Urteil des AG Frankfurt am Main vom 22.12.2008

AG Frankfurt: entlassung, wichtiger grund, wohnung, stiftung, anfang, erbschaft, form, verfügung, anhörung, gespräch

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 532/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 1908b Abs 1 S 1 BGB
(Betreuung: Entlassung eines Berufsbetreuers wegen
Eignungsmangels)
Leitsatz
Zur Entlassung eines Berufsbetreuers wegen eigenmächtigter Veranlassung einer nicht
beabsichtigten Testamentserrichtung der betroffenen Person
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1) zu tragen.
Der Gegenstandswert für das weitere Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,-- EUR
festgesetzt.
Gründe
Für die Betroffene, Frau A, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am
Main vom 17. Juli 2003 der Beteiligte zu 1) zum Betreuer bestellt. Der Beteiligte zu
1) war von Frau B, für die er in einem anderen Betreuungsverfahren vom
Amtsgericht Frankfurt ebenfalls zum Berufsbetreuer bestellt war, aufgrund
notariellen Testamentes zum Alleinerben bestimmt worden und hatte diese
Erbschaft angenommen.
Für die Betroffene, die über ein Vermögen von mehr als 900.000,-- EUR verfügt,
war seit Januar 2005 ein 24 Stunden Pflegedienst eingerichtet.
Am 08.03.2005 (Bl. 132 d. A.) teilte die für die Betroffene bestellte
Verfahrenspflegerin, die Beteiligte zu 3), mit, ihr sei zugetragen worden sei, dass
der Beteiligte zu 1) mit einem Notar bei der Betroffenen gewesen sei, obgleich der
Pflegedienstmitarbeiter den Eindruck hatte, dass die Betroffene nicht dazu in der
Lage sei, ein Testament zu errichten. Daraufhin sah sich der zuständige
Vormundschaftsrichter veranlasst, die Notwendigkeit eines Betreuerwechsels zu
prüfen.
Am 14.03.2008 hörte das Amtsgericht die Betroffene in ihrer Wohnung zu einem
etwaigen Betreuerwechsel an und versuchte mit ihr die Frage der etwaigen
Testamentserrichtung zu klären (Bl. 135 d. A.). Die Betroffene war zu diesem
Zeitpunkt ausweislich des Protokolls nicht darüber orientiert, welche Geldsummen
ihr zur Verfügung stehen, sondern gab an, dass es wegen der „paar Kröten“ nicht
notwendig sei, ein Testament zu machen. Sie ging davon aus, im Besitz von ein
paar Hundert Mark zu sein. Hinsichtlich des Betreuerwechsels war sie weder in der
Lage zuzustimmen noch abzulehnen.
Mit Schreiben vom 17.03.2005 teilte der Beteiligte zu 1) mit (Bl. 141 d. A.), dass
die Betroffene ihr Vermögen habe einer Stiftung testamentarisch zukommen
lassen und er sie hierbei habe unterstützen wollen. Seines Wissens sei am
02.03.2005 ein Notar bei der Betroffenen gewesen. Weitere Erkenntnisse habe er
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02.03.2005 ein Notar bei der Betroffenen gewesen. Weitere Erkenntnisse habe er
hierüber nicht.
Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Notar mit (Bl. 144), dass er aufgrund der
Aufforderung des Beteiligten zu 1) Anfang März bei der Betroffenen gewesen sei.
Beim ersten Gespräch sei sie nicht ansprechbar gewesen, beim zweiten Gespräch
sei auch der Beteiligte zu 1) in der Wohnung gewesen und Frau A sei gut orientiert
gewesen. Nach ihrer Vorstellung habe sie eine Stiftung für junge Menschen
einrichten wollen. Er habe die Betroffene eventuell für testierfähig gehalten, sich
aber noch keine abschließende Meinung gebildet.
