Urteil des AG Bochum vom 05.02.2008

AG Bochum: abtretung, verkehrsunfall, sachverständigenkosten, niederlassung, wiederherstellung, werkvertrag, zustand, vermieter, befragung, sachverständigenvergütung

Amtsgericht Bochum, 63 C 389/07
Datum:
05.02.2008
Gericht:
Amtsgericht Bochum
Spruchkörper:
63. Abteilung des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
63 C 389/07
Tenor:
hat das Amtsgericht Bochum
gemäß § 495 a ZPO ohne mündliche Verhandlung
aufgrund des Sachstandes vom 25.01.2008
am 05.02.2008
durch den Richter am Amtsgericht
für R e c h t erkannt:
I. Die Beklagen werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
115,86 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen
Basiszinssatz
seit dem 04.07.2007 zu zahlen.
II. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Absatz 1
ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Zulässigkeit der Klage steht § 10 Absatz 1 Nr. 1 GüSchlG NW a.F.
nicht entgegen. Denn ein Schlichtungsversuch ist gemäß § 11 GüSchlG
NW nur erforderlich, wenn die Parteien in demselben Landgerichtsbezirk
wohnen oder ihren Sitz oder eine Niederlassung haben. Hierzu haben
die Beklagten zwar vorgetragen, die Beklagte zu 2) habe eine
Niederlassung bzw. Filiale in Bochum. Der Begriff der Niederlassung im
Sinne von § 11 GüSchlG NW ist jedoch ebenso zu verstehen, wie in §
21 ZPO. Erforderlich wäre es deshalb, dass von der Filiale in Bochum
aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden. Dies haben die
Beklagten trotz eines Hinweises des Gerichts in der Verfügung vom
22.11.2007 jedoch nicht dargelegt.
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten aus dem Verkehrsunfall vom
11.06.2007 aus abgetretenem Recht des Geschädigten gemäß §§ 7
StVG, 3 PflVG einen Anspruch auf Zahlung restlicher
Sachverständigenkosten in Höhe von 115,86 Euro. Der Geschädigte
war nach dem Verkehrsunfall dazu berechtigt, ein
Sachverständigengutachten über die Höhe seines Fahrzeugschadens
einzuholen. Für das Gutachten hat der Kläger unter dem 25.06.2007
533,72 Euro berechnet; darauf hat die Beklagte zu 2) vorgerichtlich
417,86 Euro gezahlt. Die restliche Forderung in Höhe von 201,69 Euro
ist berechtigt.
Nach der Entscheidung des BGH vom 23.01.2007 (NJW 2007, 1450)
kann nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich ein in Relation zur
Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher
Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Absatz 2 BGB verlangt
werden. Wahrt der Geschädigte bei der Einholung des Gutachtens den
Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der
Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine
Preiskontrolle durchzuführen (BGH a.a.O.). Nach diesen Maßstäben
kommt es in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht darauf an, ob die vom
Kläger dem Geschädigten im Rahmen des geschlossenen Werkvertrags
berechneten Sachverständigenkosten überhöht sind, weil sie nicht im
Sinne von § 632 Abs. 2 BGB üblich sind, oder –sofern eine übliche
Vergütung nicht feststellbar ist- nicht mehr billigem Ermessen im Sinne
von § 315 Abs. 1 BGB entsprechen (vgl. dazu BGH NJW 2006, 2472).
