FlUUG

Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz

Gesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen bei dem Betrieb ziviler Luftfahrzeuge

Erster Abschnitt  
  Anwendungsbereich  
Anwendungsbereich des Gesetzes § 1
Begriffsbestimmungen § 2
Zweck und Gegenstand der Untersuchung § 3
 
Zweiter Abschnitt  
  Organisation  
Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung § 4
Zusammenarbeit mit anderen Staaten § 5
Unterrichtung ausländischer Staaten und der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation § 6
Unterrichtung anderer Behörden § 7
 
Dritter Abschnitt  
  Untersuchung  
Untersuchungsstatus § 8
Untersuchungsverfahren § 9
Einleitung der Untersuchung § 10
Untersuchungsbefugnisse § 11
Unfallstelle § 12
Freigabe der Unfallstelle § 13
Teilnehmer am Untersuchungsverfahren § 14
Besorgnis der Befangenheit § 15
Nachweismittel § 16
 
Vierter Abschnitt  
  Berichte und ihre Bekanntgabe  
Anhörung vor Abschluß eines Untersuchungsberichts § 17
Untersuchungsbericht § 18
Sicherheitsempfehlungen § 19
Ausländische Untersuchungsberichte § 20
Erteilung von Auskünften und Akteneinsicht § 21
Wiederaufnahme eines Untersuchungsverfahrens § 22
 
Fünfter Abschnitt  
  Untersuchungskammer  
Zuständigkeit § 23
 
Sechster Abschnitt  
  Allgemeine Vorschriften  
Kostentragung § 24
Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten § 25
Datenübermittlung an öffentliche Stellen § 26
Aufbewahrungs- und Löschungsfristen § 27
Flugsicherheitsarbeit § 28
Beteiligung am Such- und Rettungsdienst § 29
Bußgeldvorschriften § 30
 
Anhang  
  Beispiele für schwere Störungen  

(1) Dieses Gesetz gilt für die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge, die sich im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ereignen, und für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten, die in diesem Zusammenhang anfallen.

(2) Wird die Untersuchung eines Unfalls oder einer Störung eines in der Bundesrepublik Deutschland eingetragenen oder hergestellten oder von einem deutschen Halter betriebenen Luftfahrzeugs, der oder die sich im Ausland oder außerhalb staatlichen Hoheitsgebiets ereignet hat, nicht von einem anderen Staat durchgeführt, ist dieses Gesetz anzuwenden vorbehaltlich im Einzelfall zwingend anzuwendenden ausländischen Rechts.

(3) Unfälle und Störungen, an denen zivile und militärische Luftfahrzeuge beteiligt sind, werden federführend von der zivilen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung untersucht (§ 4). Für Fälle, die überwiegend militärische Belange berühren, wird zwischen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium der Verteidigung eine geeignete Regelung getroffen.

Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet:
Unfall
Ein Ereignis bei dem Betrieb eines Luftfahrzeugs vom Beginn des Anbordgehens von Personen mit Flugabsicht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Personen das Luftfahrzeug wieder verlassen haben, wenn hierbei:

