Urteil des AG Charlottenburg vom 01.08.2006

AG Charlottenburg: betriebskosten, wohnung, mittelwert, mieter, abgabe, mietzins, anteil, verzug, zwangsvollstreckung, link

1
2
3
4
5
6
7
8
9
Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
206 C 555/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 BGB, § 286 BGB, § 558
BGB, §§ 558ff BGB
Wohnraummiete: Zum Ersatz der anwaltlichen Mahnkosten des
Vermieters bei vorprozessual verweigerter Zustimmung zur
Mieterhöhung
Tenor
Die Beklagten werden verurteilt, einer Erhöhung des Mietzinses für die Wohnung ..., ... B,
3. OG rechts von derzeit 993,84 Euro um 198,77 Euro auf 1192,61 Euro monatlich
bruttokalt ab 1. August 2006 zuzustimmen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
800,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin der im Urteilstenor näher bezeichneten Wohnung. Mit
Vertrag vom 18.01.1972 vermietete der Voreigentümer die Wohnung an die Beklagten.
Seit dem 01.01.1997 beträgt die vereinbarte monatliche Bruttokaltmiete unverändert
993,84 Euro.
Mit Schreiben vom 29.05.2006, welches den Beklagten noch im Mai zuging, forderte die
Klägerin von den Beklagten auf der Grundlage des Berliner Mietspiegels von 2005 die
Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttokaltmiete von 993,84 Euro auf 1.192,61 Euro
ab dem 01.08.2006. Bei der Berechnung berücksichtigte die Klägerin die Betriebskosten
aus der GEWOS-Tabelle im Mietspiegel mit 1,18 Euro je qm. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf die Ablichtung des Erhöhungsverlangens Bl. 29 f. d. A. Bezug
genommen. Die Beklagten stimmten dem Verlangen nicht zu. Unter dem 9.10.06 lies
die Klägerin die Abgabe der Zustimmungserklärung durch ihre Prozessbevollmächtigten
anmahnen. In diesem Schreiben teilte sie die tatsächlich zuletzt angefallenen
Betriebskosten mit 0,70 Euro je qm mit. Für die Abmahnung stellten die
Prozessbevollmächtigten eine Rechnung über 308,21 Euro. Auf die Ablichtung des
Schreibens Bl. 11 f d. A. wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung des Mietzinses für die Wohnung ..., ...
B, 3. OG rechts von derzeit 993,84 Euro um 198,77 Euro auf 1192,61 Euro monatlich
brutto kalt ab 01.08.2006 zuzustimmen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 124,65 Euro
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete sei
unzulässigerweise unter Zuhilfenahme der so genannten GEWOS-Zusatztabelle
vorgenommen worden.
Wegen des weiteren Vorbringens im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Wegen des weiteren Vorbringens im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und bis auf den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten
begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch aus § 558 Abs. 1 S. 1 BGB auf
Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttokaltmiete auf 1192,61 Euro ab 01.08.2006 zu.
Das Zustimmungsverlangen der Klägerin vom 29.05.2006 ist formal wirksam.
Insbesondere entspricht das Verlangen den formalen Anforderungen des § 558 a BGB.
Das Mieterhöhungsverlagen der Klägerin vom 29.05.2006 enthält eine den
Anforderungen des § 558 a Abs. 1 BGB genügende Begründung.
Die Klägerin hat zu der ortsüblichen Nettokaltmiete jetzt die ihr bekannten
Betriebskosten in Höhe von 0,70 Euro hinzugerechnet, welche zuletzt angefallen sind.
Diese hat die Klägerin im Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten an die Beklagten vom
09.10.2006 näher begründet. Hierdurch hat sie die Höhe des in der verlangten
Bruttokaltmiete enthaltenen Betriebskostenanteils schlüssig dargelegt. Ihrem Verlangen
ist zu entnehmen, welchen Anteil an der Bruttokaltmiete die auf die Wohnung
entfallenden Betriebskosten tatsächlich haben. Dadurch ist es für die Beklagten
jedenfalls nach dem Zugang des Schreibens vom 9.10.2006 nachvollziehbar gewesen,
wie sich der von der Klägerin zugrunde gelegte Anteil der Betriebskosten in Höhe von
0,70 Euro/qm berechnet und wie sich die Bruttokaltmiete zusammensetzt. Anhand
dieser Zahlen hätten die Beklagten das Mieterhöhungsverlangen sachlich prüfen
können, um Einwände gegen die Höhe vorbringen zu können. Dies haben die Beklagten
jedoch nicht getan.
