Urteil des AG Bonn vom 05.11.2009

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Amtsgericht Bonn, 202 C 58/09
Datum:
05.11.2009
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
202. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
202 C 58/09
Schlagworte:
Miete,Kündigung,Eigenbedarf,Gründe
Normen:
BGB §573
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in der Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand:
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Der Beklagte zu 1) ist Mieter der streitgegenständlichen Wohnung F in C
aufgrund Mietvertrages vom 17.01.1999 seit dem 01.01.1999. Die Beklagte zu
2) ist die Ehefrau des Beklagten zu 1) und wohnt mit ihm in der Wohnung.
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Die Klägerin ist durch Erwerb des Gebäudes im Jahre 2005 als Vermieterin in
das bestehende Mietverhältnis eingetreten.
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Mit Schreiben vom 23.04.2008 kündigte die Klägerin dem Beklagten zu 1) das
Mietverhältnis zum 31.01.2009 und stützte die Kündigung auf Eigenbedarf. In
dem Kündigungsschreiben heißt es unter anderem wie folgt.
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Die Kündigung stützt sich auf Eigenbedarf der Tochter unserer
Mandantin. Die Tochter M B wird volljährig und hat sich an unsere
Mandantin gewandt, um einen eigenen Hausstand gründen zu können.
Unsere Mandantin hat sich dazu entschieden, aus ihrem eigenen
Wohnungsbestand ihrer Tochter Ihre Wohnung im Haus F zur Gründung
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eines selbstständigen Haushaltes anzubieten. M B hat dies
angenommen und möchte Ihre Wohnung beziehen. Sie ist auch zum
Zwecke der Tochter unserer Mandantin ideal, da sie mit 45 m²
Wohnfläche, die bestehend aus einem Zimmer, Küche, Diele, Bad eine
für eine Gründung eines Haustandes geeignete Größe hat.
Im Weiteren korrespondierten die Parteien dann über die Anbieterpflicht der
Klägerin aufgrund weiterer in ihrem Besitz leererstehender Wohnung.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Gründe aus dem Kündigungsschreiben
vom 23.04.2008 ausreichend seien, da sie implizieren, dass die Tochter der
Klägerin einen eigenen Hausstand nicht habe und damit im Haus der Klägerin
wohne.
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Die Klägerin beantragt
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die von ihnen inne
gehaltene Wohnung im Haus der Klägerin F ,C, 4. OG rechts, bestehend
aus 1 Zimmer, Küche, Diele, Bad und Balkon zu räumen und geräumt
an die Klägerin herauszugeben.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten sind der Auffassung, dass die gelieferte Begründung für den
Eigenbedarf nicht ausreiche. Dem Kündigungsschreiben fehlten darüber hinaus
jegliche Angaben zu den gegenwärtigen Wohnverhältnissen der
Bedarfspersonen.
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Im Übrigen sind sie der Auffassung, dass die Klägerin ihren Anbieter pflichten
nicht nachgekommen sei.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug
genommen auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Das Kündigungsschreiben vom 23.04.2008 erfüllt nicht die Anforderungen an
die Begründung der Kündigungserklärung im Sinne des § 573 Abs. 3 BGB.
Zweck der Vorschrift ist es, dass der Mieter zum frühstmöglichen Zeitpunkt
Klarheit über seine Rechtsposition erlangt und so in die Lage versetzt wird,
rechtszeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen.
Desweiteren soll die Vorschrift den Vermieter zwingen, sich selbst über die
Rechtslage und über die Aussichten der Kündigung klar zu werden und
schließlich wird durch Abs. 3 bestimmt, welche Gründe dem Gericht zur
Berücksichtigung und Würdigung unterbreitet werden.
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Bei der Eigenbedarfskündigung gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss der
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Vermieter zunächst die Person angeben, für die die Wohnung benötigt wird.
Desweiteren muss er diejenigen Tatsachen mitteilen, aus denen sich das
Nutzungs- und Überlassungsinteresse ergibt. Die Angabe "wegen
Eigenbedarfs" reicht niemals aus (vergleiche LG Detmold WuM 1990, 301, LG
Karlsruhe WuM 1989, 384, LG Hamburg WuM 1989, 385, LG Mannheim ZMR,
1990, 19). Ebenso wenig genügt es, wenn der Vermieter das Nutzungsinteresse
mit irgendwelchen Leerformeln umschreibt. Der Mieter muss aufgrund der im
Kündigungsschreiben mitgeteilten Gründe in der Lage sein, die
Erfolgsaussichten der Kündigung überschlägig zu überprüfen. Hieran ist das
Kündigungsschreiben zu messen. Dem wird das Kündigungsschreiben vom
23.04.2004 nicht gerecht. Insbesondere fehlen jegliche Angaben zu den
bisherigen Wohnverhältnissen der Tochter. Diese müssen ebenfalls offen gelegt
werden (vgl. LG Bochum WuM 1993, 540, LG Frankfurt WuM 2000, 606).
Vorliegend ist allerdings vollkommen offen geblieben, wie die Tochter der
Klägerin derzeit untergebracht ist. Zuzugeben ist der Klägerseite, dass dem
Kündigungsschreiben entnommen werden kann, dass die Tochter keinen
eigenen Hausstand hat. Allerdings ist unklar geblieben, wie die Tochter im
Haushalt der Klägerin untergebracht ist. Gerade dies ist aber für die
Kündigungsbegründung nach ganz herrschender Rechtssprechung, der sich
das erkennende Gericht anschließt, erforderlich. Das Kündigungsschreiben ist
damit formell nicht wirksam.
Es kann daher dahinstehen, ob die Klägerin ihren Anbietpflichten entsprechend
nachgekommen ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert: 3.370,56 EUR.
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