Urteil des AG Bernau vom 28.09.2006

AG Bernau: abberufung, die post, einberufung, verwaltung, ordentliche kündigung, verwalter, wichtiger grund, zugang, versammlung, briefkasten

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Gericht:
AG Bernau
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
34 II 26/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 126 BGB, § 126a BGB, § 667
BGB, § 675 BGB, § 21 Abs 4
WoEigG
Wohnungseigentum: Abberufung eines Verwalters durch das
Gericht
Tenor
1. Die Beschlüsse zu TOP 2 (Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund), TOP 3
(Bestätigung der Beschlüsse zur Beauftragung des Bausachverständigen P.) und TOP 4
(„Sonstiges„) der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.9.2006 werden für
ungültig erklärt.
2. Auf den Gegenantrag wird die Antragstellerin zu 2 als Verwalterin der
Wohnungseigentumsanlage ... in 16321 Bernau abberufen.
3. Zur Notverwalterin wird die Fa. S. berufen.
4. Die Antragstellerin zu 2 wird verurteilt, sämtliche Verwalterunterlagen bezogen auf die
Wohnungseigentumsanlage ... in 16321 Bernau nach Rechtskraft dieses Beschlusses an
die Notverwalterin herauszugeben.
5. Im übrigen werden die Anträge und Gegenanträge zurückgewiesen.
6. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner zu 50 % und
die Antragsgegner zum Rest als Gesamtschuldner. Von der Auferlegung auch der
außergerichtlichen Kosten wird insgesamt abgesehen.
7. Der Gegenstandswert wird insgesamt auf 28.000.- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsstellerin zu 2 ist durch Beschluss vom 25.6.2004 erneut zur Verwalterin der
Wohnanlage ... in 16321 Bernau berufen worden. Auf Blatt 10 und den Verwaltervertrag
auf Blatt 12 ff. wird verwiesen. Sie ist ein Unternehmen der Fa. ..., der Antragstellerin zu
1. Der Geschäftsführer der Antragstellerin zu 2, Herr ..., ist personenidentisch mit einem
Vorstandsmitglied der Antragstellerin zu 1.
Die Antragstellerin zu 1 war ursprüngliche Alleineigentümerin der
Wohnungseigentumsanlage und begründete als Bauträgerin in der Teilungserklärung (Bl.
33 ff.) Wohneigentum. Sie stellte im Jahre 1997 die Gemeinschaftsordnung auf. Auf Blatt
50 ff. wird verwiesen. Sie veräußerte Wohnungseigentumsanteile in der Folgezeit an die
Antragsgegner. Sie ist gegenwärtig Mehrheitseigentümerin und Inhaberin von 35
Wohnungseigentumsrechten. Die Antragsgegner sind hingegen Inhaber von 13
Wohnungseigentumsrechten. Vorliegend ist die Gemeinschaftsordnung abweichend vom
gesetzlichen Stimmrechtsprinzip des § 25 Abs.2 WEG in § 5 j Gemeinschaftsordnung mit
dem sog. Objektprinzip vereinbart, d.h. jedes Wohneigentum hat eine Stimme. Die
Wohnungseigentümergemeinschaft nimmt die Antragstellerin zu 1 vor dem Landgericht
Berlin in der Sache 2 OH 1/04 auf Beweissicherung wegen Baumängeln in Anspruch. Auf
Blatt 128 wird verwiesen.
Mit email vom 19.8.2006 (Bl. 101) forderte der Antragsgegner zu 10 die Verwalterin zur
Einberufung einer außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung auf. Mit email
vom 11.9.2006 forderte der Teamleiter WEG, Herr ..., den Antragsgegner zu 10 die Liste
zur Einberufung an die „Bereichsleitung WEG Verwaltung der DKB … in Potsdam„ zu
senden. Auf Blatt 104 wird verwiesen. Am 8.9.2006 beantragten 5 Eigentümer die
Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung mit dem
Tagesordnungspunkt „Entscheidungsfindung im Rechtsstreit ... vor dem LG„. Auf Blatt
157 d.A. wird verwiesen. Zur Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung
durch die Verwalterin kam es nicht.
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Mit Einladung vom 19.9.2006 (Bl. 19) lud der Antragsgegner zu 10, Herr ..., die
Wohnungseigentümer zur Wohnungseigentümerversammlung am 28.9.2006 ein. Herr ...
ist Vorsitzender des Verwaltungsbeirats.
Als TOP 2 war ein Beschlussantrag wie folgt formuliert: „Die Eigentümergemeinschaft
beruft den Verwalter aus wichtigem Grund ab.„ Auf Blatt 23 des Sitzungsprotokolls wird
verwiesen. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.9.2006 stimmte die
Wohnungseigentümerversammlung über den bereits zitierten Beschlussantrag zu Top 2
ab. Der Versammlungsleiter, Herr ..., stellte folgendes Ergebnis der Abstimmung fest: Ja-
Stimmen: 8, Nein-Stimmen 0 Enthaltungen 0. Der Beschluß wurde versehen mit der
Bemerkung: „die abgegebenen Nein-Stimmen der ... AG wurden entsprechend
Wohneigentumsgesetz nicht mitgezählt.„ Der Beschluß wurde als angenommen
gekennzeichnet.
