Urteil des AG Bonn vom 05.07.2006

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Amtsgericht Bonn, 5 C 5/06
Datum:
05.07.2006
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
5. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 C 5/06
Nachinstanz:
Landgericht Bonn, 6 S 191/06
Schlagworte:
Schönheitsreparaturen, Schadensersatz insbesondere wegen Rauchen
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, 1442,53 Euro an die Kläger als
Gesamtgläubiger nebst Zinsen in Höhe von 1 % hieraus für den
Zeitraum vom 06.08.2002 bis 30.04.2003 und in Höhe von 0,5 % Zinsen
für den Zeitraum vom 01.05.2003 bis 31.03.2005, sowie 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.04.2005 zu
zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 83 % und den
Klägern als Gesamtschuldnern zu 17 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Kläger gegen
Sicherheitsleis-tung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden
Betrages.
Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des aus dem Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden,
wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit
leistet.
[Der vorstehende Absatz entspricht der wegen offensichtlicher
Unrichtigkeit durch Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 01.08.2006 -
gl. Az. - berichtigten Fassung.]
Tatbestand:
1
Die Kläger begehren nach Beendigung eines vormals zwischen den Parteien
bestehenden Mietverhältnisses von der Beklagten Rückzahlung der von ihnen zu
Vertragsbeginn geleisteten Barkaution. Gegen diesen Anspruch rechnet die Beklagte
mit Gegenforderungen wegen schlecht ausgeführter Schönheitsreparaturen bzw. mit
Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache auf.
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Gemäß Mietvertrag vom 13.07.2002 vermietete die Beklagte mit Wirkung zum
01.08.2002 die im Hause T-Straße ##, ##### C3 im Erdgeschoss rechts gelegene
Wohnung an die Kläger. Das Mietverhältnis endete zum 31.07.2004.
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Nach dem Mietvertrag sind die Mieter verpflichtet, während der Mietzeit nach
vorgegebenen Fristen Schönheitsreparaturen durchzuführen. Wegen der Einzelheiten
wird auf § 11 Nr.1 des Mietvertrages Bezug genommen. § 11 Nr. 5 des Mietvertrages
enthält darüber hinaus u.a. folgenden Zusatz: " Bitte möglichst nicht rauchen."
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Die Kläger leisteten am 06.08.2002 eine Sicherheitsleistung in Höhe von 1710,00 Euro.
Gemäß § 4 Nr. 2 und 3 Mietvertrages ist die Sicherheit auf einem Sparkonto zu
hinterlegen und mit den jeweils geltenden Sätzen für Spareinlagen mit 3-monatiger
Kündigungsfrist zu verzinsen.
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Mit Schreiben vom 25.01.2005 rechnete die Beklagte die Kaution ab und erklärte die
Aufrechnung mit Renovierungskosten in Höhe von 1969,56 Euro. Der
Kautionsabrechnung war als Anlage beigefügt eine Rechnung der Firma NN S GmbH
vom 23.12.2004 über Maler- und Tapezierarbeiten, die sich auf den Betrag in Höhe von
1969,56 Euro belief. Mit Schreiben des Mietervereins vom 16.03.2005 wurde die
Beklagte zur Rückzahlung der Kaution unter Fristsetzung bis zum 31.03.2005
aufgefordert. Eine Rückzahlung der Kaution erfolgte nicht.
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Im Prozess hat die Beklagte mit weiteren Schadensersatzansprüchen aufgerechnet.
Zum einen wurde die Aufrechnung gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch in
Höhe von 85,67 Euro erklärt. Gegenstand der Aufrechnung war eine Rechnung der
Firma C I GmbH vom 14.10.2003 für den Ersatz von 2 Trecorn - Chromoberteilen an der
Waschbeckenarmatur des Bades. Darüber hinaus erklärte die Beklagte die Aufrechnung
mit einem Betrag von 55,90 Euro für den Austausch der Schlösser der beiden Türen
zum ersten und zweiten Zimmer rechts in der Wohnung.
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Die Beklagte ist der Ansicht, die Kläger seien verpflichtet die sich aus der Rechnung der
Firma S vom 23.12.2004 ergebenden Kosten für Maler- und Tapezierarbeiten zu tragen.
Hierzu behauptet sie, die Kläger hätten zum einen die nach § 11 des Mietvertrages
geschuldeten Renovierungsarbeiten in der Wohnung nicht fachgerecht durchgeführt. So
hätten die Kläger die Wände in der Küche sowie in den beiden Zimmer rechts nicht
deckend gestrichen, so dass ein Nachanstrich erforderlich gewesen sei. Zum anderen
behauptet die Beklagte, sämtliche Wände und Decken im ersten kleinen Zimmer rechts,
sowie auch im zweiten kleinen Zimmer rechts seien durch Zigarettenqualm stark vergilbt
gewesen. Der Zigarettengeruch habe sich in die Tapeten eingefressen. Aufgrund der
Rauchvergilbungen sei ein bloßer Neuanstrich nicht ausreichend gewesen, vielmehr
hätten sämtliche Tapeten entfernt und anschließend neu mit Tapete verklebt werden
müssen. Die Beklagte behauptet weiter, sämtliche 6 Türen der Wohnung seien durch
das starke Rauchen vergilbt gewesen, so dass sie hätten lackiert werden müssen.
