Dr. Christoph Ohrmann

16.06.2009

APR vs. Kunst- und Filmfreiheit oder der Kannibale von Rothenburg

Wir erinnern uns, Armin Meiwes mittlerweile rechtskräftig zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe wegen Mordes verurteilt, begehrte zunächst vor dem LG Kassel und in der Berufung der Beklagten vor dem OLG Frankfurt a.M. Unterlassung der Vorführung und Verwertung des bereits im Jahr 2006 gedrehten Filmes “Rothenburg” über die Geschehnisse rund um seine Person. Armin Meiwes hatte im März 2001 einen anderen Menschen getötet, dessen Körper ausgenommen, zerlegt, eingefroren und später teilweise verzehrt. Auf Grundlage der Tat wurde eine Art biographischer “Real-Horrorfilm” mit dem Titel “Rohtenburg” produziert. Lebensgeschichte und Persönlichkeitsmerkmale der Hauptfigur des Films sowie die Darstellung des Tathergangs entsprechen nahezu detailgenau dem realen Geschehensablauf und der tatsächlichen Biographie des Klägers, der seinerseits mit einer Produktionsgesellschaft einen Vertrag über die umfassende, exklusive und weltweite Verwertung seiner Lebensgeschichte geschlossen hat. Nun hat der BGH die bislang dem Kläger stattgebenden Urteile aufgehoben und dessen Klage abgewiesen. Das Urteil gründet sich maßgeblich auf folgenden Erwägungen: “Zwar könne der Film den Kläger als Person erheblich belasten, weil er die Tat auf stark emotionalisierende Weise erneut in Erinnerung rufe. Als Ergebnis der gebotenen Abwägung zwischen den Rechten des Klägers und der zugunsten der Beklagten streitenden Kunst- und Filmfreiheit müsse das Persönlichkeitsrecht des Klägers jedoch zurückstehen. Auch bestehe an der Tat ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Der Spielfilm enthalte keine Verfremdungen oder Entstellungen und stelle den Achtungsanspruch des Klägers als Mensch nicht in Frage. Zwar berührten die Darstellungen den besonders schutzwürdigen Kern der Privatsphäre des Klägers. Weil diese Informationen sich unmittelbar auf die Tat und die Person des Täters bezögen, dürften aber auch solche Details geschildert werden. Überdies seien sämtliche Einzelheiten der Öffentlichkeit auch durch Mitwirkung des Klägers bereits bekannt gewesen. Dass die Darstellung neue oder zusätzliche nachteilige Folgen für den Kläger – insbesondere im Hinblick auf seine Resozialisierung – hätte, habe er nicht dargetan.” Hier wird in Kürze der Volltext des Urteils nachzulesen sein.
Das erste Urteil zum Thema Straftäter und dem Anspruch auf Resozialisierung gegenüber der Erwähnung in der Presse war das bekannte “Soldatenmord von Lebach-Urteil” des BVerfG aus dem Jahre 1973.