Der erneute Versuch einer Anhörung der Betroffenen im Krankenhaus am
05.04.2005 (Bl. 149 ff) führte zu der Erkenntnis, dass mit der Betroffenen keine
Verständigung möglich war. Während des Besuches des zuständigen Amtsrichters
und der Verfahrenspflegerin bei der Betroffenen im Krankenhaus, der aufgrund
einer vorherigen telefonischen Nachfrage beim Beteiligten zu 1) zustande
gekommen war, kam es zu einem Treffen des Amtsrichters und der
Verfahrenspflegerin mit dem Beteiligten zu 1), der sich ebenfalls in das
Krankenhaus begeben hatte. Ihm wurden von Seiten des Gerichts die
Widersprüche in seinen Angaben vorgehalten und er erklärte sich sofort zur
Aufklärung des Sachverhaltes noch im Krankenhaus bereit (Bl. 150 ff d.A.). Er gab
an, dass der Notar nur einmal bei der Betroffenen gewesen sei und er selbst nicht
anwesend. Auf Vorhalt gab er an, dass der Notar tatsächlich zweimal dagewesen
war, er dies aber nicht für wichtig gehalten habe. Darüber hinaus räumte er ein,
dass er auch anwesend war, da er dem Notar die Betroffene habe vorstellen
müssen. Ihm sei die Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen – und hierbei
insbesondere das Gutachten SV1 - nicht bekannt gewesen. Zu Anfang der
Betreuung im Jahre 2003 habe die Betroffene ihm von ihren Plänen hinsichtlich der
Testamentserrichtung und der von ihr geplanten Stiftung berichtet. Aktuell habe
die Betroffene jedoch keine Äußerungen hinsichtlich eines Willens zur
Testamentserrichtung gemacht.
Mit Beschluss vom 24.05.2005 (Bl. 177 ff d.A.) entließ das Amtsgericht den
Beteiligten zu 1) und bestellte zur Berufsbetreuerin die Beteiligte zu 2). Der
Beteiligte zu 1) sei gemäß § 1908 b Abs. 1 BGB als Betreuer zu entlassen, da er
nicht mehr als geeignet im Sinne des § 1897 Abs. 1 BGB anzusehen sei. Bereits in
der Annahme der Erbschaft der Betreuten B liege eine Handlung, die mit den an
einen Berufsbetreuer zu stellenden Anforderungen nicht vereinbar sei, jedenfalls
sei sie unter moralischen Gesichtspunkten nicht mit den von einem
Berufsbetreuer zu erwartenden Verhaltensweisen vereinbar. Darüber hinaus
bestehe Misstrauen gegenüber dem Betreuer, da er die Testamentserrichtung und
seine Erbeinsetzung dem Vormundschaftsgericht gegenüber nicht angezeigt habe
und auf eine diesbezügliche Anfrage des Gerichts mit Schreiben vom 26.01.2004
mitgeteilt habe, dass ihm „bis zur Testamentseröffnung nicht bekannt“ gewesen
sei, dass die Betreute ihn als Erben eingesetzt habe. Tatsächlich habe er jedoch
später einräumen müssen, von dem Testament und seinem Inhalt keineswegs
überrascht gewesen zu sein, weil er selbst den Notar ausgewählt und ihn in die
Wohnung der Frau B bestellt habe, während der Testamentserrichtung in der
Wohnung anwesend war und von Anfang an wusste, dass die Betreute B die
Absicht hatte, ihn zum Alleinerben einzusetzen, was er dem beurkundenden Notar
zuvor mitgeteilt hatte.
Diese sich aus den Vorgängen ergebenden Zweifel an der persönlichen Integrität
habe der Beteiligte zu 1) auch nicht entkräften können. Im Gegenteil, auch sein
Verhalten im Rahmen der Betreuung der hier betroffenen Frau A gäben Anlass an
seiner Integrität zu zweifeln. Zum einen habe er - obgleich die Betroffene
spätestens seit Anfang des Jahres völlig verwirrt und geschäftsunfähig gewesen sei
- einen Notar beauftragt, die Betroffene zwecks Testamentserrichtung in ihrer
Wohnung aufzusuchen. Hierbei habe er eigenmächtig und außerhalb seines
gerichtlich festgelegten Aufgabenkreises sowie ohne Willen der Betroffenen, die zu
diesem Zeitpunkt schon längst nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihren Willen
frei zu bilden und zu betätigen, gehandelt.
