Rechtsanwalt Dr. Timo Ehmann

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29.09.2010

OpenAccess (Teil 2): Was muss man beachten, wenn man Dokumente ins Internet stellt?

1. Verantwortlich ist der Nutzer, nicht der Diensteanbieter

Wer urheberrechtlich geschützte Werke auf einer Internetplattform für user-generated-content (Youtube, MySpace, Flickr, Ebay, JUSMEUM) einstellt, ist für diese Inhalte verantwortlich. Der Diensteanbieter muss lediglich dafür sorgen, dass rechtsverletzende Inhalte gelöscht werden, und Vorkehrungen treffen, dass Rechtsverletzungen möglichst vermieden werden (BGH, GRUR 2004, 860ff. – Internetversteigerung I)  

2. Welche Werke darf man ins Internet stellen?

a) Urheberrechtsfreie Werke

Urheberrechtsfreie Dokumente können ohne Weiteres ins Internet gestellt werden. Urheberrechtsfreie Dokumente sind
  1. Dokumente, die keinerlei Individualität aufweisen und damit die notwendige Schöpfungshöhe nicht erreichen,
  2. Dokumente, die kraft Gesetzes vom Urheberrecht ausgeschlossen sind und
  3. Dokumente, deren Urheberschutz abgelaufen ist, weil der Urheber seit mehr als 70 Jahren tot ist.
Die Anforderung für die nötige Schöpfungshöhe sind gering. Unterhalb der erforderlichen Schöpfungshöhe sind sehr kurze Dokumente (Twitter-Tweets) oder Dokumente mit Standardformulierungen, z.B. ein Formular mit einer Musterkündigung. Musterverträge und komplexere Formulare können dem Urheberrechtsschutz unterliegen, weisen aber nur einen sehr geringen Grad an Individualität auf, so dass bereits geringe Änderungen einen hinreichenden Werkabstand gewährleisten und keine Urheberrechtsverletzung begründen. Auch wissenschaftliche Texte im Allgemeinen haben nach der Rechtsprechung des BGH nur einen geringen Schutzumfang, so dass schon geringe Änderungen einen hinreichenden Werkabstand begründen. Einige Werke sind vom Urheberrecht ausgenommen. Nach § 5 UrhG sind insbesondere Gesetze, Gerichtsentscheidungen und Tarifverträge urheberrechtsfrei.

b) Zweitverwertung veröffentlichter Werke

Viele Rechte veröffentlichter Werke liegen bei den Autoren. Dies betrifft vor allem Zeitschriftenbeiträge, bei denen nicht ausdrücklich durch Vertrag von § 38 Abs. 1 UrhG abgewichen wurde und die älter als ein Jahr sind. Weiter betrifft es Festschriftenbeiträge und Sammelbandbeiträge, für die dem Autor keine Vergütung gezahlt wurde. In diesen Fällen steht dem Autor das Recht zu, nach einer Embargofrist von einem Jahr, den Beitrag erneut zu verwerten. Im aktuellen Gesetzgebungsverfahren des Dritten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft (Dritter Korb) wird unter anderem darüber diskutiert, § 38 UrhG als zwingende Regelung auszugestalten, die auch durch Verlagsvertrag nicht für unwirksam erklärt werden kann. Zusätzlich hat der Autor das Recht, Bücher ins Internet zu stellen, die von vor 1995 datieren. Denn das Recht zur Verwertung im Internet war vor 1995 unbekannt und bis 2008 war es rechtlich unmöglich, Nutzungsrechte für unbekannte Nutzungsarten einzuräumen. Zwar gibt der unklar formulierte § 137l UrhG auch den Verlagen das Recht, solche Bücher zu verwerten. Dies schließt aber nach überwiegender Auffassung das Recht des Autors nicht aus, sein Werk selbst zu verwerten. Denn Sinn und Zweck von § 137l UrhG war die „Hebung der Archivschätze“ und dieses Ziel wird besser erreicht, wenn auch der Autor zur Hebung seines Archivschatzes berechtigt ist.

c) Werke mit abgelaufenem Urheberrecht

70 Jahre nach dem Tod ist Schluss (§ 64 UrhG). Das kann sich zwar – wie man in den USA 1998 sehen konnte, als die Mickey Mouse drohte, gemeinfrei zu werden - schnell ändern, wenn bei einem mächtigen Marktteilnehmer ein Urheberrecht zu erlöschen droht. Aber in Deutschland und in den meisten anderen Ländern ist nach 70 Jahren Schluss. Wer also ein paar Klassiker ausgraben möchte, dem sind dazu alle Freiheiten gegeben. Eine beeindruckende Sammlung von 4.316 Bänden juristischer Klassiker gibt es z.B. beim Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte.

d) Sonstiges (Wikipedia, Twitter, RSS & Co.)
Aus einer etwas anderen Perspektive habe ich bei Gründerszene schonmal über das Thema geschrieben, welche fremden Inhalte man in die eigene Website einbinden darf.

Wer noch mehr dazu wissen will, kann Ehmann/Fischer GRURInt. 2008, 284ff - Zweitverwertung rechtswissenschaftlicher Texte im Internet - lesen. Die Onlinerechte musste ich leider für drei Jahre exklusiv einräumen, aber bei bei www.bibliotheksrecht.de gibt es hier eine Zusammenfassung von Dr. Eric Steinhauer. Auf Anfrage verschicke ich auch gerne eine Privatkopie.