1.
eine Person tödlich oder schwer verletzt worden ist
-
an Bord eines Luftfahrzeugs oder
-
durch unmittelbare Berührung mit dem Luftfahrzeug oder einem seiner Teile, auch wenn sich dieser Teil vom Luftfahrzeug gelöst hat, oder
-
durch unmittelbare Einwirkung des Turbinen- oder Propellerstrahls eines Luftfahrzeugs,
es sei denn, daß der Geschädigte sich diese Verletzungen selbst zugefügt hat oder diese ihm von einer anderen Person zugefügt worden sind oder eine andere von dem Unfall unabhängige Ursachen haben, oder daß es sich um Verletzungen von unbefugt mitfliegenden Personen handelt, die sich außerhalb der den Fluggästen und Besatzungsmitgliedern normalerweise zugänglichen Räume verborgen hatten,
oder
2.
das Luftfahrzeug oder die Luftfahrzeugzelle einen Schaden erlitten hat und
-
dadurch der Festigkeitsverband der Luftfahrzeugzelle, die Flugleistungen oder die Flugeigenschaften beeinträchtigt sind und
-
die Behebung dieses Schadens in aller Regel eine große Reparatur oder einen Austausch des beschädigten Luftfahrzeugbauteils erfordern würde;
es sei denn, daß nach einem Triebwerkschaden oder Triebwerksausfall die Beschädigung des Luftfahrzeugs begrenzt ist auf das betroffene Triebwerk, seine Verkleidung oder sein Zubehör, oder daß der Schaden an einem Luftfahrzeug begrenzt ist auf Schäden an Propellern, Flügelspitzen, Funkantennen, Bereifung, Bremsen, Beplankung oder auf kleinere Einbeulungen oder Löcher in der Außenhaut,
oder
3.
das Luftfahrzeug vermißt wird oder nicht zugänglich ist.
Störung
Ein anderes Ereignis als ein Unfall, das mit dem Betrieb eines Luftfahrzeugs zusammenhängt und den sicheren Betrieb beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte.
Schwere Störung
Ein Ereignis beim Betrieb eines Luftfahrzeugs, dessen Umstände darauf hindeuten, daß sich beinahe ein Unfall ereignet hätte (Beispiele für schwere Störungen sind im Anhang aufgeführt).
Tödliche Verletzung
Eine Verletzung, die eine Person bei einem Unfall erlitten hat und die unmittelbar bei dem Unfall oder innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfall ihren Tod zur Folge hat.
Schwere Verletzung
Eine Verletzung, die eine Person bei einem Unfall erlitten hat und die
1.
einen Krankenhausaufenthalt von mehr als 48 Stunden innerhalb von 7 Tagen nach der Verletzung erfordert
oder
2.
Knochenbrüche zur Folge hat (mit Ausnahme einfacher Brüche von Fingern, Zehen oder der Nase)
oder
3.
Rißwunden mit schweren Blutungen oder Verletzungen von Nerven, Muskel- oder Sehnensträngen zur Folge hat
oder
4.
Schäden an inneren Organen verursacht hat
oder
5.
Verbrennungen zweiten oder dritten Grades oder von mehr als fünf Prozent der Körperoberfläche zur Folge hat
oder
6.
Folge einer nachgewiesenen Aussetzung gegenüber infektiösen Stoffen oder schädlicher Strahlung ist.
Ursachen
Handlungen, Unterlassungen, Ereignisse oder Umstände oder eine Kombination dieser Faktoren, die zu einem Unfall oder einer Störung geführt haben.
Untersuchungsführer
Eine Person, der aufgrund ihrer Qualifikation die Verantwortung für Organisation, Durchführung und Beaufsichtigung einer Untersuchung übertragen wird.
Untersuchungsfachkraft
Eine Person, die aufgrund ihrer Qualifikation Untersuchungstätigkeiten unter Aufsicht des Untersuchungsführers ausübt.
Eintragungsstaat
Staat, in dessen Luftfahrzeugregister das Luftfahrzeug eingetragen ist.
Herstellerstaat
Der Staat, der die luftrechtliche Aufsicht über das Unternehmen führt, welches für die Endmontage des Luftfahrzeugs verantwortlich ist.
Halterstaat
Der Staat, in dem der Halter eines Luftfahrzeugs seinen Hauptgeschäftssitz oder, falls kein Geschäftssitz besteht, seinen Hauptwohnsitz hat.
Entwurfsstaat
Der Staat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Geschäftssitz des Unternehmens befindet, welches den Konstruktionsentwurf für das Luftfahrzeugmuster hergestellt hat.
Sicherheitsempfehlung
Vorschlag zur Verhütung von Unfällen und Störungen, den die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung auf der Grundlage von Fakten und Informationen unterbreitet, die sich während der Untersuchung ergeben hatten.

(1) Unfälle und Störungen unterliegen einer Untersuchung mit dem ausschließlichen Zweck, nach Möglichkeit die Ursachen aufzuklären, mit dem Ziel, künftige Unfälle und Störungen zu verhüten. § 18 Abs. 4 und 5 bleibt unberührt.

(2) Die Untersuchungen dienen nicht der Feststellung des Verschuldens, der Haftung oder von Ansprüchen.

(3) Der Untersuchung unterliegen alle Unfälle und schweren Störungen, die sich beim Betrieb folgender Luftfahrzeuge ereignet haben:

-
alle Flugzeuge während ihres Betriebs in einem Luftfahrtunternehmen,
-
Flugzeuge mit einer Höchstmasse über 2.000 kg während ihres Betriebs außerhalb eines Luftfahrtunternehmens,
-
Drehflügler,
-
Luftschiffe,
-
Ballone.

(4) Unfälle und schwere Störungen von

a)
Flugzeugen mit einer Höchstmasse bis 2.000 kg, wenn sich der Unfall oder die Störung nicht während des Betriebs in einem Luftfahrtunternehmen ereignet hat, und von
Segelflugzeugen und Motorseglern
werden nur dann untersucht, wenn die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung hiervon neue Erkenntnisse für die Sicherheit in der Luftfahrt erwartet;
b)
anderen als den in Absatz 3 und unter Buchstabe a genannten Luftfahrzeugen können untersucht werden, wenn die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung hiervon bedeutende Erkenntnisse für die Sicherheit in der Luftfahrt erwartet.

(5) Auf Störungen beim Betrieb von Luftfahrzeugen ist Absatz 4 Buchstabe b entsprechend anzuwenden.

(1) Zur Untersuchung von Unfällen und Störungen in der zivilen Luftfahrt wird im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung errichtet. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bestimmt den Sitz der Bundesstelle und regelt ihren Aufbau. Die Bundesstelle wird von ihrem Direktor geleitet. Verwaltungsangehörige der Bundesstelle sind im übrigen die Beamten, Angestellten und Arbeiter. Die Beamten sind Bundesbeamte.

(2) Die Bundesstelle nimmt ihre Aufgaben funktionell und organisatorisch unabhängig wahr insbesondere von jenen Luftfahrtbehörden, die für die Lufttüchtigkeit, die Zulassung, den Flugbetrieb, die Instandhaltung, die Erteilung von Erlaubnissen für Luftfahrtpersonal, die Flugsicherung und den Flugplatzbetrieb zuständig sind, sowie allgemein von allen natürlichen und juristischen Personen, deren Interessen mit den Aufgaben der Bundesstelle kollidieren könnten.

(3) Weisungen hinsichtlich der Einleitung/Nichteinleitung sowie des Inhalts und des Umfangs einer Unfalluntersuchung sowie des Untersuchungsberichts oder der Sicherheitsempfehlung dürfen der Bundesstelle nicht erteilt werden; die Bundesstelle darf gleichwohl erteilte Weisungen nicht befolgen.

