Urteil des AG Detmold vom 08.07.2010

AG Detmold (scheidung, nachträgliche bewilligung, rechtskraft, beratung, unterhalt, ehescheidung, zpo, voraussetzung, antragsteller, tätigkeit)

Amtsgericht Detmold, 20 II 627/09
Datum:
08.07.2010
Gericht:
Amtsgericht Detmold
Spruchkörper:
Richter
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
20 II 627/09
Normen:
§§ 1, 2 II, 6 BerHG, 44 RVG
Leitsätze:
Bei der Beratung über Trennungsunterhalt und über die
Voraussetzungen der Ehescheidung handelt es sich um zwei
verschiedene Angelegenheiten.
Tenor:
Auf die Erinnerung des Antragstellers vom 07.05.2009 wird der
Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 17.06.2009 aufgehoben und
dem Antragsteller Beratungshilfe gewährt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe:
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Gemäß § 44 RVG erhält der Rechtsanwalt für die Tätigkeit im Rahmen der
Beratungshilfe eine Vergütung nach § 2 Abs. 2 RVG i. V. m. Nrn. 2500 bis 2508 RVG-
VV. Voraussetzung ist die Erteilung eines Berechtigungsscheins für Beratungshilfe
außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens in bestimmten Angelegenheiten (§ 2 Abs. 2
BerHG), die durch den Rechtsuchenden oder durch einen Rechtsanwalt beantragt
werden kann. Dabei muss der Sachverhalt, für den Beratungshilfe beantragt wird,
angegeben werden, und das Amtsgericht stellt dem Rechtsuchenden unter genauer
Bezeichnung der "Angelegenheit" (§ 6 Abs. 2 BerHG) einen Berechtigungsschein für
die Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl aus.
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Dabei erhält der Rechtsanwalt bei mehreren Angelegenheiten die vorgesehenen
Festgebühren mehrmals, bei einer Angelegenheit nur einmal, auch wenn mehrere
Besprechungen dieser einen Angelegenheit erfolgten. Auf den Umfang der Tätigkeit
kommt es nicht an (vgl. zum Ganzen OLG Stuttgart, Beschluss vom 04. Oktober 2006, 8
W 360/06).
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Begehrt der Rechtsanwalt – wie hier – Vergütung für mehrere Angelegenheiten im
Sinne von § 2 Abs. 2 BerHG, kann er diese daher nur erhalten, wenn zum einen im
Berechtigungsschein für die Beratungshilfe mehrere Angelegenheiten bezeichnet sind
und er nachfolgend Tätigkeiten in mehreren benannten Angelegenheiten erbringt. So
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liegt der Fall hier.
Die Anträge auf nachträgliche Bewilligung der Beratungshilfe vom 18.03.2009 und
19.03.2009 umfassen zwei Angelegenheiten im Sinne von § 2 Abs. 2 BerHG:
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Dies sind zum einen unter dem 18.03.2009 die Angelegenheit "Voraussetzung der
Ehescheidung", zum anderen unter dem 19.03.2009 die Angelegenheit "Abwehr von
Ehegattenunterhaltsanspruch".
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§ 16 Nr. 4 RVG nimmt dieselbe Angelegenheit für eine Scheidungssache und die
Folgesachen (§ 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, § 623 Abs. 1 bis 3, Abs. 5 ZPO) an. Von diesen
Begriffsbestimmungen ausgehend kann hierunter die Regelung des Zeitraums der
Trennung vor der Ehescheidung nicht fallen. Die Trennungszeit wird nicht von der
Scheidungssache umfasst und ihre Regelung gehört nicht zu den Folgesachen, in
denen eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist.
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Die ZPO zieht eine zeitliche Grenze: Regelungen für die Zeit vor Rechtskraft der
Scheidung können nicht mit dem Scheidungsausspruch verbunden werden. So kann
Unterhalt für die Zeit vor Rechtskraft der Scheidung nicht als Folgesache geltend
gemacht werden. Im Verbundverfahren kann ein Ehegatte vom anderen nur Unterhalt für
die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung verlangen (§§ 1569 ff BGB).
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Für den Zeitraum vor der Scheidung gelten diese Regeln aber nicht. Entscheidender
Zeitpunkt nach dem Gesetz ist die Scheidung. Begehrt der Antragsteller also einmal
Beratung für den Trennungsunterhalt, also den Unterhalt vor Scheidung, und zum
anderen Beratung dahingehend, ob die Voraussetzungen der Scheidung gegeben sind,
liegen zwei Angelegenheiten vor.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 11 Abs.4 RPflG.
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