Der Beschluß zu TOP 3 hat folgenden Wortlaut: „ Die Eigentümergemeinschaft bestätigt
die Beauftragung des Bausachverständigen, Herrn Dipl.-Ing. ... mit der Erstellung eines
Gutachtens. JA-Stimmen: 8 Stimmen, Nein-Stimmen 0 Stimmen, Enthaltungen: 35
Stimmen. Damit ist der Beschlußantrag angenommen.„
TOP 4 hat folgenden Wortlaut: „Durch die Malerfirma ... wurde nach Einberufung der
Eigentümerversammlung angefragt, ob aus optischen Gründen (Verhinderung von
Absätzen am Giebel) eine angemessene andere Farbbeschichtung der Giebelflächen
erfolgen kann, an denen in das WDVS eingegriffen wurde. Die anwesenden Eigentümer
stimmten der Maßnahme zu.„
Mit Schriftsatz vom 27.10.2006, bei Gericht am 30.10.2006 eingegangen, beantragten
die Antragsteller die Feststellung der Ungültigkeit der Beschlüsse zu den Topi 2-4. Auf
Blatt 1 ff. wird verwiesen. Die Antragsteller haben eine einstweilige Anordnung des
Gerichts für Wohnungseigentumssachen erwirkt. Auf Blatt 66 ff wird verwiesen. Mit
Schreiben vom 6.11.2006 (Bl. 233 ) beantragten 8 Eigentümer die Einberufung einer
außerordentlichen Eigentümerversammlung mit dem Tagesordnungspunkt 2
„Abberufung des Verwalters„. Dieses Schreiben ist der Antragstellerin zu 2 zeitnah
zugegangen.
Am 10.11.2006 berief die Antragstellerin zu 2 eine weitere außerordentliche
Eigentümerversammlung zum 22.11.2006 ein. Auf Blatt 234 wird verwiesen. Als einziger
Tagesordnungspunkt war aufgeführt:„ Beschlussfassung zur Sonderumlage
gutachterlicher Kosten„. Auf Blatt 235 wird verwiesen. Am 7.1. 2007 erfolgte ein
erneutes Einberufungsverlangen mit dem TOP 2 „Abberufung des Verwalters aus
wichtigem Grund„ von 8 Eigentümern. Auf Blatt 298 f. wird verwiesen. Am 5.2.2007
führte die Antragstellerin zu 2 eine außerordentliche Wohnungseigentümerversammlung
durch. In der Einladung war nun der Tagesordnungspunkt „Abberufung des Verwalters„
aufgenommen. Nach fernmündlicher Auskunft des Antragsgegners zu 10 stimmten 12
Eigentümer für die Abberufung, die Antragstellerin zu 1 mit ihren 35 Stimmen stimmte
gegen den Antrag. Ferner gab es eine Enthaltung.
Die Antragstellerin behauptet, ihr sei das Einberufungsverlangen vom 8.9.2006 nicht
zugegangen. Von einer Weigerung zur Durchführung der Eigentümerversammlung mit
dem Tagesordnungspunkt „Abberufung des Verwalters„ könne keine Rede sein. Dies
zeige schon die Anberaumung eines Versammlung mit diesem Tagesordnungspunkt am
5.2.2007. Sie ist der Meinung, dass die in der Versammlung vom 28.9.2006 gefassten
Beschlüsse unwirksam seien.
Die Antragsteller beantragen,
1. die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 28.9.2006 zu TOP 2,3 und 4 für
ungültig zu erklären.
2.Festzustellen, dass der von der Antragstellerin zu 2 mit der
Wohnungseigentümergemeinschaft Elbestrasse 87 – 93 in 16321 Bernau geschlossene
Verwaltervertrag vom 16.8.2003 nebst Verlängerung ab dem 1.1.2005 mangels einer
wirksamen Kündigung nicht beendet wurde und, wie im Vertrag vorgesehen, fortläuft bis
zum 31.12.2007.
3. Die Verwaltervergütung sowie die sonstigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus
dem bestehenden Verwaltervertrag vom 16.8.2003 nebst Verlängerungsvertrag und im
übrigen aus den §§ 27, 28 WEG.
4. Dem Miteigentümer und Vorsitzenden des Veraltungsbeirats, Herr ..., wird es
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4. Dem Miteigentümer und Vorsitzenden des Veraltungsbeirats, Herr ..., wird es
gegen Festsetzung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes –nicht jedoch
unter 10.000.- €- untersagt, zukünftig nicht ohne gerichtliche Ermächtigung oder die
nach dem Gesetz und/oder Teilungserklärung erforderlichen Voraussetzungen
Eigentümerversammlungen einzuberufen und abzuhalten.
Die Antragsgegner zu 1,2,3,4,5,6,7,10 bis 18 beantragen,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie beantragen ferner
1. bis zur Bestellung eines neuen Verwalters durch die Wohnungseigentümer einen
Notverwalter zu bestellen;
2. die Antragstellerin zu 2 zu verpflichten, sämtliche Verwaltungsunterlagen an den
vom Gericht zu bestellenden Notverwalter herauszugeben;
3. die Antragstellerin zu 2 als Verwalterin abzuberufen.
Sie sind der Meinung, dass die Antragstellerin zu 2 nicht die Interessen der
Wohnungseigentümer vertreten, sondern lediglich die der Antragstellerin zu 1. Eine
ordnungsgemäße Verwaltung finde nicht statt. Sie behindere das
Beweissicherungsverfahren vor dem Landgericht Berlin.
Die Antragsteller beantragen,
die Gegenanträge zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
und die Sitzungsniederschriften vom 7.12.006 und 30.1.2007 verwiesen.
II.
Anträge der Antragsteller
1. Feststellung der Ungültigkeit der Beschlüsse zu TOP 2,3 und 4
Der Antrag zu 1 ist gemäß § 43 Abs.1 Nr.4 WEG zulässig.
Insbesondere ist mit dem Schriftsatz vom 27.10.2006 die Frist gemäß 23 Abs.4 S.2 WEG
eingehalten. Der Antragsschriftsatz ist am 30.10.2006 bei Gericht eingegangen. Die
Beschlussfassung der Wohnungseigentümer erfolgte am 28.9.2006. Die Monatsfrist
nach § 23 Abs.4 WEG lief grundsätzlich am Sonnabend, den 28.10.2006 ab. Für den
Fristablauf gilt aber § 193 ff. BGB (vgl. Niedenführ/Schulze, § 23 Randnr.20, 7. Auflage).
Da der Sonnabend der letzte Tag der Frist ist, tritt gemäß § 193 BGB an seine Stelle der
nächste Werktag, das ist der Montag, der 30.10.2006, weil Sonntag kein Werktag ist.
Die Antragstellerin zu 1 ist als Wohnungseigentümer schon originär anfechtungsbefugt
nach § 43 Abs.1 Nr.4 1. Alt. WEG, die Antragstellerin ist als Verwalterin nach § 43 Abs.1
Nr.4 2. Alt. WEG anfechtungsbefugt.
Die Wohnungseigentümer sind auch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshof zur
Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 2.6.2005 (WuM 2005,
530) weiterhin passivlegitimiert im Beschlussanfechtungsverfahren (vgl. Neumann in
WuM 2006, 489 ff, 491), auch wenn dies von machen in Frage gestellt wird (vgl. Elzer,
Wohnungseigentumsrecht 9/2005, 4).
Der Antrag zu 1 ist begründet.
Der angefochtene Beschluß zu TOP 2 ist ungültig.
Schon die formellen Voraussetzungen sind für die Beschlussfassung nicht gegeben.
Denn der Verwaltungsbeiratsvorsitzende ist nur ausnahmsweise zur Einberufung einer
Wohnungseigentümerversammlung berechtigt. Die Tatbestandsvoraussetzungen der
Ausnahmevorschrift des § 24 Abs.3 WEG lagen seinerzeit (am 28.9.2006 bzw. davor)
nicht vor. Die Gemeinschaft war schon nicht verwalterlos (1. Alternative). Es war aber
auch nicht so, dass sich der Verwalter pflichtwidrig weigerte, die Versammlung
einzuberufen. Denn aus der Beweisaufnahme hat sich zur Überzeugung des Gerichts
schon nicht ergeben, dass die Antragstellerin zu 2 das Einberufungsverlangen vom
8.9.2006 tatsächlich erhalten hatte. Denn der Zeuge ... teilte mit, dass er dieses
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8.9.2006 tatsächlich erhalten hatte. Denn der Zeuge ... teilte mit, dass er dieses
Schreiben nicht kenne. Da der Zeuge ... vor Ort der „Stützpunktbetreuer„ war und der
Antragsgegner zu 10 es in den Briefkasten im Stützpunkt eingeworfen hatte, kommt es
aber auf dessen Kenntnis bzw. den Zugang dort an. Es mag zwar sein, dass das
Schreiben, wie die Eigentümer ... und ... bekunden, im Briefkasten eingesteckt wurde. Da
aber nach der Aussage des Zeugen ... der Hausmeister den Briefkasten leert und
andere Personen Zugang zum Stützpunktbüro haben, wo die Post gelagert wird, ist nicht
auszuschließen, dass die Post dort (versehentlich) verloren gegangen ist. Das Gericht
geht nach dem persönlichen Eindruck der Zeugen davon aus, dass sie wahrheitsgemäß
ausgesagt haben. Allein die Tatsache, dass die Zeugen ... und ... bei der Antragstellerin
zu 2 angestellt sind, reicht allein nicht aus, um an ihrer Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Die
Aussagen der Zeugen und der Eigentümer ... und ... hinsichtlich der Übergabe der
Schriftstücke stimmen überein.
Es ist nun nicht zu Lasten der Antragstellerin zu 2 ihr der Zugang des
Einberufungsverlangens vom 8.9.2006 (Bl. 157) als Fiktion zuzurechnen, weil der
Eigentümer ... das Schreiben in den Briefkasten eingesteckt hatte und das Schreiben
sich somit in ihrem Machtbereich befinde, wie das üblicherweise beim Zugang von
Schreiben durch den Einwurf in den Briefkasten zu fingieren ist. Denn zum einen kommt
es bei § 24 Abs.3 WEG auf die pflichtwidrige Weigerung der Einberufung an. Von einer
„Weigerung„ bzw. einer „Pflichtwidrigkeit„ kann man aber nicht sprechen, wenn der
Verwalter von dem Einberufungsverlangen keine Kenntnis –aus welchen Gründen auch
immer- hat. Sie kann sich nur weigern, wenn ihr ein Einberufungsverlangen formgerecht
tatsächlich zugegangen ist (vgl. Bärmann-Merle § 24 Randnr. 13).