An dieser Beurteilung ändert sich nichts dadurch, dass der Anspruch
nicht vom Geschädigten, sondern aufgrund einer Abtretung vom
Sachverständigen selbst geltend gemacht wird. Denn Gegenstand der
Abtretung ist der Schadensersatzanspruch und nicht etwa der dem
Kläger gegen den Geschädigten zustehende Werklohnanspruch, so
dass auch für den Anspruch aus abgetretenem Recht lediglich
entscheidend ist, ob dem Geschädigten ein entsprechender Anspruch
gegen die Beklagten zustand (vgl. OLG Naumburg, NJW-RR 2006,
1029). Einwendungen aus dem Werkvertrag zwischen dem Kläger und
dem Geschädigten könnten die Beklagten nur aufgrund einer Abtretung
des Geschädigten geltend machen (vgl. Naumburg a.a.O. mit
Nachweisen); eine Abtretung haben die Beklagten jedoch nicht
behauptet. Der BGH hat auch in seiner Rechtsprechung zur
Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten darauf hingewiesen, dass es
im Verhältnis zwischen Geschädigtem und Schädiger nicht darauf
ankommt, ob dem Geschädigten gegenüber dem Vermieter des
Ersatzfahrzeugs Ansprüche im Zusammenhang mit der Tarifgestaltung
zustehen; die er einer Forderung des Vermieters auf Zahlung des
Mietzinses entgegenhalten könnte; im Verhältnis zum Schädiger spielt
dies angesichts der Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB keine Rolle
(BGH NJW 2005, 1043; BGH VersR 2007, 1577). Aus der von den
Beklagten herangezogenen Entscheidung des OLG Hamm (RuS 1999,
279 = VersR 2001, 249) folgt im Übrigen nicht, dass der Schädiger dem
Sachverständigen, der Gutachterkosten aus abgetretenem Recht
geltend macht, unmittelbar und ohne Abtretung von Ansprüchen des
Geschädigten Einwendungen aus dem Werkvertrag entgegenhalten
kann. In jenem Rechtsstreit ging es nicht um die Geltendmachung eines
Anspruchs des Sachverständigen aus abgetretenem Recht, sondern um
die Geltendmachung des Anspruchs durch den Geschädigten. Das
Gericht hat ausgeführt, in einer nachfolgenden Auseinandersetzung
zwischen dem Schädiger und dem Sachverständigen könne eine vom
Geschädigten geschuldete Abtretung erforderlich werden.
Für die Frage, ob der Geschädigte sich bei der Einholung des
Gutachtens im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen
gehalten hat, ist maßgeblich, ob er unter Berücksichtigung seiner
individuellen Kenntnis- und Einflussmöglichkeiten in vorwerfbarer Weise
überhöhte Sachverständigenkosten verursacht hat. Hierfür liegen jedoch
keine Anhaltspunkte vor. Anders als bei der Einanspruchnahme eines
Mietfahrzeugs ist es einem Geschädigten im Vorhinein praktisch kaum
möglich, Preisvergleiche zwischen verschiedenen Sachverständigen
anzustellen. Tarifübersichten gibt es nicht; die Mehrzahl der
Sachverständigen trifft keine Honorarvereinbarungen. Die Höhe der
Sachverständigenvergütung hängt von der Höhe des
Fahrzeugschadens ab und wird ebenso wie letzterer vom
Sachverständigen erst nach der Begutachtung beziffert. Ob der
Sachverständige ein eindeutig überhöhtes Honorar berechnet, ist für den
Geschädigten im allgemeinen nicht erkennbar; dieser darf mangels
gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgehen, dass der
Sachverständige sich bei der Berechnung seines Honorars im Rahmen
des Üblichen hält. Insbesondere ist es dem Geschädigten auch nicht
zuzumuten, es auf einen Rechtsstreit mit dem Sachverständigen über
die Höhe der Vergütung ankommen zu lassen.
Aus diesen Gründen kommt es auf die Frage, ob der Kläger ein
überhöhtes Honorar berechnet hat, nicht an. Der Kläger hat zudem aber
auch durch Vorlage der Honorarbefragung des Bundes der
freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das
Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK) 2005/2006 belegt, dass das von ihm
berechnete Honorar sich im Rahmen der bei dieser Befragung
ermittelten Entgelte bewegt. Dass diese Entgelte im Jahre 2007
erheblich gesunken sein sollen, vermag das Gericht nicht
nachzuvollziehen.
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
Der Zinsanspruch ist begründet gemäß §§ 288, 286 BGB.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Gemäß § 511 Abs. 4 ZPO war die Berufung nicht zuzulassen, weil die in
dieser Vorschrift genannten Voraussetzung nicht vorliegen.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
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