OrgHbMstrV

Orgel- und Harmoniumbauermeisterverordnung

Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Orgel- und Harmoniumbauer-Handwerk

Auf Grund des § 45 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Dezember 1965 (BGBl. 1966 I S. 1), der zuletzt durch Artikel 1 Nr. 63 des Gesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2256) geändert worden ist, in Verbindung mit Artikel 56 Abs. 1 des Zuständigkeitsanpassungs-Gesetzes vom 18. März 1975 (BGBl. I S. 705) und dem Organisationserlaß vom 17. November 1994 (BGBl. I S. 3667) verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie:

(1) Dem Orgel- und Harmoniumbauer-Handwerk sind folgende Tätigkeiten zuzurechnen:

1.
Disposition, Entwurf, Planung, Mensuration, Herstellung, Montage, Intonation und Stimmung von Orgeln und Harmonien,
2.
Instandhaltung, Umgestaltung und Restaurierung von Orgeln und Harmonien.

(2) Dem Orgel- und Harmoniumbauer-Handwerk sind folgende Kenntnisse und Fertigkeiten zuzurechnen:

1.
Kenntnisse der Orgeln und Harmonien,
2.
Kenntnisse der berufsbezogenen Werk- und Hilfsstoffe,
3.
Kenntnisse der berufsbezogenen Gütebestimmungen,
4.
Kenntnisse der Funktionsweisen der verschiedenen Systeme von Orgeln und Harmonien,
5.
Kenntnisse der mechanischen, pneumatischen und elektrischen Trakturen sowie der Anwendungsmöglichkeiten elektronischer Bauelemente,
6.
Kenntnisse der Disposition, des Entwurfs, der Planung, der Mensuration, der Herstellung, der Montage, der Intonation und der Stimmung von Orgeln und Harmonien,
7.
Kenntnisse der berufsbezogenen Bau- und Stilkunde,
8.
Kenntnisse der berufsbezogenen Musik- und Musikinstrumentengeschichte,
9.
Kenntnisse auf dem Gebiet der Musiktheorie,
10.
Kenntnisse der berufsbezogenen Physik, insbesondere Mechanik, Pneumatik, Elektrik, Akustik und Statik,
11.
Kenntnisse der Instandhaltung, Umgestaltung und Restaurierung von Orgeln und Harmonien, insbesondere nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten,
12.
Kenntnisse der berufsbezogenen Bestimmungen und Normen sowie der berufsbezogenen Vorschriften des Umwelt- und des Denkmalschutzes,
13.
Kenntnisse der berufsbezogenen Vorschriften der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes,
14.
Anfertigen von Dispositionen und dazugehörigen Mensuren,
15.
Entwerfen, Skizzieren und Berechnen,
16.
Anfertigen und Lesen von Entwurfs- und Fertigungszeichnungen, Grundrißplänen und Raumskizzen,
17.
Bestimmen und Prüfen der Werkstoffe,
18.
Bearbeiten der Werkstoffe, insbesondere Sägen, Hobeln, Bohren, Stemmen, Fräsen, Furnieren und Schleifen,
19.
Herstellen lösbarer und unlösbarer Verbindungen, insbesondere Holz- und Metallverbindungen,
20.
Anfertigen von Instrumententeilen, insbesondere von Pfeifen,
21.
Bearbeiten von Oberflächen,
22.
Zusammenbauen von Orgeln und Harmonien sowie deren Teilen,
23.
Intonieren von Orgeln und Harmonien,
24.
Stimmen von Orgeln und Harmonien, insbesondere Legen von Stimmungen verschiedener Systeme,
25.
Pflegen von Orgeln und Harmonien,
26.
Pflegen und Instandhalten der berufsbezogenen Werkzeuge, Geräte und Maschinen.

(1) In Teil I sind eine Meisterprüfungsarbeit anzufertigen und eine Arbeitsprobe auszuführen. Bei der Bestimmung der Meisterprüfungsarbeit sollen die Vorschläge des Prüflings nach Möglichkeit berücksichtigt werden.

(2) Die Anfertigung der Meisterprüfungsarbeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 soll nicht länger als 60 und die nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 nicht länger als 200 Arbeitstage, die Ausführung der Arbeitsprobe nicht länger als acht Stunden dauern.

(3) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I sind jeweils ausreichende Leistungen in der Meisterprüfungsarbeit und in der Arbeitsprobe.

(1) Als Meisterprüfungsarbeit ist eine der nachstehend genannten Arbeiten anzufertigen:

1.
Konstruktion, Berechnung und Bau eines mindestens einmanualigen Orgelpositivs mit mindestens drei Registern und einem Tonumfang von C bis f(hoch)3; dabei sind die Windlade für die Register, die Spielmechanik, der Balg und die Drossel sowie ein Register mit Pfeifen aus Holz und Metall herzustellen; anschließend ist das Instrument spielfertig zu montieren, zu intonieren und zu stimmen,
2.
Bau eines einmanualigen Harmoniums mit einem massiven Holzgehäuse und mindestens zwei Spielen; dabei ist die Windanlage und die Spielmechanik herzustellen, die Zungenplatten können vorgefertigt sein; anschließend ist das Instrument spielfertig zu montieren, zu intonieren und zu stimmen,
3.
Konstruktion, Berechnung und Bau einer mindestens zweimanualigen Orgel mit Pedal und einem Tonumfang für die Manuale von C bis f(hoch)3; dabei sind mindestens eine Manualwindlade für die Register, die Spielmechanik, der Balg und die Drossel sowie ein Register mit Pfeifen aus Holz und Metall herzustellen; anschließend ist das Instrument spielfertig zu montieren, zu intonieren und zu stimmen.