Darüber hinaus habe er auch gegen seine Auskunftspflicht gegenüber dem
Vormundschaftsgericht verstoßen. Zum einen habe er wahrheitswidrig angegeben,
dass ihm das Betreuungsgutachten Dr. SV1 und die darin enthaltenen
Feststellungen zur Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen nicht bekannt gewesen
seien, obwohl ihm dieses Gutachten bereits im Jahre 2003 übergeben worden sei.
Zum anderen habe er falsche Angaben hinsichtlich des Besuchs des Notars bei
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Zum anderen habe er falsche Angaben hinsichtlich des Besuchs des Notars bei
der Betroffenen gemacht.
Mit seiner sofortigen Beschwerde machte der Beteiligte zu 1) im Wesentlichen
geltend, dass es gemäß § 14 Heimgesetz nicht ausgeschlossen sei, dass er die
Erbschaft eines Betreuten annehme, so dass dies auch keine nachteiligen
Konsequenzen für andere Betreuungsverfahren haben dürfe. Hinsichtlich der
Testamentserrichtung der Betroffenen, Frau A, habe er lediglich ihren Wünschen
nach einer Testamentserrichtung zugunsten einer gemeinnützigen Stiftung
Rechnung tragen wollen. Darüber hinaus sei die Entlassung unverhältnismäßig, da
durch mildere Mittel der Aufsicht und Ausübung des Weisungsrechtes den
Bedenken des Vormundschaftsgerichts Rechnung getragen hätte werden können.
Nach Anhörung der Beteiligten (Bl. 351 ff. d. A.), wies das Landgericht mit dem
hier angegriffenen Beschluss (Bl. 357 ff. d. A.) die sofortige Beschwerde zurück. Zu
Recht habe das Amtsgericht den Beteiligten zu 1) als Betreuer entlassen. Der
Beteiligte zu 1) sei nicht mehr geeignet, die Betreuung im Sinne des § 1897 Abs. 1
BGB zu führen. Es sei von erheblichen Zweifeln an der persönlichen Integrität des
Beteiligten zu 1) auszugehen, die ihn ungeeignet zur Führung von Betreuungen
erscheinen lassen. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass nach Überzeugung
der Kammer feststehe, dass der Beteiligte zu 1) die ihm anvertraute Betroffene zu
einer testamentarischen Verfügung veranlassen wollte, obgleich offensichtlich
gewesen sei, dass sie weder geschäfts- noch testierfähig gewesen sei. Darüber
hinaus habe die Betroffene weder den Wunsch geäußert, nunmehr ein Testament
errichten zu wollen, noch sei sie dazu in der Lage gewesen. Dass die Betroffene zu
Beginn der Betreuung einen entsprechenden Wunsch geäußert haben könnte, sei
insoweit unerheblich, da zum konkreten Zeitpunkt weder ein konkreter Wunsch
bestanden habe, noch die Fähigkeit ein Testament zu errichten. Eine
Notwendigkeit zur Testamentserrichtung sei ebenfalls nicht gegeben gewesen, da
bereits ein Testament existierte, nach dem der Beteiligte zu 1) – wie im weiteren
Verlauf geschehen – zuvor hätte suchen müssen. Darüber hinaus habe der
Beteiligte zu 1) mehrfach falsche Angaben gegenüber dem Amtsgericht gemacht
und damit gegen seine Auskunftspflicht nach §§ 1839, 1908 i Abs. 1 BGB
verstoßen. Soweit der Beteiligte zu 1) sich darauf berufe, er sei überraschend mit
dem Amtsrichter und der Verfahrenspflegerin beim Krankenhausbesuch