(4) Dem Leiter der Bundesstelle sind die Untersuchungsführer, Untersuchungsfachkräfte und weitere Fachkräfte unterstellt. Die Bundesstelle kann sich geeigneter privater Personen als Beauftragte für Unfalluntersuchung bedienen, die im Einzelfall nach Weisung der Bundesstelle und unter ihrer Fachaufsicht als deren Hilfsorgane arbeiten. Die Bundesstelle bestimmt den Umfang der von den Beauftragten durchzuführenden Untersuchungstätigkeit sowie ihre Rechte und Pflichten nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Beauftragten erhalten aus Mitteln der Bundesstelle Reisekostenvergütung nach den für Bundesbeamte geltenden Vorschriften und eine Entschädigung, die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur festgesetzt wird.

(5) Der Leiter der Bundesstelle und die Untersuchungsführer dürfen neben ihrem Amt kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens noch einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören. Sie dürfen nicht gegen Entgelt außergerichtliche Gutachten abgeben. Sie dürfen keiner der in Absatz 2 genannten Behörden oder Einrichtungen angehören, sie vertreten, sie beraten oder für sie als Gutachter oder Sachverständige tätig werden.

(6) Der Leiter der Bundesstelle und die Untersuchungsführer müssen über umfassende technische und betriebliche Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Luftfahrtwesens verfügen sowie für die Befähigung zur Leitung einer umfangreichen Unfalluntersuchung ausreichend geschult sein. Die Bundesstelle hat dafür Sorge zu tragen, die fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse der Untersuchungsführer, der Untersuchungsfachkräfte und der weiteren Fachkräfte zu erhalten und der Entwicklung anzupassen.

(1) Wird ein Unfall oder eine Störung eines von diesem Gesetz erfaßten Luftfahrzeugs außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine ausländische Behörde untersucht, so kann die Bundesstelle einen bevollmächtigten Vertreter zur Teilnahme an der Untersuchung entsenden, wenn die Untersuchung eines vergleichbaren Ereignisses in der Bundesrepublik Deutschland nicht mit einem summarischen Untersuchungsbericht abgeschlossen werden würde. In diesem Fall sind auf Vorschlag des Halters ein oder mehrere Berater des bevollmächtigten Vertreters dem Staat, der die Untersuchung durchführt, zu benennen. Gleiches gilt für die Teilnahme von Vertretern des Herstellers des Luftfahrzeugs oder seiner Teile. Die Bundesstelle übermittelt der ausländischen Behörde alle verfügbaren erforderlichen Informationen; der Empfänger ist darauf hinzuweisen, daß die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verarbeitet und genutzt werden dürfen, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind.

(2) Bei Bedarf kann die Bundesstelle die zuständigen Stellen anderer Staaten darum ersuchen, zur Verfügung zu stellen:

1.
Anlagen, Einrichtungen und Geräte für
a)
die technische Untersuchung von Wrackteilen, Bordausrüstungen und anderen für die Untersuchung wichtigen Gegenständen,
b)
die Auswertung der Aufzeichnungen der Flugschreiber,
c)
die elektronische Speicherung und Auswertung von Unfalldaten,
2.
Untersuchungsfachkräfte für bestimmte Aufgaben anläßlich der Untersuchung eines Unfalls von besonderer Bedeutung und Schwere.

(3) Die Bundesstelle kann anderen Staaten diese Hilfe auf Ersuchen gewähren. Sie wird auf der Grundlage der Gegenseitigkeit kostenlos gewährt. Die Regelung in Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Ereignet sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein Unfall oder eine schwere Störung, unterrichtet die Bundesstelle unverzüglich auf dem schnellstmöglichen Wege

1.
den Eintragungsstaat,
2.
den Halterstaat,
3.
den Herstellerstaat,
4.
den Entwurfsstaat des Luftfahrzeugs und
5.
bei Luftfahrzeugen mit einer Höchstmasse von mehr als 2.250 kg die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation.

(2) Form und Inhalt der Unterrichtung richten sich nach den international üblichen Verfahren. Soweit die Unterrichtung sich auf personenbezogene Daten erstreckt, ist § 26 Abs. 4 anzuwenden.

Begründen im Verlauf der Untersuchung ermittelte Tatsachen die Annahme, daß eine strafbare Handlung vorliegt, die im Zusammenhang mit dem Unfall oder der schweren Störung beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge steht oder die von erheblicher Bedeutung ist, unterrichtet die Bundesstelle die für die Luftsicherheit zuständige Behörde und die zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Sie kann zu diesem Zweck aus personenbezogene Daten übermitteln.

(1) Die Untersuchung durch die Bundesstelle hat grundsätzlich Vorrang vor allen anderen fachlich-technischen Untersuchungen für andere als die in § 3 genannten Ziele und Zwecke. Die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden und der zur Strafverfolgung berufenen Gerichte bleiben unberührt.

(2) Überschneidungen mit anders gerichteten Interessen im Einzelfall sind durch zielgerichtete und zweckmäßige Zusammenarbeit der Bundesstelle mit anderen beteiligten Behörden zu ordnen.

(1) Das Untersuchungsverfahren umfaßt die gesamte Tätigkeit der Bundesstelle, die auf die Ermittlung der ursächlichen Zusammenhänge eines Unfalls oder einer Störung sowie auf die Feststellung der dafür maßgebenden Ursachen gerichtet ist. Es endet mit der Zusammenfassung der Ergebnisse der Untersuchung in einem Untersuchungsbericht und seiner Veröffentlichung.

(2) Die Bundesstelle bestimmt den Umfang der Untersuchung anhand des Ausmaßes und der Art des Unfalls oder der Störung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die sich voraussichtlich für die Verbesserung der Sicherheit gewinnen lassen. Sie ist dabei vorbehaltlich anderer Vorschriften dieses Gesetzes an keine Form gebunden. Das Verfahren ist einfach und zweckmäßig durchzuführen.

(1) Im Einzelfall bestimmt die Bundesstelle einen Untersuchungsführer, der die Untersuchung leitet.

(2) Der Untersuchungsführer trifft unverzüglich die zur Erfüllung des Untersuchungszwecks notwendigen Maßnahmen.

(1) Der Untersuchungsführer, die Untersuchungsfachkräfte und die Beauftragten für Unfalluntersuchung sind zur Erfüllung des Untersuchungsauftrags nach § 3 im Benehmen mit der örtlich zuständigen Strafverfolgungsbehörde befugt, alle Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere

1.
ungehinderter Zugang zum Ort des Unfalls oder der Störung sowie zum Luftfahrzeug, zu seiner Ladung, zu seinem Wrack und zu Teilen desselben, Grundstücke und beschädigte Wohnungen zu betreten und zu besichtigen; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Grundgesetz) wird insoweit eingeschränkt;
2.
sofortige Spurenaufnahme und Entnahme von Trümmern, Bauteilen und Bestandteilen der Ladung zu Untersuchungs- oder Auswertungszwecken,
3.
sofortiger Zugang zu Aufzeichnungsanlagen, Aufzeichnungsträgern und sonstigen Aufzeichnungen aus dem Luftfahrzeug und bei der Flugsicherung, Ansichnahme dieser Gegenstände und ihre Auswertung sowie Zugang zu sonstigen Aufzeichnungen und deren Auswertung,
4.
Zugang zu den Ergebnissen einer Untersuchung der Opfer (Tote, Verletzte) oder von entsprechenden Proben,
5.
Zugang zu den Ergebnissen von Untersuchungen der am Betrieb des Luftfahrzeugs beteiligten Personen oder von entsprechenden Proben,
6.
sachdienliche Information durch ungehinderte Einsichtnahme in die sachbezogenen schriftlichen Unterlagen des Eigentümers, des Halters und des Herstellers des Luftfahrzeugs und seiner Teile sowie der für die Zivilluftfahrt und den Flugplatzbetrieb zuständigen Behörden und gegebenenfalls die Anfertigung entsprechender Kopien,
soweit dies zur Erreichung des Untersuchungszwecks erforderlich ist.

(2) Der Untersuchungsführer ist im Einvernehmen mit der zuständigen Strafverfolgungsbehörde befugt, eine Autopsie der sterblichen Überreste von Besatzungsmitgliedern und anderen Insassen des Luftfahrzeugs zu verlangen, wenn der begründete Verdacht besteht, daß gesundheitliche Störungen Ursache des Unfalls sein können, oder wenn die Untersuchung des Insassenschutzes vor tödlichen Verletzungen (Überlebensaspekte) dies erfordert. Die Leichenöffnung und die Ausgrabung einer beerdigten Leiche werden vom Richter beim Amtsgericht angeordnet; der Untersuchungsführer ist zu der Anordnung befugt, wenn der Untersuchungserfolg durch Verzögerung gefährdet würde. § 87 Abs. 1 bis 3 und 4 Satz 2 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(3) Die Sicherstellung von als Nachweismittel geeigneten Spuren und Gegenständen hat in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Strafverfolgungsbehörde zu erfolgen. Dies gilt insbesondere für solche Nachweismittel, die für einen erfolgreichen Ausgang der Untersuchung sofort gesichert und ausgewertet werden müssen wie die Identifizierung und Untersuchung der Opfer und die Aufzeichnungsanlagen.

(1) Die Unfallstelle ist frühestmöglich wirksam gegen den Zutritt Dritter abzusperren. Unbefugte dürfen die Unfallstelle nicht betreten. Über den Zutritt zur abgesperrten Unfallstelle entscheidet der Untersuchungsführer in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Strafverfolgungsbehörde.

(2) Die Unfallstelle, die Unfallspuren sowie sämtliche Wrackteile, Trümmerstücke und sonstiger Inhalt des Luftfahrzeugs dürfen bis zur Freigabe (§ 13) durch den Untersuchungsführer nicht berührt oder verändert werden. Gestattet sind lediglich

a)
Löschmaßnahmen, möglichst ohne die Lage der in Satz 1 genannten Gegenstände zu verändern,
b)
Maßnahmen zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr,
c)
Bergung und Erste-Hilfe-Maßnahmen an Verletzten möglichst unter gleichzeitiger schriftlicher und bildlicher Dokumentierung ihrer Lage auf der Unfallstelle oder im Verhältnis zur Unfallstelle.
Unzweifelhaft Tote und ihre Überreste sind bis zur Freigabe durch den Untersuchungsführer unverändert liegen zu lassen.

Über die Freigabe der Unfallstelle, des Luftfahrzeugs, des Wracks oder seiner Teile, der Ladung und etwaiger Opfer entscheidet der Untersuchungsführer in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Strafverfolgungsbehörde.