Dass das Mieterhöhungsverlangen zunächst nicht maßgebliche Betriebskosten aus einer
Tabelle zum Mietspiegel enthalten hat, führt, was jetzt in der Rechtsprechung geklärt ist,
nicht zur formalen Unwirksamkeit des gesamten Mieterhöhungsverlangens. Das in
soweit zunächst unrichtige Mieterhöhungsverlangen kann vielmehr nachgebessert
werden, was hier geschehen ist. Die Frage, ob die Aufstellung vom 29.05.2005 der Höhe
nach zutreffend ist, betrifft nicht die formale Ordnungsmäßigkeit des
Erhöhungsverlangens, sondern allein dessen materielle Berechtigung. Die nachträglich
angegebenen Betriebskosten haben die Beklagten weder dem Grunde noch der Höhe
nach substantiiert bestritten.
Das Mieterhöhungsverlangen ist auch der Höhe nach begründet.
Die Mietspiegel weist in dem hier maßgeblichen Feld L 2 Nettokaltmieten von 3,61 Euro
bis 6,02 Euro bei einem Mittelwert von 4,68 Euro aus. Rechnet man die tatsächlich
angefallenen Betriebskosten von 0,70 Euro/qm hinzu, ergibt sich ein Mittelwert von 5,38
Euro. Der geforderte Mietzins von 4,47 Euro/qm liegt noch deutlich unter dem Mittelwert.
Da seitens der Beklagten keine negativen Ausstattungsmerkmale vorgetragen worden
sind, ist unter diesem Gesichtspunkt die geforderte Miete jedenfalls nicht überhöht.
Auch die Kappungsgrenze ist eingehalten. Der Mietzins ist unstreitig seit dem 01. Januar
1997 unverändert.
Die Beklagten waren danach antragsgemäß zur Zustimmung zu verurteilen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten in Höhe von
124,65 Euro. Soweit die Klägerin den Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzögerung
der Leistung (der Abgabe der Zustimmungserklärung) gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1
BGB stützt, so ist dieser nicht begründet. Nach der Konstruktion der gesetzlichen
Regelung ist es vorgesehen, dass der Mieter dem Mieterhöhungsverlangen zustimmen
kann, so weit er es für gerechtfertigt erachtet. § 558 Abs. 1 S. 1 BGB spricht zwar von
dem Recht des Vermieters eine Zustimmung zu verlangen. Demgegenüber formuliert §
558 b Abs. 1 S. 1 BGB aber nicht die Verpflichtung zur Zustimmung. Nach dem
Verständnis der Bestimmung ist es vielmehr so, dass der Mieter zur Vermeidung eines
Rechtsstreits die Zustimmung erklären kann, er es aber auch auf eine
Gerichtsentscheidung ankommen lassen kann. Wenn er auch im letzteren Fall und im
Falle des Unterliegens die Kosten des Gerichtsverfahrens zu tragen hat, so kommt er
doch nicht mit der Zustimmung in Verzug, wenn er es auf eine gerichtliche Entscheidung
ankommen lassen will.
Aber auch wenn man eine Verzugslage im Sinne von § 286 BGB annehmen wollte, wenn
20
21
Aber auch wenn man eine Verzugslage im Sinne von § 286 BGB annehmen wollte, wenn
der Mieter dem begründeten Mieterhöhungsverlangen die fristgemäße Zustimmung
verweigert, so ist die Sachlage hier doch eine andere. Denn das
Mieterhöhungsverlangen ist nach nunmehr anerkannter Rechtsprechung anfangs
unbegründet gewesen, weil die Klägerin zur Berechnung der ortsüblichen
Vergleichsmiete die Betriebskosten laut Tabelle GEWOS herangezogen hat, was nach
jetzt anerkannter Rechtsprechung nicht richtig ist. Erst mit dem Schreiben der
Prozessbevollmächtigten vom 09.10.06 hat die Klägerin nachgebessert und die
tatsächlichen Betriebskosten mitgeteilt. Die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten
ist daher nicht auf Grund des Verzuges der Beklagten erfolgt. Vielmehr ist erst auf Grund
der Tätigkeit der Rechtsanwälte ein begründetes Mieterhöhungsverlangen abgegeben
worden, dem die Beklagten hätten zustimmen müssen. Das Entstehen der
vorgerichtlichen Kosten beruht daher nicht auf einem vertragswidrigen Verhalten der
Beklagten.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum