Urteil des AG Bad Liebenwerda vom 14.03.2017

AG Bad Liebenwerda : stationäre anlage, messung, fahrverbot, geschwindigkeitsüberschreitung, wartung, rechtskraft, gleichbehandlung, verwertung, akte, vorhersehbarkeit

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Gericht:
AG Bad Liebenwerda
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
40 OWi 1421 Js
6911/06 (58/06)
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 3 StVO, § 49 Abs 1 Nr 3
StVO
Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung:
Entbehrlichkeit eines höheren Toleranzabzuges bei
Geschwindigkeitsmessung mit einem ungeeichten Messgerät
Tenor
Gegen den Betroffenen wird wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen
Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen.
Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in
amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit
Eintritt der Rechtskraft.
Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen.
Gründe
Der Betroffene ist 44 Jahre alt und einer der beiden Geschäftsführer der K Gesellschaft
für Grundbesitz und Projektsteuerung mbH in B.
Das Verkehrszentralregister weist über ihn folgende Eintragung auf:
Durch Bußgeldbescheid vom 13.4.2005 – rechtskräftig seit dem 22.4.2005 – wurde
gegen ihn wegen einer außerorts begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung von 37
km/h eine Geldbuße von 75,– Euro verhängt.
Am 21.8.2005 um 12.35 Uhr befuhr der Betroffene als Fahrer des auf die K mbH
zugelassenen PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ... die Bundesstraße 87 in H aus
Richtung S kommend in Richtung Stadtmitte.
Dort wird durch den Landkreis E eine stationäre Anlage zur Verkehrsüberwachung
betrieben. Die Messung wird durch ein zuletzt am 1.12.2004 durch das Eichamt P
geprüfte Geschwindigkeitsmessgerät Traffiphot, Zul.Nr. 18.11/90.29 der Firma R
Systems GmbH durchgeführt. Der Sensorbereich der Messstelle wurde zuletzt am
4.8.2004 durch das Eichamt C geeicht. Die letzte Wartung des Sensorbereichs vor der
Messung wurde am 9.2.2005 durchgeführt und danach erstmals wieder am 23.8.2005.
Gleichzeitig wurde der Sensorbereich neu geeicht. Bei dieser mit der Wartung
verbundenen Eichung wurden keinerlei Fehler oder Unregelmäßigkeiten des
Sensorbereichs festgestellt. Die Messstelle befindet sich 185 m hinter dem beiderseits
durch Ortseingangsschild (Zeichen 310) angezeigten Ortseingang. Eine besondere
Geschwindigkeitsregelung ist für diesen Bereich nicht getroffen. Unmittelbar hinter den
Ortseingangsschild beginnt rechter Hand eine bereits von weitem sichtbare Bebauung.
Beim Durchfahren der Messstelle durch den Betroffenen zeigte das Messgerät eine
Geschwindigkeit von 88 km/h an. Abzüglich eines Toleranzwertes von 3 km/h (§ 33
Eichordnung i.m.V. Anlage 18, Abschnitt 11, Ziff. 4.1.2 zur Eichordnung) betrug damit die
Geschwindigkeit zumindest 85 km/h.
Der Betroffene hat sich weder zur Person, noch zur Sache eingelassen. Er ist zur
Überzeugung des Gerichts jedoch durch das zum Gegenstand der Hauptverhandlung
gemachte am 21.8.2005 um 12.35 Uhr am Tatort aufgenommene Frontfoto (Bl. 2, 3 und
41 d.A.) überführt. Dieses Foto zeigt eindeutig den Kopf des Betroffenen. Es wird
diesbezüglich gemäß § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die auf
Seiten 2, 3 und 41 der Akte befindliche Fotos Bezug genommen.
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Der Betroffene bezweifelt die Ordnungsmäßigkeit der Messung. Er ist der Ansicht, da der
vorgeschriebene Wartungstermin um 14 Tage überschritten worden sei, sei die Messung
nicht verwertbar, zumindest sei von dem gemessenen Wert ein Abzug von 10% zu
machen.
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Richtig ist, dass nach den Vorgaben des
Herstellers in Verbindung mit den Vorschriften des Eichgesetzes der hier
vorgeschriebene Wartungsintervall von 6 Monaten einzuhalten ist und bei
Nichteinhaltung die Eichung erlischt. Dies führt jedoch nicht zu einer Unverwertbarkeit
des Messergebnisses. Auch Messergebnisse, die mit ungeeichten Geräten erzielt
werden sind durchaus verwertbar. Allerdings müssen dann in aller Regel höhere
Toleranzwerte in Abzug gebracht werden als bei geeichten Werten. Dies ist hier aber
ausnahmsweise nicht erforderlich. Aus dem Umstand, dass 2 Tage nach der Messung
des Fahrzeugs des Betroffenen der Sensorbereich vollkommen für in Ordnung befunden
wurde, folgt zwingend, dass er auch zum Zeitpunkt der Messung in Ordnung gewesen
sein muss. Eines besonderen Abzugs über den bereits vorgenommenen Abzug von 3
km/h hinaus bedarf es daher hier nicht (vgl. dazu auch die Ausführungen der
Physikalisch-technischen Bundesanstalt vom 10.7.2003 (Bl. 94 d.A.) und der
Herstellerfirma Robot GmbH (Bl. 71 d.A.), die beide aus technischer Sicht eine
uneingeschränkte Verwertung des Messergebnisses bejahen).
Durch sein Verhalten hat der Betroffene zumindest grobfahrlässig gegen §§ 3 Abs. 3, 49
Abs. 1 Nr. 3 StVO, 24 StVG verstoßen.
Gemäß § 25 Abs. 1 Abs. 1 S. 1 StVG hat das Gericht ein Fahrverbot von einem Monat
verhängt. Die Verhängung des Fahrverbotes ist nach § 4 Abs. 1 Ziff. 1 BKatV indiziert.
Besondere Umstände, aus denen sich ergeben würde, dass das Fahrverbot nicht
angemessen ist oder aus denen sich ergeben könnte, dass der vom Gesetzgeber mit
der Anordnung des Fahrverbots bezweckte Erfolg auch durch eine weitere Erhöhung der
Geldbuße erreicht werden kann, sind nicht ersichtlich. Sie wurden auch vom Betroffenen
nicht vorgetragen.
Auch kann im Interesse der Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer und der
Vorhersehbarkeit der durch bestimmte Verkehrsverstöße ausgelösten Rechtsfolgen von
einer Anordnung des Fahrverbots nur dann abgesehen werden, wenn wesentliche
Besonderheiten in der Tat oder in der Persönlichkeit des Betroffenen anzunehmen sind.
Derartige Besonderheiten sind aber hier ebenfalls nicht ersichtlich.
Dass durch die Verhängung des Fahrverbots eine Existenzgefährdung eintreten könnte
ist gleichfalls nicht ersichtlich und auch vom Betroffenen nicht behauptet worden.
Neben dem Fahrverbot war eine Geldbuße von 130,– Euro zu verhängen. Zwar sieht der
Bußgeldkatalog für eine innerörtliche Geschwindigkeitsüberschreitung von 35 km/h als
Regelsatz nur die Verhängung einer Geldbuße von 100,– Euro vor. Diese Regelsätze sind
aber Sätze für Betroffene, die bisher nicht einschlägig in Erscheinung getreten sind. Da
der Betroffene bereits einmal eine erhebliche Geschwindigkeitsübertretung begangen
hat, war die Geldbuße angemessen zu erhöhen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG, § 465 StPO.
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