten Anscheins dafür berufen, dass der Kläger das Portemonnaie mit der
Debitkarte und der PIN ungesichert in seinem Büro hat liegen lassen oder in
sonstiger Weise seine Pflicht zur besonders sorgfältigen Aufbewahrung der
Debitkarte und PIN verletzt hat.
Ein allgemeiner Erfahrungssatz, das Abhandenkommen einer Debitkarte beruhe in
der Regel auf unsorgfältiger Verwahrung, existiert nicht, da kein absoluter
Diebstahlsschutz durch den Kunden gefordert werden kann und auch bei
Einhaltung aller zumutbaren Vorsichtsmaßnahmen eine Entwendung nie
vollständig auszuschließen ist.
Aber auch für den in Rede stehenden konkreten Geschehensablauf greift auf der
Grundlage der vorgetragenen Tatsachen kein Erfahrungssatz ein, der den Schluss
auf sorgfaltswidriges Kundenverhalten des Klägers zulässt.
Unstreitig wurde zwar die Bürotür des Klägers im Zeitraum zwischen seiner
Rückkehr aus der Kantine gegen 13:00 Uhr und der ersten Bargeldabhebung um
16:48 Uhr vom Kläger nicht abgeschlossen, wenn dieser sein Büro ab und zu für
wenige Minuten, z. B. um zum Kopieren zu gehen, verlassen hatte.
Soweit der Kläger hierbei das Portemonnaie mit seiner Debitkarte in dem neben
seinem Schreibtisch stehenden Rucksack in seinem unverschlossenen Büro
zurückgelassen hat, verstößt dies jedoch nicht gegen die Pflicht zur besonders
sorgfältigen Aufbewahrung der Debitkarte.
Wenn Beschäftigte persönliche Gegenstände auch wertvoller Art zu ihrem
Arbeitsplatz mitnehmen, welche sie erlaubterweise und typischerweise dorthin
mitzunehmen pflegen, müssen sie nicht gegen jeden erdenklichen unbefugten
Zugriff, sondern nur im Rahmen des Vorhersehbaren und Zumutbaren,
Vorkehrung treffen.
Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und insbesondere danach,
ob ein hinreichender Diebstahlsschutz für etwaig in dem Büro befindliche
Wertgegenstände durch Kontrollen und bauliche Gegebenheiten gewährleistet ist
und kein konkreter Anlass für weitergehende Maßnahmen besteht (vgl. LG Bonn,
Urteil vom 23.08.2005, Az. 3 O 126/05).
In einem mit diesem Verfahren vergleichbaren Rechtsstreit hat bereits das OLG
Hamm (Urteil vom 17.03.1997, Az. 31 U 72/96) das Verschulden eines
Bankkunden abgelehnt, der seine ec-Karte während des Aufenthaltes in einem
anderen Gebäudeteil an seinem Arbeitsplatz in einem Aktenkoffer in seinem Büro
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anderen Gebäudeteil an seinem Arbeitsplatz in einem Aktenkoffer in seinem Büro
beließ. Dies habe noch eine angemessene, den Sorgfaltsanforderungen
genügende Aufbewahrung dargestellt, weil in diesem Teil des Dienstgebäudes kein
Publikumsverkehr geherrscht habe und die ec-Karte auch nicht auf den ersten
Blick sichtbar und einem sofortigen Zugriff ausgesetzt gewesen sei, da sie sich in
einer gesonderten Handtasche im Aktenkoffer des Bankkunden befunden habe.
Auch der Kläger dieses Rechtsstreits hat seine Debitkarte nicht so verwahrt, dass
sie auf den ersten Blick sichtbar und einem sofortigen Zugriff ausgesetzt war,
sondern hatte sie in seinem Portemonnaie verwahrt, welches wiederum in einem
hinteren Fach seines Business-Rucksacks aufbewahrt wurde, der wiederum neben
seinem Schreibtisch stand. Auch im vorliegenden Fall liegt das Büro des Klägers in
einem Bereich der Arbeitsstelle, zu dem Externe keinen Zutritt haben.
