Urteil des AG Bonn vom 19.11.2010

AG Bonn (kläger, höhe, gutachten, rechnung, zpo, vereinbarung, einspruch, tätigkeit, gewinn, mandant)

Amtsgericht Bonn, 13 C 635/07
Datum:
19.11.2010
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
13. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 C 635/07
Schlagworte:
Steuerberater,Honorar,Zeitaufwand
Normen:
BGB §§ 611,631
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger
557,20 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 06.02.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage
abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 80 % und die
Beklagten zu 20 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien ist nachgelassen, die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht
die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
1
Die Beklagten beauftragten die Kläger am 05.04.2005 zum Tätigwerden wegen ihrer
Einkommenssteuerveranlagung 2003. Gegenstand war die Ermittlung des Gewinns aus
privaten Veräußerungsgeschäften durch das Finanzamt C3-J in Höhe von 65.540,00 €,
der im Rahmen einer Grundstücksübertragung entstanden sei, ferner die
Angemessenheitsbeurteilung des Mietzinses der Vermietung von Gewerberaum im
Haus der Beklagten in C3 an die C2 HncI.
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Die Parteien schlossen eine Vergütungsvereinbarung für den Bereich
außergerichtlicher Tätigkeit am 05.04.2005. Hinsichtlich der Einzelheiten der
Vereinbarung wird auf die zur Akte gereichte Kopie der Vereinbarung (Bl. 6 f. d.A.)
Bezug genommen.
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Die Kläger führten mit dem Finanzamt C3-J und den Beklagten eine umfangreiche
Korrespondenz wegen Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag 2003,
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Änderungsveranlagung und Einspruchsverfahren. Mit geändertem
Einkommenssteuerbescheid vom 21.12.2005 setzte die Finanzverwaltung nach
Tätigwerden der Kläger 39.393,00 € als Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften an und setzte die Steuern für den Veranlagungszeitraum 2003
neu fest. Gegen den geänderten Einkommenssteuerbescheid legten die Kläger unter
dem 30.12.2005 Einspruch ein (Bl. 63 f. d.A.), weil die Grundlagen der Schätzung der
Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht dargestellt, nicht nachvollziehbar und im
Zweifel verfehlt seien. Zudem widerspreche die Annahme eines teilentgeltlichen
Geschäfts den Marktverhältnissen. Dem Bescheid lag hingegen ein Rechenfehler
zugrunde. Die Finanzverwaltung hatte die den Gewinn mindernden Anschaffungskosten
noch einmal halbiert, so dass lediglich die Hälfte der den Gewinn mindernden
Anschaffungskosten unrichtigerweise angesetzt wurde. Mit Schreiben vom 13.02.2006
(Bl. 47 d.A.) teilten die Beklagten den Klägern mit, dass sie die im geänderten
Einkommenssteuerbescheid 2003 enthaltene Nachzahlung nicht akzeptieren. Mit
Schreiben vom 24.10.2006 beendeten die Beklagten das Mandatsverhältnis. Nach
Maßnahmen des Folgeberaters QN1QH1 setzte die Finanzverwaltung mit geändertem
Einkommenssteuerbescheid 2003 16.739,00 € als Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften an und setzte die Steuern für den Veranlagungszeitraum 2003
neu fest.
Am 02.11.2006 erstellten die Kläger eine Honorarrechnung über 4.890,00 € netto (Bl. 13
d.A.), mit welcher er für den Zeitraum 05.04.3005 bis 31.10.2006 13 Stunden à 370,00 €
netto abrechnete. Nach Abzug der bereits am 13.02.2006 gezahlten 2.540,00 € netto
verblieb eine offene Restforderung von 2.726,00 € brutto. In der Rechnung setzten die
Kläger eine Zahlungsfrist bis zum 17.11.2006.
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Die Kläger behaupten, Gegenstand der Beauftragung sei es gewesen, die
Steuerbelastung des Veranlagungszeitraums 2003, soweit sie das private
Veräußerungsgeschäft betrifft, so weit wie möglich, d.h. möglichst auf 0,00 € zu
minimieren. Der in Rechnung gestellte Zeitaufwand sei angemessen. Abgerechnet
worden seien lediglich Zeiten der Sachbearbeitung durch den Berufsangehörigen.
Sonstiger personeller und materieller Aufwand für die Büroorganisation sei
eingeschlossen.
6
Die Kläger beantragen,
7
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 2.726,00 € nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.11.2006
zu zahlen.
8
Die Beklagten beantragten,
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die Klage abzuweisen.
