Urteil des AG Charlottenburg vom 24.10.2006

AG Charlottenburg: abrechnung, firma, vermieter, verbindlichkeit, mietrecht, vollstreckung, saldo, auszahlung, gegenstandslosigkeit, erstellung

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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
229 C 257/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 556 Abs 3 BGB
Wohnraummietvertrag: Betriebskostennachforderung nach
Berichtigung der Betriebskostenabrechnung innerhalb der
Abrechnungsfrist
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 115,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Oktober 2006 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,
dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht
der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien sind mietvertraglich verbunden betreffend im Hause Krumme Straße 35-36,
Berlin-Charlottenburg, belegene und von dem Beklagten innegehaltene Wohnräume.
Es ist eine Nettokaltmiete nebst Vorschüssen für warme und kalte Betriebskosten
vereinbart.
Ausweislich der Heizkostenabrechnung vom 21. Juli 2005 (Bl. 10ff d.A.) ergab sich für den
Abrechnungszeitraum vom 1. Mai 2004 bis 30. April 2005 ein Guthaben in Höhe von
114,25 EUR, was an den Beklagten ausgezahlt wurde. Die mit der Abrechnung betraute
Firma i stellte sodann fest, dass ihr ein Fehler bei der Aufteilung der Gesamtkosten in
Heiz- und Warmwasserkosten unterlaufen war. Und zwar hatte sie den Wert eines
Kaltwasserzählers einer im Hause befindlichen Wäscherei in die Berechnung des
Warmwasserverbrauchs einbezogen. Hierauf erstellte die Firma i die Abrechnung vom 5.
September 2005 (Bl. 13ff d.A.), die einen Nachzahlbetrag in Höhe von 0,84 EUR zu
Lasten des Beklagten ergibt. Diese übersandte die Klägerseite dem Beklagten mit
Schreiben vom 20. September 2005.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung des ausgezahlten Guthabens sowie
den Nachzahlbetrag.
Der Kläger beantragt,
wie im Urteilstenor zu Ziffer 1 erkannt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Parteien vertreten unterschiedliche Rechtsansichten zu der Frage, ob der Kläger im
Anschluss an die Abrechnung vom 21. Juli 2005 mit Nach- und Rückforderungen
ausgeschlossen ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 0,84 EUR gemäß §
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Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 0,84 EUR gemäß §
535 Abs. 2 BGB und auf Zahlung weiterer 114,25 EUR gemäß § 812 BGB.
Der Zahlungsanspruch in Höhe von 0,84 EUR ergibt sich aus der Abrechnung vom 5.
September 2005, die formell ordnungsgemäß ist.
Die Abrechnung vom 21. Juli 2005 schließt die Nachforderung nicht aus.
Der Saldo dieser Abrechnung ist nicht verbindlich, so dass dem Kläger innerhalb der Frist
des § 556 Abs. 3 S 3 BGB, also bis zum 30. April 2006, die Korrektur der Abrechnung
möglich war.
Die zur Verbindlichkeit des Saldos infolge des Ausgleichs (durch Guthabenauszahlung
bzw. Nachzahlungsleistung) vertretenen Ansichten (vgl. die Darstellung bei Langenberg
in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9.A., § 556 Rn 402ff) überzeugen jedenfalls vor dem
Hintergrund der Neuregelung des § 556 BGB nicht (vgl. hierzu auch LG Berlin, ZK 63, GE
2006, 125, 127). Denn es ist kein Grund ersichtlich, warum der Vermieter auf die
Geltendmachung ihm bisher unbekannter Forderungen oder auf eine Fehlerkorrektur aus
anderem Grund innerhalb der Abrechnungsfrist verzichten will. Auch kann nicht der Wille
des Mieters unterstellt werden, die ihm gemäß § 556 Abs. 3 S 5 BGB zustehende
Jahresfrist zu verkürzen, was aber Folge der Annahme einer Verbindlichkeit des Saldos
ist (vgl. Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9.A., § 556 Rn 407ff). Schließlich
steht dem der für die Annahme der Verbindlichkeit des Saldos angeführte
Gesichtspunkt, dass beide Seiten ein berechtigtes Interesse daran haben, dass alsbald
Klarheit über die Verpflichtungen aus einem abgeschlossenen Abrechnungszeitraum
hergestellt wird (vgl. Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9.A., § 556 Rn 406) die
Regelung § 556 Abs. 3 BGB entgegen, der für beide Vertragsparteien jeweils zeitliche
Grenzen vorgibt, vor deren jeweiligem Ablauf nach dem Willen des Gesetzgebers eine
Klarheit nicht besteht. Ein Bedürfnis für einen weitergehenden Vertrauensschutz ist nicht
ersichtlich.
Somit handelt es sich bei einer Betriebskostenabrechnung um ein bloßes Rechenwerk,
das der Vermieter im Abrechnungszeitraum gemäß § 556 Abs. 3 BGB korrigieren kann
auch in Form der Neuerstellung. Damit kommt es auch nicht auf den Grund für die
Korrektur an, insbesondere ist weder die Gründlichkeit der Prüfung von Belegen noch die
Sorgfalt bei der Erstellung der Abrechnung noch die Fehlerquelle zu prüfen.
Deshalb kommt es vorliegend auch nicht darauf an, ob sich der Kläger einen Fehler der
Firma i zurechnen lassen muss.
Der weitere Zahlungsanspruch in Höhe von 114, 25 EUR ergibt sich daraus, dass mit der
Erteilung der weiteren Abrechnung der rechtliche Grund für die Auszahlung des
Guthabens aufgrund der ersten Abrechnung im Sinne von § 812 Abs. 1 S 2 BGB
weggefallen ist.
Mit dem Anschreiben vom 20. September 2005 hat der Kläger deutlich gemacht, dass
die zuvor erteilte Abrechnung gegenstandslos ist. Ob, worauf die Beklagtenseite
hinweist, es sich um eine neu erstellte Abrechnung handelt oder um eine Korrektur, ist
nicht erheblich. Da – wie oben dargelegt – nach hier vertretener Auffassung der Saldo
der ersten Abrechnung nicht verbindlich ist, kann der Vermieter durch einseitige
Erklärung die Gegenstandslosigkeit dieser herbeiführen mit der Folge der Wegfall des
Rechtsgrundes für die Auszahlung des Guthabens.
Der Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB ist nicht geltend gemacht.
Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 280 Abs.1, 2, 286, 288 BGB in Verbindung mit
der am 24. Oktober 2006 erfolgten Zustellung der Klage.
Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen.
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