Nach den konkreten Gegebenheiten des hier zu entscheidenden Falles hat der
Kläger daher hinreichende Sicherheitsvorkehrungen gegen den Diebstahl seiner
Debitkarte getroffen.
Eine Debitkarte gehört zu den persönlichen Wertgegenständen, welche
Beschäftigte erlaubterweise und typischerweise zu ihrem Arbeitsplatz
mitzunehmen pflegen. Die zusätzliche Sicherung der Debitkarte durch Abschließen
der Bürotür auch beim nur kurzfristigen Verlassen desselben war nicht
unerlässlich, auch musste der Kläger das Portemonnaie mit seiner Debitkarte im
Gebäude seines Arbeitgebers nicht ständig in der Kleidung am Körper mit sich
führen.
Da grobe Fahrlässigkeit nur vorliegt, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in
ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn ganz nahe liegende
Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige
unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte
(vgl. BGH, Urteil vom 15.11. 1999, Az. II ZR 98/98), hat der Kläger nach diesen
Maßstäben nicht grob fahrlässig gehandelt, zumal von der Beklagten - als insoweit
darlegungs- und beweispflichtigen Partei - auch keine konkreten Umstände
vorgetragen wurden, die Anlass zu weiteren Sicherungsmaßnahmen gegeben
hätten.
Auch bezüglich der PIN kann dem Kläger nicht der Vorwurf der grob fahrlässigen
Vernachlässigung seine vertraglichen Sorgfaltspflichten gemäß den Besonderen
Bedingungen zum …bank Karten-Banking und Bargeld-Service gemacht werden.
Die auch insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte (vgl. BGH, WM 2004,
2309; BGH, WM 2000, 2421) hat noch nicht einmal vorgetragen, geschweige denn
bewiesen, durch welche Handlung oder welches Unterlassen der Kläger seine
Pflicht zur Geheimhaltung der PIN verletzt haben sollte.
Entgegen der Ansicht der Beklagten kann sich diese im vorliegenden Fall auch
nicht mit Erfolg darauf stützen, der so genannte Beweis des ersten Anscheins
spreche dafür, dass der Kläger die PIN auf der Karte vermerkt oder sie zusammen
mit der Karte verwahrt habe.
Der BGH, auf den sich die Beklagte bezüglich des Anscheinsbeweises bezieht, hat
in seiner Entscheidung vom 05.10.04 (Az. XI ZR 210/03) zwar ausgeführt, dass
grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins dafür spreche, dass ein
Karteninhaber die PIN auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser
verwahrt habe, wenn zeitnah nach dem Diebstahl einer ec-Karte unter
Verwendung dieser Karte und Eingabe der richtigen PIN an
Geldausgabeautomaten Bargeld abgehoben werde, sofern andere Ursachen für
den Missbrauch nach der Lebenserfahrung außer Betracht blieben.
Der Beklagten ist es im vorliegenden Fall jedoch verwehrt, sich auf die Grundsätze
des Anscheinsbeweises zu berufen, da sie den Kläger schuldhaft in der Möglichkeit
beschnitten hat, den Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu widerlegen (vgl.
BGH, Urteil vom 17.06.1997, Az. X ZR 119/94).
Dadurch, dass die Beklagte die vom Kläger wegen Diebstahls gesperrte
Debitkarte, welche am 03.07.2007 um 23:45 Uhr bei dem Versuch, weitere
1.000,00 € abzuheben, durch einen Geldausgabeautomaten eingezogen wurde,
vernichtet hat, wurde dem Kläger hierdurch die Möglichkeit vereitelt, durch Vorlage
der eingezogenen Karte zu beweisen, dass die PIN zumindest nicht auf der Karte
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Durch eine Untersuchung der eingezogenen Karte hätte gegebenenfalls durch
Sachverständige auch festgestellt werden können, ob die Karte manipuliert wurde
(vgl. Lochter/Schindler, Missbrauch von PIN-gestützten Transaktionen mit ec- und
Kreditkarten aus Gutachtersicht, MMR 2006, 292-297 [297]).