Dem ist auch nicht erfolgreich zu entgegnen, die Verwalterin hatte ja Kenntnis von der
Existenz des Einberufungsverlangens, weil Herr ... mit email vom 11.9.2006 (Bl. 104)
bzw. Herr ... mit email vom 8.9.2006 (Bl. 103) auf die Existenz des
Einberufungsverlangens hingewiesen hatte. Denn das Einberufungsverlangen verpflichtet
die Verwalterin erst dann nach § 24 Abs.2 WEG zum Tätigwerden, wenn es ihr tatsächlich
körperlich vorliegt. Auf die Fälle der Vereitelung des Zugangs ist hier nicht einzugehen.
Die Verwalterin muß es auf die Echtheit und Ordnungsgemäßheit z.B. hinsichtlich des
Erreichens des Quorums und des Zwecks und der Begründung prüfen können (vgl.
Bärmann-Merle § 24 Randnr. 13). Dies kann sie bei einer bloßen Ankündigung nicht.
Überdies ist die Geschäftsadresse der Verwalterin auch nicht der Stützpunkt in der
Anlage, sondern in der ... in Potsdam. Sie darf erwarten, dass wichtige Schreiben an
diese Adresse gesendet werden. Wenn der Antragsgegner zu 10 diesen riskanten Weg
(über den Stützpunkt) der Zustellung einschlägt, kann er sich jedenfalls nicht auf einen
Zugang berufen. Zudem ist der Antragsgegner zu 10 nach seiner eigenen Einlassung
und der email vom 11.9.2006 (Bl. 104) von einem Mitarbeiter der Antragstellerin zu 2
ausdrücklich aufgefordert worden ist, das Schreiben nach Potsdam zu senden (Bl. 322).
Auf die Frage, ob gemäß der Teilungserklärung (§ 5 j) die Unterschrift eines Ehepartners
(als Miteigentümer) im Schreiben vom 8.9.2006 nicht ausgereicht hätte, und damit das
Quorum nach § 24 Abs.2 WEG nicht erreicht ist, bedarf es daher schon nicht.
Auf die email vom 19.8.2006 mußte die Antragstellerin schon deshalb nicht reagieren,
weil sie bei dem Verlangen eines einzelnen Eigentümers nicht im Sinne von § 24 Abs.2
WEG reagieren brauchte, zudem fehlt es bei einer email an der Schriftlichkeit nach § 126
BGB. Das die Voraussetzungen des § 126 a BGB mit der email erfüllt sein sollen, ist
nicht ersichtlich. Das Gleiche gilt für die email vom 8.9.2006.
Auf die Frage, ob das Abstimmungsergebnis zu TOP 2 durch den Versammlungsleiter bei
der –unrechtmäßigen- Versammlung am 28.9.2006 (s.o.) richtig bekannt gegeben
worden ist, muß nicht eingegangen werden. Indes dürfte hier ebenfalls ein materieller
Fehler vorgelegen haben. Der Versammlungsleiter durfte die Stimmen der
Antragstellerin zu 1 nicht „unter den Tisch fallen lassen„. Denn am 28.9.2006 hätte er
die Stimmen der Antragstellerin zu 1 wohl mitzählen müssen. Unabhängig davon, dass
die Antragstellerin zu 1 mit dem Verwalter nicht personenidentisch ist, ist auch bei der
Abberufung aus wichtigem Grund der Verwalter, der gleichzeitig Wohnungseigentümer
ist, wohl stimmberechtigt, wenn ein wichtiger Grund tatsächlich nicht vorliegt (Niedenführ
aaO., § 25 Randnr.7; OLG Hamm 15 W 17/04). Diese Frage kann aber –wie ausgeführt-
offen bleiben.
Die Beschlüsse zu TOP 3 und 4 sind ebenfalls ungültig, weil der vorgenannte Mangel
auch hier durchschlägt.
Überdies bedarf es dieses Beschlusses (zu Top 3) nicht (mehr), weil das Landgericht
Frankfurt/Oder in der Sache 6 (a) T 63/05 am 18.12.2006 unter 2 b beschlossen hat,
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Frankfurt/Oder in der Sache 6 (a) T 63/05 am 18.12.2006 unter 2 b beschlossen hat,
dass der Beschluß zu TOP 10-2004 (Beauftragung des Sachverständigen„)aus der
Wohnungseigentümerversammlung vom 5.10.2004 zustande gekommen ist.
Die übrigen Anträge sind indes überholt, weil zum einen der 1.11.2006 bereits
verstrichen ist und im übrigen unbegründet, weil die Gegenanträge überwiegend
begründet sind.
Soweit der Antrag zu 6 betroffen ist, dürfte nun mehr ein Rechtschutzbedürfnis nicht
gegeben sein, weil aufgrund der Beschlussfassung des Gerichts nicht zu erwarten ist,
dass Herr L. „eigenmächtig„ zu WEG-Versammlungen einberufen wird.
