Urteil des AG Bonn vom 08.09.2009

AG Bonn (anlage, forderung, beirat, eigentümer, höhe, ausgabe, verwaltung, rechnungslegung, beleg, oldenburg)

Amtsgericht Bonn, 27 C 73/09
Datum:
08.09.2009
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
27. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 C 73/09
Schlagworte:
Wohnungseigentum, Verwaltung, Vermögensstand, Rechnungslegung,
Belege
Normen:
BGB §§ 666, 259, WEG § 28
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen fehlender
Vermögenspositionen in Höhe von insgesamt 4.709,24 € (Kasse Hausmeister: 134,87 €,
Kasse Beirat: 102,26 €, Forderung gegen Eigentümer: 4.472,11 €).
2
Die Beklagte war im Zeitraum 08.07.1998 bis 31.12.2004 Verwalterin der Klägerin. Zum
31.12.2004 endete die Verwaltertätigkeit. Die Jahresabrechnungen 2001 und 2003
wurden seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht beschlossen. Der frühere
Beirat der Eigentümer, Herr H, hatte im Jahr 2000 oder 2001 von der Beklagten einen
Kostenvorschuss für den Erwerb von Pflanzen in Höhe von umgerechnet 102,26 €
erhalten.
3
Mit dem Verwalterwechsel zum 01.01.2005 gab die Beklagte an die jetzige Verwaltung
sämtliche Unterlagen heraus.
4
Am 30.05.2005, nach Beendigung der Verwaltertätigkeit, übersandte die Beklagte an
die Klägerin eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung für die Zeit vom 01.01.2003 bis
31.12.2003. Ferner überreichte sie eine Vermögensaufstellung zum 31.12.2003 (Anlage
5
K 1, Bl. 15 d.A.). In der Vermögensaufstellung sind in der Spalte "Aktiva" u.a. folgende
Positionen genannt:
Kasse Hausmeister: 134,87 €,
6
Kasse Beirat: 102,26 €,
7
Forderung gegen Eigentümer: 5.074,47 €.
8
Mit Schreiben vom 08.08.2005 (Anlage K 2, Bl. 16 d.A.) forderte die Klägerin die
Beklagte auf, diese Positionen in der Vermögensaufstellung zu erläutern und führte zur
Begründung an, weder der Hausmeister noch der Beirat verfügten über die genannten
Gelder; zudem bestünden auch keine Forderung gegen die Eigentümer in Höhe von
5.074,47 €, sondern lediglich in Höhe von 602,36 €.
9
Auf der Eigentümerversammlung vom 28.04.2008 (Anlage K 3 Bl. 17 f d.A.) beschlossen
die Eigentümer unter TOP 5, die nunmehr klageweise geltend gemachten Beträge
gegen die Beklagte gerichtlich geltend zu machen.
10
Mit Schreiben vom 27.05.2008 (Anlage K 4, Bl. 19 d.A.) und 08.12.2008 (Anlage K 5, Bl.
20 d.A.) forderte die klägerische Verwaltung bzw. der Klägervertreter die Beklagte unter
Fristsetzung auf, die geltend gemachten Differenzen zu erklären und bot an, die
Unterlagen zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen.
11
Mit Schreiben vom 12.12.2008 (Anlage B 1, Bl. 36 d.A.) forderte die Beklagte die
Klägerin auf, die einschlägigen Belege zwecks Überprüfung zur Verfügung zu stellen,
damit die geltend gemachten Ansprüche überprüft werden könnten. Dies erfolgte indes
nicht.
12
Die Klägerin behauptet, die Kassenbestände des Hausmeisters einerseits und des
Beirats andererseits wiesen nicht die im Vermögensstatus als Forderungen genannten
Beträge i.H.v. Kasse Beirat 102,26 € sowie Kasse Hausmeister 134,87 € aus. Das
Beiratsmitglied Herr H habe über den Kostenvorschuss, den es für den Erwerb von
Pflanzen in Höhe von umgerechnet 102,26 € damals erhalten habe, abgerechnet.