Insbesondere hätte der Kläger dieses Rechtsstreits aber die eingezogene
Debitkarte dazu nutzen können, diese daktyloskopisch untersuchen zu lassen,
zumal die Polizei anhand der von den Geldausgabeautomaten gefertigten
Lichtbilder zunächst einen Tatverdächtigten ermittelt hatte, dem die Taten aber
allein aufgrund eines eingeholten Lichtbildvergleichsgutachtens nicht
nachgewiesen werden konnten.
Weshalb die Beklagte meint, die eingezogene Debitkarte stelle kein Beweismittel
dar, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar.
Der Vorwurf, den die Beklagte im Rahmen ihres gegenüber dem Kläger geltend
gemachten Schadensersatzanspruchs erhebt, besteht darin, dass dieser die PIN
auf der Debitkarte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt habe.Da das
Sicherungssystem zum Schutz vor missbräuchlichen Geldabhebungen an
Geldausgabeautomaten aus lediglich zwei Komponenten – der Debitkarte und der
PIN – besteht, ist es für das Gericht nicht nachvollziehbar, weshalb die auf
Veranlassung des bestohlenen Klägers eingezogene Debitkarte kein Beweismittel
darstellen sollte.
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 05.10.2004 (Az. XI ZR 210/03)
ausdrücklich ausgeführt, dass sich zugunsten des Karteninhabers auswirken
könne, dass derjenige, der die Gegenpartei schuldhaft in der Möglichkeit
beschneide, den Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu widerlegen, sich nicht
auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen könne.Nach der
Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 17.06.1997, Az. X ZR 119/94) wird der
Begriff der Beweisvereitelung allgemein in Fällen verwendet, in denen jemand
seinem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder
unmöglich macht. Dies kann vorprozessual oder während des Prozesses durch
gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, mit denen bereits vorhandene
Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden.
Da die Beklagte zum Zeitpunkt der Vernichtung der Debitkarte wusste, dass diese
auf Veranlassung des bestohlenen Klägers, der die Karte hat sperren lassen,
eingezogen worden war, handelte die Beklagte auch schuldhaft.
Eine Beweisvereitelung kann im Übrigen - wie im vorliegenden Fall - auch in einem
fahrlässigen Unterlassen einer Aufklärung bei bereits eingetretenem
Schadensereignis liegen, wenn damit die Schaffung von Beweismitteln (z.B.
daktyloskopische Spuren) verhindert wird, obwohl die spätere Notwendigkeit einer
Beweisführung dem Aufklärungspflichtigen bereits erkennbar sein musste.
Da der Beklagten die Problematik der Beweisführung bei missbräuchlicher
Verwendung von Zahlungskarten an Geldausgabeautomaten bekannt ist, stellt es
ein grob fahrlässiges Unterlassen dar, wenn sie im Falle der vom Kunden
veranlassten Kartensperre die eingezogene Karte vernichtet.
Eine derartige Beweisvereitelung führt auch nicht lediglich zu Erleichterungen bei
der etwaigen Erschütterung des prima-facie-Beweises, der BGH (Urteil vom
17.06.1997, Az. X ZR 119/94) hat diesbezüglich vielmehr ausgeführt, dass die
Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des
Anscheinsbeweises verlange, dass der Gegenseite die Möglichkeit verbleiben
müsse, den Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu widerlegen.
Wer daher die Gegenpartei schuldhaft in diesen Möglichkeiten beschneide, könne
sich nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen, auch nicht in
modifizierter Form.
Aus gleichem Grund ist auch in der Weigerung der Beklagten, dem Kläger die
Videoaufzeichnung der Schalterabhebung zur Verfügung zu stellen, eine
schuldhafte Beweisvereitelung zu sehen.
Dem Kläger wird durch das Verhalten der Beklagten die Möglichkeit erschwert,
durch weiteres Beweismaterial die Ermittlung des Täters voranzutreiben bzw.
überhaupt erst zu ermöglichen. Bei einer erfolgreichen Ermittlung des Täters
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überhaupt erst zu ermöglichen. Bei einer erfolgreichen Ermittlung des Täters
bestünde für den Kläger aber auch zumindest die Möglichkeit, den genauen
Tathergang zu ermitteln und so herauszubekommen, wie und wann der Täter
Kenntnis von seiner PIN erhalten konnte.
