Rechtsanwalt Bernd Fleischer

20354, Hamburg
Rechtsgebiete
Gewerblicher Rechtsschutz IT-Recht Urheberrecht und Medienrecht
04.01.2023

Jackpot für Nutzer von Online-Glücksspielen: Casino muss 18.000 EUR wieder herausgeben

Das Oberlandesgericht (OLG) München bejaht den Anspruch eines Spielers auf Rückforderung des auf den Webseiten eines Online-Casinos verzockten Geldes und klärt damit eine lang umstrittene Rechtsfrage in einer für das Glücksspielrecht wegweisenden Entscheidung (OLG München, Beschluss vom 20.09.2022 – 18 U 538/22).

Verspieltes Geld kann grundsätzlich zurückverlangt werden

Laut den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zum Bereicherungsrecht kann der Geber eines Geldbetrages denselben grundsätzlich vom Empfänger zurückfordern, sofern für die Transaktion (im juristischen Fachjargon: Leistung) kein rechtlicher Grund, wie etwa ein Vertrag besteht.

Nicht zurückgefordert werden kann der Betrag gemäß einer Ausnahmeregelung (§ 817 S.2 BGB), wenn dem Geber in diesem Zusammenhang ein Gesetzesverstoß zur Last gefallen ist – er das Geld etwa bewusst für die Inanspruchnahme illegaler Dienste bezahlt hatte.

Wer sich bewusst illegalen Glücksspiele hingibt, hatte bislang Pech

Aus diesem Grund konnten die Nutzer illegaler Glücksspielangebote, sofern sie um die Rechtswidrigkeit der Angebote wussten, bis jetzt nicht darauf hoffen, ihr verspieltes Geld zurückzuerhalten.

Bis jetzt! In einem Beschluss vom 20.09.2022 erkannte das OLG München nun den Anspruch eines Online-Glücksspiel-Nutzers auf Rückerstattung seines Verlustes an. Die besagte Ausnahmeregelung, die eine Rückforderung eigentlich verhindert, könne vorliegend nicht angewendet werden, so die Richter. Denn anderenfalls verbliebe der verspielte Einsatz beim Glücksspielanbieter, womit das Verbot von Online-Glücksspielen unterlaufen werden würde.

Deutsche Online-Glücksspielanbieter können neuerdings Lizenzen erwerben

Seit Juli 2021 ist es, auf der Grundlage des neugefassten Glücksspielstaatsvertrags, Anbietern in Deutschland möglich, Lizenzen zum Betrieb von Online-Casinos, Online-Pokerspielen, Online-Automatenspielen und ähnlichem zu beantragen. Bis dahin war eine Lizenzierung dieser Art von webbasierten Glücksspielen nicht möglich – außer in Schleswig-Holstein.

Dort ratifizierte man den ursprünglichen Glücksspielvertrag zunächst nicht, um mit einem liberaleren Glücksspielgesetz einen Sonderweg zu beschreiten. Mittlerweile gehört aber auch Schleswig-Holstein zu den Unterzeichnern des novellierten „Glücksspielstaatsvertrags 2021“.

Kläger verlor beim Glücksspiel 18.000 EUR an nicht lizenzierten Anbieter

Der nun vor dem OLG München verhandelte Fall bezog sich noch auf die alte Rechtslage. Rund 18.000 Euro hatte der Kläger bei Online-Automatenspielen („Slots“) auf der deutschsprachigen Webseite eines maltesischen Unternehmens verloren. Eine deutsche Konzession besaß das Unternehmen nicht. Der Kläger verlangte eine Rückzahlung des verspielten Geldes. Nachdem ein bayerisches Landgericht der Klage des Spielers stattgegeben hatte, ging das beklagte Online-Casino zum OLG München in Berufung – erfolglos.

OLG: Rückforderungsanspruch – auch bei Wissen um Illegalität des Anbieters

In seinem abweisenden Beschluss stellte der Münchener Senat unter anderem fest, dass das weitreichende Verbot für lizenzlose Online-Glücksspiele weder gegen Europarecht noch gegen das Grundgesetz verstoße. Weiter sei das Verbot durch überragend wichtige Ziele des Gemeinwohls gerechtfertigt, nämlich durch den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht, sowie vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität.

Auch die Lockerungen des neugefassten „Glücksspielvertrags 2021“ änderten daran nichts. Dem Geschädigten stehe ein Rückzahlungsanspruch für die verlorenen Beträge zu – und zwar auch dann, wenn er sich möglicherweise selbst rechtswidrig verhalten habe.

Rückforderungsansprüche gegen Online-Casino nach neuer Rechtslage möglich

Ob einem Spieler nach alter Rechtslage ein Rückzahlungsanspruch zusteht oder ob dem die bereicherungsrechtliche Ausnahmeregelung entgegensteht, war lange Zeit umstritten. Das OLG München räumte nun mit den Zweifeln auf und erklärte die Anwendung der Ausnahmeregelung in derartigen Konstellationen für unvereinbar mit dem Zweck des Bereicherungsrechts.

Ein solcher Rückforderungsanspruch stehe grundsätzlich auch dem Spieler zu, der sein Geld nach neuer Rechtslage an einen Online-Anbieter ohne gültige Lizenz in Deutschland verloren hat. Umso wichtiger bleibt für Anbieter virtueller Glücksspiele, sowie für Betreiber von Online-Casinos eine genaue Kenntnis der sich entwickelnden Rechtslage.

Benötigen Sie rechtliche Beratung im Zusammenhang mit Glücksspielen, stehen Ihnen die Anwälte von ROSE & PARTNER, insbesondere unsere Fachanwälte für Gewerblichen Rechtsschutz, grundsätzlich gerne zur Verfügung. Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Webseite: https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/gewerblicher-rechtsschutz/wettbewerbsrecht/gluecksspiele-gaming-und-gewinnspiele.html