Gegenanträge der Antragsgegner
Die Gegenanträge sind zulässig.
Grundsätzlich sind im WEG-Verfahren „Gegenanträge„ analog der Widerklage nach § 33
ZPO nach überwiegender Meinung zulässig (vgl. Niedenführ aaO. Vor § 43 Randnr. 62).
Voraussetzung ist, dass die Verfahrensbeteiligten identisch sind und der Gegenantrag
mit dem Antrag in Zusammenhang steht (Niedenführ aaO.). Richtigerweise ist dabei zu
beachten, dass Antragsteller nicht auch teilidentisch mit den Antragsgegnern sind (vgl.
AG Obernburg NZM 2002, 749 ff.). Dies könnte hier zwar theoretisch möglich sein, wenn
man den Abberufungsanspruch des (einzelnen) Antragstellers als einen Anspruch
gegenüber den übrigen Wohnungseigentümer ansehen würde, welcher durch den
Beschluß des Gerichts ersetzt würde (vgl. Niedenführ § 26 Randnr. 76). Dann wären
vorliegend, weil Antragsteller für den Gegenantrag (Abberufungsverlangen) die
überwiegende Mehrheit der Wohnungseigentümer (nach Kopfzahl) sind, sie, die
Wohnungseigentümergemeinschaft, gleichzeitig Antragsgegnerin für den Gegenantrag.
Indes liegt hier nicht nur ein Sonderfall vor. Ausweislich des Abstimmungsergebnisses
vom 28.9.2006 aber auch der Abstimmung am 5.2.2007 ist ersichtlich, dass mit
Ausnahme der Antragstellerin zu 1 fast alle Wohnungseigentümer, sofern sie sich an der
Abstimmung beteiligten, die Abberufung der Antragstellerin zu 2 wollen, dies aber wegen
des Objektsprinzips in dieser Wohnungseigentümergemeinschaft nicht durchsetzen
können. Es liegt daher der Sonderfall vor, dass (fast) alle Wohnungseigentümer
Antragsteller für den Gegenantrag sind und (faktisch) nur die Zustimmung der
Antragstellerin zu 1 durch Beschluß des Gerichts ersetzt werden müsste (Niedenführ §
26 Randnr. 76). Dem ist nicht erfolgreich zu entgegnen, dass die Antragsgegner zu 8,9,
19 bis 22, die nicht von RA ... vertreten werden, die Gegenanträge nicht gestellt haben,
und sie jedenfalls Antragsgegner des Gegenantrags sind und daher die Parteien gerade
nicht identisch sind. Denn zum einen dürfte sich aus der Entscheidung des BayObLG
(NJW-RR 1986, 445, statt vieler) ergeben, dass es auf die „Mitwirkung der übrigen
Wohnungseigentümer„ (hier die Antragsgegner zu 8,9,19 bis 21) gar nicht ankommt,
weil sie nicht zur Mitwirkung des Abberufungsbeschlusses verpflichtet werden, sondern
das Gericht nach überwiegend herrschender Auffassung durch Gerichtsbeschluss den
Verwalter abberufen darf (BayObLG aaO.). Zudem vertritt Staudinger/Wenzel in Vorbem.
zu §§ 43 ff. WEG Randnr. 54 (Auflage 2005) die Meinung, dass sich der Gegenantrag zwar
grundsätzlich gegen den Antragsteller richten muss, aber auch zusätzlich einen weiteren
Beteiligten oder sogar einen am Verfahren nicht beteiligten Dritten unter den
Voraussetzungen der §§ 263 ff ZPO einbeziehen kann. Dieser Auffassung schließt sich
das Gericht an, auch wenn dieser Ansicht zum Teil in der Kommentarliteratur (vgl. etwa
Niedenführ § vor §§ 43 ff. WEG Randnr. 62) und Rechtsprechung (AG Obernburg in NZM
2002, 749 ff., allerdings ohne Auseinandersetzung mit der anderen Auffassung) nicht
gefolgt wird.
Der Gegenantrag zu 3 ist aus logischen Gründen vorzuziehen. Denn die Antragstellerin
zu 2 hat nur dann die Unterlagen herauszugeben, wenn sie abberufen wird, bzw. ist ein
Notverwalter nur dann zu bestellen.
Der Gegenantrag zu 3 (Abberufung des Verwalters) ist, auch soweit er sich gegen die
Antragstellerin zu 2 richtet, nach §§ 21 Abs.4, 43 Abs.1 Nr.1,2 WEG zulässig.
Zwar ist die (Ab-) Wahl des Verwalters originäre Aufgabe der Wohnungseigentümer, nicht
auch des Verwalters selbst. Auch ist die Abberufung des Verwalters durch
Gerichtsbeschluß im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Sie kann jedoch eine
Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung darstellen, die jeder
Wohnungseigentümer beanspruchen und gerichtlich durchsetzen kann (BayObLG NJW-RR
1986, 445 ff., 446). Die davon abweichende Auffassung, die Abberufung sei nur dadurch
zu erzwingen, dass die übrigen Wohnungseigentümer zur Mitwirkung bei dem
Abberufungsbeschluß verpflichtet werden (vgl. noch Palandt § 26 WEG Anm. 2 a bb, 44.
