Urteil des AG Charlottenburg vom 29.11.2005

AG Charlottenburg: gesellschaft mit beschränkter haftung, stillen, vergütung, handelsregister, form, einlage, abhängigkeit, quelle, gegenleistung, rechtsgrundlage

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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
82 HRB 96299 B, 82
HRB 96299
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 302 AktG
Handelsregister: Eintragung eines Vertrages über die
Begründung eines Genussrechts und eines stillen
Beteiligungsvertrages bei einer GmbH
Leitsatz
1. Ein Vertrag über die "Einräumung eines Genussrechts" mit gewinnabhängiger Vergütung
für die Kapitalgewährung ist bei einer GmbH nicht in das Handelsregister einzutragen.
2. Ein Vertrag über das Bestehen einer stillen Beteiligung mit einer GmbH ist bei dieser nicht
in das Handelsregister einzutragen.
Tenor
In der Registersache X-GmbH wird die Anmeldung des Bestehens eines am 17.06.2005
abgeschlossenen Vertrages über die „Begründung eines Genussrechts“ und eines am
16.06.2005 abgeschlossenen „stillen Beteiligungsvertrages“ kostenpflichtig
zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die als Gesellschaft mit beschränkter Haftung verfasste X.-GmbH schloss am
17.06.2005 mit der Y.-Bank eine als „Vertrag über die Begründung eines Genussrechts“
bezeichnete Vereinbarung, weiterhin am 16.06.2005 u.a. einen Vertrag über die
Errichtung einer stillen Gesellschaft mit der Z.-GmbH und begehrt nach Zustimmung zu
diesen Verträgen durch Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 16.11.2005 mit
Ihrer Anmeldung die Eintragung dieser Verträge in das Handelsregister.
Die Verträge, wegen deren Einzelheiten auf die eingereichten Urkunden Bezug
genommen wird, sehen namentlich folgende wechselseitigen Verpflichtungen vor:
a) Vertrag über die Begründung eines Genussrechts :
- Verpflichtung der Y.-Bank zur Gewährung eines nachrangigen Kapitals an die
Gesellschaft i.H.v. 2.000.000 Euro;
- Vergütung für die Kapitalüberlassung in Form einer festen, gewinnunabhängigen
Festverzinsung i.H.v. 6 % p.a. des Kapitals zzgl. einer weiteren Verzinsung von 0,25 %
p.a. des Kapitals in Abhängigkeit von Gewinnparametern der Gesellschaft;
- umfangreiche Informations- und Kontrollrechte zu Gunsten der Kapitalgeberin.
b) Stiller Beteiligungsvertrag:
- Verpflichtung der Z.-GmbH zur Leistung einer stillen (Bar-) Einlage i.H.v. 2.300.000
Euro;
- Vergütung für die Kapitalüberlassung in Form einer festen, gewinnunabhängigen
Verzinsung i.H.v. 11 % p.a. der geleisteten Einlage zzgl. einer weiteren Vergütung von
höchstens 2 % p.a. der geleisteten Einlage in Form einer Gewinnbeteiligung ohne
Partizipation der Kapitalgeberin an Verlusten der Gesellschaft;
- umfangreiche Informations- und Kontrollrechte zu Gunsten der stillen Gesellschafterin,
teilweise in entsprechender Anwendung des § 716 BGB.
II.
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Die Anmeldung war zurückzuweisen, da eine die Eintragung zulassende Rechtsgrundlage
nicht besteht.
In das Handelsregister eintragbar sind nur Tatsachen, deren Eintragung gesetzlich
angeordnet oder mindestens zugelassen ist. Andere Tatsachen können nur eingetragen
werden, wenn Sinn und Zweck der Registerführung dies erfordern und damit ein
erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs besteht (BayObLG Rpfleger 2000, S. 504).
Dies ist bezogen auf beide zur Eintragung angemeldeten Verträge nicht der Fall.
Das Gericht folgt insoweit der Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts
wonach eine Eintragungsfähigkeit in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Eintragung
von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen bei einer GmbH allenfalls dann
angenommen werden kann, wenn solche Verträge nach Inhalt und Wirkung einer
materiellen Änderung der Satzung gleichkommen (BayObLG GmbHR 2003, S. 534).
Davon kann bei beiden Verträgen, die in der Systematik des Aktiengesetzes in Folge der
Anordnung einer teilweisen Abhängigkeit der durch die Gesellschaft zu gewährenden
Vergütung für die Kapitalüberlassung von Gewinngrößen als
Teilgewinnabführungsverträge zu würdigen sein dürften, nicht ausgegangen werden.
Dabei ist so lange nicht entscheidend auf den Umfang des abzuführenden Teils des
Gewinns abzustellen wie das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter nicht vollständig
ausgeschlossen ist. Vielmehr wird sich im hier vorliegenden Falle der (teilweisen)
Bestimmung der Höhe einer für die Kapitalgewährung zu gewährenden Vergütung in
Abhängigkeit von der Ertragslage des Unternehmens eine Parallele zu einem
allgemeinen Kostenfaktor anbieten: Aus der Sicht des Anteilseigners macht es jedenfalls
bei wirtschaftlicher Betrachtung keinen Unterschied, ob der für eine Ausschüttung zur
Verfügung stehende Gewinn im Rahmen seiner Ermittlung durch einen Aufwandsposten
geschmälert ist, oder ob im Rahmen der gesonderten Ermittlung des ausschüttbaren
Teils des Gewinns zuvor der Anspruch eines Dritten auf Auskehrung eines Teils des
Gewinns als Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung des gewährten Kapitals in
Abzug zu bringen ist. Daran offenbart sich auch der Unterschied zwischen einem auf
einen Austausch gerichteten Vertragsverhältnis, im Rahmen dessen sich die
Gegenleistung für die Nutzung fremden Kapitals an Gewinnparametern des Nutzers
orientiert und echten Unternehmensverträgen mit organisationsrechtlicher Wirkung: Nur
letztgenannte führen zu einer essentiellen Veränderung des Status des Anteilseigners
indem Sie entweder seine Leitungsmacht oder sein Gewinnbezugsrecht von vornherein
ausschließen, allerdings korrespondierend analog § 302 AktG zur
Verlustausgleichsverpflichtung des Vertragspartners führen.
Da beide hier zur Eintragung angemeldeten Verträge sich jedenfalls in ihren
Charakteristika gleichen und diese grundlegenden organisationsrechtlichen
Auswirkungen nicht zeitigen, ist auch keine unterschiedliche Behandlung angezeigt, so
dass die Anmeldungen mangels dafür bestehender Rechtsgrundlage zurückzuweisen
waren (wie hier DNotI-Gutachten in DNotI-Report 2004, S. 57; BayObLG, a.a.O. allgemein
zur Teilgewinnabführung im Rahmen von Austauschverträgen mit weiteren
umfangreichen Nachweisen; LG Darmstadt ZIP 2005, S. 402 zur stillen Beteiligung;
kritisch Weigl GmbHR 2003, S.536 f.).
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