Urteil des AG Emmerich vom 14.01.1999

AG Emmerich (rhein, nichtigkeit, unterhalt, vertreter, streitgegenstand, zwangsvollstreckung, zpo, folge, grund, interesse)

Amtsgericht Emmerich am Rhein, 5 F 309/98
Datum:
14.01.1999
Gericht:
Amtsgericht Emmerich am Rhein
Spruchkörper:
Familiengericht
Entscheidungsart:
Schlussurteil
Aktenzeichen:
5 F 309/98
Schlagworte:
Nichtigkeit des anwaltschaftlichen Geschaeftsbesorgungsvertrages
Normen:
BRAO § 45 Abs. 1, BGB § 134
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
Das anwaltliche Auftreten des Prozessbevollmächtigten nach vorheriger
notarieller Tätigkeit "in derselben Rechtssache" stellt einen Verstoß
gegen § 45 Abs. 1 S. 1 BRAO dar und führt zur Nichtigkeit des
anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages ( § 134 BGB).
Tenor:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungs-
beschluß des Amtsgerichts Emmerich vom 19.02.1998
(AZ: 5 F 150/97) wird für unzulässig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten
auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin hatte vor dem angerufenen Gericht Klage auf Unterhalt gegen den
Beklagten erhoben. Das Verfahren war unter 5 F150/97 vor dem AG Emmerich
anhängig. Nach Anhängigkeit, aber vor Zustellung, hatte der Beklagte vor dem Notar ...,
Mitglied der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten des Beklagten, eine notarielle
Schuldurkunde über den begehrten Unterhalt errichten lassen. Der Beklagten-Vertreter
widersprach der Erledigung des Rechtsstreits und beantragt, einen geänderten
Klageantrag auf Ersatz der bis dahin aufgewandten Kosten abzuweisen. Die Klage
wurde abgewiesen. Am 19.02.1998 erfolgte Kostenfestsetzungsbeschluß, wonach die
Klägerin an den Beklagten 1.558,25 DM erstatten sollte.
1
Die Klägerin ist der Auffassung, der Kostenfestsetzungsbeschluß sei zu Unrecht
ergangen, da der anwaltliche Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Beklagten-
Vertreter und dem Beklagten wegen Verstoßes gegen § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO gemäß §
2
134 BGB nichtig sei.
Die Klägerin beantragt,
3
die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß
4
des Amtsgerichts vom 19.02.1998 für unzulässig zu erklären.
5
Der Beklagte beantragt Klageabweisung.
6
Er ist der Auffassung, dass § 45 Abs. 1 Ziffer 1 nicht angewandt werden konnte, da es
sich nicht um Vorgänge "in derselben Rechtssache" gehandelt habe.
7
Die Klage ist begründet. Nach Auffassung des Gerichts liegt in dem Handeln des
Beklagten-Vertreters als Prozeßbevollmächtigter nach Errichtung der Urkunde über die
Zahlung von Unterhalt ein Verstoß gegen § 45 Abs. 1 Ziffer 1 BRAO. Folge dieses
Verstoßes ist die Nichtigkeit des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages nach §
134 BGB.
8
Grund für die weitgefaßte Verbotsnorm des § 45 BRAO ist unter anderem der mögliche
Gegensatz zwischen den Interessen des beurkundenden Notars am Bestand des
notariellen Produkts und dem Interesse des Mandanten an der ordnungsgemäßen und
sinnvollen Prozeßführung durch seinen Anwalt. Das mögliche Spannungsverhältnis,
das sich dann ergibt, wenn sich im Laufe des Rechtsstreits herausstellt, dass eine
sinnvolle Prozeßführung eine Änderung der ursprünglich eingenommenen Position
notwendig oder sinnvoll erscheinen läßt, soll vermieden werden.
9
Die Argumentation des Beklagten, es handele sich nicht um Vorgänge in "derselben
Rechtssache", vermag nicht zu überzeugen. Die Gleichstellung "derselben
Rechtssache" mit "demselben Streitgegenstand" ist nach Auffassung des Gerichts nicht
richtig. Der Begriff "Streitgegenstand" ist viel enger und ist viel stärker am materiellen
Anspruch ausgerichtet.
10
Die Klage mußte somit Erfolg haben.
11
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziffer 11 ZPO.
12