Urteil des AG Duisburg-Hamborn vom 28.09.2010

AG Duisburg-Hamborn (grund, unparteilichkeit, zpo, sachverständiger, ergebnis, richtigkeit, umwelt, gutachten, objekt, verbraucherschutz)

Amtsgericht Duisburg-Hamborn, 23 C 232/09
Datum:
28.09.2010
Gericht:
Amtsgericht Duisburg-Hamborn
Spruchkörper:
Richter
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
23 C 232/09
Normen:
ZPO §§ 406,42; BGB § 558
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Tenor:
Der Befangenheitsantrag der Beklagten vom 03.09.2010 wird
zurückgewiesen.
Gründe:
1
Ein Ablehnungsgrund gemäß §§ 406, 42 ZPO liegt nicht vor. Gemäß §§ 406, 42 Abs. 2
ZPO kann ein Sachverständiger nur abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der
geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Sachverständigen zu
rechtfertigen.
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Zum einen stützen die Beklagten ihren Antrag darauf, dass der Sachverständige (auch)
von der Klägerin vorgeschlagen worden sei. Zum einen ist dieser Einwand verspätet
gemäß § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO vorgetragen worden. Zum anderen ergibt sich aus diesem
Umstand kein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines
Sachverständigen zu rechtfertigen. Der Sachverständige wurde, nach erneuter Anfrage
durch das Gericht, von der IHK mit Schreiben vom 08.03.2010 als geeigneter
Sachverständiger vorgeschlagen. Zu diesem Vorschlag wurden die Beklagten angehört,
die keine Bedenken gegen die Bestellung erhoben. Daraufhin wurde der
Sachverständige mit Beschluss vom 06.04.2010 zum Sachverständigen ernannt.
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Des Weiteren machen die Beklagten geltend, der Sachverständige habe ihre Frage zu
den Um-, Ausbau- oder Erweiterungsmaßnahmen nicht ausreichend beantwortet,
sondern nur auf den Vortrag der Klägerin verwiesen. Auch daraus ergibt sich kein
Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Sachverständigen
zu rechtfertigen. Nachdem die Beklagten seitens der Klägerin behauptete
Modernisierungsmaßnahmen am Objekt mit einem Kostenaufwand von 1,1 Millionen
DM bestritten haben, hat die Klägerin im Verfahren zu den Maßnahmen vorgetragen und
umfangreiche Unterlagen vorgelegt. Danach erfolgte kein substanziiertes Bestreiten der
Beklagten mehr. Der Sachverständige durfte daher den klägerischen Vortrag insoweit
als unstreitig unterstellen und im Rahmen der Beantwortung der Beklagtenfrage auf
diese verweisen. Hinzu kommt, dass der Sachverständige das Objekt selbst in
Augenschein genommen hat und dazu im Rahmen seines Gutachtens ausgeführt hat,
dass die Richtigkeit der klägerischen Aufstellung sich bei der Einnahme des
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dass die Richtigkeit der klägerischen Aufstellung sich bei der Einnahme des
Augenscheins ergab. Entgegen der Behauptung der Beklagten hat der Sachverständige
damit nicht auf einen solchen Parteivortrag als Ergebnis seiner Begutachtung verwiesen
und auch nicht die Richtigkeit kritiklos bescheinigt. Er hat vielmehr zum Ausdruck
gebracht, inwieweit er den Klägervortrag zugrunde gelegt hat und inwieweit er diesen
Vortrag - nach eigener Wahrnehmung - bestätigen kann. Des Weiteren wenden die
Beklagten ein, der Sachverständige habe nicht ausreichend die Nachfragen zur
Lärmbelästigung und Feinstaubbelastung beantwortet. Selbst wenn man eine
unzureichende Beantwortung der Ergänzungsfragen unterstellen würde, ergebe sich
daraus kein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines
Sachverständigen zu rechtfertigen. Vielmehr müsste der Sachverständige zu einer
weiteren schriftlichen oder mündlichen Gutachtenergänzung aufgefordert werden. Zum
anderen war der Gutachter berechtigt, sich hinsichtlich der Feststellungen zur
Lärmbelästigung und Feinstaubbelastung auf Karten und Messergebnisse des
Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des
Landes Nordrhein-Westfalen und des Landesamtes für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen zu stützen und insoweit auf seine
Ausführungen im Hauptgutachten zu verweisen. Der Sachverständige hat zum
Ausdruck gebracht, dass auch unter Berücksichtigung der Einwände der Beklagten
gegen sein Erstgutachten, er an seinen dortigen Feststellungen und Wertungen festhält.
Der Umstand, dass die Beklagten sich diesen Wertungen nicht anschließen
können/wollen, stellt keinen Befangenheitsgrund dar.
Auch sind keine Umstände ersichtlich, auf die die Beklagten ihre Behauptung stützen,
der Sachverständige sei "von dem Interesse geleitet, auch künftig von der Klägerin in
zahllosen Mietprozessen ergebnisorientiert als Sachverständiger benannt und
beauftragt zu werden". Zum einen erfolgte die Beauftragung durch das Gericht und nicht
durch die Klägerin. Zum anderen spricht sich die Klägerin für eine Eingruppierung des
streitgegenständlichen Objektes in die Altersgruppe V (Beklagte meinen Altersgruppe I),
während der Sachverständige zu dem Ergebnis der Eingruppierung in die Altersgruppe
II (Bl. 107 d.A.) bzw. III (Bl. 171 d.A.) gelangt. Gerade dies dokumentiert die
Unabhängigkeit des Sachverständigen.
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Schließlich bestehen Bedenken hinsichtlich der Ernsthaftigkeit des
Befangenheitsantrages. Die Beklagten behauptet eine Unverwertbarkeit des Gutachtens
und werfen dem Sachverständigen Parteilichkeit vor, während der
Prozessbevolllmächtigte der Beklagten sich mit Schreiben vom 15.07.2010 unmittelbar
an den Sachverständigen wendet und dort ausführt: "Wir entnehmen nun Ihrem
Gutachten eine Argumentationshilfe in der Frage der Einordnung einer Wohnung in die
Mietspiegelspanne. (...) Wir möchten Sie daher um Ihre Erlaubnis bitten, das Gutachten
oder zumindest den Anhang des Gutachtens ´Allgemeine Bemerkungen`in dem
Verfahren vor dem Bundessozialgericht zu verwenden (...)". Vor dem Hintergrund, dass
Gründe für die Ablehnung des Sachverständigen nicht vorliegen, lässt das Gericht die
Frage der Ernsthaftigkeit des Antrages dahinstehen.
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