Urteil des AG Frankfurt am Main vom 06.05.2009

AG Frankfurt: anmeldung der forderung, erste gläubigerversammlung, forderungsanmeldung, stimmrecht, abstimmung, verpflichtungsgrund, verwalter, wiederholung, anwendungsbereich, beschränkung

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Gericht:
AG Frankfurt
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
810 IE 5/08 M - 6,
810 IE 5/08 M
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 77 Abs 2 S 2 InsO, § 18 Abs
3 S 2 RPflG
(Versammlung der Insolvenzgläubiger: Grundsätze
richterlicher Stimmrechtsüberprüfung)
Leitsatz
Bei der Stimmrechtsüberprüfung durch den Richter gemäß § 18 Abs. 3 S. 2 RpflG ist
Entscheidungsgrundlage der Erkenntnishorizont in der fraglichen
Gläubigerversammlung. Findet im Berichtstermin vor Abhaltung des allgemeinen
Prüfungstermins eine Stimmrechtsfestsetzung gemäß § 77 Abs. 2 S. 2 InsO statt, ist es
für die kursorische Forderungsprüfung durch den Rechtspfleger erforderlich, dass neben
dem Forderungsbetrag der Lebenssachverhalt dargelegt wird, der die geltend
gemachte Forderung trägt. Hiervon sind auch die Finanzbehörden nicht befreit.
Tenor
1) Die Anträge der weiteren Beteiligten zu 3) bis 7) gemäß § 18 Abs. 3 S. 2 RpflG
werden insoweit zurückgewiesen, als sie sich auf den Beschluss der
Gläubigerversammlung zur „Führung von Rechtsstreitigkeiten mit wesentlicher
Bedeutung“ beziehen.
2) Im Übrigen wird das Stimmrecht der weiteren Beteiligten zu 1) und 2)
dahingehend neu festgesetzt, dass diesen ein Stimmrecht versagt wird.
3) Die Wiederholung folgender Abstimmungen der Gläubigerversammlung vom
18.03.2009 wird angeordnet:
- Wahl eines anderen Insolvenzverwalters
- Vornahme von Grundstücksgeschäften
- Veräußerung etwaiger Ansprüche gegen die GEMA.
Gründe
Mit (nicht rechtskräftigem) Beschluss vom 16.12.2008 hat das Amtsgericht über
das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt
Dr. N:N. zum Insolvenzverwalter bestellt. Durch Beschluss vom 22.12.2008 hat das
Amtsgericht Berichtstermin (erste Gläubigerversammlung) auf den 18.03.2009
anberaumt und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen das schriftliche
Verfahren mit einer Anmeldefrist bis 14.04.2009 sowie einer Einwendungs-
/Widerspruchsfrist bis 27.04.2009 angeordnet.
Im Zeitpunkt des Berichtstermins lagen dem Insolvenzverwalter u. a. bereits die
Forderungsanmeldungen der weiteren Beteiligten zu 1) und 2) vor, die aber nicht
zum Gegenstand der Gläubigerversammlung gemacht wurden. Im Berichtstermin
kam es zwischen dem Verwalter und den erschienen Gläubigern zur Einigung über
das Stimmrecht von drei Gläubigern –u. a. hinsichtlich des weiteren Beteiligten zu
7)– (Im Folgenden:B7). Hinsichtlich der weiteren erschienen bzw. vertretenen
Gläubiger setzte die Rechtspflegerin die Stimmrechte antragsgemäß fest, u. a.
hinsichtlich der weiteren Beteiligten zu 1) bis 6) (Im Folgenden: B1, B3, usw.).
Dabei erfolgte die Stimmrechtsfestsetzung für B1 in Höhe von 1.386,00 € und für
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Dabei erfolgte die Stimmrechtsfestsetzung für B1 in Höhe von 1.386,00 € und für
B2 (Im Folgenden: Finanzamt) in Höhe von 43.043.646,49 €, und zwar ohne
Prüfung und Begründung. Insoweit (B1 und Finanzamt) beantragten B3 bis B 7
noch im Berichtstermin eine Stimmrechtsüberprüfung durch den Richter gemäß §
18 Abs. 3 Satz 2 RpflG. Im weiteren Verlauf des Berichtstermins fasste die
Gläubigerversammlung den im Tenor zu 1) genannten Beschluss einstimmig sowie
die im Tenor zu 3) genannten Beschlüsse. Hinsichtlich der Wahl eines neuen
Insolvenzverwalters wurde eine Kopfmehrheit erzielt, die Summenmehrheit aber
verfehlt. Die beiden anderen zu 3) tenorierten Beschlüsse kamen mit
Summenmehrheit zustande. Ohne die Stimmen des Finanzamtes wäre hinsichtlich
der Wahl eines anderen Verwalters auch eine Summenmehrheit zustande
gekommen, wohingegen die Summenmehrheiten hinsichtlich der beiden anderen
(nicht einstimmigen) Beschlüsse verfehlt worden wären.