Wenn dem Kläger aber bereits die Täterermittlung erschwert wird, schlägt sich dies
natürlich auch auf die Möglichkeit durch, den Anscheinsbeweis zu erschüttern bzw.
zu widerlegen.
Das Gericht hält es auch für nicht überzeugend (und schon gar nicht
kundenfreundlich), wenn die Beklagte bezüglich der Videoaufnahmen ausführt,
dass diese lediglich in Fällen von Überfällen ausgewertet würden.
Im Falle eines Überfalls ist unmittelbar Geschädigte allein die Bank, während im
Falle der missbräuchlichen Verwendung von Debitkarten die Kunden die
Geschädigte sind, da die Bank sich in diesen Fällen stereotyp auf den vom BGH
statuierten Anscheinsbeweis stützt.
Die vermeintlich datenschutzrechtlichen Bedenken kommen bei der Beklagten
daher nur dann zum Zuge, solange sie selbst nicht als Geschädigte in Betracht
kommt.
Das Gericht teilt auch nicht die Ansicht der Beklagten, es gäbe keine
Rechtsgrundlage, wonach sie verpflichtet sei, eventuelle Beweismittel zum Zwecke
der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen ihres Vertragspartners gegenüber
Dritten aufzubewahren. Als Bank obliegt der Beklagten aufgrund der
girovertraglichen Geschäftsverbindung mit dem Kläger die allgemeine, sich aus §
242 BGB ergebende Schutzpflicht, die Interessen ihres Kunden mit Sorgfalt zu
wahren und zu schützen (vgl. BGH, Urteil vom 02.06.1958, Az. II ZR 142/57, WM
1958, 871; Heymann/Horn, HGB, Anh. zu § 372 I Rdn. 12).
Die Beklagte konnte im vorliegenden Fall ohne Weiteres erkennen, dass der Kläger
sich in Beweisnot befindet und daher jedes noch so kleine Mosaiksteinchen gut
benötigen kann, das ihm dem Ziel, den Täter ausfindig zu machen, näher bringt.
Selbst wenn die Beklagte den diesbezüglichen Erfolgsaussichten skeptisch
gegenübersteht und meint, es sei schon fraglich, ob überhaupt verwertbare
Spuren vorhanden sind und der Täter leistungsfähig ist, widerspricht das
Vernichten der Debitkarte und die Verweigerung der Herausgabe der
Videoaufzeichnung dem oben dargelegten Gebot von Treu und Glauben.
Der Beklagten war die Beachtung ihrer Schutzpflicht gegenüber dem Kläger auch
ohne Weiteres zumutbar. Es ist jedenfalls – auch mangels entsprechenden
Vortrags der Beklagten - nicht ersichtlich, welchen unzumutbaren Aufwand es für
sie bedeutet hätte, die auf Veranlassung des Klägers eingezogene Debitkarte
nicht zu vernichten.Ebenso wenig ist ersichtlich, weshalb es für sie unzumutbar
gewesen sein sollte, die Videoaufzeichnung aufzuheben und dem Kläger zur
Verfügung zu stellen, zumal sie nach eigenem Vortrag die Videoaufzeichnung
nicht überspielt hätte, wenn es zu einem Überfall, also zu einem eigenem Schaden
gekommen wäre.Die Beklagte kann sich daher im vorliegenden Fall nicht auf die
Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen, wonach grundsätzlich der Beweis des
ersten Anscheins dafür spreche, dass der Karteninhaber die PIN auf der ec-Karte
notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt habe, da sie den Kläger schuldhaft in
der Möglichkeit beschnitten hat, den Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu
widerlegen (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.2004, Az. XI ZR 210/03).Greift aber im
vorliegenden Fall kein Anscheinsbeweis für eine Pflichtverletzung des Klägers, steht
für das Gericht aber auch fest, dass dem Kläger nicht der Vorwurf der grob
fahrlässigen Verletzung seiner vertraglichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang
mit der Verwahrung der Debitkarte und der Geheimnummer gemäß den
Besonderen Bedingungen zum ….bank Karten-Banking und Bargeld-Service
gemacht werden kann.