13
Es bestünden auch keine Forderungen gegen die Eigentümer i.H.v. 5.074,47 €. Aus den
Jahresabrechnungen 2003 ergebe sich lediglich eine Forderung der Gemeinschaft i.H.v.
insgesamt 602,36 €. Zur Begründung verweist sie auf die Wohngeldabrechnung für den
damaligen Mitarbeiter Prof. J (Anlage K 8, Bl. 62 f d.A.), auf eine Saldenliste mit dem
Stand Ende 2002 (Anlage K 9, Bl. 65 d.A.) sowie auf ein Hausgeldkontostand des
Wohnungseigentümers Prof. J zum 31.12.2002 (Anlage K 10, Bl. 66 d.A.).
14
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte für die genannten Positionen hafte,
da diese von der Beklagten in dem Vermögensstatus aufgestellt worden seien. Da der
Verbleib der Forderung gegenüber den Eigentümern nicht geklärt werden könne, und
gleichermaßen der Verbleib der Gelder aus den Kassen Hausmeister und Beirat
ungeklärt sei, hafte die Beklagte auf die genannten Beträge. Der vorliegende Fall sei der
beleglosen Ausgabe gleichzustellen, da es keinen Unterschied mache, ob für eine
Ausgabe ein Beleg nicht vorhanden sei oder der behauptete Grund für eine Ausgabe
oder eine Forderung der Gemeinschaft unrichtig sei.
15
Die Klägerin beantragt,
16
die Beklagte zu verurteilen, an die 4.709,24 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2008 zu zahlen.
17
Die Beklagte beantragt,
18
die Klage abzuweisen.
19
Die Beklagte bestreitet den behaupteten Fehlbestand in dem Vermögen der Klägerin.
20
Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die aus den nichtbeschlossenen
Einzelabrechnungen des Jahres 2003 saldierten Forderung der Gemeinschaft
gegenüber den Sondereigentümern lediglich i.H.v. 602,36 € bestanden haben. Die in
den Vermögensstatus 2003 genannte Forderung gegen die Wohnungseigentümer i.H.v.
5.074,47 € bestehe nicht lediglich aus den Nachforderungsbeträgen bzgl. des Jahres
2003. Da die Abrechnungen 2003 und 2001 noch nicht beschlossen seien, stünden
noch Nachforderungsbeträge seitens der Wohnungseigentümer aus. Ihr sei zudem auch
nicht bekannt, ob die Abrechnung 1998 und 1999 genehmigt worden seien. Auch
diesbezüglich könnten sich noch Nachforderungsbeträge ergeben.
21
Die Beklagte behauptet zudem, die Hausmeisterkasse sei zutreffend mit einem
Guthabenposten i.H.v. 134,87 €, die Beiratskasse zutreffend mit einem Guthaben i.H.v.
102,26 € in den Vermögensstatus eingestellt worden. Der frühere Beirat Herr H, habe
über den im Jahr 2000 oder 2001 von der Beklagten erhaltenen Kostenvorschuss für
den Erwerb von Pflanzen bis zur Abgabe der Verwaltung nicht abgerechnet oder
zurückgezahlt , so dass der Differenzbetrag noch offen stünde.
22
Die Beklagte behauptet ferner, dass die Hausmeisterkasse zu Recht mit einem
Guthaben gebucht worden sei. Die dort genannte Vorschusszahlung sei bis zum
Verwaltungsende der Beklagten nicht abgerechnet worden.
23
Die Beklagte ist zudem der Auffassung, die Klägerin hätte im einzelnen darlegen
müssen, wann und in welcher Höhe und an wen Verfügungen aus dem
Gemeinschaftsvermögen seitens der Beklagten vorgenommen worden seien, für die ein
Beleg nicht vorhanden sei. Sämtliche Abgänge des für die Klägerin geführten
Treuhandkontos seien von der Beklagten gebucht worden und mit einem Beleg
versehen worden. Die Zahlungsvorgänge seien sämtlich sach- und fachgerecht
gewesen.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.Juli 2009 (Bl.
