Urteil des AG Frankfurt am Main vom 13.03.2009

AG Frankfurt: kinderspielplatz, wohnung, lärm, wohnraummiete, minderung, sicherheitsleistung, quelle, dokumentation, zivilprozessrecht, vollstreckbarkeit

1
2
3
4
5
6
7
8
Gericht:
AG Frankfurt
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
33 C 2368/08 - 50,
33 C 2368/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 535 Abs 2 BGB, § 536 Abs 1
BGB
Wohnraummiete: Mietminderung wegen Lärm von
Kinderspielplätzen
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.480,59 Euro nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten seit 19.4.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte Mieterin einer im Erdgeschoss links ...
gelegenen Wohnung. Das Mietverhältnis begann am 1.8.1999. Der Ehemann der
Beklagten wurde per 15.12.2006 aus dem Mietverhältnis entlassen. Unmittelbar
vor der Wohnung liegt von Anfang an ein Kinderspielplatz.
Die Beklagte und ihr Ehemann behielten bereits in der Vergangenheit Teile der
Miete wegen vom Kinderspielplatz ausgehender Lärmbelästigungen ein. Die bis
15.12.2006 einbehaltenen Mieten sind Gegenstand eines gesonderten
Mahnverfahrens.
Die monatliche Gesamtmiete betrug seit Februar bis einschließlich Dezember
2006 597,56 Euro, in der Zeit von Januar 2007 bis einschließlich November 2007
587,56 Euro und ab Dezember 2007 610,59 Euro. Wie mittlerweile unstreitig ist,
leistete die Beklagte in der Zeit vom 15.12.2006 bis einschließlich Januar 2008 die
in der Aufstellung der Klägerin aufgelisteten Zahlungen. Unter Berücksichtigung
von Gutschriften von Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen ermittelt die
Klägerin für diesen Zeitraum einen Rückstand in Höhe der Klageforderung. Insoweit
wird wegen der Einzelheiten auf den Inhalt dieser Aufstellung (Bl. 94 d. A.)
verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.480,59 Euro nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten seit 19.4.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, zu Beginn des Mietverhältnisses sei von einem
Aushilfshausmeister erklärt worden, der Spielplatz würde verlegt werden. Auf dem
Kinderspielplatz würden sich tagsüber nicht nur Kinder, sondern auch Jugendliche
und deren Eltern aufhalten. Insbesondere in Abendstunden würden sich dort
Erwachsene und Betrunkene aufhalten, die dort nächtliche Gelage abhielten.
Hierdurch würden permanente Störungen verursacht, wie sich diese im Einzelnen
aus den Lärmprotokollen ergeben.
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird verwiesen auf die Lärmprotokolle (Bl. 41 ff,
Bl. 72 ff d. A.) und auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung der in der Zeit vom 15.12.2006
bis einschließlich Januar 2008 einbehaltenen Mieten verlangen, weil die Beklagte
diese schuldig geblieben ist (§ 535 BGB). Denn die vertraglich vereinbarte Miete
war während dieses Zeitraums nicht wegen Mängeln, die die Tauglichkeit der
Wohnung zu ihrem vertragsgemäßen Gebrauch mehr als nur unerheblich
beeinträchtigt haben, gemindert (§ 536 BGB).
Der Umstand, dass ein Kinderspielplatz vorhanden ist, der als solcher genutzt wird,
stellt keinen Mangel dar, ohne dass die Intensität des dadurch zwangsläufig
verursachten Geräuschpegels erörtert werden muss. Wohnhäuser und
Wohnbereiche, die mit Kinderspielplätzen, Bolzplätzen und ähnlichem ausgestattet
sind, sind "kinderfreundlich". Solche Wohnungen werden gerade von jungen
Familien mit Kindern bevorzugt gesucht. Je mehr Kinder, die denknotwendig im
Laufe der Jahre zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen heranwachsen, dort
leben, desto höher ist die Geräuschkulisse, weil dies in der Natur der Sache liegt.
Dies gilt auch dann, wenn diese Geräuschkulisse von einem durchschnittlichen
Erwachsenen als "unerträglich" empfunden wird. Eine kinderfreundliche Umgebung,
die schon aus gesellschaftspolitischen Gründen dringend benötigt wird, muss
solche Erscheinungen als sozialadäquat hinnehmen.
Im Übrigen könnte eine strikte Einhaltung von Ruhezeiten oder auch nur eine
Reduzierung des Geräuschpegels allenfalls dann gewährleistet werden, wenn die
Wohnbereiche konsequent und strikt überwacht werden würden. Dass ein solches
Vorgehen unverhältnismäßig ist und von der Klägerin und auch von niemandem
anderen verlangt werden kann, bedarf dabei keiner Erörterung. Dass ein solches
Vorgehen aus guten Gründen darüber hinaus nicht erstrebenswert ist, bedarf erst
Recht keiner Erörterung.
Soweit die Beklagte darüber hinaus beanstandet, dass der Kinderspielplatz auch
nicht bestimmungsgemäß von Erwachsenen und Jugendlichen genutzt wird, führt
auch dies nicht zu einer Minderung der Miete. Die Beklagte hat den Mietvertrag in
Kenntnis des Kinderspielplatzes abgeschlossen. Dass Kinderspielplätze dazu
einladen, als Treffpunkte für Jugendliche und Erwachsene zu dienen, um dort auch
außerhalb von Ruhezeiten Lärm verursachenden Aktivitäten nachzugehen, ist
allgemein bekannt. Mit solchen Erscheinungen muss die Beklagte deshalb
rechnen. Sie kann sich deshalb nicht auf Minderung berufen (§ 536 b BGB). Soweit
die Beklagte behauptet, ein Aushilfshausmeister habe zu Beginn des
Mietverhältnisses erklärt, der Spielplatz solle verlegt werden, so ist dies zunächst
unsubstantiiert. Ungeachtet dessen haben solche Erklärungen eines
Aushilfshausmeisters keinerlei rechtsgeschäftlichen Inhalt. Hinzu tritt, dass ein
Hausmeister auch nicht befugt ist, solche Erklärungen abzugeben. Die Klägerin
wäre an eine solche Erklärung deshalb nicht gebunden.
Die zugesprochenen Zinsen sind begründet gemäß §§ 288, 286 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Danach hat die Beklagte die Kosten
des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterlegen ist.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.