Urteil des AG Essen vom 05.04.2005

AG Essen: reisekosten, beratung, ehescheidungsverfahren, beschränkung, begriff, datum

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
1
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3
4
Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Hamm, 2 WF 110/05
05.04.2005
Oberlandesgericht Hamm
2. Senat für Familiensachen
Beschluss
2 WF 110/05
Amtsgericht Essen, 103 F 5/05
wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Essen vom 1.
Februar 2005 auf die Beschwerde des Antragstellers dahin abgeändert,
dass die Einschränkung zu „Essener Bedingungen„ bei der
Anwaltsbeiordnung entfällt.
Gründe:
Die gem. § 127 Abs.2 ZPO statthafte sowie frist- und formgerecht eingelegte sofortige
Beschwerde ist begründet.
Die vom Familiengericht im Rahmen der dem Antragsteller bewilligten Prozesskostenhilfe
bei der Beiordnung der Rechtsanwältin C in I vorgenommene Einschränkung "zu Essener
Bedingungen", d.h. zu den Bedingungen einer beim Amtsgericht Essen zugelassenen
Rechtsanwältin, ist nicht gerechtfertigt. Ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener
Rechtsanwalt kann einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wird, nur dann
beigeordnet werden, wenn hierdurch keine zusätzlichen Kosten entstehen (§ 121 Abs.3
ZPO). Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass ein auswärtiger Rechtsanwalt regelmäßig
nicht beizuordnen ist oder nur zu den Bedingungen eines bei dem Prozessgericht
zugelassenen Rechtsanwalts (der in § 126 Abs.1 S.2 BRAGO enthaltene Begriff des
"ortsansässigen Rechtsanwalts" ist bei der Neuregelung des anwaltlichen Gebührenrechts
nicht in § 46 RVG übernommen worden, so dass nur noch danach zu unterscheiden ist, ob
der Rechtsanwalt bei dem Prozessgericht zugelassen ist oder nicht) beigeordnet werden
kann, wenn durch die Terminswahrnehmung Reisekosten entstehen. Es sind vielmehr die
voraussichtlichen Reisekosten einerseits und die durch die Beauftragung eines
Rechtsanwalts am Wohnort der Partei bzw. in dessen Nähe ersparten Kosten für eine
Informationsreise der Partei bei Beauftragung eines bei dem Prozessgericht zugelassenen
Rechtsanwalts andererseits miteinander zu vergleichen (OLG Nürnberg Rpfleger 2002,
628). Die Beiordnung dürfte danach regelmäßig in Betracht kommen, wenn voraussichtlich
nur ein Gerichtstermin erforderlich ist, um den Rechtsstreit durchzuführen.
Desweiteren ist ein nicht zugelassener Rechtsanwalt beizuordnen, wenn hierdurch die
Beiordnung eines Verkehrsanwalts vermieden wird, die voraussichtlich nicht wesentlich
geringere Kosten verursacht hätte wie die Reisekosten des nicht zugelassen
Rechtsanwalts (BGH NJW 2004, 2749 = FamRZ 2004, 1362; OLG Zweibrücken FamRZ
2002, 107). Nach der vorstehend zitierten Entscheidung des BGH muss das Gericht diesen
Umstand prüfen, bevor es die Beiordnung ablehnt oder eine Beschränkung hinsichtlich des
Umfangs der erstattungsfähigen Kosten vornimmt und auf diese Weise der Partei auch die
Möglichkeit der Beiordnung ihres beauftragten Rechtsanwalts als Verkehrsanwalt nimmt.
Diese Prüfung hat das Familiengericht nicht vorgenommen. Der Senat sieht davon ab, die
Sache zur weiteren Prüfung und erneuten Entscheidung an das Familiengericht
zurückzuverweisen, da hier die Voraussetzungen für die Beiordnung der nicht beim
Amtsgericht Essen zugelassenen Rechtsanwältin des Antragstellers gegeben sind. In
einem Ehescheidungsverfahren ist eine persönliche Information und Beratung zwischen
Rechtsanwältin und Partei erforderlich, so dass bei einer Beordnung eines bei dem
Amtsgericht Essen zugelassenen Rechtsanwalts Reisekosten des Antragstellers
zumindest für eine Informationsreise entstehen würden, die nicht niedriger wären als die
Reisekosten der vom Antragsteller beauftragten Rechtsanwältin zur Wahrnehmung eines
Termins vor dem Amtsgericht Essen. Dabei ist davon auszugehen, dass voraussichtlich nur
ein Termin erforderlich ist, wie dies bei Scheidungsverfahren in der Regel der Fall ist.
Wegen der Bedeutung der Sache würde hier außerdem im Falle der Verweisung des
Antragstellers auf die Beauftragung eines beim Amtsgericht Essen zugelassenen
Rechtsanwalts, die Beiordnung eines Verkehrsanwalts gem. § 121 Abs.4 ZPO in Betracht
kommen, deren Kosten voraussichtlich nicht wesentlich geringer ausfallen würden als die
Reisekosten der Rechtsanwältin des Antragstellers.