(1) Am Untersuchungsverfahren nehmen auf ihr Verlangen je ein bevollmächtigter Vertreter nicht-deutscher Staaten teil (Teilnehmer), und zwar

1.
des Eintragungsstaats, des Entwurfstaats, des Herstellerstaats sowie des Halterstaats;
2.
von weiteren Staaten mit Zustimmung der Bundesstelle.

(2) Die bevollmächtigten Vertreter sind berechtigt, Berater hinzuzuziehen, die unter der Aufsicht des Untersuchungsführers an der Untersuchung in einem Umfang teilnehmen dürfen, der es dem bevollmächtigten Vertreter ermöglicht, seine Mitwirkung so wirkungsvoll wie möglich zu gestalten.

(3) Die Teilnahme an der Untersuchung erstreckt sich unter der Aufsicht des Untersuchungsführers auf alle Bereiche der Untersuchung, insbesondere auf

1.
die Besichtigung der Unfallstelle,
2.
die Untersuchung des Luftfahrzeugs oder seines Wracks,
3.
die Einsicht in die Ergebnisse der Zeugenbefragungen mit der Möglichkeit, Befragungen zu weiteren Sachbereichen vorzuschlagen,
4.
den schnellstmöglichen Zugang zu allen wesentlichen Nachweismitteln,
5.
den Erhalt von Ablichtungen aller sachdienlichen Dokumente,
6.
die Teilnahme an den Auswertungen vorgeschriebener Aufzeichnungen,
7.
die Teilnahme an weiterführenden Untersuchungen einschließlich der Beratungen über die Ergebnisse, Ursachen und Sicherheitsempfehlungen,
8.
Anregungen zum Untersuchungsumfang.
Die Teilnahme der Vertreter von Staaten nach Absatz 1 Nr. 2 kann auf solche Bereiche beschränkt werden, für die die Bundesstelle ihre Zustimmung erteilt hat.

(4) Der Untersuchungsführer kann Sachverständige und Helfer als Verwaltungshelfer hinzuziehen. Der Umfang ihrer Mitwirkung wird vom Untersuchungsführer bestimmt.

(5) Bei der Untersuchung gefährlicher Begegnungen bedient sich der Untersuchungsführer von ihm ausgewählter Sachverständiger mit hoher flugsicherungsfachlicher Qualifikation.

(6) Die Einleitung und Durchführung der Untersuchung an der Unfallstelle ist nicht von der Anwesenheit der Teilnehmer und deren Beratern abhängig.

(7) Teilnehmer und deren Berater, Sachverständige und Helfer dürfen sich ohne die ausdrückliche Zustimmung der Bundesstelle nicht zum Stand der Untersuchung oder zu einzelnen Ergebnissen öffentlich äußern. Sie sind nachdrücklich darauf hinzuweisen. Die Mitarbeiter der Bundesstelle, die Untersuchungsführer und die Untersuchungsfachkräfte sind zur besonderen Verschwiegenheit verpflichtet.

(8) Teilnehmer und deren Berater, Sachverständige und Helfer sind von der Untersuchung auszuschließen, wenn sie gegen die Regeln dieses Gesetzes verstoßen.

(9) Soweit die in den Absätzen 1 bis 8 genannten Personen Zugang zu personenbezogenen Daten erhalten, gilt § 26 Abs. 4 entsprechend.

Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die unparteiische Ausübung der Tätigkeit einer an der Untersuchung beteiligten Person zu rechtfertigen, oder wird von einem Betroffenen das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet (Besorgnis der Befangenheit), so hat die betreffende Person den Leiter der Bundesstelle davon in Kenntnis zu setzen, sich der weiteren Beteiligung am Verfahren zunächst zu enthalten und die Anordnungen des Leiters der Bundesstelle zu befolgen. Bereits vorgenommene Untersuchungshandlungen bleiben wirksam. Betrifft die Besorgnis der Befangenheit den Leiter der Bundesstelle oder seinen Vertreter, so trifft die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Anordnungen.

(1) Der Untersuchungsführer und die Untersuchungsfachkräfte bedienen sich aller zur Verfügung stehenden Mittel zum Nachweis der Unfallursachen (Nachweismittel). Sie dürfen, soweit dies für die Untersuchung erforderlich ist, insbesondere

1.
Auskünfte einholen,
2.
Zeugen, Sachverständige und andere für die Ermittlungen wichtige Personen befragen und schriftliche Äußerungen von ihnen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen und einsehen, soweit nicht besondere Verwendungsbeschränkungen entgegenstehen.

(2) Bevollmächtigte Vertreter nach § 14 und ihre Berater sowie Sachverständige und Helfer sind verpflichtet, ihnen bekannte, für den Vorfall und seine Untersuchung erhebliche Tatsachen und Nachweismittel der Bundesstelle auch ohne Nachfrage bekanntzugeben.

(3) Zeugen des Vorfalls und der Vorgänge, die zu ihm geführt haben oder geführt haben können, sind zur wahrheitsgemäßen Aussage und Sachverständige sind auf Verlangen zur Erstattung von Gutachten verpflichtet. Der Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Er ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(4) Zeugen und Sachverständige sind auf Antrag nach Maßgabe des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen zu entschädigen.

(1) Vor Abschluß eines Untersuchungsberichts ist nach Lage des Falles dem Halter des Luftfahrzeugs, dem Hersteller des Luftfahrzeugs und seiner Teile, der Flugbesatzung, den Aufsichtsbehörden, der nach § 31b Abs. 1 des Luftverkehrsgesetzes beauftragten Flugsicherungsorganisation und dem Deutschen Wetterdienst sowie den bevollmächtigten Vertretern nach § 14 Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Ursachenfeststellung maßgeblichen Tatsachen und Schlußfolgerungen schriftlich zu äußern. Zu diesem Zweck ist der Entwurf eines Untersuchungsberichts zu versenden.