Die Anträge gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 RpflG sind unzulässig, soweit sie sich auf
den Beschluss der Gläubigerversammlung zur „Führung von Rechtsstreitigkeiten
mit wesentlicher Bedeutung“ beziehen. Denn insoweit hat sich die Festsetzung
des Stimmrechts durch die Rechtspflegerin nicht auf das Ergebnis der
Abstimmung ausgewirkt, nachdem die fragliche Abstimmung einstimmig
erfolgte.Im Übrigen sind die Anträge zulässig, insbesondere rechtzeitig bis zum
Schluss des Termins, in welchem die fraglichen Abstimmungen stattgefunden
haben, gestellt.
Die Stimmrechtsfestsetzung durch die Rechtspflegerin hat sich insoweit auch auf
das Ergebnis der Abstimmungen ausgewirkt, nachdem auf der Grundlage der
tenorierten Neufestsetzung die fraglichen, im Tenor zu 3) genannten
Abstimmungen der Gläubigerversammlung mit umgekehrtem Ergebnis
ausgegangen wären. Hinsichtlich des Stimmrechts B1 ist eine Auswirkung zwar nur
zusammen mit dem Stimmrecht des Finanzamtes gegeben, was aber
ausreichend ist (AG Mönchengladbach, ZInsO 2001, 141; MüKo-Inso/Ehricke, 2. A.,
§ 77, Rn. 25).
Die zulässigen Anträge sind auch begründet, weshalb die Neufestsetzung der
Stimmrechte zu erfolgen hatte und die Wiederholung der Abstimmungen
anzuordnen war.Die Neufeststellung der (gegenteiligen) Beschlussergebnisse auf
der Grundlage der Neufestsetzung der Stimmrechte scheidet dagegen aufgrund
des eindeutigen Wortlautes des § 18 Abs. 3 Satz 2 RpflG aus (Braun,
Insolvenzordnung, 2.A., § 77 Rn 23; FK-InsO/Kind, 5.A., § 77 Rn 26).
Demgegenüber ist die Neufestsetzung der Stimmrechte nicht deshalb
ausgeschlossen, weil eine fehlgeschlagene Einigung der Gläubiger als gesetzliche
Voraussetzung der Stimmrechtsentscheidung des Rechtspflegers (§ 77 Abs. 2
Satz 2 InsO) nicht gemäß § 160 Abs. 2 ZPO (FK-InsO, aaO, Rn 10; MüKo-Inso, aaO,
Rn 11) protokolliert ist. Denn aus der vorausgegangenen Protokollierung von drei
Stimmrechtseinigungen kann mittelbar auch mit hinreichender Sicherheit darauf
geschlossen werden, dass den nachfolgenden Stimmrechtsfestsetzungen ein
fehlgeschlagener Einigungsversuch vorausgegangen war. Es bedarf deshalb auch
keiner Entscheidung, ob die Voraussetzung der fehlgeschlagenen Einigung im
Rahmen des § 18 Abs. 3 S. 2 RpflG überhaupt überprüft werden kann (so wohl
MüKo-Inso, aaO Rn 11 unter Hinweis auf Pape, Gläubigerbeteiligung im
Insolvenzverfahren, Rn 224, woraus dies aber wohl nicht entnommen werden kann)
und ob dann statt der nicht passenden Neufestsetzung und
Abstimmungswiederholung eine bloße Aufhebung der Stimmrechtsfestsetzung
und die Anordnung der Durchführung eines Einigungsversuchs zu erfolgen hätte.
Die Stimmrechtsversagung folgt nicht bereits daraus, dass die nach § 77 Abs. 1
InsO vorgeschriebene (ordnungsgemäße) Forderungsanmeldung nicht vorlag.