Die Beklagte hat eine derartige Pflichtverletzung zwar behauptet, aber nicht
beweisen können.
Der Kläger haftet der Beklagten daher nicht für die unberechtigten Abhebungen,
es verbleibt vielmehr bei der vom Gesetzgeber in § 676h BGB ausdrücklich
vorgegebenen und gewünschten Haftungsverteilung, wonach die Beklagte als
kartenausgebendes Institut das Risiko der missbräuchlichen Verwendung einer
Zahlungskarte zu tragen hat.
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Selbst wenn man entgegen den obigen Ausführungen unter Anwendung des vom
BGH statuierten Anscheinsbeweis von einer Schadensersatzpflicht des Klägers
gegenüber der Beklagten wegen pflichtwidrigen Umgangs mit seiner Debitkarte
und PIN ausgehen würde, wäre die Klage jedoch zumindest in Höhe des
Hilfsantrages des Klägers begründet.
Mit dem Hilfsantrag begehrt der Kläger Rückzahlung des Betrages in Höhe von
2500,00 €, den der Täter am Schalter der Beklagten bar abgehoben hat.
Der Kläger beruft sich insoweit zu Recht darauf, dass die Beklagte diesen Schaden
dadurch überwiegend mitverschuldet hat, dass sie keine Identitätsprüfung
vorgenommen hat.
Der BGH hat diesbezüglich grundsätzlich ausgeführt, dass die Kunden von Banken
und Sparkassen in besonderer Weise auf die ordnungsgemäße Durchführung der
auch zu ihrem Schutz durchgeführten Identitätsprüfung am Schalter angewiesen
sind. Sie vertrauen darauf, dass Auszahlungsvorgänge seriös und zuverlässig
eingerichtet und abgewickelt und dabei auch etwaige Versäumnisse des Kunden
mit aufgefangen werden, wo dies möglich und zumutbar ist.
Es würde das Vertrauen in die seriöse und zuverlässige Abwicklung von
Bankgeschäften in nicht hinnehmbarer Weise erschüttern, könnten die Kunden
nicht mit der ordnungsgemäßen Überprüfung der zu Lasten ihres Kontos
vorgenommenen Auszahlungen rechnen (vgl. BGH, Urteil vom 28.09.1987, Az. II
ZR 35/87).
Aufgrund der bereits oben dargelegten Pflicht der Beklagten, die Interessen ihrer
Kunden mit Sorgfalt zu wahren und zu schützen, bestand für die Beklagte im
vorliegenden Fall durchaus die Pflicht, von dem Zahlungsempfänger zu verlangen,
sich durch Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses
auszuweisen.
Der Beklagten hätte sich bei gehöriger Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten der
Verdacht aufdrängen müssen, dass die gewünschte Transaktion missbräuchlich
erfolgt, so dass sie verpflichtet war, durch geeignete, sich in zumutbarem Rahmen
haltende Maßnahmen die Interessen ihres Kunden wahrzunehmen (vgl. BGH, Urteil
vom 22.11.1956 – II ZR 347/55, WM 1957, 28; Liesecke, WM 1959, 614).
Verletzt sie diese Verpflichtung, sei es, dass sie vor dem sich aufdrängenden
Verdacht die Augen verschließt, sei es durch schuldhafte Unterlassung der
gebotenen Maßnahmen, macht sie sich schadensersatzpflichtig (vgl. BGH, Urteil
vom 17.11.1975, Az. II ZR 70/74).
Das erste Verdachtsmoment für die Beklagte bestand im vorliegenden Fall bereits
darin, dass durch die Schalterabhebung der 2.500,00 € das Guthaben des Klägers
aufgebraucht wurde und der Saldo ins Soll geriet.
Auch wenn der Beklagten zuzugeben ist, dass durch die Schalterabhebung der
2.500,00 € die dem Kläger eingeräumte Kreditlinie nicht ausgeschöpft wurde, ist
der von der Beklagten hieraus gezogenen Schluss, es habe deshalb keine Pflicht
bestanden, sich den Ausweis zeigen zu lassen, falsch.