Auflage) wird heute weitgehend nicht mehr vertreten (vgl. Palandt-Bassenge § 26
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Auflage) wird heute weitgehend nicht mehr vertreten (vgl. Palandt-Bassenge § 26
Randnr. 11, 66. Auflage). Eine vorherige Anrufung der Eigentümerversammlung ist –wie
hier- dann entbehrlich, wenn sie dem Wohnungseigentümer, der die Absetzung betreibt,
nicht zugemutet werden kann (BayObLG aaO., statt vieler; OLG Stuttgart vom 8.7.1977
Az: 8 W 572/76, recherchiert nach juris). Davon ist hier auszugehen. Die Verwalterin
weigerte sich den Tagesordnungspunkt „Abberufung des Verwalters„ für die
Wohnungseigentümerversammlung vom 22.11.2006 trotz des Verlangens vom
6.11.2006 (Bl.233), wie sich aus dem Schreiben vom 17.11.2006 („Zu 4.„ –Bl. 236)
ergibt, aufzunehmen. Überdies besteht die Besonderheit des Falles in der engen
Verflechtung der Interessen der Mehrheit der Wohnungseigentümer nach dem
Objektprinzip mit denen der Verwalterin (OLG Stuttgart aaO.). Denn die Verwalterin
gehört zur Unternehmensgruppe der Mehrheitseigentümerin. Der Vorstand der
Antragstellerin zu 1 Herr ... ist gleichzeitig ein Geschäftsführer der Antragsstellerin zu 2.
Bei dieser Sachlage hätten die Antragsgegner keinerlei Aussicht, die Abberufung der
Verwalterin durch Mehrheitsbeschluß zu erreichen, solange diese die Verwaltung
weiterführen will. Bei einer Abstimmung über eine ordentliche Kündigung des Verwalters
wäre nämlich die Antragstellerin zu 1 in jedem Falle stimmberechtigt.
Der Gegenantrag zu 3 ist begründet.
Die Antragsgegner haben einen Anspruch auf Abberufung des Verwalters, der
Antragstellerin zu 2, gemäß §§ 21 Abs.4, 43 Abs.1 Nr.1 WEG (vgl. Niedenführ § 26
Randnr. 76). Dies deshalb, weil ein Teil der Antragsgegner erfolglos versucht hatte, die
Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung mit dem Tagesordnungspunkt
„Abberufung des Verwalters„ zu erreichen (Niedenführ § 26 Randnr. 76; Bärmann/Pick §
26 Randnr. 185, 175)). Die Antragstellerin zu 2 hat sich pflichtwidrig geweigert diesen
Tagesordnungspunkt aufzunehmen.
Mit Schreiben vom 6.11.2006 (Bl.233) haben 8 Eigentümer die Abberufung des
Verwalters auf die Tagesordnung der WEG-Versammlung vom 22.11.2006 zu setzen,
gefordert. Das Ansinnen wies die Antragsgegnerin zu 2 mit Schreiben vom 17.11.2006
(Bl. 236) zurück, indem sie unter Punkt „Zu 4„ des vorgenannten Schreibens mitteilte,
dass es zwar in der Beschlussvollmacht der Gemeinschaft liege, den Verwalter aus
wichtigem Grund abzuberufen, solange jedoch ein entsprechendes Urteil des
Landgerichts Frankfurt/Oder hierzu im schwebenden Verfahren nicht vorliege, dürfte eine
erneute Beschlussfassung nicht zielführend sein.
Die Antragstellerin zu 2 durfte nicht auf das schwebende Verfahren vor dem Landgericht
Frankfurt/Oder verweisen. Sie ist aufgrund § 24 Abs.2 WEG gesetzlich zur Einberufung
verpflichtet und darf dies nicht von Bedingungen abhängig machen.
Die Antragstellerin zu 2 kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, dass das
Einberufungsverlangen vom 6.11.2006 nicht rechtzeitig zugegangen sei. Zum einen
nimmt sie im Schreiben vom 17.11.2006 Bezug auf das Einberufungsverlangen, zum
anderen hat sich aus der Beweisaufnahme ergeben, dass ihr dieses Schreiben am
6.11.2006 morgens durch den Eigentümer ... persönlich durch Übergabe an Herrn ...
übergeben wurde. Zweifel daran, dass Herrn ... von der Antragstellerin zu 2 das
Schreiben –rechtzeitig- nicht zugegangen ist, ergeben sich nicht. Darüber hinaus hat
Herr ... den Erhalt bestätigt (Bl. 322).
Ferner kann die Antragstellerin zu 2 nicht erfolgreich einwenden, dass das
Einberufungsverlangen vom 6.11.2006 nicht zu beachten sei, weil die Unterzeichner ...,
..., ... und ... lediglich Miteigentümer sind, und ihr Stimmrecht nur gemeinsam mit ihren
Ehepartnern/Lebenspartnern ausüben können (Niedenführ § 25 Randnr. 10). Denn selbst
wenn man die Regeln für die gemeinsame Ausübung des Stimmrechts auf das Quorum
nach § 24 Abs.2 WEG anwenden wollte (vgl. bejahend Bärmann-Merle § 24 Randnr. 9), ist
zu beachten, dass die Gemeinschaftsordnung in § 5 j (Bl. 219) zulässt, dass Ehegatten,
die Eigentümer sind, keine schriftliche Vollmacht des anderen für die Stimmabgabe
vorweisen müssen. Dann muß folgend der vorgehenden Argumentation aber auch
gelten, dass diese Regel als Minus zur Stimmabgabe auch bei dem Quorum nach 24
Abs.2 WEG anwendbar ist.