(2) Begründete wesentliche Stellungnahmen sind in dem endgültigen Untersuchungsbericht zu berücksichtigen. Abweichende Stellungnahmen von bevollmächtigten Vertretern nach § 14 werden ihm als Anhang beigefügt, wenn sie im Untersuchungsbericht nicht berücksichtigt wurden. Gehen innerhalb von 60 Tagen nach Versendung des Entwurfs eines Untersuchungsberichts keine Stellungnahmen ein, wird der endgültige Untersuchungsbericht fertiggestellt.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn die Untersuchung summarisch (§ 18 Abs. 4 und 5) abgeschlossen wird.

(1) Zu jeder Untersuchung wird ein Bericht der Bundesstelle in einer der Art und Schwere des Ereignisses angemessenen Form verfaßt. Dieser Bericht verweist auf den ausschließlichen Untersuchungszweck nach § 3.

(2) Der Bericht gibt, unter Wahrung der Anonymität der an dem Unfall oder an der Störung beteiligten Personen, Auskunft über die Einzelheiten des Unfall-/Störungshergangs, über die beteiligten Luftfahrzeuge, die äußeren Umstände, die Ergebnisse der Untersuchungshandlungen und Gutachten, Beeinträchtigungen der Untersuchungen und ihre Gründe, die Auswertung aller Ergebnisse und die Feststellung der Ursachen oder der wahrscheinlichen Ursachen des Unfalls oder der Störung. Er enthält nach Möglichkeit Sicherheitsempfehlungen (§ 19); sie werden gegebenenfalls hier wiederholt, wenn sie wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse bereits zu einem früheren Zeitpunkt herausgegeben werden mußten.

(3) Die Bundesstelle versendet den endgültigen Bericht möglichst nicht später als zwölf Monate nach dem Ereignis. Je ein Exemplar wird übersandt an

1.
die in § 17 Abs. 1 genannten Adressaten,
2.
die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation bei Luftfahrzeugen mit einer Höchstmasse über 5 700 kg,
3.
die Kommission der Europäischen Gemeinschaft.
Im übrigen erfolgt die Herausgabe des Berichts durch Bekanntgabe der Bezugsquelle im Verkehrsblatt des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur.

(4) Unfälle und Störungen, deren Untersuchungsergebnisse nicht von besonderer Bedeutung für die Flugsicherheit sind, werden mit einem summarischen Untersuchungsbericht abgeschlossen.

(5) Der summarische Bericht nach Absatz 4 gibt lediglich Auskunft über die an dem Unfall oder der Störung beteiligten Luftfahrzeuge und den Unfallhergang.

(1) Sicherheitsempfehlungen werden vom Leiter der Bundesstelle herausgegeben.

(2) Eine Sicherheitsempfehlung ist unabhängig vom Stadium des Untersuchungsverfahrens herauszugeben, wenn dies wegen Gefahr im Verzug zur Verhütung künftiger Unfälle oder Störungen aus gleichem oder ähnlichem Anlaß ohne weiteren Aufschub geboten ist. Sie ist an die Stellen zu richten, die die Sicherheitsempfehlung in geeignete Maßnahmen umsetzen können.

(3) Der Inhalt einer Sicherheitsempfehlung muß in angemessenem Verhältnis zu der sie auslösenden Ursache stehen. Er darf die geringstmöglichen Maßnahmen zur notwendigen Beseitigung der Ursache nicht überschreiten.

(4) Sicherheitsempfehlungen dürfen in keinem Fall zu einer Vermutung der Schuld oder Haftung für einen Unfall oder eine Störung führen.

(5) Die Kommission der Europäischen Gemeinschaft erhält eine Abschrift der Sicherheitsempfehlung.

(1) In den Fällen des § 5 Abs. 1 dürfen Entwürfe ausländischer Untersuchungsberichte, Teile davon und Dokumente, die die Bundesstelle aufgrund ihrer Beteiligung an einer Untersuchung erhält, ohne die ausdrückliche Zustimmung der ausländischen Untersuchungsbehörde nicht veröffentlicht oder Dritten zugänglich gemacht werden, es sei denn, die ausländische Untersuchungsbehörde hat diese Unterlagen bereits veröffentlicht oder freigegeben.

(2) Die Bundesstelle ist zur Veröffentlichung ausländischer Untersuchungsberichte nicht verpflichtet. Im Falle einer Veröffentlichung ist § 18 Abs. 2 Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Bundesstelle kann den von dem Ereignis Betroffenen oder deren Rechtsbeiständen Auskünfte aus den Akten des Untersuchungsverfahrens erteilen, soweit die Auskünfte zur Feststellung, Durchsetzung oder zur Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit dem Unfall oder der Störung erforderlich sind.

