Urteil des AG Charlottenburg vom 29.09.2006
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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
238 C 311/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 16 RVG, § 823 Abs 1 BGB, §
1004 Abs 1 BGB, Art 1 Abs 1
GG, Art 2 Abs 1 GG
Unrichtige Pressemitteilung im Internet: Rechtsanwaltsgebühren
bei Richtigstellung mehrerer Falschmeldungen
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 232,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 29.
September 2006 zu zahlen.
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 73 % und die Beklagte 27 % zu
tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110
% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor
der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus einer unrichtigen
Pressemitteilung im Internet geltend.
Am 11. Januar 2006 meldete die Beklagte auf ihrer Übersichtsseite der Nachrichten die
falsche Meldung, wonach der Kläger auswandert (Bl. 7 d.A.). Diese Schlagzeile war
verlinkt mit einer ausführlichen Nachricht hierzu, in der auch unzutreffend mitgeteilt wird,
dass der Kläger als Gastprofessor an der Universität Harvard lehren wird (Bl. 8 d.A.).
Der Kläger beauftragte sodann seine hiesigen Prozessbevollmächtigten, gegen die
Meldung vorzugehen. Daraufhin begehrten seine Prozessbevollmächtigten zunächst die
zukünftige Unterlassung der unrichtigen Tatsachenbehauptungen mit Schreiben vom 12.
Januar 2006 (Bl. 10 d.A.). Die Beklagte bezahlte die hierfür mit Rechnung vom 20. Januar
2006 (Bl. 18 d.A.) geltend gemachten Anwaltskosten in Höhe von 876,73 Euro.
Mit Schreiben vom 13. Januar 2006 verlangte der Kläger über seine Rechtsanwälte
Richtigstellung der auf der Nachrichtenübersichtsseite aufgeführten falschen
Tatsachenbehauptung (Bl. 12 d.A.). Hierüber legten die Prozessbevollmächtigten dem
Kläger eine Rechnung vom 24. Januar 2006 (Bl. 20 d.A.), die der Kläger bezahlte. Eine
Erstattung dieser Rechnung erfolgte durch die Beklagte nicht. Die Bezahlung wird in
diesem Verfahren geltend gemacht.
Schließlich erfolgte am 13. Januar 2006 noch das Richtigstellungsbegehren der
Klägervertreter hinsichtlich der falschen Angaben auf der Nachrichtenseite (Bl. 15 f.
d.A.). Die hierüber gelegte Rechnung über 644,50 Euro vom 20. Januar 2006 (Bl. 19 d.A.)
wurde von der Beklagten erstattet.
Der Kläger meint, es sei hinsichtlich der erfolgten Richtigstellungen von zwei
Angelegenheiten auf Grund zweier unterschiedlicher Lebenssachverhalte auszugehen.
Die Richtigstellung auf der Nachrichtenübersichtsseite stelle insoweit einen anderen
Lebenssachverhalt dar als das zusätzliche Richtigstellungsbegehren auf der eigentlichen
Nachrichtenseite. Hierüber sei gesondert abzurechnen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zur verurteilen, an ihn 876,73 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, dem Kläger stünde nur ein einheitlicher Richtigstellungsanspruch hinsichtlich
einer einheitlichen Veröffentlichung im Internet zu. Im Übrigen sei der angesetzte
Streitwert von 15.000,– Euro überhöht. Schließlich habe der Kläger gegen seine
Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB verstoßen, indem er die Ansprüche nicht
zusammen abgerechnet hat.
Die Klageschrift ist der Beklagten am 28. September 2006 zugestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze
der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 24. Oktober 2006 (Bl.
48 f. d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte als Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 1,
1004 Abs. 1 analog BGB in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Grundgesetz nur
noch ein Zahlungsanspruch in Höhe von 232,23 Euro zu.
Unstreitig hat die Beklagte in ihrer Nachrichtenrubrik falsche Tatsachenbehauptungen
aufgestellt, indem sie angab, der Kläger wandere aus und würde als Gastprofessor an
der Universität Harvard lehren.
Die durch die vom Kläger begehrte Richtigstellung der Falschmeldung verursachten
Anwaltskosten sind diesem zu erstatten. Dabei hält das Gericht den von den
Klägervertretern angesetzten Streitwert von 15.000,– Euro für angemessen. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass es sich bei dem Kläger um eine Person von großer Bekanntheit
handelt, der durch die erfolgte Nachricht, dass er auswandern werde, in seinem
öffentlichen Ansehen geschädigt wird.
Dem Kläger steht jedoch gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von zwei
Richtigstellungen zu. Vielmehr handelt es sich vorliegend bei der auf Antrag des Klägers
erfolgten und von der Beklagten durchgeführten Richtigstellung um eine einheitliche
Angelegenheit im Sinne des § 16 RVG, so dass insoweit die Richtigstellung auch nur
einmal unter Heranziehung des Streitwertes von 15.000,– Euro und einer 1,3-
Geschäftsgebühr abzurechnen ist.
Es handelt sich vorliegend um dieselbe Angelegenheit, da die Prozessbevollmächtigten
des Klägers auf seinen einheitlich erteilten Auftrag gegen eine Falschmeldung auf dem
Nachrichtenchanel der Beklagten vorgegangen sind. Dabei ist die Schlagzeile auf der
Nachrichtenübersichtsseite und die Nachricht als solche auf Grund der Verlinkung
miteinander als einheitliche Meldung anzusehen. Bei der Nachrichtenübersichtsseite
handelt es sich auch nicht um eine der Titelseite der Papierzeitung vergleichbaren Seite
1. Vielmehr liegt eine einheitliche Nachrichten vor, bei der der interessierte Leser die
Schlagzeile anklicken muss, um den eigentlichen Artikel lesen zu können. Der Umstand,
dass auf der eigentlichen Nachrichtenseite nicht nur das Auswandern falsch
wiedergegeben wurde, sondern auch die Universität, an der der Kläger lehren wird,
unzutreffend mitgeteilt wird, rechtfertigt nicht eine andere Beurteilung. Es bleibt dabei,
dass es sich um eine einheitlich falsche Nachricht handelt, für die dem Kläger auch nur
ein Richtigstellungsanspruch zusteht. Nur dieser ist zu bezahlen.
Unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung der Prozessbevollmächtigten
des Klägers in Höhe 876,73 Euro abzüglich der bereits von der Beklagten auf die
Rechnung vom 20. Januar 2006 bezahlten 644,50 Euro verbleibt mithin noch der
ausgeurteilte Betrag in Höhe von 232,23 Euro.
Dieser ist seit Rechtshängigkeit gemäß §§ 286 Abs. 1, 291 BGB zu verzinsen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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