Urteil des AG Charlottenburg vom 01.02.2006

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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
234 C 73/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 558 BGB, § 558a BGB
Mieterhöhung für Wohnraum: Merkmal "Gästewohnung" im
Berliner Mietspiegel
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihm im
Hause nnn gemietete Wohnung von bisher monatlich 547, 90 EUR über den bereits
zugestimmten Betrag von 1, 77 EUR/mtl. hinaus um weitere 36, 36 EUR monatlich auf
nunmehr 586,03 EUR monatlich mit Wirkung ab dem 01. Februar 2006 zuzustimmen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte
kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckenden
Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Tatbestand
Der Beklagte mietete durch Mietvertrag vom 01.11.2001 die im 1. Obergeschoss rechts
des Hauses nnn gelegene 106, 94 qm große Wohnung, deren Vermieter die Klägerin ist.
Die Wohnung ist mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet, im Jahre 1911
bezugsfertig geworden und in mittlerer Wohnlage gelegen. Wegen der vertraglichen
Vereinbarungen im Einzelnen wird auf die eingereichte Vertragskopie (Bl. 6 - 24 d. A.)
verwiesen.
Durch Schreiben vom 15.11.2005, das dem Beklagten noch im gleichen Monat zuging,
verlangte die Klägerin die Zustimmung zur Mieterhöhung der Nettokaltmiete von 547,
90 EUR auf 586, 03 EUR mit Wirkung zum 01.02.2006. Wegen des genauen Inhaltes des
Mieterhöhungsverlangens wird auf das in Kopie vorliegende Schreiben vom 15.11.2005
(Bl. 25 - 33 d. A.) verwiesen. Zur Begründung verwies sie auf den Berliner Mietspiegel
2005, wobei sie unter Einordnung in das Mietspiegelfeld K2 einen Quadratmeterpreis von
5, 48 EUR netto kalt für gerechtfertigt hält.
Die Wohnung verfügt über ein modernes Bad, über Wandfliesen im Arbeitsbereich der
Küche und überwiegend moderne Isolierverglasung sowie einen rückkanalfähigen
Breitbandkabelanschluss in der Wohnung. Das Wohnumfeld ist durch Geräusche oder
Gerüche beeinträchtigt.
Der Mietzins war seit 15 Monaten unverändert und hatte sich innerhalb der letzten drei
Jahre von dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Erhöhungsverlangens nicht um mehr
als 20 % erhöht.
Der Beklagten stimmte der Mieterhöhung lediglich in Höhe von 1,77 EUR zu.
Die Klägerin trägt vor, als weiteres wohnwerterhöhendes Merkmal sei die Gästewohnung
in der Z-straße .. zu berücksichtigen, die lediglich 136 Meter entfernt liege.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Netto-Kaltmiete für die von ihm im
Hause nnn gemietete Wohnung von bisher monatlich 547, 90 EUR über den bereits
zugestimmten Betrag von 1, 77 EUR/mtl. hinaus um weitere 36, 36 EUR monatlich auf
nunmehr 586, 03 EUR monatlich mit Wirkung ab dem 01. Februar 2006 zuzustimmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte ist der Ansicht, die Gästewohnung sei nicht zu berücksichtigen, da sie nicht
innerhalb des Gebäudes liege.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf 586, 03
EUR monatlich netto mit Wirkung ab 01.02.2006. Dieser Anspruch folgt aus § 558 Abs. 1
BGB.
Das Gericht geht davon aus, dass nach dem Berliner Mietspiegel 2005 der verlangte
qm-Preis von 5, 48 EUR netto kalt gerechtfertigt ist.
Die Wohnung ist in die Mietspiegeltabelle wie folgt einzuordnen:
Gute Grundausstattung (Sammelheizung, Bad und Innen-WC), Bezugsfertigkeit vor
1918, Wohnungsgröße über 90 qm (hier 106, 94 qm) und in mittlerer Wohnlage gelegen.
Die betreffende Mietpreisspanne für eine solche Wohnung im Mietspiegelfeld K2 reicht
von 3, 24 EUR bis 6, 14 EUR pro qm; der Mittelwert (Schwerpunktwert) liegt bei 4, 43
EUR/qm.
Die Wohnung verfügt über ein modernes Bad, so dass ein Zuschlag in Höhe von 0, 37
EUR pro qm begründet ist.
Das Gericht erachtet es darüber hinaus als gerechtfertigt, dass der Mittelwert um 40 %
angehoben wird. Davon ist aufgrund folgender Ausstattungs- und Lagemerkmale
auszugehen:
Die Merkmalgruppe 1 (Bad/WC) ist unstreitig als neutral einzuordnen.
Die Merkmalgruppen 2 (Küche) und 3 (Wohnung) sind unstreitig positiv, während die
Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) unstreitig als negativ einzuordnen ist.
Die Merkmalgruppe 4 (Gebäude) ist positiv einzuordnen. Denn die Klägerin stellt dem
Beklagten zusätzliche Nutzräume außerhalb der Wohnung in Form einer Gästewohnung
zur Verfügung. Diese Gästewohnung muss entgegen der Ansicht des Beklagten nicht
innerhalb des Gebäudes liegen. Es ist zwar der Merkmalgruppe für Gebäude zugeordnet,
weil das Merkmal nicht die Ausstattungsmerkmale der Wohnung und auch nicht die
Lagemerkmale des Wohnumfeldes betrifft. Deshalb muss der zusätzliche Nutzraum
jedoch nicht im Gebäude liegen, was sich auch aus dem weiteren Merkmal in dieser
Merkmalgruppe, dem abschließbaren Fahrradabstellraum, ergibt, der ausdrücklich
innerhalb oder außerhalb des Gebäudes gelegen sein kann. Entscheidend für die Lage
der Gästewohnung ist die Nähe zum Gebäude, wobei das Gericht in der Innenstadt
grundsätzlich eine engere Nähe verlangt als im Außenbereich, da in der Innenstadt eine
größere Hoteldichte vorhanden ist, die eine Alternative zur Gästewohnung darstellen.
Die hier vorhandenen 136 m, die in lediglich wenigen Gehminuten zurückzulegen sind,
sind können noch dem Gebäude zugerechnet werden und begründen damit das
wohnwerterhöhende Merkmal dieser Merkmalgruppe.
Bei drei positiven, einer negativen und einer neutralen Merkmalgruppe ist ein Zuschlag
von 40 % zum Mittelwert vorzunehmen.
Nach allem beträgt die neue ortsübliche Vergleichsmiete 5, 48 EUR/qm (Mittelwert: 4, 43
EUR + 40 %: 0, 684 EUR + Sondermerkmal Bad: 0, 37 EUR). Bei der unstreitigen
Wohnungsgröße von 106, 94 qm errechnet sich hieraus eine neue Nettomiete von 586,
03 EUR, denen der Beklagte unter Beachtung des § 558 b Abs. 1 BGB mit Wirkung vom
01.02.2006 seine Zustimmung zu erteilen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Das Urteil kann in der Hauptsache nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, da die
abzugebenden Willenserklärungen der Beklagten gemäß § 894 ZPO erst mit Rechtskraft
des Urteils als abgegeben gelten. Hinsichtlich der Kosten war dagegen das Urteil gemäß
§ 708 Nr. 11ZPO ohne Sicherheitsleistung, jedoch mit der Abwendungsbefugnis aus §
711 Satz 1 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
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