Selbst wenn man der Auffassung folgen wollte, ein einmaliger Verstoß gegen die
Gemeinschaftsordnung könne nicht zu einer Abberufung führen, kommt man vorliegend
zum Schluß, dass nicht nur ein „einmaliger Verstoß„ vorliegt.
Die Antragstellerin zu 2 wußte seit dem Spätsommer 2006 spätestens (durch email-
Verkehr vom 19.8.2006 mit dem Verwaltungsbeiratsvorsitzenden Lehmann) und
allerspätestens durch den –unwirksamen- Beschluß vom 28.9.2006 das weit über ein
Viertel der Eigentümer ihre Abberufung wünschen. Ansonsten hätten nicht am 28.9.2006
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Viertel der Eigentümer ihre Abberufung wünschen. Ansonsten hätten nicht am 28.9.2006
alle anwesenden 8 Stimmen mit „ja„ für die Abberufung –mit Ausnahme der
Antragstellerin zu 1 -gestimmt. Zudem hatte das Gericht anlässlich des Erlaß der
einstweiligen Anordnung in diesem Verfahren am 30.10.2006 mit RA ... telefoniert. Dabei
wurde über die Notwendigkeit einer Wohnungseigentümerversammlung mit dem
Tagesordnungspunkt „Abberufung des Verwalters„ in naher Zukunft gesprochen.
Angesichts dieser Umstände war das der Verwalterin eingeräumte Ermessen jederzeit
eine (außerordentliche) Wohnungseigentümerversammlung einzuberufen „auf Null„
reduziert. Sie mußte schon vor dem Hintergrund der „ordnungsgemäßen„ Verwaltung
nach § 21 Abs.4 WEG angesichts dieser Umstände und wenn sie schon eine
Wohnungseigentümerversammlung (am 22.11.2006) anberaumt, diesen
Tagesordnungspunkt zwingend mit aufnehmen. Dies umso mehr, als in der besonderen
Mehrheitskonstellation mit einem übermächtigen Mehrheitseigentümer, die Verwalterin
keinen Anschein erwecken durfte, als würde sie die Interessen der Wohnungseigentümer
hinter die Interessen der Antragstellerin zu 1 stellen. Dies auch vor dem Hintergrund,
dass die Verwalterin zur „Unternehmensgruppe„ der Antragstellerin zu 1 gehört und die
Antragstellerin zu 1 ferner zur Gruppe des Bauträgers (vgl. 34 II 38/04) und sie selbst
teilende Eigentümerin war (Bärmann/Pick § 26 Randnr. 169, vgl. § 1 der
Teilungserklärung auf Blatt 33 ff.). Zudem ist folgendes zu berücksichtigen: in dem
Verfahren 34 II 38/04 (Bl. 108 ff.) vor diesem Gericht hatte das Amtsgericht auf das
Stimmenübergewicht der Antragstellerin zu 1 („.sie (die Antragstellerin zu 1) benutzt ihr
vorliegendes absolutes Stimmenübergewicht. um ihre eigenen Interessen
...durchzusetzen„-Bl.111) bzw. im Ergebnis auch in der Rechtsmittelinstanz 6 a T 63/05
im rechtlichen Hinweis vom 9.12.2005 Punkt 3 a („Die ... ...dürfte aber durch das
Stimmenverbot aus § 25 V Alt.1 WEG von ihrem Stimmrecht als Wohnungseigentümerin
ausgeschlossen sein.„- Bl. 121) hingewiesen. Angesichts dieser „Hinweise„, die der
Antragstellerin zu 2 bekannt sein mussten, denn sie war an diesen Verfahren beteiligt,
musste sie jeden Anschein bei ihrer Verwaltungsdurchführung vermeiden, der auch nur
entfernt auf eine mangelnde uneigennützige Verwaltung (Bärmann § 26 Randnr. 161;
vgl. auch OLG Stuttgart vom 8.7.1977 Aktenzeichen 8 W 572/76, recherchiert nach juris)
oder Interessenkollision hinweisen könnte, die das Vertrauen der Wohnungseigentümer
in eine künftige pflichtgemäße Ausübung der Verwaltertätigkeit erschüttern könnte (OLG
Hamm Aktenzeichen 15 W 17/04, recherchiert nach juris). Dies umso mehr, da die
Wohnungseigentümer die Antragstellerin zu 1 als Bauträger in dem Verfahren 2 OH 1/04
(vorbereitend) auf Mängel in Anspruch nehmen.
2. Gegenantrag zu 2 (Herausgabe der Verwaltungsunterlagen)
Gemäß §§ 675, 667 BGB haben die Wohnungseigentümer einen Anspruch auf
Herausgabe der Verwalterunterlagen (Bärmann/Pick-Merle § 26 Randnr. 105).