Zudem hätten sowohl die Tür zum zweiten Zimmer rechts Schlagstellen innen unten,
sowie in der Leibung und nach außen aufgewiesen, die Küchentüre Schlagstellen im
Schlossbereich außen. Die Beklagte behauptet schließlich, die Kläger hätten die
Schlösser der beiden Türen zum ersten und zweiten Zimmer rechts beschädigt, so dass
diese nicht mehr funktionsfähig gewesen seien und ausgetauscht werden mussten, für
den Erwerb und den Einbau der neuen Schlösser durch den Zeugen C2 seien Kosten in
Höhe von insgesamt 55,90 Euro entstanden.
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Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 21.04.2006 die Aufrechnung der Beklagten
betreffend den Ersatz der Chromoberteile für die Waschbeckenarmatur in Höhe von
58,67 Euro sowie die zur Aufrechnung gestellten Kosten für die Beseitigung von
Schlagstellen an 2 Zimmertüren in Höhe von 208,80 Euro akzeptiert und die Klage in
Höhe von 267,47 Euro zurück genommen. Im Übrigen bestreiten die Kläger die
Behauptungen der Beklagten. Sie sind der Ansicht, sie seien zu Schönheitsreparaturen
nicht verpflichtet gewesen, da die in § 11 des Mietvertrages vorgesehene Klausel als
sogenannte "starre" Fristenregelung unwirksam sei. Gleichwohl hätten sie die
Wandanstricharbeiten fachgerecht durchgeführt. Eine Verfärbung und Vergilbung der
Türen habe bei Auszug nicht vorgelegen. Die Kläger behaupten, die beiden
Türschlösser zu den beiden rechts gelegenen Zimmern seien von Anfang an nicht zu
verschließen gewesen, da die Riegel mit Lackierfarbe überstrichen gewesen seien. Im
Übrigen hätten sie, da die Zimmerschlüssel für diese Türen während der Mietzeit
abhanden gekommen waren, bei Übergabe der Wohnung an die Beklagte dieser 2 neue
Schlüssel für diese Türen übergeben, was von dieser auch akzeptiert worden sei.
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Die Kläger beantragen,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger einen
Betrag in Höhe von 1452,53 Euro nebst Zinsen in Höhe von 1 % hieraus
für den Zeitraum vom 06.08.2002 bis 30.04.2003 und in Höhe von 0,5 %
für den Zeitraum vom 30.04.2003 bis 31.03.2005, sowie 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.04.2005 zu
zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Es wird insoweit
auf das Sitzungsprotokoll vom 14.056.2006 Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet.
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Den Klägern steht gegenüber der Beklagten nach Beendigung des Mietverhältnisses
ein Anspruch auf Rückzahlung der Kaution i. H. des nunmehr geltend gemachten
Betrages von 1422,53 Euro zu.
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Über die von den Klägern anerkannten Gegenansprüche in Höhe von 58,67 Euro für
den Ersatz der Chromoberteile der Waschbeckenarmatur und 208,80 Euro für die
Beseitigung der Schlagstellen an 2 Zimmertüren stehen der Beklagten keine
aufrechenbaren Ansprüche gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch zu.
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Ein Anspruch der Beklagten auf Ersatz der Kosten der von der Firma S durchgeführten
Maler- und Tapezierarbeiten ergibt sich weder vor dem Hintergrund der behaupteten
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Schlechtausführung von Schönheitsreparaturen noch vor dem Hintergrund der
behaupteten Schäden durch übermäßiges Abnutzen der Mietsache infolge starken
Rauchens.
Die Beklagten waren zur Vornahme von Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet. Die
formularvertragliche Regelung in § 11 des Mietvertrages ist als starre Fristenregelung –
worauf bereits mit Verfügung vom 06.02.2006 hingewiesen wurde – unwirksam. Die
formularvertragliche Vereinbarung verbindlicher Renovierungsfristen ohne Rücksicht
auf einen tatsächlich bestehenden Renovierungsbedarf ist mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
nicht zu vereinbaren. Es verstößt gegen Treu und Glauben, dem Mieter eine höhere
Instandhaltungsverpflichtung aufzuerlegen, als der Vermieter dem Mieter ohne
vertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB
schulden würde (BGH WuM 2004, 463 (464)).