(2) Auskunft wird zwecks Wahrung der Privatsphäre nicht erteilt hinsichtlich

1.
vertraulichen Erklärungen und Angaben, die im Zusammenhang mit der Untersuchung auf Befragen der Bundesstelle abgegeben wurden; als vertraulich sind Erklärungen zu werten, die als solche abgegeben wurden und als deren Urheber die erklärende Person nicht in Erscheinung treten will oder darf,
2.
Aufnahmen von persönlichen Gesprächen auf Tonaufzeichnungsgeräten und deren Umschrift,
3.
medizinischer Daten einschließlich bildlicher Darstellungen von Personen,
es sei denn, die betroffenen Personen haben ausdrücklich zugestimmt.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann Akteneinsicht gewährt werden, wenn die Erteilung von Auskünften einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert oder nach Darlegung dessen, der Akteneinsicht begeht, zur Wahrung des berechtigten Interesses nicht ausreichen würde. Von der Akteneinsicht werden zwecks Wahrung der Privatsphäre die in Absatz 2 genannten Bestandteile der Akte ausgenommen.

(4) Die Akteneinsicht erfolgt bei der Bundesstelle. Im Einzelfall kann die Einsicht auch bei einer anderen Behörde oder bei einer diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland erfolgen.

Werden innerhalb von zehn Jahren nach Fertigstellung des Untersuchungsberichts wesentliche neue Tatsachen bekannt, nimmt die Bundesstelle von sich aus oder auf Antrag von bevollmächtigten Vertretern nach § 14 oder den in § 17 Abs. 1 genannten Personen und Stellen das Verfahren frühestens nach Ablauf von einem halben Jahr nach der Fertigstellung des Berichts wieder auf. Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Wiederaufnahme kann innerhalb von 30 Tagen Beschwerde an das für den Sitz der Bundesstelle zuständige Oberverwaltungsgericht erhoben werden; sein Spruch ist unanfechtbar.

(1) Bei Unfällen und Störungen von besonderer Bedeutung und Schwere, deren Untersuchung nach Art und Umfang das übliche Maß überschritten hat und bei denen die Auswertung und Kombination der Ergebnisse der verschiedenen Untersuchungshandlungen nicht ohne Schwierigkeiten zu einem offensichtlich eindeutigen Ergebnis führen kann, setzt die Bundesstelle nach der Anhörung nach § 17 eine Untersuchungskammer ein.

(2) Die Kammer verfaßt den endgültigen Untersuchungsbericht nach Maßgabe des § 18. Sie hat außerdem das Wiederaufnahmeverfahren nach § 22 in den Fällen des Absatzes 1 durchzuführen.

(3) Die Kammer besteht aus fünf Mitgliedern. Sie ist mit vier Mitgliedern beschlußfähig. Den Vorsitz führt der Untersuchungsführer; im Falle eines Wiederaufnahmeverfahrens entscheidet der Leiter der Bundesstelle über den Vorsitz. Die übrigen Mitglieder und ihre Vertreter müssen über besondere fachliche Erfahrungen auf dem Gebiet der Luftfahrttechnik, des Flugbetriebs oder der Flugsicherung verfügen und dürfen nicht der Bundesstelle oder einer der in § 4 Abs. 2 genannten Stellen oder dem Hersteller des Luftfahrzeugs oder einem der Hersteller seiner Teile angehören.

(4) Die Kammer soll ihre Ergebnisse möglichst einstimmig erzielen; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Abweichende Ansichten sind als gesonderte Darstellung dem Untersuchungsbericht anzufügen.

(5) Die Kammer ordnet und verteilt ihre Aufgaben in eigener Verantwortung auf ihre Mitglieder. Sie tritt jedoch nach außen nur als die Untersuchungskammer auf.

(1) Die Untersuchungskosten trägt zunächst der Bund.

(2) Der Bund kann die Kosten der Untersuchung von der Person zurückfordern, zu deren Lasten ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde die vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung des Unfalls oder der Störung unanfechtbar festgestellt hat. Das Rückgriffsrecht verjährt nach Ablauf von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Entscheidung.

(3) Die Kosten für die Bergung des Luftfahrzeugs oder für die Beseitigung der Trümmer sind vom Eigentümer des Luftfahrzeugs zu tragen. Dies gilt auch dann, wenn der Untersuchungsführer die Bergung zum Zweck der Untersuchung angeordnet hat. Die Möglichkeit des Rückgriffs bleibt unberührt.

(4) Der Kostenerstattungsanspruch ist in einem Bescheid festzusetzen, der nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz vom 27. April 1953 (BGBl. I S. 157), zuletzt geändert durch Artikel 40 des Gesetzes vom 14. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3341), in der jeweils geltenden Fassung vollzogen werden kann.

(1) Die Bundesstelle, die Untersuchungsbefugten nach § 11 und die Teilnehmer nach § 14 dürfen im Rahmen ihrer Befugnisse nach den §§ 11 und 16 personenbezogene Daten aller an dem Unfall oder der Störung beteiligten oder betroffenen Personen, sowie von Zeugen und anderen Personen, die über den Unfall oder die Störung Aussagen machen, erheben, verarbeiten und nutzen, soweit dies für die Zwecke der Untersuchung nach § 3 erforderlich ist. Ebenso stellen sie die beteiligten Luftfahrzeuge nach Baumuster und Kennzeichen und die identifizierenden Kennwerte der an Bord befindlichen Gepäck- und Frachtstücke fest.

(2) Vertrauliche Erklärungen sind durch technische Maßnahmen gegen unbefugte Einsichtnahme besonders zu schützen.

(3) Die nach Absatz 1 erhobenen Daten werden in einer Datei gespeichert oder in Akten festgehalten.