konfrontiert worden, könne dem nicht gefolgt werden, da er aufgrund des
Telefonanrufs der Verfahrenspflegerin zuvor darüber informiert gewesen sei, dass
er im Krankenhaus jedenfalls die Verfahrenspflegerin antreffen werde und zum
anderen er bereits zuvor schriftlich zu dem Vorfall Stellung genommen und dort
ebenfalls wahrheitswidrig behauptet habe, lediglich zu wissen, dass sich der Notar
bei der Betroffenen am 02.03.2005 vorgestellt habe und er sonst über keine
weiteren Erkenntnisse verfüge. Ferner bestehe auch der Verdacht, dass er im
Verfahren B falsche Angaben gemacht habe. Aufgrund der Schwere der Vorwürfe
sei die Entlassung des Beteiligten zu 1) auch verhältnismäßig. Im Hinblick auf die
wiederholten falschen Angaben des Beteiligten zu 1) gegenüber dem
Vormundschaftsgericht sei das Vertrauensverhältnis erheblich gestört, so dass
eine reibungslose Zusammenarbeit, die im Interesse der Betroffenen erforderlich
sei, nicht mehr möglich erscheine.
Hiergegen hat der Beteiligte zu 1) form- und fristgerecht sofortige weitere
Beschwerde erhoben (Bl. 384, 398 ff. d. A.). Fälschlicherweise gehe das
Landgericht davon aus, dass der Beteiligte zu 1) die Betroffene zur
Testamentserrichtung habe veranlassen wollen. Dies entspreche jedoch nicht dem
festgestellten Sachverhalt. Das Landgericht habe es zur Ergründung der
objektiven Wahrheit und der Aufklärung der widersprüchlichen Angaben der
Beteiligten an einer hinreichenden Sachverhaltsaufklärung fehlen lassen.
Rechtsfehlerhaft sei auch der Schluss des Landgerichts, dass das Verschweigen
des zweiten Besuches des Notars dem Beteiligten zu 1) „die Eignung zum
Betreuer“ absprechen würde. Ebenso unzutreffend seien die Ausführungen des
Landgerichts hinsichtlich des Betreuungsverfahrens B (43 XVII Sch 274/01).
Tatsächlich habe der Beteiligte zu 1) erst anlässlich der Testamentseröffnung
erfahren, dass er zum Erben eingesetzt worden sei. Auch wenn für ihn die
Vermutung nahe gelegen habe, dass der ihm bekannte Testamentsentwurf
inhaltlich nicht geändert wurde sei, habe er von dem tatsächlich protokollierten
Testament erst nach dem Tode der Betreuten B Kenntnis erlangt. Insoweit könne
das Landgericht auch seine Wertung nicht alleine auf den Verdacht stützen, er
habe falsche Angaben gemacht, so dass insoweit ebenfalls eine Verletzung des
Amtsermittlungsgrundsatzes vorliege.
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Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde gemäß § 69 g Abs. 4 Nr. 3
FGG in Verbindung mit 22 Abs. 1, 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 2 FGG statthaft und
auch im Übrigen zulässig, da es insbesondere form- und fristgerecht erhoben
wurde. In der Sache führt die sofortige weitere Beschwerde jedoch nicht zum
Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts
beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Das Landgericht ist auf der Grundlage der
von ihm verfahrenfehlerfrei festgestellten tatsächlichen Umstände ohne
Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Entlassung
des Beschwerdeführers als Berufsbetreuer gegeben sind.