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Wenn der Mieter in einem solchen Fall gleichwohl Malerarbeiten ausführt, so kommt ein
Schadensersatz wegen Schlechtausführung derselben nur dann in Betracht, wenn dem
Vermieter durch die Art der Ausführung ein Aufwand entsteht, den er bei unterlassenen
Arbeiten nicht gehabt hätte (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Auflage, § 538 Rdn. 335 ff.
mit weiteren Nachweisen). Daran fehlt es hier. Der von der Beklagten behauptete nicht
deckende Anstrich in der Küche und den beiden Zimmern rechts führte nicht zu einem
über die üblichen Schönheitsreparaturen hinausgehenden Aufwand, da
Anstricharbeiten unstreitig ohnehin hätten vorgenommen werden müssen. Die Beklagte
wurde also hierdurch nicht schlechter gestellt als es bei komplett unterlassener
Ausführung von Schönheitsreparaturen der Fall gewesen wäre.
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Der Beklagten steht auch kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für Maler- und
Tapezierarbeiten vor dem Hintergrund einer behaupteten übervertragsgemäßen
Nutzung des Mietobjektes durch Rauchen zu.
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Ob durch Rauchen verursachte Vergilbungen von Tapeten oder Anstrichen vom
vertragsgemäßen Gebrauch erfasst sind, ist streitig (Vergleiche zum Meinungsstand:
Schmidt-Futterer, a.a.O., § 538 Rdn. 108).
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Nach Auffassung des Gerichts stellt Rauchen in der Wohnung keine
schadensersatzauslösende Pflichtverletzung dar, sondern ist vom vertragsgemäßen
Gebrauch gedeckt (so auch: LG Köln WuM 2001, 467 ff.; LG Hamburg WuM 2001, 469;
LG Berlin Grundeigentum 2004, 1096; AG Esslingen ZMR 2005, 199 ff.; AG
Frankenberg ZMR 2003, 848; ebenso nun auch BGH, Urteil vom 28.6.2006 – VIII ZR
124/05, bislang nicht veröffentlicht, vgl. Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes Nr.
93/2006). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Folgen des Rauchens durch eine bloße
malermäßige Neudekoration beseitigt werden können.
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Rauchen führt wie andere Lebensgewohnheiten, etwa häufiges Kochen oder ständige
Beleuchtung mit Kerzenlicht unstreitig zu einer stärkeren Abnutzung der
Wanddekoration. Gleichwohl stellen diese Tätigkeiten keine Vertragsverletzung dar,
deren Unterlassung der Vermieter verlangen könnte. Ein solcher Anspruch ergibt sich
vorliegend auch nicht aus § 11 Nr. 5 S. 4 des Mietvertrages, da nur "möglichst" nicht
geraucht werden soll. Im Übrigen können Nikotinvergilbungen von Tapeten und Türen
mit einer malermäßigen Neudekoration ohne weiteres behoben werden. Je nach
Intensität der Vergilbung fallen nur die Vorarbeiten aufwendiger aus, weil durch
zusätzliche Grundierungen oder einen Sperranstrich verhindert werden muss, dass die
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Vergilbungen nach der Dekoration wieder durchschlagen. Die Entfernung von
Rauchschäden gehört damit zum Bereich der Schönheitsreparaturen und nicht zu dem
der Schäden. Dem steht vorliegend auch nicht der Einwand der Beklagten entgegen,
der Zigarettenqualm habe sich in die Tapeten eingefressen, so dass diese haben
entfernt werden müssen. Ein einfaches Überstreichen mag in der Tat nicht ausreichend
gewesen sein, um ein Durchschlagen von Nikotinverfärbungen zu verhindern.
Ausreichend zur Behebung von Vergilbungen wäre aber die malermäßige Bearbeitung
durch eine zusätzliche Grundierung oder einen Sperranstrich gewesen. Der Umstand,
dass die Beklagte die Tapeten statt dessen entfernen ließ, ist nach den obigen
Ausführung nicht geeignet eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung
der Kläger zu begründen.
Der Beklagten steht schließlich auch kein aufrechenbarer Gegenanspruch in Höhe der
für den Austausch der beiden Zimmertürschlösser aufgewandten Kosten zu. Nach den
übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen C2 und T funktionierte der
Schließmechanismus an beiden Schlössern während der Mietzeit nicht, da diese mit
Farbe verklebt waren. Diese Lackreste waren auch nicht etwa durch die Kläger
verursacht worden, da diese unstreitig während der Mietzeit keinerlei Lackierarbeiten an
den Türen vorgenommen haben. Der Umstand, dass die von den Klägern übergebenen
Zimmerschlüssel auf das Schloss nicht passten, ist nicht geeignet, einen
Schadenersatzanspruch der Beklagten zu begründen. Ließen sich nämlich die
Schlösser auch mit den ursprünglich vorhandenen Schlüsseln – und sei es nur wegen
der Lackierreste am Riegel – nicht schließen, so kann nicht festgestellt werden, ob die
ursprünglich vorhandenen Schlüssel überhaupt passend für die Schlösser waren.
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Die Zinsforderung ergibt sich aus § 4 Nr. 2 und 3 des Mietvertrages, ab dem 01.04.2005
aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 269 Abs. 3 ZPO, 709, 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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Streitwert:
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bis 22.04.2006: 1747,82 Euro
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danach: 1442,53 Euro
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