Rechtsanwältin Cornelia Klüting

Anwaltskanzlei Klüting
54296, Trier
10.05.2011

Anspruch gegen die Krankentagegeldversicherung auch bei Mobbing

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 09.03.2011 entschieden, dass Arbeitsunfähigkeit i.S.v. § 1 Abs. 3 MB/KT94 auch dann vorliegt, „wenn sich der Versicherte an seinem Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihm als solcher empfundenen Mobbingsituation ausgesetzt sieht, hierdurch psychisch oder physisch erkrankt und infolgedessen seinem bisher ausgeübten Beruf in seiner konkreten Ausprägung nicht nachgehen kann.“

In dem konkreten Fall weigerte sich eine vom Arbeitnehmer abgeschlossene private Krankentagegeldversicherung, dem Versicherungsnehmer das Krankentagegeld zu zahlen. Zur Begründung führte sie an, dass der Arbeitnehmer nicht generell arbeitsunfähig sei, sondern lediglich eine „Arbeitsplatzunverträglichkeit“ bezogen auf die konkrete Arbeitsstelle bestehe. Das Mobbing beziehe sich nur auf einen konkreten Arbeitsplatz und nicht auf die generelle Arbeitsfähigkeit des Versicherungsnehmers.

Der Bundesgerichthof sah jedoch – wie auch schon die Berufungsinstanz – als Prüfungsmaßstab den bisherigen Beruf in seiner konkreten Ausprägung. Abgestellt wird bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen auf den durchschnittlichen Versicherungsnehmer. Unter diesem Gesichtspunkt müsse die in § 1 Abs. 3 MB/KT 94 enthaltene Regelung, dass Arbeitsunfähigkeit dann vorliege, wenn der Versicherungsnehmer seine „berufliche Tätigkeit“ vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, so verstanden werden, dass damit auch sein konkreter Arbeitsplatz bei seinem bisherigen Arbeitgeber gemeint ist.

Zwar sei „Mobbing“ an sich nicht als Krankheit einzustufen, die einen Versicherungsfall und damit Anspruch auf Krankentagegeld begründet, wird der Versicherungsnehmer infolge des Mobbings jedoch psychisch oder physisch krank, so folgt daraus eine medizinisch notwendige Heilbehandlung, die einen Anspruch auf Krankentagegeld begründet. Die Krankentagegeldversicherung sei daher im entschiedenen Fall verpflichtet, bis zum Ablauf der Krankschreibung das Krankentagegeld zu bezahlen. Sie könne den Versicherungsnehmer auch nicht auf einen anderen Arbeitsplatz oder anderen Beruf verweisen.

Es wird jedoch stets im Einzelfall zu prüfen sein, ob die "Mobbing"-Handlungen zu einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung führen, was Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld ist.