Urteil des AG Charlottenburg vom 27.06.2005

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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
207 C 471/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 1 Nr 7 UrhG, § 97 Abs 1
UrhG, § 1 UWG
Ungenehmigte Veröffentlichung eines Stadtplanausschnitts im
Internet: Höhe des Schadensersatzes
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 872,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2005 zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn
nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe von Schadenersatzansprüchen bezüglich einer
Urheberrechtsverletzung durch ungenehmigte Veröffentlichung eines Kartenausschnitts.
Die Klägerin veröffentlicht im Internet unter anderem unter der Domain
www.stadtplandienst.de hausnummernscharfe Kartographien diverser Städte, welche
von etwaigen Interessenten aufgerufen werden und im Rahmen dieser URL kostenlos
genutzt werden können. Daneben besteht die Möglichkeit, durch Abschluss eines
entsprechenden Vertrages an sogenannten Kartographiekacheln einfache
Nutzungsrechte zu erwerben. Die Vertragsangebote differieren je nach
Nutzungsinteresse, wobei die Höhe der Lizenzgebühren in Abhängigkeit zu
gewerblicher/privater Nutzung sowie begehrter Nutzungsdauer stehen. Diese Verträge
gestatten dem Käufer, diesen Kartenausschnitt auf seiner Homepage zum Zwecke der
Darstellung der Erreichbarkeit eines bestimmten Ortes zu nutzen (bezüglich der
genauen Vertragsgestaltungsmöglichkeiten wird auf die AGBs der Klägerin verwiesen,
wie sie auf den Seiten 25ff der Akte abgedruckt sind. Bezüglich etwaiger Veränderungen
der AGBs im Vergleich zu der Situation im Jahre 2003 wird auf die Schriftsätze der
Parteien verwiesen.).
Anlässlich einer Vereinsveranstaltung im August 2003 nutze der Beklagte mehrere
Kartenausschnitt der Klägerin in dieser Weise, ohne einen entsprechenden Vertrag
abgeschlossen zu haben. Die Kartenausschnitte konnten unter
http://www.intelligentesgebaede.de/köpenick/ eingesehen werden.
Am 25.05.2005 erlangte die Klägerin erstmals Kenntnis hiervon und forderte den
Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 25.05.2005 auf, eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung abzugeben, sowie sich zur Zahlung von Schadensersatz und
Kostenerstattung zu verpflichten und die sich hierdurch ergebende Summe in Höhe von
1.072,80 EUR (850,00 EUR Schadensersatz plus 222,80 Anwaltskosten) zu zahlen. Der
Beklagte gab unter Datum vom 14.06.2005 eine die Beklagte zufriedenstellende
Unterlassungserklärung ab. Weiterhin überwies er an die Klägerin einen Betrag von
200,00 EUR als Schadensersatzpauschale. Weitere Zahlungen zur Leistung von
Schadensersatz lehnte der Beklagte im Laufe der weiteren Korrespondenz stets ab, wie
auch die Erstattung von Anwaltskosten.
Die Klägerin ist der Ansicht,
der ihr durch die widerrechtliche Nutzung des Beklagten entstandene Schaden sei der
Höhe nach mit zumindest 850,00 EUR zu bemessen, wie auch aus den mit
Lizenznehmern abgeschlossenen Verträgen hervorgeht (diesbezüglich wird auf die
Berechnung in der Klageschrift, Seiten 3 f und die beispielhaft eingereichten Verträge auf
den Seiten 161 ff der Akte verwiesen).
Außerdem sei der Beklagte verpflichtet, die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in
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Außerdem sei der Beklagte verpflichtet, die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in
Höhe von 222,80 EUR zu erstatten, welche auf einem Gegenstandswert von 5.500,00
EUR basieren. Dieser sei wegen eines Verstoßes gegen Wettbewerbsrecht in dieser Höhe
angemessen.
Die Klägerin beantragt,
der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Berag von 872,80 EUR zu zahlen,
zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 27.06.2005 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht,
die über die bereits geleistete Zahlung des Beklagten hinaus gehende Forderung nach
Schadensersatz, sei gänzlich unangemessen, da "vernünftige Parteien" unter
Berücksichtigung des konkreten Falles nie die geforderten Gebühren vereinbart hätten.
Über dies wird die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Anwaltes bestritten.
Ferner ist er der Auffassung, dass für die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der
Gegenstandswert zu hoch bemessen ist.
Bezüglich des weiteren Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 872,80 EUR gem. §§ 97 I, 2 I Nr. 7 UrhG
i. V. m. § 1 UWG. Darüber hinaus ist der Anspruch auch gem. §§ 812 I 2. Alt., 818 II BGB
begründet.
Die Höhe des Schadenersatzanspruches ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin darf sich
auf den Standpunkt stellen, sie nehme die nicht mehr rückgängig zu machende
Verletzung hin und liquidiere dafür die übliche Vergütung.
Die Schadensberechnung erfolgt auf der Grundlage einer angemessenen Lizenzgebühr,
da die Überlassung von Ausschließlichkeitsrechten zur Benutzung durch Dritte gegen
Entgelt rechtlich möglich und verkehrsüblich ist. Rein objektiv ist darauf abzustellen, was
bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger
Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene
Sachlage gekannt hätten.