Gemäß § 1908 b Abs. 1 Satz 1 BGB ist ein Betreuer zu entlassen, wenn seine
Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr
gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für eine Entlassung vorliegt. Für
die Beurteilung der mangelnden Eignung des Betreuers kommt es auf sein
Verschulden nicht zwingend an. Die mangelnde Eignung kann sich aus physischen
oder psychischen Eigenschaften des Betreuers aber auch aus Pflichtverletzungen
oder seiner Überforderung mit der Erledigung der zugewiesenen Aufgabenkreise
ergeben. Der Betreuer muss jederzeit in der Lage sein, die Angelegenheiten des
Betreuten in den gerichtlich zugewiesenen Aufgabenkreisen rechtlich zu besorgen
und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen. Für eine
Entlassung genügt deshalb jeder Grund, der den Betreuer als nicht mehr geeignet
im Sinne des § 1897 Abs. 1 BGB erscheinen lässt. Die mangelnde Eignung ist ein
vom Gesetz besonders hervorgehobener Entlassungsgrund. Dabei verlangt § 1908
b BGB nicht den vollen Nachweis der mangelnden Eignung, sondern lässt es im
Hinblick auf die dem Betreuer eingeräumten weitreichenden Befugnisse und seine
Vertrauensposition genügen, wenn konkrete Tatsachen Anlass zu berechtigten
Zweifeln an seiner Eignung geben. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
kommt die Entlassung des Betreuers nur dann in Betracht, wenn weniger
einschneidende Maßnahmen nicht als ausreichend anzusehen sind (vgl. BayObLG
FamRZ 1998, 1257; 2003, 786 und 2005, 931; Jürgens, Betreuungsrecht, 3. Aufl., §
1908 b Rn. 2; Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1908 BGB Rn. 6,
Jurgeleit/Deusing, Betreuungsrecht, § 1908 b BGB Rn. 12, Palandt/Diederichsen,
BGB, 67. Aufl., § 1908 b Rn. 2).
Bei der Eignung im Sinne des § 1908 b Abs. 1 BGB handelt es sich um einen
unbestimmten Rechtsbegriff (Dammrau/Zimmermann, aaO., §1908b BGB, Rn.4.).
Deshalb kann die Beurteilung des Landgerichts als letzte Tatsacheninstanz, dass
die Eignung nicht mehr gewährleistet ist, vom Senat als Rechtsbeschwerdegericht
nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Dabei ist insbesondere darauf abzustellen,
ob das Landgericht den Begriff der Eignung verkannt, relevante Umstände
unvertretbar über- oder unterbewertet oder bei der Subsumtion wesentliche
Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BayObLG FamRZ 1997, 1358 und
2001, 1249; Keidel/Kuntze/Winkler-Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rn. 30 m. w.
N.).
Bei Heranziehung dieser Grundsätze ist die tatrichterliche Einschätzung des
Landgerichts, wonach die Eignung des Beteiligten zu 1) zur Fortführung der
Betreuung bei Gesamtwürdigung der von der Kammer herangezogenen Umstände
nicht mehr gewährleistet ist, rechtlich nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass der Beteiligte
zu 1) ohne aktuellen Willen der Betroffenen und in Kenntnis ihrer nicht mehr
vorhandenen Testierfähigkeit einen Notar zwecks Errichtung eines Testaments
beauftragt hat. Darüber hinaus geht das Landgericht davon aus, dass der
Beteiligte zu 1) hinsichtlich der Umstände des Besuchs des Notars zunächst
wissentlich falsche Angaben gegenüber dem Vormundschaftsgericht gemacht hat.
