Urteil des AG Brandenburg vom 14.03.2017

AG Brandenburg: grundeigentum, allgemeine vertragsbedingungen, vertragsklausel, vermieter, reparaturkosten, report, betriebskosten, höchstbetrag, mietsache, zustand

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Gericht:
AG Brandenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
31 C 306/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 307 Abs 2 Nr 1 BGB, § 535 Abs
1 S 2 BGB, § 538 BGB
Wohnraummiete: Überbürdung von Kleinreparaturen bzw. der
Instandhaltungspflicht auf den Mieter
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Eines Tatbestandes bedarf es in dieser Sache , da ein Rechtsmittel gegen dieses
Urteil unzweifelhaft zulässig ist (§ 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 495 a ZPO
unter Beachtung von § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), die Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung hat sowie die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und zudem die
Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600,00 Euro beschwert ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegenüber den Beklagten der
hier geltend gemachte Anspruch auf Zahlung in Höhe von 34,72 Euro nicht zu (§§ 307,
535, 536, 538 BGB).
Vorliegend ist schon fraglich, ob es sich bei den Kosten der „Kleinreparatur, F.“ um
Betriebskosten oder um Instandsetzungskosten handelt. Betriebskosten sind nach der
Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. BV die dort im einzelnen aufgeführten Kosten, die dem
Eigentümer durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen
Gebrauch des Gebäudes oder der Wirtschaftseinheit, der Nebengebäude, Anlagen,
Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen, es sei denn, dass sie
üblicherweise vom Mieter außerhalb der Miete unmittelbar getragen werden. Dagegen
sind als Instandsetzungskosten Kosten aus Reparatur und Wiederbeschaffung
anzusehen. Instandhaltungskosten wiederum stellen nach § 28 Abs. 1 II.
Berechnungsverordnung die Kosten dar, "die zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen
Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung,
Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß
zu beseitigen."! Auch insoweit muss es sich also um Mängel an der Substanz der
vermieteten Immobilie oder ihrer Teile handeln. Daher wäre für die hier vom Kläger als
Vermieter geltend gemachten Kosten der „Kleinreparatur, Freydank“ zunächst zu
unterscheiden, ob sie in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden muss oder ob
eine einmalige Maßnahme aus bestimmtem Anlass vorliegt oder ob ein bereits
eingetretener Schaden beseitigt wurde (
). Insofern geht das Gericht hier aber entsprechen dem Vortrag der Parteien von
einer einmaligen Maßnahme aus bestimmtem Anlass aus, d. h. also von Kosten einer
Instandsetzung bzw. Reparatur.
Solche Kleinreparaturen können zwar auch grundsätzlich (und auch durch
Formularvereinbarung) auf den Mieter - wie hier in § 18 des Mietvertrages - übertragen
werden. Solche Vertragsklauseln werden von den Mietvertragsparteien auch in der Regel
übereinstimmend im Sinne einer Abwälzung der Reparaturkosten verstanden (
).
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).
Derartige Vertragsklauseln weichen aber von dem Grundsatz des § 535 Abs. 1 Satz 2
Vermieter, die Mietsache in dem zum vertragsmäßigen Gebrauch erforderlichen
Zustand zu erhalten. Diese Pflicht ist auch eine Hauptpflicht des Vermieters (
). Sie ist
zugleich wesentlicher Grundgedanke des gesetzlichen Mietrechts. Ein Abweichen hiervon
durch allgemeine Vertragsbedingungen/Klauseln stellt daher im Zweifel auch eine
unangemessene Benachteiligung des Mieters dar (
).
Bei der Wohnraummiete - wie hier - müssen dabei zudem gewisse
mit beachtet werden (
). Formularmäßige Übertragungen der
Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht sind wegen der auf den Mieter abgewälzten
erheblichen Risiken nämlich grundsätzlich sehr eng auszulegen (
). Wenn eine Klausel insofern nicht die Verpflichtung zur Tragung der anfallenden
Reparaturkosten, sondern die Instandhaltungspflicht selbst auf den Mieter überbürdet,
stellt dies z. B. schon eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar (
).
Solche Klauseln dürfen sich im Übrigen aber auch auf diejenigen Teile der Mietsache
beziehen, die häufig dem Zugriff des Mieters ausgesetzt sind (
). Hierzu gehören Installationsgegenstände für Elektrizität, Gas und
Wasser, Heiz- und Kocheinrichtungen, Fenster- und Türverschlüsse sowie
Verschlussvorrichtungen von Fensterläden. Weiter gehören dazu wohl auch Rolläden,
Markisen, Jalousien und eventuell mitvermietete Einrichtungsgegenstände wie etwa
Kühlschränke, Waschmaschinen und dergleichen. Derartige Klauseln dürfen aber nicht so
gefasst sein, dass hierunter auch Rohre und elektrische Leitungen oder solche
Gegenstände fallen, mit denen der Mieter so gut wie nicht in Berührung kommt (
). Für gemeinsam von mehreren Mietern genutzte
Flächen und Anlagen ist zudem eine vollständige Überbürdung der Kosten wegen § 307
BGB unzulässig, da die zulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild dort ihre Grenze
findet, wo dem Mieter die Erhaltungslast von gemeinsam mit anderen Mietern genutzten
Flächen und Anlagen ohne Beschränkung der Höhe nach auferlegt wird. Damit werden
dem Mieter nämlich auch Kosten übertragen, die nicht durch seinen Mietgebrauch
veranlasst sind und die nicht in seinen Risikobereich fallen. Ihm werden dadurch, dass er
die gemeinschaftlich genutzten Flächen und Anlagen in dem bei Mietbeginn
bestehenden, in der Regel gebrauchten Zustand vorfindet, die Kosten für die Behebung
anfänglicher Mängel bzw. bereits vorhandener Abnutzungen durch Reparatur oder
Erneuerung überbürdet, deren Höhe für ihn nicht überschaubar ist. Darüber hinaus
werden ihm in einem solchen Fall die Kosten für Schäden auferlegt, die von Dritten
verursacht worden sind, für deren Handeln er keine Verantwortung trägt, so dass auch
insoweit ihm nicht zurechenbare und der Höhe nach nicht vorhersehbare Kosten auf ihn
übertragen werden. Diese Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages
benachteiligen dann aber den Mieter unangemessen (
).