10
Die Beklagten behaupten, es sei eine mögliche Minimierung des Gesamtaufwands von
Steuerlast 2003 unter Berücksichtigung der in diesem Zusammenhang entstehenden
Steuerberaterkosten vereinbart gewesen. Insoweit seien die Arbeiten der Kläger nach
Erteilung des Bescheids vom 21.12.2005 nicht mehr erforderlich gewesen. Erforderlich
sei lediglich die Beseitigung des Rechenfehlers im Bescheid vom 21.12.2005 gewesen,
welchen die Kläger jedoch übersehen hätten. Unter Kenntnis dieser
Einkommenssteuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2003 hätten sie sich mit
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dem erzielten Ergebnis zufrieden gegeben, d.h. der Auftrag wäre erledigt gewesen.
Selbst bei einem obsiegenden Klageverfahren wäre die steuerliche Beratung teurer
ausgefallen, als die vom Finanzamt geforderten Nachzahlungen. Die Beklagten
bestreiten den Anfall des in Rechnung gestellten Zeitaufwandes mit Nichtwissen und
den berechneten Aufwand als unangemessen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen
Sachverständigengutachtens der Sachverständigen T. Hinsichtlich des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten (Bl. 255 ff. d.A.) Bezug genommen.
12
Entscheidungsgründe
13
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet, überwiegend jedoch unbegründet.
14
Die Kläger haben gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf
Zahlung weiterer 557,20 € aus dem zwischen den Parteien geschlossenen
Steuerberatervertrag und der diesem Vertrag zugrunde liegenden Honorarvereinbarung
vom 05.04.2005. Ein weitergehender Anspruch besteht hingegen nicht.
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Entsprechend der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung waren die Kläger
beauftragt, die Steuerbelastung des Veranlagungszeitraums 2003, soweit sie das
private Veräußerungsgeschäft betrifft, zu minimieren. Die von den Klägern
abgerechneten Stunden und durchgeführten Arbeiten erfolgten unstreitig im Rahmen
dieser Beauftragung. Hinsichtlich des Vortrags der Beklagten, es sei zusätzlich
vereinbart gewesen, die Minimierung unter Berücksichtigung der in diesem
Zusammenhang entstehenden Steuerberaterkosten vorzunehmen, sind die insoweit
beweisbelasteten Beklagten beweisfällig geblieben. Aus der vorgelegten schriftlichen
Honorarvereinbarung folgt eine solche eingeschränkte Beauftragung nicht. Der in der
Vertragsurkunde niedergelegte Geschäftsinhalt trägt die Vermutung der Richtigkeit und
Vollständigkeit in sich. Hinsichtlich einer hiervon abweichenden Zusatzabrede, welche
von den Klägern bestritten wird, haben die Beklagten keinen Beweis angetreten.
Insoweit waren die Kläger berechtigt, ihre Arbeiten für den Zeitraum vom 05.04.2005 bis
zum 31.10.2006 vollständig in Rechnung zu stellen. Eine Begrenzung auf den Zeitraum
bis zum Einspruch gegen den Bescheid vom 21.12.2005 ist nicht geboten.
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Der Einwand der Beklagten, der Kläger habe im Einkommenssteuerbescheid vom
21.12.2005 übersehen, dass der Finanzverwaltung ein Rechenfehler unterlaufen sei,
hätten die Kläger die Beklagten auf diesen Rechenfehler und auf die mit einer Klage
verbundenen Risiken aufmerksam gemacht, hätten sich die Beklagten mit dem sodann
zu errechnenden Betrag zufrieden gegeben, d.h. der Auftrag wäre erledigt gewesen, ist
im Rahmen der Honorarklage der Kläger unbeachtlich. Ein solcher Einwand kann
allenfalls einen Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Kläger begründen,
welcher jedoch im hiesigen Verfahren weder im Wege der Aufrechnung noch der
Widerklage geltend gemacht wird. Eine mögliche Pflichtverletzung der Kläger lässt den
Honoraranspruch der Kläger als solchen unberührt.
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Die Kläger rechnen mit der Honorarrechnung vom 02.11.2006 insgesamt 13
Arbeitsstunden ab. Nachdem die Beklagten den Anfall des in Rechnung gestellten
Zeitaufwandes zulässig gemäß § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestritten haben, ist
es dem Kläger im Rahmen der Einholung eines Sachverständigengutachtens lediglich
gelungen, einen Zeitaufwand von 7 Stunden nachzuweisen. Zeugenbeweis zum
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Nachweis der Stundenzahl ist nicht angetreten worden. Die Sachverständige hat in
ihrem Gutachten die vorgenommenen Tätigkeiten einzeln begutachtet und jeweils einen
Zeitrahmen angegeben, welcher nach der Bewertung der Sachverständigen den
angemessenen Zeitaufwand für die jeweils abgerechnete Tätigkeit darstellt. Dabei hat
die Sachverständige einen Zeittakt von 0,25 Stunden zugrunde gelegt, eine
minutengenaue Beurteilung des Zeitaufwandes sei nicht möglich. Die Ausführungen der
Sachverständigen sind in sich plausibel und nachvollziehbar, vermeintliche
Unklarheiten hat die Sachverständige im Rahmen der mündlichen Erläuterung des
Gutachtens ausgeräumt. Das Gericht schließt sich insoweit vollumfänglich den
überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen an. Diese kommt in ihrem
Gutachten zu folgendem Ergebnis:
Nr. Datum
Tätigkeit
Zeitrahmen
1.
