Urteil des AG Bochum vom 30.10.2008

AG Bochum: verwaltung, versammlung, mieter, vollstreckung, stimmrecht, meinung, datum, sicherheitsleistung

Amtsgericht Bochum, 94 C 26/08
Datum:
30.10.2008
Gericht:
Amtsgericht Bochum
Spruchkörper:
94. Abteilung des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
94 C 26/08
Tenor:
hat das Amtsgericht Bochum
auf die mündliche Verhandlung vom 30.10.2008
durch den Richter am Amtsgericht
für Recht er¬kannt:
Der in der Eigentümerversammlung vom 23.07.2008 unter TOP 9
gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, jedoch
dürfen die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v.
110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht vor der
Vollstreckung die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in
Bochum. In der Eigentümerversammlung vom 23.07.2008 beschloss die
Gemeinschaft unter TOP 9 mehrheitlich, dass zukünftig auch den
Mietern die Möglichkeit eingeräumt werden soll, an den
Eigentümerversammlungen teilzunehmen.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Beschluss sei entweder nichtig oder
entspreche keiner ordnungsgemäßen Verwaltung, da grundsätzlich die
Teilnahme Dritter an den Wohnungseigentumsversammlungen
ausgeschlossen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss zu TOP 9 der Eigentümerversammlung vom
23.07.2008 aufzuheben, da dieser nichtig, ersatzweise an-
fechtbar ist.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, eine Öffentlichkeit der
Wohnungseigentümerversammlung sei gleichwohl nicht gegeben, da
der zusätzliche Personenkreis nicht unbeschränkt sei. Darüber hinaus
sollte den Mietern aus Vereinfachungsgründen in der Versammlung die
Möglichkeit gegeben werden, ihre Anliegen vorzutragen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass der unter TOP 9 gefasste
Beschluss für ungültig erklärt wird, da er keiner ordnungsgemäßen
Verwaltung entspricht. Gemäß § 23 Abs. 1 WEG werden die
Angelegenheiten der Wohnungseigentümer „durch Beschlussfassung in
einer Versammlung der Wohnungseigentümer“ geregelt. Der Beschluss
der Gemeinschaft, grundsätzlich auch Mieter, d.h. Dritte, an den
Versammlungen teilnehmen zu lassen, ist zwar nicht nichtig, da die
Regelung des § 23 Abs. 1 WEG in diesem Punkte abdingbar ist,
gleichwohl entspricht der Beschluss aber keiner ordnungsgemäßen
Verwaltung.
Nachdem die Beklagten zunächst vorgetragen haben, die Mieter sollten
bei der Teilnahme weder ein Rede- noch ein Stimmrecht haben, tragen
sie nun vor, dass den Mietern die Möglichkeit eingeräumt werden solle,
ihre Anliegen vorzutragen. Dies würde insbesondere zu einer
Vereinfachung für die Wohnungseigentümer führen, die ihr
Sondereigentum vermietet haben.
Entsprechend der vorgelegten Eigentümerliste (Bl. 13 d.A.) besteht die
Gemeinschaft aus 53 Einheiten. Dies bedeutet, dass
Wohnungseigentumsversammlungen ohnehin nur unter erschwerten
Bedingungen durchgeführt werden können. Dies gilt um so mehr, als
jedem Wohnungseigentümer die Möglichkeit gegeben werden muss,
innerhalb einer Versammlung seine Meinung zu äußern. Wenn nun
zusätzlich eine nicht überschaubare, wenn auch nicht ziffernmäßig
unbeschränkte, Anzahl von Mietern auch noch teilnehmen sollen, würde
eine Eigentümerversammlung derart unübersichtlich werden, dass
letztlich die Abhaltung und Teilnahme sowohl für die Verwaltung als
auch die Wohnungseigentümer nicht mehr überschaubar oder zumutbar
ist. Daher ist gerade
bei größeren Wohnungseigentumsanlagen eine Teilnahme Dritter an
den Versammlungen nicht zuzulassen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.