55 f d.A.) verwiesen.
25
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
26
Die zulässige Klage ist unbegründet.
27
Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, gegen die Beklagte einen Schadensersatz
wegen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung zu haben. Die Klägerin hat nicht
substantiiert dargelegt, einen Schaden infolge einer möglicherweise fehlerhaften
28
Erstellung des Vermögensstatus bzw. wegen nicht belegter Ausgaben gegen die
Beklagte als ehemalige Verwalterin gem. §§ 280, 249 ff BGB erlitten zu haben.
Zwar ist die Beklagte als ehemalige Verwalterin gem. §§ 666, 259 BGB bei Beendigung
ihrer Tätigkeit verpflichtet gewesen, der Wohnungseigentümergemeinschaft Rechnung
zu legen. Die Rechnungslegung dient der Kontrolle der Geschäftsführungstätigkeit des
Verwalters, der als Treuhänder der Wohnungseigentümer fremdes Vermögen verwaltet
und durch die Rechnungslegung nachweisen muss, dass er dies treu und
ordnungsgemäß getan hat. Daraus folgt, dass der ausscheidende Verwalter unter
Beifügung der entsprechenden Belege alle Einnahme und Ausgaben verständlich und
nachvollziehbar darlegen muss. Ausgaben, die der Verwalter nicht belegen kann,
werden dabei nicht anerkannt. Dadurch entstehende Fehlbeträge hat der Verwalter der
Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich auszugleichen (Gottschalk in
Weitnauer, WEG, 9.Auflage, § 28, RdNr. 37).
29
Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren allein durch Vorlage des Vermögensstatus
für den Zeitraum 01.01.2003 bis 31.12.2003 (Anlage K 1, Bl. 15 d.A.) auch unter
Berücksichtigung der als Anlage K 8, K 9 und K 10 eingereichten
Wohngeldabrechnung, Saldenlisten und Hausgeldkontoübersichten, indes nicht
substantiiert dargelegt, inwieweit ihr ein Schaden entstanden sei soll.
30
Anders als in dem vom Oberlandesgericht Oldenburg entschiedenen Rechtsstreit (OLG
Oldenburg, Beschluss vom 18.10.2007, AZ. 6 W 28/07) hat die Klägerin nicht
substantiiert und im einzelnen dargelegt, inwieweit eine Ausgabe seitens der Beklagten,
d.h. eine Geldentnahme vom Bestand des WEG-Vermögens nicht durch einen Beleg
seitens der Beklagten nachprüfbar bzw. nachvollziehbar ist. Die Klägerin hat einzig
dargelegt, dass es - was zwischen den Parteien streitig ist - nicht zutreffend sei, dass
insgesamt eine Forderung gegen Eigentümer per 31.12.2003 i.H.v. 5.047,47 €
bestanden habe. Sie hat vorgetragen, dass sie nicht nachvollziehen könnte, inwieweit
eine derartige Forderung gegen Eigentümer bestehe. Für sie sei allein ein - zwischen
den Parteien streitiger - Nachforderungsbetrag aus den nicht beschlossenen
Abrechnungen gegenüber den Wohnungseigentümern i.H.v. 602,36 € nachvollziehbar.