Liegt nämlich – wie vorliegend – der Termin der Gläubigerversammlung vor dem
Ende der Anmeldefrist, so ist die formelle Anmeldung gemäß § 174 InsO nicht
erforderlich; es ist vielmehr ausreichend, wenn der Gläubiger erst zu Beginn der
Gläubigerversammlung seine Stimmberechtigung darlegt –tatsächliche
Anmeldung– (MüKo-InsO, aaO, Rn. 6).Die Stimmrechtsversagung folgt aber
daraus, dass die tatsächliche Geltendmachung der Forderungen nicht hinreichend
erfolgt ist. Denn ausweislich der Sitzungsniederschrift haben das Finanzamt und
B1 jeweils lediglich den Betrag ihrer angeblichen Insolvenzforderung genannt. Dies
ist (jedenfalls nach dem Bestreiten durch B3 bis B7) nichtausreichend, weil das
bloße Sichberühmen einer Forderung weder die durch das Gericht vorzunehmende
(kursorische) Überprüfung ermöglicht, noch für den Insolvenzverwalter und die
anwesenden weiteren Insolvenzgläubiger erwiderungsfähig ist. Die bloße Nennung
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anwesenden weiteren Insolvenzgläubiger erwiderungsfähig ist. Die bloße Nennung
des Forderungsbetrages ermöglichte es dem Insolvenzverwalter und den übrigen
anwesenden Insolvenzgläubigern nicht, hierauf substantiiert zu erwidern, weshalb
nach den Substantiierungsregeln auch das unsubstantiierte Bestreiten durch B3
bis B7 zulässig war. Dem Finanzamt und B1 hätte es jeweils oblegen, einen
Tatsachenvortrag, der den Schluss auf das Bestehen der geltend gemachten
Forderung ermöglicht hätte, zu halten. Hiervon war auch das Finanzamt nicht
befreit, weil auch dem Fiskus oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts
keine Erleichterungen der Darlegungslast zugebilligt werden können (MüKo-InsO,
aaO, Rn. 18 m.w.N.).
Auch im vorliegenden Falle der (ausnahmsweise) zulässigen bloßen tatsächlichen
Geltendmachung im Berichtstermin war deshalb (wie auch bei der formellen
Anmeldung gem. § 174 Abs. 2 InsO) neben dem Betrag der Grund der Forderung
(Lebenssachverhalt) anzugeben. Dies ist nicht erfolgt, weshalb eine Prüfung durch
die Rechtspflegerin nicht erfolgen konnte und der dennoch antragsgemäß
erlassene Festsetzungsbeschluss nicht begründbar war und trotz
Begründungspflicht (BVerfG, ZInsO 2004, 1027; FK-InsO, aaO, Rn 16; HK-
InsO/Eickmann, 5.A., § 77, Rn 10; MüKo-InsO, aaO, Rn 13) nicht begründet wurde.
Dass die Forderungsanmeldungen des Finanzamtes und von B1 im Zeitpunkt des
Berichtstermins dem Insolvenzverwalter bereits vorlagen, rechtfertigt keine andere
Beurteilung. Soweit in § 77 Abs. 1 InsO auf die (formelle) Anmeldung der Forderung
abgestellt ist, betrifft dies lediglich den (hier nicht vorliegenden) Fall, dass die
fragliche Gläubigerversammlung nach dem Ende der in § 28 Abs. 1 InsO
bezeichneten Anmeldefrist stattfindet (Mü-Ko-InsO, aaO, Rn 6) und die
Forderungsanmeldung im Zeitpunkt der Gläubigerversammlung bereits gemäß §
175 Abs. 1 Satz 2 InsO auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts niedergelegt
worden ist.
Dass die Niederlegung der Forderungsanmeldungen zwischenzeitlich erfolgte, ist
unerheblich. Der maßgebliche Erkenntnishorizont ist derjenige im Zeitpunkt der
fraglichen Gläubigerversammlung (HK-InsO, aaO, Rn. 12; Wenzel, Die streitige
Stimmrechtsfestsetzung in der Gläubigerversammlung durch das Insolvenzgericht,
ZInsO 2007, 753).Insbesondere darf sich der Erkenntnishorizont auf den sich die
Entscheidung nach § 18 Abs. 3 Satz 2 RpflG stützt, nicht von demjenigen der
übrigen Beteiligten in der Gläubigerversammlung unterscheiden. Der
solchermaßen beschränkte Zweck und Anwendungsbereich von § 18 Abs. 3 Satz 2
RpflG folgt auch daraus, dass der Antrag noch in der Gläubigerversammlung
gestellt werden muss (KG vom 23.03.2001, 7 W 8076/00 für den insoweit
vergleichbaren § 78 Abs. 1 InsO).