Der von der Klägerin begehrte Schadenersatzanspruch entspricht der Lizenzgebühr, die
sie üblicherweise für eine erlaubte unbegrenzte Nutzung liquidiert. Diese ist auch
angemessen. Andere Anbieter solcher Stadtpläne berechnen entsprechende
Nutzungsgebühren, so dass diese marktüblich sind. Der Einwand des Beklagten, es gäbe
keine Nutzer, die eine solche Gebühr zahlen würden, geht daher fehl, wie auch aus den
beispielhaft eingereichten Verträgen hervorgeht.
Zwar ist es richtig, dass einige Anbieter für den kurzfristigen Gebrauch auch sogenannte
"Quick-Boxen" zur Verfügung stellen, die bereits für eine Gebühr ab ca. 60,00 EUR
erhältlich sind (Vgl. Sachverhalt des Beschlusses vom OLG Hamburg, 10. 3. 2004, Az: 5
W 3/04). Die Klägerin hat aber dargelegt, dass es durchaus üblich ist, lediglich
Pauschalgebühren für eine längere Laufzeit anzubieten und sie hierfür marktübliche
Gebühren verlangt. Es steht in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, ob sie in
Anbetracht der administrativen Kosten keinerlei kurzfristige Angebote zu einer
geringeren Gebühr offerieren will.
Der Beklagte darf allein wegen des Umstandes, dass er die Karten nur für einen
kurzfristigen Einsatz nutzen wollte nicht gegenüber rechtmäßigen Nutzern der
langfristigen Lizenzvertragsangebote der Klägerin bevorzugt werden. Der
Schadensersatz muss somit zumindest den Lizenzgebühren entsprechen, die ein
rechtschaffender Nutzer an seiner Stelle selbst für einen kurzfristigen Gebrauch hätte
bezahlen müssen. Ohnehin konnten die von ihm eingestellten Karten nicht nur für die
Zeit der Veranstaltung, sondern noch bis Mitte 2005 also ca. zwei Jahre im Internet
eingesehen werden.
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Darüber hinaus hat der Beklagte nach einhelliger Rechtsprechung die außergerichtlichen
Rechtsanwaltsgebühren als Rechtsverfolgungskosten bei Verstößen gegen Urheberrecht
zu tragen.
Die Berechnung des Gegenstandwerts mit 5.500,00 EUR erscheint angesichts der
Festsetzung in ähnlich gelagerten Fällen keinesfalls überhöht.
Der Beklagte hat die Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin verletzt, indem er ohne
entsprechende Erlaubnis diese nutzte. Damit hat er sich einen ungerechtfertigten
Vorsprung vor Nutzern verschafft, die diese Schutzrechte respektieren und als
Lizenznehmer eine Vergütung bezahlen. Dieses Verhalten stellt nach ständiger
Rechtssprechung der Zivilkammer 16 der zuständigen Berufungskammer einen Verstoß
gegen das Wettbewerbsrecht dar. Die Klägerin hatte gemäß § 1 UWG einen
Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten. Der Rechtsanwalt der Klägerin, der diesen
Unterlassungsanspruch für diese durchsetzte, konnte demnach seine außergerichtlichen
Rechtsanwaltsgebühren nach einem Gegenstandswert in Höhe von 5.500,00 EUR
basierend auf Wettbewerbsrecht stützen. Die Höhe des Gegenstandswertes ist in
Übereinstimmung mit der dem erkennenden Gericht seit Jahren bekannten
Rechtsprechung der zuständigen Berufungskammer gerechtfertigt, da der
Wettbewerbsverstoß für die Klägerin als alleinige Nutzungsberechtigte erhebliche
Bedeutung hat. Diesem entsprechen auch die Urteile anderer höherer Gerichte (Vgl. KG,
Beschluss vom 19. 12. 2003, Az: 5 W 367/03; OLG Hamburg, Beschluss vom 10. 3. 2004,
Az: 5 W 3/04). Wenn der Beklagte das Interesse gering bemisst, so kommt es darauf
nicht an, allein entscheidend ist das Interesse der Klägerin.
Ferner ist der Anspruch der Klägerin auch nach §§ 812 I 2. Alt., 818 II BGB gegeben.
Dieser Anspruch ist auch neben Urheberrecht anwendbar und bleibt unberührt daneben
bestehen. § 97 III UrhG ist insoweit lediglich eine klarstellende Kodifizierung. Der Beklagte
hat sich in sonstiger Weise, nämlich durch die Nutzung des der Klägerin allein
zustehenden Rechtsgutes bereichert, da er bei ordnungsgemäßer Nutzung eine
Lizenzgebühr zu zahlen gehabt hätte. Für diese Bereicherung bestand kein rechtlicher
oder rechtfertigender Grund. Auf ein Verschulden kommt es hierbei nicht an.
Da der Beklagte die Nutzung als solche nicht mehr herausgeben kann, ist er verpflichtet,
gem. § 818 II BGB Wertersatz zu leisten. Der Wert der gezogenen Nutzungen ist auch
hierbei in Höhe der sonst üblich zu entrichtenden Lizenzgebühr zu beziffern.
Die Zinsentscheidung folgt aus § 288 I BGB.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1
u. 2 ZPO.
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