Nach Ziffer 3 der Besonderen Bedingungen der Beklagten darf der Karteninhaber
Bargeldabhebungen mit seiner ….bank Card nur im Rahmen des Kontoguthabens
oder eines vorher für das Konto eingeräumten Kredits vornehmen.
Wenn daher am Schalter die Abhebung eines Betrages gewünscht wird, durch den
die eingeräumte Kreditlinie überschritten würde, müsste die Beklagte dieses
Ansinnen zurückweisen. Der Vorlage eines Ausweises bedarf es in diesen Fällen
nicht, da der Auftrag nicht ausgeführt würde.
Wenn also in den Besonderen Bedingungen geregelt ist, dass sich der
Zahlungsempfänger „auf Verlangen“ durch Vorlage eines gültigen
Personalausweises oder Reisepasses auszuweisen hat, kann diese Regelung nicht
den Fall betreffen, dass die Überziehung der Kreditlinie begehrt wird.
Bereits die Tatsache, dass das vorhandene Guthaben durch die erwünschte
Schalterabhebung aufgebraucht und der Saldo ins Soll geraten würde, hätte den
Schalterbeamten misstrauisch machen müssen, zumal am Tattag (3. März) der
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Schalterbeamten misstrauisch machen müssen, zumal am Tattag (3. März) der
Monat gerade erst begonnen hatte.
Das Verlangen gegenüber einem Zahlungsempfänger, sich bei einer derartigen
Transaktion durch Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses
auszuweisen, hält sich auch im Rahmen des Zumutbaren und ist für die Beklagte
ohne größeren Aufwand realisierbar.
Die von der Beklagten vorzunehmende Identitätsprüfung ist auch eine geeignete
Maßnahme, die Interessen ihrer Kunden wahrzunehmen, da dem Kläger im Falle
einer Identitätsprüfung zumindest der hilfsweise ersetzt verlangte Schaden nicht
entstanden wäre.Das zweite Verdachtsmoment bestand darin, dass nur wenige
Minuten vor der gewünschten Schalterabhebung bereits das Tageslimit für
Abhebungen an Geldaus-gabeautomaten ausgeschöpft und ein weiterer
Auszahlungswunsch vom Geldaus-gabeautomaten abgelehnt worden war.
Ausweislich des von der Beklagten selbst vorgelegten Transaktionsprotokolls
bezüglich der Debitkarte des Klägers erfolgte am 03.07.07 um 16:48 Uhr die erste
genehmigte Auszahlung von 500,00 € an einem institutsfremden
Geldausgabeautomaten und um 16:49 Uhr die zweite genehmigte Auszahlung von
500,00 € am gleichen Geldausgabeautomaten. Anschließend wurde um 16:50 Uhr
der Wunsch nach einer weiteren Auszahlung von 500,00 € wegen Überschreitung
des Tageslimits vom Geldausgabeautomaten abgelehnt und dann um 17:01 Uhr
von der Beklagten die Schalterabhebung der 2.500,00 € genehmigt.
Die Beklagte kann sich hierbei nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der
Schalterbeamte keine Kenntnis von den zuvor erfolgten Transaktionen an den
Geldausgabeautomaten gehabt habe, diese nur bei gezielter Nachforschung
festgestellt werden könnten, die ohne besonderen Anlass nicht durchgeführt
würden.
Die Beklagte trägt selbst vor, dass das Verfahren der Schalterabhebung im Prinzip
das Gleiche wie am Geldausgabeautomaten sei, mit dem einzigen Unterschied,
dass am Schalter keine Höchstbetragssummen gelten.
Es ist aber gerichtsbekannt, dass sämtliche Transaktionen an Geldausgabeauto-
maten online autorisiert werden und – wie auch im vorliegenden Fall zu sehen ist –
Wünsche nach weiteren Transaktionen, die das Tageslimit überschreiten, online
zurückgewiesen werden.
Bei einer Online-Autorisierung wird daher im Zentralrechner unter anderem
geprüft, ob an diesem Tag bereits weitere Transaktionen mit der Debitkarte
vorgenommen wurden. Dies ist aber naturgemäß nur möglich, wenn im
Zentralrechner (oder auf der Debitkarte) sämtliche Transaktionen abgespeichert
sind.
Für das Gericht ist daher nicht nachvollziehbar, dass Geldausgabeautomaten zwar
wissen, welche Transaktionen mit einer Debitkarte an diesem Tage bereits
durchgeführt wurden, der Mitarbeiter der Beklagten am Bankschalter aber diese
Information nicht haben soll, obwohl er nach dem eigenen Vortrag der Beklagten
die gewünschte Abhebung ebenfalls elektronisch an das Rechenzentrum
übermittelt und sich von dort autorisieren lässt.
Selbst wenn die von der Beklagten diesbezüglich eingesetzte Software ihre
Mitarbeiter am Schalter nicht über bereits zuvor erfolgte Abhebungen an
Geldausgabeautomaten informiert, diese also im Vergleich zu den
Geldausgabeautomaten schlechter informiert wären, kann sich die Beklagte
hierauf nicht mit Erfolg stützten.
In diesem Falle liegt der Verstoß gegen die ihr dem Kläger gegenüber obliegende
Pflicht, durch geeignete, sich in zumutbarem Rahmen haltende Maßnahmen die
Interessen ihres Kunden wahrzunehmen, schon in dem Organisationsverschulden
begründet, technisch unzureichende Software bei Schalterabhebungen
einzusetzen.
Das Gericht kann jedenfalls nicht erkennen, welchen rechtfertigenden Grund es
dafür geben sollte, zwar alle sicherheitsrelevanten Daten weltweit online zu
sammeln und im Falle der Autorisierungsanfrage eines institutsfremden
Geldausgabeautomaten auch auszuwerten, bei der institutseigenen
Autorisierungsanfrage dies jedoch zu unterlassen.
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Da die Beklagte durch ihren Zentralrechner über sämtliche kurz zuvor getätigten
Transaktionen informiert war, konnte sie über diese – wenn auch „nur“
softwarebedingt - nicht einfach hinwegsehen. Vielmehr musste sich ihr der
Verdacht aufdrängen, dass sie es möglicherweise nicht mit dem berechtigten
Kontoinhaber zu tun hatte. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, der
Schalterbeamte habe keine Kenntnis von den zuvor erfolgten Abhebungen an den
Geldausgabeautomaten gehabt, diese könnten nur bei gezielter Nachforschung
festgestellt werden, die ohne besonderen Anlass nicht durchgeführt würden,
entlastet dies zwar den betroffenen Mitarbeiter, die Beklagte selbst aber schon
deshalb nicht, weil hierin ein wesentlicher Organisationsmangel liegt, der
nachvollziehbar die rechtzeitige Aufdeckung einer missbräuchlichen Verwendung
der Debitkarte des Klägers am Schalter durch einen Serientäter erschwert.
Die von der Beklagten unterlassene Identitätsprüfung hätte aber dazu geführt,
dass die erwünschte Barabhebung am Schalter nicht ausgeführt worden wäre, da
der Täter sich nicht als Kläger hätte ausweisen können.
Ausweislich der Bilder, die von den Geldausgabeautomaten wenige Minuten vor
der Schalterabhebung vom Täter gemacht wurden, ist eine Verwechselung
zwischen Kläger und Täter auch bei nur flüchtigem Blick ausgeschlossen, da der
Kläger volles, dunkel-gelocktes Haar trägt und der Täter vollständig kahlköpfig ist.
Hätte der Schaltermitarbeiter daher von dem Zahlungsempfänger verlangt, sich
durch Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses auszuweisen,
wäre dem Kläger insoweit – hinsichtlich des mit dem Hilfsantrag zurückverlangten
Betrages - kein Schaden entstanden, weil der Täter sich nicht entsprechend hätte
ausweisen können bzw. dem Schalterbeamten aufgrund des gravierend
unterschiedlichen Aussehens zwischen Kläger und Täter unüberwindbare Zweifel
an der Identität des Zahlungsempfänger und des Inhabers der vorliegenden
Debitkarte hätten kommen müssen, falls der Täter den - ebenfalls entwendeten -
Personalausweis des Klägers vorgezeigt hätte.