Ferner nimmt die Kammer an, dass der Beteiligte zu 1) im Rahmen des
Betreuungsverfahrens B wahrscheinlich ebenfalls falsche Angaben gegenüber dem
Vormundschaftsgericht gemacht hat. Diese Tatsachen beruhen entgegen der
Rüge des Beteiligten zu 1) auf einer hinreichenden Sachverhaltsaufklärung. Soweit
das Landgericht annimmt, der Beteiligte zu 1) habe die Betreute zu einer
Testamentserrichtung veranlassen wollen, entspricht dies dem festgestellten
Sachverhalt, da er ohne konkreten Auftrag außerhalb der ihm zugewiesenen
Aufgabenkreise einen Notar zur Betroffenen geschickt hat. Wenn die Kammer dies
als Versuch des „Veranlassen“ zur Testamentserrichtung wertet, begegnet dies
keinen rechtlichen Bedenken und erfordert keine weitere Sachverhaltsaufklärung,
da der Beteiligte zu 1) selbst eingeräumt hat, dass ein konkreter Auftrag zur Hilfe
bei einer Testamenterrichtung im zeitlichen Kontext nicht vorlag. Auch ist die
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bei einer Testamenterrichtung im zeitlichen Kontext nicht vorlag. Auch ist die
Wertung der Kammer, die falschen Angaben des Beteiligten zu 1) seien nicht Folge
einer stressbedingten Überforderung, nicht zu beanstanden, da der Beteiligte zu
1) sich zum einen freiwillig in diese Situation begeben hat und zum anderen er
auch in seiner vorherigen schriftlichen Stellungnahme fälschlicherweise angegeben
hat, der Notar habe die Betroffenen lediglich einmal aufgesucht. Ebenso bedurfte
es keiner weiteren Ermittlungen hinsichtlich der „wahrscheinlich“ falschen Angaben
im Rahmen der letztwilligen Verfügung der Betreuten B. Zum einen kommt es
hierauf entscheidungserheblich nicht an und zum anderen ist – wie oben
ausgeführt – ausreichend, wenn konkrete Tatsachen Anlass zu berechtigten
Zweifeln an der Eignung geben.
Zu Recht geht die Kammer von berechtigten Zweifeln an der Eignung des
Beteiligten zu 1) am Führen von Betreuungen aus, da der festgestellte
Sachverhalt erkennen lässt, dass der Beteiligte zu 1) zu einer vertrauensvollen
Zusammenarbeit mit dem Vormundschaftsgericht nicht bereit oder in der Lage
ist. Zwar führt der Betreuer die Betreuung im Rahmen seiner Aufgabenkreise
selbständig und eigenverantwortlich (Damrau/Zimmermann, aaO, § 1837 Rn. 3
mwN.) und verfügt hierbei über einen gewissen Gestaltungsspielraum. Bei der
Erfüllung seiner Aufgaben ist er jedoch durch das Vormundschaftsgericht zu
beaufsichtigen, das beim Erkennen von Pflichtwidrigkeiten zum Einschreiten
verpflichtet ist (§ 1837 Abs. 2 BGB). Bei Erfüllung dieser Aufgaben ist das
Vormundschaftsgericht aufgrund der Selbständigkeit des Betreuers dringend auf
wahrheitsgemäße Auskünfte des Betreuers (§ 1839 BGB) angewiesen, da nur auf
diese Weise eine praktikable Aufsicht durch das Gericht geführt werden kann.
Daher wiegen falsche oder unvollständige Auskünfte des Betreuers gegenüber
dem Vormundschaftsgericht besonders schwer. Zu Recht hat daher die Kammer
auch keine Möglichkeit gesehen, durch die Anwendung milderer Mittel in Form der
Aufsicht oder Weisung (vgl. Damrau/ Zimmermann aaO., § 1908 b BGB, Rn. 16)
die Entlassung des Beteiligten zu 1) abzuwenden. Dem Beteiligten zu 1) musste
aufgrund der Gesamtumstände bekannt sein, dass es dem
Vormundschaftsgericht auf vollständige und zutreffende Angaben in der konkreten
Situation ankam, so dass die Kammer zutreffender Weise die Zerstörung der
Vertrauensgrundlage zwischen Gericht und Betreuer angenommen hat, die durch
mildere Mittel nicht ausgeglichen werden kann. Die sofortige weitere Beschwerde
des Beteiligten zu 1) kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO, da nicht
ersichtlich ist, dass die sofortige weitere Beschwerde im Interesse der Betroffenen
eingelegt wurde (§ 131 Abs. 3 KostO). Die Festsetzung des Beschwerdewertes
beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 und 2 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.