Nach der hier vertretenen Ansicht kommt es danach auf den Inhalt der
zwischenzeitlich auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts niedergelegten
Anmeldungen nicht an. Ob und unter welchen Voraussetzungen dieser Umstand
im Rahmen von § 77 Abs. 2 Satz 3 InsO Bedeutung zukommen könnte, bedarf
keiner Entscheidung.
Ist nach alledem nicht von einer schlüssigen Forderungsdarlegung im
maßgeblichen Zeitpunkt, und zwar auch nicht hinsichtlich eines Teilbetrages
auszugehen, war dem Finanzamt und B1 ein Stimmrecht zu versagen. Dies gilt
auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Risiken der Zulassung von
unberechtigten Gläubigern geringer sind, als die der Beschränkung des Kreises der
Abstimmungsberechtigten auf wenige Gläubiger (LG Leipzig, ZIP 1998, 1038).
Liegt - wie hier - ein gänzlich unschlüssiger Vortrag vor, kommt auch die
Festsetzung eines „Kopfstimmrechtes“ mit der Summe von einem Euro nicht in
Betracht. Das Gericht weist im Übrigen darauf hin, dass es auch bei
Berücksichtigung der zwischenzeitlich erfolgten formellen Forderungsanmeldungen
nach §§ 174, 175 InsO bei der Stimmrechtsversagung für das Finanzamt und B1
zu verbleiben hätte. Denn die Anmeldungen erfüllen nicht die
Mindestvoraussetzungen, die gemäß § 174 InsO an eine ordnungsgemäße
Anmeldung zu stellen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
setzt die ordnungsgemäße Anmeldung einer Forderung im Insolvenzverfahren
nämlich die schlüssige Darlegung des Lebenssachverhalts voraus, aus dem der
Gläubiger einen Zahlungsanspruch herleitet; handelt es sich um die
Sammelanmeldung einer Mehrzahl von Forderungen, ist der Darlegungslast für
jede Einzelforderung zu genügen. Dabei muss die Forderung zur Bestimmung der
Reichweite der Rechtskraft eindeutig konkretisiert werden. Die Individualisierung
der Forderung dient daneben dem Zweck, den Verwalter und die übrigen
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der Forderung dient daneben dem Zweck, den Verwalter und die übrigen
Insolvenzgläubiger in den Stand zu versetzen, den geltend gemachten
Schuldgrund einer Prüfung zu unterziehen. Wird eine Forderung aus fremdem
Recht geltend gemacht, bedarf es näheren Sachvortrages zum Rechtserwerb des
Gläubigers. Ebenso ist zum Verpflichtungsgrund des Schuldners vorzutragen,
wenn sich die Forderung ursprünglich nicht gegen ihn, sondern gegen einen Dritten
richtete (BGH vom 22.01.2009, IX ZR 3/08; ZVI 2009, 105).
Diesen Anforderungen entspricht weder die Anmeldung durch das Finanzamt noch
die durch B1. Beide Anmeldungen enthalten nämlich nicht die schlüssige
Darlegung des Lebenssachverhalts, der in Verbindung mit einem – nicht notwendig
ebenfalls vorzutragenden – Rechtssatz die geltend gemachten Forderungen als
begründet erscheinen lassen.
