Urteil des AG Duisburg vom 02.04.2009

AG Duisburg: eigentümer, treuhänder, beschwerderecht, insolvenz, eigentumswohnung, verwertung, zwangsversteigerung, antragsrecht, verfügung, verwaltung

Amtsgericht Duisburg, 46 K 4/09
Datum:
02.04.2009
Gericht:
Amtsgericht Duisburg
Spruchkörper:
Vollstreckungsgericht
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
46 K 4/09
Normen:
ZPO § 766, InsO § 35 l, § 80 l, §§ 49 ff., §§ 165 ff., § 313 I, III
Leitsätze:
1. Auch mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens verliert der
Schuldner die Befugnis, in gerichtlichen Verfahren über
massezugehörige Bestandteile seines Vermögens, insbesondere in
Zwangsversteigerungsverfahren, Anträge zu stellen oder Rechtsmittel
einzulegen; seine Stelle wird von dem Treuhänder eingenommen.
2. Absonderungsgut, zu dessen Verwertung der Treuhänder nach § 313
Abs. 3 InsO nicht berechtigt ist, bleibt Teil der Insolvenzmasse und wird
nicht zu insolvenzfreiem Vermögen des Schuldners.
Tenor:
Die Erinnerung der Eigentümer A und B vom 02.02.2009 gegen den
Beschluss des Rechtspflegers vom 26.01.2009 über die Anordnung der
Zwangsversteigerung wird zurückgewiesen. Die Kosten des
Erinnerungsverfahrens tragen die Eigentümer aus dem insolvenzfreien
Vermögen.
G r ü n d e
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I.
Eigentumswohnung. Über ihr jeweiliges Vermögen ist durch zwei Beschlüsse des
Amtsgerichts N vom 25. 6. 2007 ... das vereinfachte Insolvenzverfahren eröffnet worden;
zum Treuhänder (§ 313 InsO) ist Rechtsanwalt R aus N bestellt. Die Verfahren sind
noch nicht beendet.
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Auf Antrag der Gläubigerin als Inhaberin der Grundschuld Abt. III Nr. 2 hat der
Rechtspfleger mit Beschluss vom 26. 1.2009 die Zwangsversteigerung der
Eigentumswohnung wegen eines dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld
angeordnet. Hiergegen haben die Eigentümer mit Schreiben vom 2.2.2009
Einwendungen erhoben. Sie meinen, die Gläubigerin habe in der Antragsschrift die
Zinsen ihrer Forderung zu hoch berechnet.
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Der Rechtspfleger hat dem Rechtsbehelf mit Beschluss vom 17.3.2009 nicht
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abgeholfen.
II.
den Erinnerungsführern aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr
jeweiliges Vermögen ein Antrags- und Beschwerderecht im vorliegenden
Zwangsversteigerungsverfahren nicht zusteht. Hierauf hat der Rechtspfleger bereits in
seinem Nichtabhilfebeschluss zutreffend hingewiesen.
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Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Bestellung eines Insolvenzverwalters
geht die Befugnis des Insolvenzschuldners zur Verwaltung und Verfügung über sein
vom Insolvenzbeschlag erfasstes Vermögen auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs.
1, § 35 Abs. 1 InsO). Im vereinfachten Insolvenzverfahren
(Verbraucherinsolvenzverfahren) gilt gleiches für den bestellten Treuhänder (§ 304 Abs.
1, § 313 Abs. 1 InsO). Der Insolvenz-beschlag des schuldnerischen Vermögens hat zur
Folge, dass der Insolvenz-schuldner auch die Befugnis verliert, in gerichtlichen
Verfahren über massezugehörige Bestandteile seines Vermögens, insbesondere in
Zwangsversteigerungsverfahren, Anträge zu stellen oder Rechtsmittel einzulegen; seine
Stelle wird von dem Insolvenzverwalter eingenommen (BVerfGE 51, 405, 407f. = NJW
1979, 2510; BGH NJW-RR 2008, 360; BGH NZI 2008, 613 f.; LG Lübeck Rpfleger 2004,
235 f.). Etwas Anderes gilt nur, wenn dem Schuldner, wie in § 30d Abs. 2 ZVG, vom
Gesetz trotz des Insolvenzverfahrens ausdrücklich ein eigenes Antragsrecht zuerkannt
wird. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
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Dass der Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren nicht zur Verwertung von
Gegenständen berechtigt ist, an denen – wie hier an der Eigentums-wohnung der
Erinnerungsführer – ein einzelner Gläubiger ein Recht auf abgesonderte Befriedigung
hat (§ 313 Abs. 3 InsO), ist für das Antrags- und Beschwerderecht der Erinnerungsführer
ohne Bedeutung. Die Regelung des § 313 Abs. 3 InsO beschränkt nicht die allgemeinen
Wirkungen der Verfahrens-eröffnung nach § 80 Abs. 1, § 304 Abs. 1 InsO, sondern
verdrängt ausschließlich die §§ 165 bis 173 InsO, die dem Insolvenzverwalter im
Regelverfahren über § 80 Abs. 1 InsO hinaus das Recht einräumen, Absonderungsgut
unter bestimmten Voraussetzungen trotz der §§ 49 bis 52 InsO in eigener Zuständigkeit
anstelle des berechtigten Gläubigers zu verwerten (vgl. Bericht des Rechtsausschusses,
19. 4. 1994, BT-Drucks. 12/7302, S. 193, zu § 357j = § 313 InsO). Die allgemeine
Rechtsfolge des § 80 Abs. 1 InsO über den Insolvenzbeschlag wird durch § 313 Abs. 3
InsO nicht berührt; insbesondere ergibt sich aus § 313 Abs. 3 InsO keine Einschränkung
des Insolvenzbeschlags im Verhältnis zum Insolvenzschuldner (vgl.
Uhlenbruck/Vallender, InsO, 12. Aufl. 2003, § 313 RdNr. 90, 105, 112; MünchKomm-
InsO/Ott/Vuia, 2. Aufl. 2008, § 313 RdNr. 17; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. 2008, § 313
RdNr. 15, 18).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Duisburg, 2. April 2009
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