Allein aufgrund diesen Vortrags ist indes nicht dargetan, inwieweit der Klägerin ein
Schaden entstanden sein soll bzw. inwieweit der geltend gemachte Betrag (5.074,47 €
abzüglich 206,36 €) im Vermögen der Klägerin fehlen soll. Um einen derartigen
Schadensersatzanspruch geltend zu machen, hätte die Klägerin vielmehr im Einzelnen
darlegen müssen, wie hoch der Anfangs- und der Endbestand des Vermögens bei
Beginn bzw. Beendigung der Verwaltertätigkeit der Beklagten gewesen ist und dass der
genannte Betrag als Differenz zwischen Anfangs- und Endbestand tatsächlich im
Vermögen fehle. Wahlweise hätte sie einzelne Positionen, die von der Beklagten als
Ausgabe deklariert worden sind, benennen können und angeben können, dass
diesbezüglich entsprechende Belege fehlten. Allein der Rückgriff auf eine
Forderungsposition unter dem Stichwort "Aktiva" im Rahmen einer
Vermögensaufstellung reicht zur Begründung des Schadensersatzanspruches nicht
aus.
31
Gleiches gilt für die seitens der Klägerin geltend gemachten Beträge für "Kasse
Hausmeister" i.H.v. 134,87 € und "Kasse Beirat" i.H.v. 102,26 €. Auch hier hat die
Klägerin nicht dargelegt, dass diese Beträge vom Vermögen der Klägerin zu Unrecht
entnommen worden sind bzw. dass diese seitens der Beklagten als - nicht belegte -
Ausgaben gebucht worden sind. Die Klägerin hat nicht einmal bestritten, dass die
32
Beklagte die genannten Beträge ursprünglich an den Hausmeister bzw. an den Beirat
ausgezahlt hat. Der Vortrag begrenzt sich allein darauf, dass die genannten Gelder nun
nicht mehr vorhanden seien. Damit ist aber nicht vorgetragen, dass seitens der
Beklagten eine Ausgabe getätigt worden sei, die nicht belegt ist. Vielmehr wird nur
geltend gemacht, dass die Aktiva-Position in der Vermögensaufstellung nicht
nachvollziehbar sei.
Bei alledem ist auch zu berücksichtigen, dass sämtliche Belege und Unterlagen - was
zwischen den Parteien unstreitig ist - im Besitz der Klägerin sind. Anders als in dem vom
OLG Oldenburg (Beschluss vom 18.10.2007, AZ: 6 W 28/07) entschiedenen Fall hat die
Klägerin hier nicht behauptet, über die Belege nicht zu verfügen. Der Vortrag beschränkt
sich darauf, geltend zu machen, dass es nicht ihre Aufgabe sei, sämtliche Belege und
Einzelausgaben zu überprüfen. Dies ist zwar grundsätzlich richtig, da die
Rechnungslegungspflicht die ehemalige Verwalterin und nicht die neue Verwaltung trifft.
Dies führt indes nicht dazu, dass die Klägerin sodann Schadensersatzansprüche allein
aufgrund ihr nicht verständlicher Positionen in der Vermögensaufstellung geltend macht,
ohne dabei im Übrigen der Beklagten die Möglichkeit der Einsichtnahme und
Überprüfung anhand der Belege zu geben. Es steht der Klägerin frei, für den Fall, dass
sie der Auffassung ist, dass die Rechnungslegungspflicht seitens der Beklagten nicht
ordnungsgemäß ausgeführt worden ist, ihr eine Frist zur Rechnungslegung zu setzen
und bei Ablauf die Rechnungslegung selbst, unter Entstehung eines entsprechenden
Schadensersatzanspruches, vorzunehmen (siehe nur OLG Düsseldorf, Beschluss vom
04.11.2002, AZ: 3 Wx 194/02; OLG München, Beschluss vom 20.07.2007, 32 Wx 93/07).
Anhand der ordnungsgemäßen Rechnungslegung wäre die Klägerin dann in der Lage,
konkrete, nicht belegte Ausgaben oder Differenzbeträge ausfindig zu machen und im
Einzelnen konkret gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Die bloße
Bezugnahme auf die Vermögensübersicht ist indes nicht ausreichend
33
Mangels Begründetheit der Hauptforderung war auch der geltend gemachte
Zinsanspruch abzuweisen.
34
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
35