3,00 – 4,25
2.
0,50 – 0,75
3.
0,25 – 0,50
4.
0,50 – 1,00
5.
0,25 – 0,50
6.
1,50 – 2,00
7.
0,25 – 0,50
8.
1,50 – 2,00
9.
0,25 – 0,50
10.
--
11.
0,25 – 0,50
12.
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Die Beklagten bestreiten nicht die Durchführung der abgerechneten Arbeiten, lediglich
die hierauf verwendeten Stunden. Insoweit sieht es das Gericht durch das eingeholte
Gutachten als erwiesen an, dass die Kläger für die von ihnen unstreitig durchgeführten
Arbeiten jedenfalls 7 Arbeitsstunden verwandt haben. Dabei war nicht der von der
Sachverständigen ermittelte Höchstwert oder der Mittelwert zu berücksichtigen.
Vielmehr steht lediglich der von der Sachverständigen angegebene Mindestzeitaufwand
als erwiesen fest. Schließlich waren nicht die von der Sachverständigen ermittelten
Mindeststunden zu addieren. Vielmehr können die Kläger nur dann die ermittelten
Mindeststunden den Beklagten entgegen halten, wenn sie selbst eine entsprechende
Stundenzahl abgerechnet haben. Bleibt die abgerechnete Stundenzahl der Kläger
hinter der jeweils ermittelten Mindeststundenzahl zurück, so kann auch nur die
tatsächlich abgerechnete Arbeitszeit den Beklagten entgegen gehalten werden.
Insoweit ist zu berücksichtigten, dass die Kläger in den entsprechenden Fällen selbst
einen nur geringeren Zeitaufwand behaupten. Das Gutachten ist nur geeignet, den
Nachweis zu führen, dass die durch die Kläger berechneten Stunden auch tatsächlich
angefallen sind. Hingegen kann das Gutachten keinen über die konkrete Abrechnung
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hinausgehenden Anspruch begründen. Insoweit ergibt sich folgende Berechnung:
Nr.
abgerechnete
Stundenzahl Kläger
Zeitrahmen
lt. SV
nachgewiesene/abzurechnende
Stundenzahl
1.
1,50
3,00 – 4,25
1,50
2.
0,50
0,50
0,50
3.
0,50
0,25
0,25
4.
2,00
0,50
0,50
5.
0,25
0,25
0,25
6.
2,00
1,50
1,50
7.
0,50
0,25
0,25
8.
4,00
1,50
1,50
9.
0,50
0,25
0,25
10.
0,50
---
---
11.
0,25
0,25
0,25
12.
0,50
0,25
0,25
Gesamt
7,00 Stunden
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Unter Zugrundelegung des wirksam vereinbarten Stundelohns in Höhe von 370,00 €
netto und der entsprechend der Honorarvereinbarung vierfach anzusetzenden Post- und
Telekommunikationspauschale ergibt sich ein Gebührenanspruch der Kläger in Höhe
von 3.097,20 € brutto bei Zugrundelegung einer Mehrwertsteuer in Höhe von 16 %.
Hierauf haben die Beklagten bereits 2.540,00 € gezahlt, es verbleibt eine offene
Restforderung in Höhe von 557,20 €.
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Auf den Einwand der Beklagten, der durch die Kläger abgerechnete Zeitaufwand sei
nicht angemessen, kam es vorliegend nicht an. Eine nicht wirtschaftliche
Betriebsführung begründet allenfalls Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung, lässt
aber den Vergütungsanspruch als solchen unberührt (BGH, Urteil v. 01.02.200, Az. X
ZR 198/97). Darüber hinaus ist aber auch durch das eingeholte Gutachten
nachgewiesen, dass ein Zeitaufwand von jedenfalls 7 Stunden für die unstreitig
durchgeführten Arbeiten erforderlich war. Ein weitergehender Anspruch steht dem
Kläger nach dem oben Gesagten bereits nicht zu.
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Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 ZPO. Zu einem Verzugsbeginn am
18.11.2006 haben die Kläger nicht hinreichend vorgetragen. Die einseitige Bestimmung
einer Zahlungsfrist in der Rechnung vom 02.11.2006 erfüllt nicht den Tatbestand des §
286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, zu einer nachfolgenden Mahnung fehlt es an Vortrag.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert: 2.726,00 €
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