Urteil des AG Eschwege vom 16.07.2008

AG Eschwege: streitgenosse, kostenbefreiung, verkehrsunfall, kostenfreiheit, innenverhältnis, haftpflichtversicherung, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, dokumentation, quelle

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Gericht:
AG Eschwege
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 C 46/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 2 Abs 1 S 1 GKG
Gerichtskostenfreiheit im Schadenersatzprozess nach
Verkehrsunfall mit einem Behördenfahrzeug: Folgen der
Gebührenbefreiung für den Kraftfahrzeughalter für den
nichtbefreiten Streitgenossen
Tenor
Auf die Erinnerung vom 01.07.2008 hin wird der
Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgericht Eschwege vom 13.06.2008
dahingehend abgeändert, dass die Beklagten der Klägerin keine Kosten zu
erstatten haben. Die hälftigen Verfahrenskosten in Höhe von 49,50 Euro sind der
Klägerin vielmehr als zuviel gezahlten Gerichtskostenvorschuss ebenfalls aus der
Gerichtskasse auszuzahlen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei,
die außergerichtlichen Kosten der Erinnerung trägt die Klägerin.
Gründe
Durch oben genannten Beschluss wurde gegen die Beklagten Kosten festgesetzt.
Die Beklagten zu 2) ist jedoch gem. § 2 GKG kostenbefreit. Wegen dieser
Kostenbefreiung darf auch bei dem Abschluss eines Vergleichs gegen die Beklagte
zu 2) keine Kosten festgesetzt werden. Die Kostenbefreiung gilt immer.
Wenn zwischen der kostenbefreiten Partei und dem Streitgenossen keine
Sonderbeziehung besteht und eine anteilige Haftung der Streitgenossen
angenommen werden kann, ist gegen den nicht kostenbefreiten Streitgenossen
sein "eigener" Kostenanteil festzusetzen. Grundsätzlich kann dann von der Regel
des § 426 Abs 1 BGB ausgegangen werden, dass die Gesamtschuldner, wenn nicht
ein anderes bestimmt ist, im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen
verpflichtet sind, so dass der Streitgenosse, der nicht von der Zahlung der Kosten
befreit ist, entsprechend anteilig zur Kostenzahlung herangezogen werden kann (
BGH vom 9.2.54 - II ZR 35/52 -, BGHZ 12, 270 ; und vom 4.3.1955 - II ZR 35/52 -,
BGHZ 17, 9 ; Mielke, Gerichtskostengesetz, § 2 Anm 10; Markl,
Gerichtskostengesetz, § 2 Anm 11; Hartmann, Kostengesetze, § 2 GKG, Anm 6).
Dies würde im vorliegenden Fall zu einer Haftung des Beklagten zu 1) in Höhe von
¼ führen.
Wenn jedoch zwischen den Streitgenossen eine Sonderbeziehung besteht, die zur
Folge hat, dass die kostenbefreite Partei im Innenverhältnis verpflichtet wäre, die
gesamten Kosten zu tragen, so darf auch gegen den nicht kostenbefreiten
Streitgenossen keine Kosten festgesetzt werden.
Weil durch die in § 2 GKG geregelte Kostenfreiheit erreicht werden soll, dass die
dadurch Begünstigten in keinem Falle zur Zahlung der Gerichtskosten verpflichtet
sind, kann auch der Streitgenosse, der persönlich keine Kostenfreiheit genießt,
nicht mit solchen Kosten belastet werden, die aufgrund der sich aus dem
Innenverhältnis ergebenden gesetzlichen Freihaltungspflicht im Ergebnis doch von
dem von der Zahlung der Kosten befreiten Streitgenossen getragen werden
müssten. Diese Ansicht entspricht der einhelligen Auffassung der heutigen
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müssten. Diese Ansicht entspricht der einhelligen Auffassung der heutigen
Rechtsprechung (KG Beschl v 17.11.1972 - 1 W 1489/72 - JurBüro 1973, 139; OLG
Frankfurt, Beschl v 16.5.1973 - 14 W 24/73 -; OLG Nürnberg, Beschl v 3.1.1977 - 4
U 138/75 -; OLG Köln, Beschl v 30.12.1977 - 17 W 367/77 - JurBüro 1978, 888
mzustAnm von Mümmler).
Da die Beklagte zu 2) nach § 2 Abs 1 PflVG von der Versicherungspflicht für ihre
Kraftfahrzeuge befreit ist, hat sie für den Beklagten zu 1), der als Fahrer durch eine
aufgrund des Pflichtversicherungsgesetzes abgeschlossene
Haftpflichtversicherung Deckung für die Gerichtskosten erhalten würde ( § 150
VVG ), in gleichem Maße und in gleichem Umfang einzustehen wie ein
Haftpflichtversicherer bei Bestehen einer solchen Haftpflichtversicherung ( § 2 Abs
2 Satz 1 PflVG ). Das bedeutet, dass sie im Verhältnis zu ihrem Fahrer allein zur
Zahlung verpflichtet ist ( § 3 Nr 9 PflVG ).
Der oben genannte Kostenfestsetzungsbeschluss war daher entsprechend
abzuändern. Die weiteren Kosten sind der Klägerin aus der Gerichtskasse zu
erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 11 Abs. 4 RPflG, 91 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.