Urteil des AG Bonn vom 03.05.2010

AG Bonn (systematische auslegung, gesellschaftsvertrag, widerruf, herabsetzung, höhe, beitritt, folge, zahlungseinstellung, gesellschafter, ausgleich)

Amtsgericht Bonn, 115 C 110/09
Datum:
03.05.2010
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
115. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
115 C 110/09
Schlagworte:
Kommanditeinlage,Einzahlungsplan
Normen:
HGB §§109;161
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
TATBESTAND:
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Die Beklagte erklärte am 27.08.1999 ihren Beitritt zur E KG. Diese firmiert heute wie im
Aktivrubrum ersichtlich. Die Beklagte zeichnete eine Gesamteinlage von 20.000,00 DM.
Vertragsbeginn war der 01.10.1999. Die Beklagte sollte ihre Kommanditeinlage bei der
Klägerin nach einem Einzahlungsplan über 190 Monate zu Raten á 105,00 DM (davon
5,00 DM Agio), nach der Euroumstellung 53,59 Euro erbringen. Bis zum 31.12.2008
erbrachte die Beklagte die vereinbarten Kommanditisteneinlagenraten. Danach stellte
sie die Zahlung der Raten. Am 16.12.2009 erklärte sie ihren Widerruf bezüglich ihrer
Beitrittserklärung.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 697,97 Euro nebst Zinsen in Höhe von 1 %
pro Monat aus 53,69 Euro seit dem 01.12.2007, aus weiteren 53,69 Euro seit
dem 01.01.2008, aus weiteren 53,69 Euro seit dem 01.02.2008, aus weiteren
53,69 Euro seit dem 01.03.2008, aus weiteren 53,69 Euro seit dem 01.04.2008,
aus weiteren 53,69 Euro seit dem 01.05.2008, aus weiteren 53,69 Euro seit dem
01.06.2008, aus weiteren 53,69 Euro seit dem 01.07.2008, aus weiteren 53,69
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Euro seit dem 01.08.2008, aus weiteren 53,69 Euro seit dem 01.09.2008, aus
weiteren 53,69 Euro seit dem 01.10.2008, aus weiteren 53,69 Euro seit dem
01.11.2008 und aus weiteren 53,69 Euro seit dem 01.12.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Ansicht, sie habe ein Widerrufsrecht gehabt, dass noch nicht verfristet
gewesen sei, da die Belehrung über den Widerruf im Beitrittsformular fehlerhaft
gewesen sei. Zudem habe sie gegen die Klägerin einen Schadensersatzanspruch
wegen fehlerhafter und irreführender Beratung bezüglich der streitgegenständlichen
Anlage. Ihr habe aber auch ein außerordentliches Kündigungsrecht zugestanden, da die
Klägerin die Kommanditeinlagen der Kommanditisten zum beachtlichen Teil zu
Zwecken verwandt habe, die nicht mit dem Gesellschaftsvertrag konform seien.
Schließlich, so die Ansicht der Beklagten, habe die Einstellung der
Kommanditeinlagenratenzahlung lediglich zur Folge, dass ausschließlich eine
Herabsetzung der Gesamteinlage der Beklagten in Betracht komme. Daher könne die
Klägerin nach Zahlungseinstellung weitere Ratenzahlungen weder verlangen, noch
einklagen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der Parteivorbringen wird auf
den Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
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ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
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Die Klage ist nicht begründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der monatlichen
Raten auf die Kommanditeinlagen wie mit dem Klageantrag beansprucht. Aufgrund der
Regelung des § 17 Nr. 3, 5 des Gesellschaftsvertrages von November 1998 (Bl. 109 ff.
