Rechtsanwalt Dirk Mahler

10117, Berlin
Rechtsgebiete
Steuerrecht Bilanzrecht Kanzlei-News
30.10.2017

Ohne Schweiß keine Steuervorteile – warum ein Kartenspiel kein Sport im Sinne der Europäischen Mehrwertsteuerrichtlinie ist

Der Europäische Gerichtshof hat in seiner jüngsten Entscheidung dargelegt, warum das Kartenspiel „Duplicate-Bridge“ kein Sport im Sinne der Europäischen Mehrwertsteuerrichtlinie sein kann und somit nicht von der Pflicht zur Absetzung der Mehrwertsteuer verpflichtete werden kann.

Britische Organisation klagt auf Steuerentlastung

The English Bridge Union (EBU) ist eine Organisation zur Regelung und Entwicklung von Duplicate-Bridge in England. Für die Teilnahme an Turnieren hatte die Organisation von ihren Teilnehmern eine Teilnahmegebühr verlangt. Auf diese hatte EBU Mehrwertsteuer abgeführt und verlangte nun die Rückerstattung dieser Gebühren gemäß der Europäischen Mehrwertsteuerrichtlinie.
Nach der Richtlinie werden Dienstleistungen „im engen Zusammenhang mit Sport“ von der Steuerpflicht befreit.
Die Organisation nahm an, als Sportart von dieser Befreiung profitieren zu können.

Kartenspiel - keine Einordnung als Sport                 

Die britische Steuerverwaltung hatte zunächst den Antrag der EBU abgelehnt und begründete die Entscheidung damit, dass für die Einordnung als „Sport“ eine bedeutende körperliche Komponente vorhanden sein müsse. Dies sei bei dem Kartenspiel eben nicht der Fall. In der Folge klagte die Organisation gegen die Entscheidung der Steuerverwaltung.
Das letztlich zuständige britische Rechtsmittelgericht bat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) schließlich um die Klärung der Frage, ob es sich bei dem Kartenspiel wirklich um „Sport“ im Sinne der Richtlinie handele. 

Die Richter am EuGH begrenzten ihre Aufgabe darauf, nicht die Bedeutung des Begriffs „Sports“ im  Allgemeinen, sondern nur in Bezug auf die Mehrwertsteuerrichtlinie auszulegen. Der Begriff müsse, da in der Richtlinie selbst keine Definition enthalten sei, im Sinne des gewöhnlichen Sprachgebrauchs bestimmt werden. Es sei also zu berücksichtigen, wie der Begriff  im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet werde und welche allgemeinen Ziele mit der Regelung verfolgt würden.

Bridge ist nicht „körperlich“ genug

Grundsätzlich sei der Begriff des Sports in Bezug auf die Richtlinien eng auszulegen. Er sei allein auf Tätigkeiten beschränkt, die auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unter Sport zu verstehen seien. Damit sei eine nicht unbedeutende körperliche Komponente ein wesentliches Merkmal des Begriffs „Sport“.
Die Richter bezweifelten zwar auch nicht, dass bei Duplicate-Bridge Logik, Gedächtnisvermögen und strategisches Denken geschult werde und damit Kartenspiel mittelbar auch für die körperliche Gesundheit von Bedeutung sei. Dennoch sei dies allein noch kein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei dem Kartenspiel um Sport handele.

Auch der Umstand, dass nationale und internationale Turniere ausgetragen werden, sei allein nicht  ausschlaggebend genug, um Duplicate-Bridge als Sport zu klassifizieren.

Letztlich sei nach Ansicht des Gerichts die körperliche Komponente bei Duplicate-Bridge zu gering, um das Kartenspiel unter den Begriff des Sports im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie zu subsumieren.

Kein Sport aber kulturelle Dienstleistung?

Die Richter schlossen aber eine Befreiung dennoch nicht aus – möglicherweise sei das Kartensiel als „kulturelle Dienstleistung“ zu klassifizieren und könne so doch noch von der Richtlinie profitieren. Dies sei dann anzunehmen, wenn die Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer Ausübung, ihrer Geschichte und der Traditionen, zu denen sie gehöre, im sozialen und kulturellen Erbe des Landes einen solchen Platz einnehme, dass sie als Teil seiner Kultur angesehen werden könne.

Es bleibt also abzuwarten, ob sich die Briten auf ihr kulturelles Gut berufen, um eine Mehrwertsteuerpflicht zu umgehen.

Turnierbridge in Deutschland

In zwei Entscheidungen Anfang des Jahres hatten sich auch deutsche Richter mit  der steuerlichen Einordnung des Turnierbridges beschäftigt.
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs handelt es sich bei Turnierbridge zwar auch nicht um Sport. Allerdings fördere das Kartenspiel die Allgemeinheit auf materiellen, geistigen und sittlichen Gebiet und sei damit als gemeinnützig anzusehen.

Geklagt hatte ein Dachverband von Bridge Vereinen in Deutschland. Das Landes Finanzministerium wurde nun verpflichtet, Turnierbridge als gemeinnützig einzustufen. Damit ist Turnierbridge in Deutschland von der Körperschaftssteuer befreit.

Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie unter: https://www.rosepartner.de/umsatzsteuer-mehrwertsteuer.html