3. Gegenantrag zu 1 (Bestellung eines Notverwalters)
Der Antrag ist gemäß § 43 Abs.1 Nr.3 WEG zulässig.
Er ist auch gemäß § 26 Abs.3 WEG begründet. Denn mit Rechtskraft dieses Beschlusses
ist die Wohnungseigentümergemeinschaft verwalterlos. Es besteht ein dringendes
Bedürfnis für die Bestellung eines Notverwalters schon wegen des Verfahrens vor dem
Landgericht Berlin mit dem Aktenzeichen 2 OH 1/04 „WEG ... gegen ...„. Die
Antragsgegner haben zwar angeregt, die Fa. G. aus Berlin zur Notverwalterin zu berufen.
Das Gericht ist aber an diese Anregung nicht gebunden (vgl. Niedenführ § 43
Randnr.53). Zwar soll sich das Gericht im Interesse der Beteiligten mit selbst eingeholten
Angeboten auseinandersetzen (Niedenführ aaO.). Das Gericht muß aber vorliegend
aufgrund der komplizierten Eigentumssituation mit dem Objektprinzip, den schwebenden
Rechtsstreitigkeiten einen ihm als kompetent bekannten Verwalter, der preislich günstig
ist, benennen. Die Fa. G. ist dem Gericht nicht bekannt. Sie ist nicht vor Ort in Bernau
ansässig. Die Fa. S. ist dem Gericht als seriöse Verwaltung mit eigener Rechtsabteilung
und Niederlassung in Bernau bekannt. Der hiesige Niederlassungsleiter ... hat dem
Gericht auf fernmündliche Nachfrage zugesagt, dass er die Verwaltung persönlich
übernimmt, so dass eine kompetente Verwaltung unter den gegebenen Schwierigkeiten
gesichert ist.
Mit eine durch Herrn ... zugesagte Verwaltervergütung von 18,50 € netto monatlich pro
Wohnungseigentum liegt die Fa. S. am unteren Rand der monatlichen
Verwaltervergütung. Üblicherweise werden zwischen 15.- € und 35.- € pro
Wohnungseinheit und Monat verlangt (Niedenführ § 26 Randnr. 57). Die Notverwalterin
wird nach Übernahme der Verwaltung und nach Einholung von Vergleichsangeboten die
Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung zur Neuwahl eines Verwalters
betreiben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Die Auferlegung der außergerichtlichen
Kosten der Antragsteller bzw. Antragsgegner auf die Antragsgegner bzw. Antragsteller
war nicht angezeigt, weil dies der Ausnahmefall ist (Palandt § 47 WEG Randnr.4). Bei der
Kostenentscheidung hat das Gericht nach § 47 WEG nach billigem Ermessen
entschieden. Es war sachgerecht, die Kosten zu teilen und nicht die Antragsgegner zu 8
bis 9 und 19 bis 22 gesondert zu belasten, weil sie ja voll unterlegen sind. Die
Antragsgegner haben durch ihre Beschlussfassung am 28.9.2006 Anlaß für die
Beschlußanfechtung gegeben, wohingegen die Antragsgegner zu 1 ff. mit dem
Gegenantrag durchgedrungen sind.
Der Geschäftswert war in Anlehnung an OLG FFM in WuM 2003, 647, 648 gemäß § 48
Abs.3 WEG nach dem Interesse aller Beteiligten festzusetzen. Um den Parteien den
Zugang zu Gerichten nicht durch exorbitante hohe Streitwerte zu erschweren, war der
Geschäftswert für die Hauptanträge auf 18.000.- € und die der Gegenanträge ebenfalls
auf 10.000.- € festzusetzen. Jedoch war der Streitwert nun nicht besonders niedrig im
Hinblick auf den Zugang zum Gericht anzusetzen, weil an dem Verfahren zu einem ein
börsennotiertes Unternehmen und die Gesamtheit der Wohnungseigentümer beteiligt
sind, bei denen die Kosten ja dann verhältnismäßig geringfügig anfallen.
Bei dem Streitwert hat das Gericht zum einen die verbleibende Verwaltergebühr bis
31.12.2007 berücksichtigt und die weiteren Anträge nach billigem Ermessen. Der
Gegenantrag zu 3 war nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, weil er mit dem
Hauptantrag zu 1 ähnlich ist.
Die einstweilige Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Beschlusses war nicht
angezeigt. Voraussetzung für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist nämlich in der
Regel ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Einschreiten (Bärmann § 44 Randnr.
75). Dies ist in Wohngeldsachen möglich (vgl. Niedenführ § 44 Randnr. 23), in anderen
Angelegenheiten eher die Ausnahme, wenn nicht sogar ausgeschlossen (vgl. Niedenführ
aaO., Randnr.23). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Hauptsacheentscheidung
erst mit Rechtskraft endet. Es ist zu erwarten, dass die Antragstellerinnen sofortige
Beschwerde gegen diesen Beschluß einlegen. Sofern das Rechtsmittelgericht diesen
Beschluß ggfs. nach mehreren Monaten aufhebt, würde die WEG unter Umständen mit
den Kosten für zwei Verwaltungen belastet. Zudem würde ein Verwalterwechsel
stattfinden. Dies gilt es jedenfalls bis zur Rechtskraft aus Fürsorgegesichtspunkten zu
vermeiden.
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