(2) Der Prüfling hat vor Anfertigung der Meisterprüfungsarbeit dem Meisterprüfungsausschuß eine Beschreibung des Instruments zur Genehmigung vorzulegen. Nach Genehmigung sind die Werkzeichnungen, die Berechnungen, die Materiallisten und die Vorkalkulation für das komplette Instrument anzufertigen.

(3) Die Beschreibung des Instruments, die Werkzeichnungen, die Berechnungen, die Materiallisten sowie die Vor- und Nachkalkulation für das komplette Instrument sind bei der Bewertung der Meisterprüfungsarbeit zu berücksichtigen.

(1) Als Arbeitsprobe sind vier der nachstehend genannten Arbeiten, davon in jedem Fall die nach den Nummern 1 und 5, auszuführen:

1.
Intonieren einer Oktave bei Zungenpfeifen,
2.
Anfertigen und Intonieren von sechs Metallpfeifen,
3.
Aufschneiden und Intonieren von zwei Oktaven Metallpfeifen,
4.
Anfertigen und Intonieren von sechs Holzpfeifen,
5.
Legen einer gleichstufigen Temperierung nach Gehör,
6.
Belegen der Ecke eines Faltenbalges,
7.
Ermitteln und Beheben von mechanischen, elektrischen und pneumatischen Störungen,
8.
Anfertigen einer Metall- und einer Holzverbindung.

(2) In der Arbeitsprobe sind die wichtigsten Fertigkeiten und Kenntnisse zu prüfen, die in der Meisterprüfungsarbeit nicht oder nur unzureichend nachgewiesen werden konnten.

(1) In Teil II sind Kenntnisse in den folgenden fünf Prüfungsfächern nachzuweisen:

1.
Technische Mathematik:
a)
Hebel-, Winkel-, Übersetzungs- und Kräfteberechnungen,
b)
Berechnung von Windanlagen, Ventilen und Windsteuerungen sowie Windverbrauchsberechnungen,
c)
Berechnung von elektrischen Widerständen, Strömen, Spannungen und Leistungen,
d)
statische Berechnungen, insbesondere von Gewichtsverteilung und Lastpunkten,
e)
Mensuration,
f)
Schallberechnungen,
g)
Flächen-, Volumen- und Körperberechnungen, insbesondere Abwicklungen;
2.
Fachtechnologie:
a)
Dispositionen, Mensuren und Intonation,
b)
Funktionsweisen und Bearbeitung von berufsbezogenen Instrumententeilen,
c)
Konstruktion und Zusammenbau,
d)
Restaurierung von Orgeln und Harmonien,
e)
berufsbezogene Physik, insbesondere Mechanik, Pneumatik, Elektrik, Akustik und Statik,
f)
berufsbezogene Bestimmungen und Normen sowie berufsbezogene Vorschriften des Umwelt- und des Denkmalschutzes,
g)
berufsbezogene Vorschriften der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes;
3.
Werkstoffkunde:
Arten, Eigenschaften, Bezeichnungen, Verwendung, Verarbeitung, Lagerung und Entsorgung der berufsbezogenen Werk- und Hilfsstoffe;
4.
Bau- und Stilkunde, Musik- und Musikinstrumentengeschichte, Musiktheorie:
a)
Baukunde, insbesondere Denkmalpflege,
b)
Stilkunde,
c)
Musik- und Musikinstrumentengeschichte,
d)
Musiktheorie;
5.
Kalkulation:
Kostenermittlung unter Einbeziehung aller für die Preisbildung wesentlichen Faktoren.

(2) Die Prüfung ist schriftlich und mündlich durchzuführen.

(3) Die schriftliche Prüfung soll insgesamt nicht länger als zwölf Stunden, die mündliche je Prüfling nicht länger als eine halbe Stunde dauern. In der schriftlichen Prüfung soll an einem Tag nicht länger als sechs Stunden geprüft werden.

(4) Der Prüfling ist von der mündlichen Prüfung auf Antrag zu befreien, wenn er im Durchschnitt mindestens gute schriftliche Leistungen erbracht hat.

(5) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II sind ausreichende Leistungen in dem Prüfungsfach nach Absatz 1 Nr. 2.

Die bei Inkrafttreten dieser Verordnung laufenden Prüfungsverfahren werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt.

Die weiteren Anforderungen in der Meisterprüfung bestimmen sich nach der Verordnung über gemeinsame Anforderungen in der Meisterprüfung im Handwerk vom 12. Dezember 1972 (BGBl. I S. 2381) in der jeweils geltenden Fassung.

(1) Diese Verordnung tritt am 1. Oktober 1997 in Kraft.

(2) Die auf Grund des § 122 der Handwerksordnung weiter anzuwendenden Vorschriften sind, soweit sie Gegenstände dieser Verordnung regeln, nicht mehr anzuwenden.

Jur. Bezeichnung
OrgHbMstrV
Pub. Bezeichnung
OrgHbMstrV
Veröffentlicht
23.07.1997
Fundstellen
1997, 1915: BGBl I