Urteil des AG Emmerich vom 21.09.1994

AG Emmerich (gesetzlicher vertreter, geschäftsführer, vertrag, handelsregister, höhe, rhein, ersatz, eintragung, ausscheiden, dienstvertrag)

Amtsgericht Emmerich am Rhein, 9 C 249/94
Datum:
21.09.1994
Gericht:
Amtsgericht Emmerich am Rhein
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 C 249/94
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin
bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten we-
gen der Kosten in Höhe von 450,-- DM abzuwenden,
wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit
in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aufgrund eines Rechtsschutzversicherungsvertrages in
Anspruch, den die Parteien im August 1989 schlossen. Die Klägerin ist der Auffassung,
daß die Beklagte zum Ersatz ihr entstandener Anwaltsgebühren verpflichtet ist.
2
Am 21.05.1990 schloß die Klägerin mit einem Herrn .... einen als solchen bezeichneten
Geschäftsführervertrag. Auf den Inhalt dieses in Ablichtung bei den Akten befindlichen
Vertrages wird Bezug genommen (Bl. 10 - 15 d.A.).
3
Nachdem das Anstellungsverhältnis zum 31.07.1993 beendet war, kam es zu einer
juristischen Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und Herrn ..., wobei auf beiden
Seiten Rechtsanwälte tätig waren.
4
Die Klägerin forderte von der Beklagten den Ersatz der ihr entstandenen Anwaltskosten;
die Beklagte berief sich auf den Risikoausschluß gemäß § 4 Nr. 1 d der Allgemeinen
Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB).
5
Die Klägerin trägt vor:
6
Die Beklagte sei zum Ersatz der ihr entstandenen Anwaltskosten v verpflichtet, weil die
Voraussetzungen des Risikoausschlusses nicht vorlägen. Zu einem Zeitpunkt habe
Herr ... die Funktion eines gesetzlichen Vertreters gehabt. Entgegen dem Wortlaut des
Vertrages sei ein ein Gesellschafterbeschluß über die Bestellung des Herrn ... zum
Geschäftsführer gefaßt worden. Auch eine Eintragung in das Handelsregister - dies ist
unstreitig - sei nicht erfolgt. Auch in der inhaltlichen Ausgestaltung sei das
Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis begründet gewesen, so daß Herr ...
weisungsgegebene Arbeiten durchgeführt habe.
7
Die Klägerin beantragt,
8
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.345,-- DM nebst 4 % Zinsen
9
seit dem 16.11.1993 zu zahlen.
10
Die Beklagte beantragt,
11
die Klage abzuweisen.
12
Sie trägt vor:
13
Der Risikoausschluß gemäß § 4 Nr. 1 d greife durch. Hierbei sei nicht entscheidend,
daß Herr ... nicht in das Handelsregister eingetragen worden sei. Entscheidend sei
vielmehr, daß Herr ... in Umsetzung des Gesellschafterbeschlusses zum
Geschäftsführer bestellt worden sei und insoweit einen Dienstvertrag bestanden habe.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze Bezug genommen.
15
Entscheidungsgründe:
16
Die Klage ist nicht begründet. Der Klägerin kann der Kostenersatz in der begehrten oder
in geringerer Höhe nicht zuerkannt werden.
17
Ein Versicherungsschutz aus der bestehenden Rechtsschutzversicherung besteht nicht,
weil der in Rede stehende Kostenerstattungsanspruch dem Risikoausschluß des § 4 Nr.
1 d unterliegt, nach dessen Maßgabe der Versicherungsschutz sich nicht auf die
Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträge gesetzlicher Vertreter
juristischer Personen bezieht.
18
Die Klägerin muß sich den Inhalt des als solchen bezeichneten
Geschäftsführervertrages vom 21.05.1990 entgegenhalten lasse. Hieraus ergibt sich
zunächst, daß die schuldrechtliche Beziehung zwischen der Klägerin und Herrn ... als
Geschäftsführer in dem Anstellungsvertrag umfassend und unter Berücksichtigung der
Person des Herrn ... geregelt wurde. Dieser Vertrag hat die Vermutung der
Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Soweit die Klägerin vorträgt, das in dem Vertrag
schuldrechtlich Vereinbarte sei nicht praktiziert worden, reicht dies nicht aus, diese
Vermutung zu widerlegen. Dies schon deshalb nicht, weil die Klägerin nicht vorträgt -
dies ist auch nicht ersichtlich -, daß der Vertrag vom 21.05.1990 in der Folgezeit bis zu
den Ausscheiden des Herrn ... durch einen anderen Vertrag ersetzt wurde. In dem daher
als Dienstvertrag zu qualifizierenden Geschäftsführervertrag wurde Herr ... ausdrücklich
19
ermächtigt, auch als freier Unternehmensberater für die ... tätig zu sein. Diese
Vereinbarung, die übrigen in dem Vertrag getroffenen Regelungen und die bei
Ausscheiden des Herrn ... gefundene Lösung schließen es aus, Herrn ... als
teilzeitbeschäftigten einfachen Arbeitnehmer zu qualifizieren, wie die Klägerin dies
nunmehr tut.
Das Vorbringen der Klägerin, es habe kein Gesellschafterbeschluß vorgelegen, durch
den Herr ... zum Geschäftsführer bestimmt worden sei, ist ebenso unerheblich wie die
unstreitige Tatsache der unterlassenen Eintragung des Herrn ... als Geschäftsführer in
das Handelsregister. Gemäß § 1 Abs. 1 des Anstellungsvertrages ist "Herr ... durch
Beschluß der Gesellschaft zum Geschäftsführer bestimmt worden". Angesichts der
Vermutungswirkung der privatschriftlichen Urkunde reicht das Vorbringen der Klägerin
nicht aus, entgegen dem Wortlaut dieser Urkunde sei ein Beschluß der Gesellschafter
nicht gefaßt worden. Dieses Vorbringen hätte nur dann prozessuale Bedeutung, wenn
die Klägerin umfassend vorgetragen hätte, wie sich der von ihr nunmehr behauptete
Widerspruch zwischen der eindeutigen Feststellung in dem Vertrag und den
tatsächlichen Abläufen erklärt. An diesem Vorbringen fehlt es; es wird durch den
Beweisantritt zu der Behauptung eines unterlassenen Beschlusses (siehe Seite 2 des
Schriftsatzes der Klägerin vom 17.08.1994) nicht ersetzt. Da mithin von einer wirksamen
Geschäftsführerbestellung des Herrn ... auszugehen ist, kommt es jedenfalls für den hier
in Rede stehenden Bereich des § 4 Nr. 1 d der ARB nicht darauf an, ob Herr ... als
Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen wurde.
20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
21
Streitwert: zunächst 2.670,-- DM; ab dem 31.08.1994: 2.345,-- DM.
22