Der hiernach anzunehmende schuldhafte Verstoß der Beklagten gegen ihre
Kontroll- und Prüfungspflichten begründet auch bei unterstellter Verletzung des
Klägers gegen seine Aufbewahrungspflicht die Alleinhaftung der Beklagten für den
durch die missbräuchliche Schalterabhebung folgenden Schaden nach den
Grundsätzen des Mitverschuldens. Im Verhältnis zwischen den Parteien beruht die
missbräuchliche Schalterverfügung nach den Umständen in tatsächlicher und
wertungsmäßiger Hinsicht im Wesentlichen auf dem schuldhaften Verhalten der
Beklagten und ihrer Mitarbeiter (vgl. LG Bonn, Urteil vom 23.08.2005, Az. 3 O
126/05).
Selbst wenn man daher unter Anwendung des vom BGH statuierten
Anscheinsbeweises davon ausgehen würde, dass der Kläger seine vertraglichen
Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Verwahrung der Debitkarte und der
Geheimnummer grob fahrlässig verletzt hat, wäre der Hilfsantrag begründet, weil
die Beklagte diesen Schaden dadurch überwiegend mitverschuldet hat, dass sie
keine Identitätsprüfung vorgenommen hat.
Da hiernach die Alleinhaftung der Beklagten im Verhältnis zum Kläger für die
missbräuchliche Schalterabhebung feststeht, kann offen bleiben, ob die Regelung
der Besonderen Bedingungen der Beklagten zum ….bank Karten-Banking und
Bargeld-Service, wonach der Verfügungsrahmen (Tageslimit) nur für Verfügungen
an Geldausgabeautomaten, automatisierten Kassen und die Aufladung der
GeldKarte, nicht jedoch auch für Barabhebungen am Schalter gelte, gegen das
Transparenzgebot des § 305 c BGB verstößt.
Das Gericht gibt zu, dass es trotz intensiver Überlegung und Ausschöpfung aller
Erkenntnisquellen nicht feststellbar ist, wie im vorliegenden Fall der Täter Kenntnis
von der PIN erlangen konnte.
Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den sich der Unterzeichner – auf der Basis
einer gut 25jährigen Erfahrung als Tatrichter - vom Kläger an den beiden
Verhandlungstagen bilden konnte, hält es den Kläger für absolut glaubwürdig und
integer und schließt daher die Möglichkeit, dass dieser die PIN auf der Debitkarte
notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt hat, aus.
Andererseits sieht es im Hinblick darauf, dass es sich um einen „Inlandsfall“
handelt, außer der eher ausgesprochen unwahrscheinlichen Variante, dass der
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handelt, außer der eher ausgesprochen unwahrscheinlichen Variante, dass der
Täter am Vorabend die PIN ausgespäht und dann erst am Folgetag - zudem in
einer anderen Stadt - die Debitkarte entwendete, keinen Ansatzpunkt, wie der
Täter Kenntnis von der PIN erlangen konnte, die vielbeschworene absolute
Sicherheit des Triple-DES-Systems einmal unterstellt.
Es liegt daher ein klassisches so genanntes „non liquet“ vor.
Daraus folgt aber, dass es bei der vom Gesetzgeber für Fälle der missbräuchlichen
Nutzung von Debitkarten ausdrücklich gewollten und in § 676h BGB auch so
normierten Haftungsverteilung zuungunsten der Bank, hier also der Beklagten, zu
verbleiben hat.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der nicht
anrechenbaren vorprozessualen Rechtsanwaltskosten gemäß Nr. 2300 VV
zuzüglich der Postpauschale nach Nr. 7002 VV RVG und 19 % Umsatzsteuer nach
Nr. 7008 VV RVG aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu.
Die zugesprochenen Zinsen ergeben sich aus §§ 286, 288 BGB.
Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§
91 ZPO).Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.