Jean Gutschalk

Anwaltskanzlei Gutschalk
30159, Hannover
14.03.2012

Rechtsanwalt Gutschalk zum Thema: Zur Haftung des Vermieters für durch den Mieter begangene Urheberrechtsverletzungen.

Zahlreiche Internet-Nutzer erhalten eine anwaltliche Abmahnung, mit welcher sie - berechtigt oder auch unberechtigt - mit dem Vorwurf des „Filesharing” konfrontiert werden. Beim Filesharing handelt es sich, vereinfacht ausgedrückt, um das direkte Weitergeben von Dateien zwischen Benutzern des Internets unter Verwendung eines peer-to-peer-Netzwerks (p-2-p). Die Dateien befinden sich hierbei in der Regel auf den Computern der Teilnehmer oder anderen Servern und werden von dort aus verteilt. Ein solches Netzwerk wird auch peer-to-peer-Netzwerk (p2p) oder umgangssprachlich „Tauschbörse” genannt.

Die anwaltlichen Abmahnschreiben der einschlägigen Kollegen haben dem Grunde nach alle dasselbe Muster:

Unter Androhung von weiteren kostenintensiven juristischen Schritten und hohen Schadensersatzzahlungen wird den Empfängern anschließend das Angebot unterbreitet, Abmahnung Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche pauschal mit einem Betrag abzugelten, weiterhin fordert man den Internetnutzer mit einer kurzen Frist zur Abgabe einer dem Abmahnschreiben beigefügten Unterlassungserklärung auf.

Unabhängig von dieser rechtlichen Frage haftet der Abgemahnte immer noch nach § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG auf Unterlassung, so dass es sich auf keinen Fall empfiehlt ohne fachkundige anwaltliche Beratung das Abmahnschreiben einfach zu ignorieren. In diesem Fall droht eine einstweilige Verfügung. Man kann jedoch den kostspieligen Verfügungsantrags bei Gericht regelmäßig dadurch umgehen, dass fristgerecht eine modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wird, welche die Wiederholungsgefahr entfallen lässt.

Häufig ist die Angelegenheit damit noch nicht ausgestanden, denn neben dem Unterlassenanspruch besteht zusätzlich die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs. Dieser Anspruch beinhaltet neben dem Ersatz des Schadens (häufig im Wege der sog. Lizenzanalogie) auch die Anwaltskosten der abmahnenden Partei.

Fraglich ist, ob der Abgemahnte diese Kosten bezahlen sollte. Es empfiehlt es sich daher immer, im Fall einer Abmahnung umgehend einen fachkundigen Rechtsanwalt aufzusuchen, um den Fall einer gründlichen rechtlichen Überprüfung zu unterziehen.

Kommt es nun aufgrund des Scheiterns der außergerichtlichen Verhandlungen zum Gerichtsverfahren wird die abmahnende Partei regelmäßig darlegen, dass das streitgegenständliche Werk über eine IP-Adresse öffentlich zugänglich gemacht wurde, die dem Anschluss des Abgemahnten zugeordnet war. Daraus ergibt sich daraus zunächst eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Abgemahnte für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Im Wege einer sekundären Darlegungslast, obliegt es nunmehr dem Beklagten vorzutragen, dass eine andere Person die Rechtsverletzung begangen hat (vgl. BGH GRUR 2010, 633, 534 [12].

Hierzu ist folgendes festzustellen:  Der IP-Adresse kommt keine mit einem eBay-Konto vergleichbare Identifikationsfunktion zu. Anders als letzteres ist sie keinem konkreten Nutzer zugeordnet, sondern nur einem Anschlussinhaber, der grundsätzlich dazu berechtigt ist, beliebigen Dritten Zugriff auf seinen Internetanschluss zu gestatten. Die IP-Adresse gibt deshalb bestimmungsgemäß keine zuverlässige Auskunft über die Person, die zu einem konkreten Zeitpunkt einen bestimmten Internetanschluss nutzt. Damit fehlt die Grundlage dafür, den Inhaber eines WLAN-Anschlusses im Wege einer unwiderleglichen Vermutung so zu behandeln, als habe er selbst gehandelt (vgl. BGHZ 180, 134 Tz. 16).

Im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung kann es erforderlich sein nachzuweisen, dass die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht vom Abgemahnten begangen wurde, da er bspw. ortsabwesend waren, bzw. zum fraglichen Zeitpunkt den im Haushalt vorhandenen PC nicht aktiv bedient hat.

Weiterhin ist jedoch fraglich, ob der Abgemahnte nicht nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Haftung genommen werden kann. Dies erläutert sich wie folgt:
Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs haftet in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB jeder als Störer für eine Schutzrechtsverletzung, der - ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat (vgl. Urteil des OLG Köln vom 23.12.2009, Az. 6 U 101/09, m.w.N.).

Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des BGH die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist.

Fraglich ist on der Vermieter haftet, wenn er seinem Mieter die Nutzung des gesicherten WLAN-Zugangs gestattet. Zu dieser Frage liegt nun ein Urteil des Amtsgericht München vor (Urteil v. 15.02.2012 - Az.: 142 C 10921/11).

Demnach ist die Störerhaftung abzulehnen, wenn der Anschlussinhaber den Mieter mietvertraglich zusichern ließ, dass das WLAN nicht für Rechtsverletzungen missbraucht werden dürfe. In diesem Fall sah das Gericht keine Verletzung der Prüfpflichten durch den Anschlussinhaber.

Nach Auffassung des Amtsgericht München (Urteil v. 15.02.2012 - Az.: 142 C 10921/11) haftete der Beklagte in diesem speziellen Fall nicht auf Schadensersatz nach dem Urhebergesetz.