Urteil des AG Erkelenz vom 17.12.2004

AG Erkelenz: örtliche zuständigkeit, heilbehandlung, erfüllungsort, gerichtsstand, abnahme, entstehung, einzelrichter, verbindlichkeit, datum, bezirk

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Normen:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Amtsgericht Erkelenz, 14 C 325/04
17.12.2004
Amtsgericht Erkelenz
Einzelrichter
Beschluss
14 C 325/04
BGB § 269, ZPO § 12, ZPO § 29
Erfüllungsort für die Zahlung des Arzthonorars ist der Wohnsitz des
Patienten und nicht der Ort der Praxis
In Sachen
W. ./. M.
erklärt sich das Amtsgericht Erkelenz für örtlich unzuständig und verweist
den Rechtsstreit auf den Hilfsantrag der Klägerseite an das zuständige
Amtsgericht Köln ( § 281 Abs. 1 ZPO ).
Gründe:
I.
Die Klägerin ist Ärztin und betriebt ihre Praxis in X. im Bezirk des Amtsgerichts Erkelenz.
Sie mach vorliegend eine Restforderung aus einer Honorarrechnung für die HNO-
Behandlung der Beklagten, die ihren Wohnsitz in Köln hat und auch zum
Behandlungszeitpunkt hatte, geltend.
II.
Das Amtsgericht Erkelenz ist örtlich nicht zuständig.
Da die Beklagte ihren Wohnsitz und damit ihren allgemeinen Gerichtsstand in Köln hat,
kann sich eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Erkelenz nur aus § 29 ZPO ergeben.
Nach § 29 ZPO ist eine örtliche Zuständigkeit des Gerichts begründet, an dessen Ort die
streitige Verbindlichkeit zu erfüllen ist. Dieser Erfüllungsort bestimmt sich grundsätzlich
nach dem Leistungsort, der sich aus § 269 BGB ergibt. § 269 BGB stellt hierzu die Regel
auf, dass die Leistung an dem Ort zu erfolgen hat, an dem der Schuldner zum Zeitpunkt der
Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. Etwas anderes gilt nur dann,
wenn die Parteien einen anderen Ort, insbesondere einen Ort gemeinsamer
Leistungserbringung, bestimmt haben oder die Umstände des Falles einen solchen
abweichenden Leistungsort ergeben.
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Streitig ist vorliegend eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten, die damit grundsätzlich an
ihrem Wohnort zum Zeitpunkt der Begründung des Schuldverhältnisses, also zum
Zeitpunkt des Abschlusses des ärztlichen Behandlungsvertrages, und damit in Köln zu
erfüllen ist.
Die streitige Leistungspflicht besteht in einer reinen Zahlung. Sie ist damit nicht von einer
Beschaffenheit, die es als sachgerecht erscheinen lassen könnte, sie nicht am Wohnsitz
der Beklagten zu erfüllen.
Zwar gibt die im Praxisort erfolgende Leistung der Klägerin - hier Durchführung der
Heilbehandlung - dem Vertrag sein Gepräge. Entgegen der vereinzelt vertretenen Ansicht
in der Rechtsprechung (LG München I, Beschl. v. 21.8.2002, 9 O 13169/02) kommt es für
die Bestimmung der Leistungsortes hierauf aber nicht an, denn dies würde im Ergebnis bei
nahezu jedem Vertrag zu einem einheitlichen Leistungsort führen, was mit der gesetzlichen
Regelung des § 269 Abs. 1 und Abs. 2 BGB nicht vereinbar ist (BGH, Beschl. v. 11.12.2003
- X ARZ 91/03, Juris KORE 320692003 Rz.17).
Ein gemeinsamer Erfüllungsort kann daher nur angenommen werden, wenn weitere
Umstände hinzutreten.
Dies ist beispielsweise bei Ladengeschäften des täglichen Lebens der Fall, da hier
üblicherweise die beiderseitigen Leistungspflichten sogleich an Ort und Stelle erledigt
werden. Damit ist die ärztliche Heilbehandlung jedoch nicht vergleichbar. Schon aus der
Regelung der GOÄ ergibt sich, dass ärztliche Leistungen gewöhnlich nicht in bar
unmittelbar anlässlich der Behandlung gezahlt zu werden pflegen, weil eine den
Anforderungen der GOÄ entsprechende Rechnung erforderlich ist.
Auch die weitere anerkannte Fallgruppe des Bauwerksvertrages ist dem Vertrag über die
ärztliche Heilbehandlung nicht zu vergleichen. Zum einen ist hier mit der Abnahme auch
eine wesentliche Leistungspflicht des Bestellers am Ort des Bauwerkes zu erfüllen, zum
anderen sprechen hier praktische Gründe für die Annahme eines gemeinsamen
Gerichtsstand am Ort des Bauwerkes, nämlich dass sich die Leistungen des
Werkunternehmers am Ort des Bauwerkes sachgerecht und kostengünstig beurteilen
lassen. Diese Überlegung greift bei der ärztlichen Heilbehandlung ebenfalls nicht.
Abgesehen davon, dass - anders als im Bauwerksprozess - der Anspruch nicht von der
mangelfreien Erbringung der Leistung bzw. deren Abnahme abhängt, ist auch kein Grund
ersichtlich, warum das Gericht am Praxisort leichter oder kostengünstiger die Richtigkeit
der ärztlichen Heilbehandlung überprüfen könnte.
Es ist daher - ebenso wie der Bundesgerichtshof dies grundlegend für den Anwaltsvertrag
entschieden hat (BGH a.a.O.) auch hinsichtlich der ärztlichen Heilbehandlung kein Grund
ersichtlich, ausnahmsweise einen gemeinsamen Erfüllungsort am Praxissitz des Arztes
anzunehmen (wie hier: LG Mainz, Urt. v. 2. April 2003, 3 S 340/02 und 3 S 345/02; i.Erg.
ebenso f. Psychotherapeuten: AG Köln, Urt. v. 7.12.1993, 129 C 340/93).
In Erkelenz ist damit ein Gerichtsstand nicht begründet.
Auf den Hilfsantrag der Klägerin war der Rechtsstreit daher an das für den Wohnsitz der
Beklagten örtlich zuständige Amtsgericht Köln zu verweisen.