Die Anmeldung durch B1 besteht aus einem Satz und lautet: „€ 1.386,--
Anwaltskosten Vertragsentwurf Forderungsankauf € 300.000,-- ... laut
Vertragsentwurf … & partner Rechtsanwälte vom 17.02.2007 zzgl. Zinsen seit
dem 17.03.2007 in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz (siehe Anlage).“
Dieser Forderungsanmeldung lässt sich nicht einmal ein Bezug zum Schuldner und
erst recht kein Sachverhalt entnehmen, der die geltend gemachte Forderung
trägt, und zwar auch nicht zusammen mit den Anlagen, bei denen es sich um drei
E-Mails handelt. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob es Sache des Gerichts
sein kann, bei einer nicht einmal ansatzweise ausreichenden
Sachverhaltsdarstellung sich das Notwendige aus beigefügten Anlagen
zusammenzusuchen. Die Forderungsanmeldung durch das Finanzamt nimmt
hinsichtlich Betrag und Grund insbesondere Bezug auf eine tabellarische
Aufstellung mit insgesamt fünfzehn Einzelforderungen unter zwei verschiedenen
Steuernummern, in der hinsichtlich des Anspruchsgrundes die Abgabenart
(Umsatzsteuer, Zinsen zur Umsatzsteuer, Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer),
der Zeitraum (unter Nennung der Jahre 2001, 2002, 2006, 2007 und 2008) sowie
Fälligkeitsdaten (ausnahmslos aus dem Jahre 2008) genannt werden. Die
Überschrift führt den Schuldner wie folgt auf: „Vermögen des ... als
Haftungsschuldner der Firma … AG … i. InsV gemäß Haftungsberechnung vom
25.11.2008.“ Die beigefügte, an den Insolvenzverwalter gerichtete
Haftungsberechnung verweist auf die Inanspruchnahme des Schuldners als
Vorstand für die Steuerschulden der AG wegen Pflichtverletzung als Vorstand („….
indem die Umsatzsteuer nicht rechtzeitig angemeldet und festgesetzt wurde und
Steuerschulden nicht gezahlt wurden, ist ursächlich für den Haftungsschaden.“),
dem der Schuldner laut Handelsregisterauszug bis 15.10.2003 angehört habe,
weshalb die nicht rechtzeitige Umsatzsteuerjahreserklärung 2002 (welche nach
den Ländererlassen bis 30.09.2003 abzugeben gewesen sei), noch in seinen
Verantwortungsbereich gefallen sei. Die Angabe „Umsatzsteuer“ in der
Forderungsanmeldung (lfd. Nr. 1 – 5, 13) stellt lediglich die Behauptung einer
Umsatzsteuerforderung, nicht aber die erforderliche Darlegung eines
Lebenssachverhaltes, aus dem das Gericht auf die Entstehung eines Anspruchs
schließen kann, dar. Wie bereits ausgeführt, kann von diesem Erfordernis auch bei
einer Forderungsanmeldung des Fiskus nicht abgesehen werden. Die Anmeldung
von Zinsforderungen (lfd. Nr. 6 – 8, 14) sowie Säumniszuschlägen (lfd. Nr. 9 – 12,
15) entbehrt bereits mangels schlüssigen Vortrages der Hauptforderung der
gebotenen Darlegung.
Unabhängig davon folgt aus der Überschrift der gesamten Forderungsanmeldung,
dass die Haftung des Schuldners aus einer Pflichtverletzung in der Funktion als
Vorstand hergeleitet wird, die aber nach der eigenen Ansicht des Finanzamtes nur
bis 15.10.2003 gegeben war. Deshalb ist ein Haftungstatbestand hinsichtlich der
Jahre 2006 – 2008 (lfd. Nr. 4 bis 5, 8, 11) nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Darüber hinaus wird in der vorgelegten Haftungsberechnung vom 25.11.2008
lediglich hinsichtlich der Umsatzsteuer 2002 vorgetragen, weshalb die
Forderungsanmeldungen hinsichtlich anderer Jahre (lfd. 1, 3 – 6, 8, 9, 11, 12)
unschlüssig sind. Schließlich ist auch zum Verpflichtungsgrund des Schuldners
(Pflichtverletzung hinsichtlich der Steuererklärung 2002) deshalb nicht hinreichend
vorgetragen, weil die Pflichtverletzung als Vorstand zur Voraussetzung hätte, dass
der Schuldner im Fälligkeitszeitpunkt zur Abgabe der Jahressteuerklärung am
30.09.2003 noch Vorstandsmitglied der AG gewesen wäre. Dies hat das Finanzamt
aber nicht schlüssig vorgetragen.
Soweit es sich auf die Handelsregistereintragung vom 16.10.2003 beruft, verkennt
es, dass die Eintragung nur deklaratorisch ist. Demgegenüber hätte es der
es, dass die Eintragung nur deklaratorisch ist. Demgegenüber hätte es der
Darlegung des tatsächlichen Niederlegungs- oder Abberufungszeitpunktes bedurft;
tatsächlich datiert die Niederlegungserklärung an den Aufsichtsratsvorsitzenden
vom 02.06.2003.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.