Eine Vertragsklausel ist wohl auch dann unwirksam, wenn hierdurch z. B. auch
Glasscheiben mit erfasst werden, weil diese nicht dem ständigen Zugriff des Mieters
unterliegen ( ). Hier hat die Klägerseite aber weder in
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unterliegen ( ). Hier hat die Klägerseite aber weder in
der Abrechnung noch im nunmehrigen Verfahren dargelegt oder bewiesen, welche
Anlage bzw. welcher Gegenstand oder welchen Teil der Wohnung überhaupt die
„Kleinreparatur, F.“ betraf, so dass schon aus diesem Grunde hier die Klage abzuweisen
ist.
Aus der Vertragsklausel muss sich des weiteren aber auch ergeben, bis zu welchem
Betrag eine Reparatur noch als „Kleinreparatur“ gilt (
). Insoweit darf die Höhe der Einzel-Reparatur einen Betrag zwischen 60,00 Euro und
100,00 Euro aber überschreiten (
). Der
hier als Vertragsklausel vereinbarte Höchstbetrag für die Einzelreparatur von 200,00
Euro überschreitet aber diese Grenze bei weitem und stellt somit ebenfalls eine
unangemessene Benachteiligung der Beklagten zu 1.) und 2.) als Mieters dar, so dass
auch insofern die Klage aus diesem Grunde hier abzuweisen ist.
Eine Vertragsklausel muss des weiteren auch eine Höchstgrenze für den Fall festlegen,
dass zahlreiche Kleinreparaturen innerhalb eines bestimmten Zeitraums - etwa binnen
eines Jahres - anfallen (
). Ein
Jahreshöchstbetrag in Höhe von einer Monatsmiete ist aber wohl bereits als zu hoch
anzusehen (
). Die Höchstgrenze kann jedoch auf etwa 7 % bis 8 % der Jahresmiete
festgesetzt werden (
); auf keinen Fall sollte aber eine Monatsmiete jährlich überschritten
werden. Diese Höchstgrenze ist von dem Kläger in der von ihm hier verwendeten
Mietvertragsklausel mit einem Betrag von 400,00 Euro pro Jahr bei einer vereinbarten
Netto-Kaltmiete von 500,00 Euro/Monat wohl auch noch als eingehalten anzusehen.
Selbst wenn aber der Mieter entsprechend der vereinbarten Vertragsklausel verpflichtet
ist, die Kosten für Kleinreparaturen zu tragen, so muss er sich an größeren Reparaturen
). Eine Klausel, wonach sich ein Mieter an Kosten auch für Reparaturen, für die jeweils
mehr als vereinbart aufzuwenden sind, sich mit diesem Betrag beteiligen muss, verstößt
nämlich auch gegen § 307 BGB (
).
Übersteigen die einzelnen Reparaturkosten diesen vereinbarten Höchstbetrag, ist der
Mieter vielmehr von der Zahlungsverpflichtung befreit (
). Gleiches gilt für Klauseln, nach denen sich der Mieter auch an jeder
Neuanschaffung der von der Kleinreparaturpflicht umfassten Gegenstände mit zu
beteiligen hat (
).
Der vom Kläger verwendeten Vertragsklausel ist somit hier die Wirksamkeit zu versagen,
weil sie in ihrer im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Auslegung zu einem
Ausschluss der Rechte der Mieter führt und damit gegen zwingende Vorschriften
verstößt sowie darüber hinaus hier auch - mit Rücksicht auf die durch diese Klausel den
Beklagten als Mietern auferlegten Pflichten - eine unangemessene Benachteiligung zu
bejahen ist. Da die damit verbundenen Nachteile für die Beklagten als Mieter nicht als
unerheblich angesehen werden können, wird hierdurch auch unter Berücksichtigung
möglicher Kostenvorteile der Beklagten bei einer Eigenvornahme der Reparaturen die
Grenze, innerhalb deren im Interesse des Rechtsfriedens eine Entlastung des Klägers als
Vermieter von den ihm gesetzlich obliegenden Sacherhaltungspflichten noch
hinzunehmen ist, hier überschritten.
Die Klage ist somit hier abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 91 ZPO. Der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 und 713 ZPO.
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