d. A.) kommt bei Nichtzahlung der monatlichen Raten nur eine Herabsetzung der
Gesamteinlage in Betracht. § 17 Nr. 3 des Gesellschaftvertrages bestimmt insofern,
dass, wenn der Einzahlungsplan nicht nach den vereinbarten Bedingungen bedient
wird, ohne dass der Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, die
Gesamteinlage herabgesetzt wird. § 22 Nr. 1 e) des Gesellschaftsvertrages bestimmt,
dass ein Einzahlungsplan als abgebrochen gilt, wenn der Anleger am 31.12. eines
Vertragsjahres mit mehr als insgesamt 5 vereinbarten Einzahlungsraten in Rückstand ist
und dieser Rückstand einschließlich Zinsen und Nebenkosten nicht bis zum 31.12. des
Folgejahres ausgeglichen wird. Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Am 31.12.2009
war die Beklagte mit mehr als 5 Einzahlungsraten in Rückstand. Ein Ausgleich bis zum
31.12. des Folgejahres ist ausgeschlossen, da die Beklagte unmissverständlich erklärt
hat, dass ein Ausgleich nicht stattfinden werde. Dies hat nach dem
unmissverständlichen Wortlaut des Gesellschaftsvertrages gemäß § 17 die
Herabsetzung der Gesamteinlage der Beklagten zur Folge. Sie kann also zu weiteren
Einzahlungen von Kommanditeinlageraten nach dem Zahlungsplan nicht angehalten
werden. Ein diesbezügliches Forderungsrecht der Klägerin besteht nicht. Das Gericht
hält insofern den Wortlaut des Gesellschaftsvertrages für eindeutig und nicht weiter
auslegungsfähig. Der Abbruch des Einzahlungsplanes ist in § 17 Nr. 3, 4 und 5 des
Gesellschaftsvertrages ausdrücklich vorgesehen, ohne dass hier besondere
Bedingungen in der Person des Anlegers genannt werden. Die Klägerin ist an diese
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eindeutige Regelung gebunden, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Regelung
beabsichtigt war, oder eventuell im Widerspruch zu dem vereinbarten
Ratenzahlungsplan steht. Denn der Gesellschaftsvertrag ist einseitig von der Klägerin
vorgegeben. Die Beklagte hatte bei ihrem Beitritt keine Möglichkeit hierauf inhaltlich
einzuwirken. Daher musste sie sich auch darauf verlassen können, dass dieser
Gesellschaftsvertrag rein nach seinem eindeutigen Wortlaut ausgelegt wird. Insofern
folgt das Gericht ausdrücklich nicht der Entscheidung des Landgerichts Augsburg vom
23.02.2010 (AZ: 8 O 4006/09) - nachdem eine systematische Auslegung des
Gesellschaftsvertrages im Regelungszusammenhang ergebe, dass sich der Treugeber
und Kommanditeinleger nicht einseitig vom Einzahlungsplan lösen könne und insofern
die Klägerin die Wahl habe, ob die Gesamteinlage herabzusetzen ist, oder weitere
Ratenzahlungen verlangt werden. Nach Ansicht des Gerichtes gebieten auch nicht Sinn
und Zweck des Gesellschaftsvertrages, dass sich ein Gesellschafter ohne das Vorliegen
weiterer Voraussetzungen nicht an den Zahlungsplan halte, ohne dass die Klägerin die
weiteren Raten anfordern kann. Die Beklagte konnte die Regelung in dem
Gesellschaftsvertrag durchaus nach objektiven Kriterien nur so verstehen, dass bei
nichtvertragsgerechter Erfüllung des Einzahlungsplanes ohne Weiteres und ohne
weitere Entscheidung der Klägerin eine Herabsetzung der Gesamteinlage erfolgt. Wenn
die Klägerin, wie hier geschehen, die Rechtsfolge so voraussetzungslos im Wortlaut an
die Nichteinhaltung des Einzahlungsplanes anknüpft, so muss sie dies gegen sich
gelten lassen. Es geht nicht an, dass hier eventuelle Unklarheiten des
Gesellschaftsvertrages zu Lasten des Anlegers gehen. Die Klägerin hat es in der Hand,
den Gesellschaftsvertrag so zu formulieren, dass Missverständnisse zu vermeiden sind.
Nach den oben zitierten Regelungen des Gesellschaftsvertrages war die Beklagte auch
berechtigt, die Befreiung von der Verpflichtung künftiger Einzahlungen zu beantragen.
Dies ist frühestens 7 Jahre nach Leistung der ersten Einzahlung auf die Gesamteinlage
möglich. Die Beklagte hat am 16.12.2009 ihren Widerruf zum Beitritt zur Gesellschaft
erklärt. Hier ist konkludent ein Befreiungsantrag enthalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie
mehr als 7 Jahre den Einlagenratenzahlungsplan bedient. Auch hier knüpft die
Regelung des Gesellschaftsvertrages voraussetzungslos an diesen Antrag an die
Rechtsfolge, dass die Gesamteinlage des Gesellschafters dann insofern entsprechend
herabgesetzt wird und weitere Raten nicht verlangt werden können. Auch insofern ist
der Wortlaut der Regelung unmissverständlich. Auch gehen eventuelle Unklarheiten
bzw. Widersprüche mit den anderen Regelungen des Gesellschaftsvertrages im
Gesamtzusammenhang zu Lasten der Klägerin, die hier, hätte sie eine andere
Rechtsfolge gewollt, eine eindeutige Formulierung hätten wählen können. Bei
Abwägung der beiderseitigen Interessen gehen hier eindeutig die schutzwürdigen
Interessen der Anleger vor, die sich auf den Wortlaut des § 17 Nr. 3 des
Gesellschaftsvertrages verlassen dürfen müssen.
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Nach Allem kann die Klägerin nach Zahlungseinstellung durch die Beklagte weitere
Raten nicht verlangen. Die Klage war somit abzuweisen ohne dass es darauf ankommt,
ob die Beklagte zum Widerruf berechtigt war, oder die anderen Einwände der Beklagten
erheblich sind.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert: 697,97 Euro.
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