(1) Die Bundesstelle darf Daten nach § 25 an öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies für die Sicherheit in der Luftfahrt, für die Erteilung luftrechtlicher Erlaubnisse und Genehmigungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Luftfahrzeugs, für die Durchführung eines Strafverfahrens, für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und für gerichtliche Verfahren zur Feststellung, Geltendmachung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit dem Unfall oder der Störung sowie zum Zweck der Information von Angehörigen der vom Unfallereignis Betroffenen erforderlich ist.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann Akteneinsicht gewährt werden, wenn die Übermittlung von Daten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert oder die Akteneinsicht begehrende Stelle unter Angaben von Gründen erklärt, daß die Übermittlung von Daten zur Erfüllung ihrer Aufgabe nicht ausreichen würde. § 96 Satz 1 der Strafprozeßordnung bleibt unberührt und ist entsprechend anzuwenden.

(3) Unter den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 können Akten und Berichte der Bundesstelle auf Ersuchen zur Einsichtnahme öffentlichen Stellen übersandt werden, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung, für Zwecke der Rechtspflege und für Verwaltungsverfahren, die mit dem Ereignis und seinen Folgen in unmittelbarem Zusammenhang stehen, erforderlich ist. § 96 Satz 1 der Strafprozeßordnung bleibt unberührt und ist entsprechend anzuwenden. Im Falle einer Wiederaufnahme nach § 22 sind die Verwaltungsbehörden und Gerichte verpflichtet, die Akten auf Antrag der Bundesstelle unverzüglich zurückzugeben.

(4) Die Bundesstelle darf Daten nach § 25 zu den in Absatz 1 genannten Zwecken an die in § 6 Abs. 1 genannten Stellen übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der empfangenden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist und schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht beeinträchtigt werden, insbesondere beim Empfänger ein angemessener Datenschutzstandard gewährleistet ist. Die Übermittlung von personenbezogenen Daten ist auch dann, wenn beim Empfänger ein angemessener Datenschutz nicht gewährleistet ist, zulässig, soweit sie zur Verhütung von Unfällen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge und für Zwecke der Information von Angehörigen der vom Unfallereignis Betroffenen erforderlich ist. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, daß die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verarbeitet und genutzt werden dürfen, zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind.

(1) Die Frist für die Aufbewahrung von Akten beträgt bei Unfällen mit Todesopfern 30 Jahre. Alle anderen Akten werden 20 Jahre aufbewahrt.

(2) Die in Dateien gespeicherten Daten werden bei Unfällen mit tödlichem Ausgang nach Ablauf von 30 Jahren, im übrigen nach Ablauf von 20 Jahren gelöscht.

(3) Die Frist nach den Absätzen 1 und 2 beginnt mit dem Abschluß des Verfahrens. § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes finden Anwendung.

(1) Die Bundesstelle leistet Flugsicherheitsarbeit mit dem Ziel der Flugunfallverhütung, indem sie Statistiken führt und auswertet, Flugunfallinformationen veröffentlicht und sich an Vortragsveranstaltungen beteiligt.

(2) Die Bundesstelle führt eine anonymisierte Statistik über Unfälle und schwere Störungen, die jährlich zu veröffentlichen ist. Sie dient dazu, eine aktuelle, allumfassende und zuverlässige Datenbasis über Struktur und Entwicklung der erfaßten Fälle herzustellen.

(3) Die Statistik erfaßt:

1.
die beteiligten Luftfahrzeuge nach Staatsangehörigkeitszeichen, Baumuster, Hersteller, Art der Beschädigung des Luftfahrzeugs, Art der Drittschäden, bei der Beförderung gefährlicher Güter die Art des Gefahrguts,
2.
die Zahl der Luftfahrzeuginsassen,
3.
die Zahl der verunglückten Insassen und die Unfallfolgen (tödliche, schwere, andere Verletzungen),
4.
Unfallort, Datum, Hergang und Umstände des Unfalls (Betriebsphase, Art der Störung) sowie ermittelte Unfallursachen.

(4) Die Bundesstelle wertet deutsche und ausländische Statistiken über Unfälle und Störungen aus. Auswertungsergebnisse und daraus resultierende Unfallinformationen werden veröffentlicht. Die Bundesstelle kann auf Anfrage Auswertungen und Statistiken gegen Kostenerstattung herstellen, soweit dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben nicht beeinträchtigt wird.

(5) Behörden und als gemeinnützig anerkannte Organisationen, die Flugsicherheitsarbeit leisten, erhalten die Veröffentlichungen nach den Absätzen 2 und 4 kostenlos.

(6) Die Bundesstelle kann auf Anfrage Referenten zu Flugsicherungsveranstaltungen oder vergleichbaren Veranstaltungen der Polizei oder des Katastrophenschutzes entsenden, soweit dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben nicht beeinträchtigt wird.

Die Bundesstelle wirkt beim Such- und Rettungsdienst mit, indem sie notwendige Informationen beschafft, an diesen weitergibt und ihn berät. Vor der Einstellung der Suche nach einem vermißten Luftfahrzeug ist zwischen dem Such- und Rettungsdienst und der Bundesstelle Einvernehmen herzustellen.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 12 Abs. 1 Satz 2 die Unfallstelle betritt,
2.
entgegen § 12 Abs. 2 Satz 1 die Unfallstelle, Unfallspuren, Wrackteile, Trümmerstücke oder sonstigen Inhalt des Luftfahrzeugs vor der Freigabe verändert,
3.
ohne Zustimmung nach § 14 Abs. 7 Satz 1 sich zum Stand der Untersuchung oder zu einzelnen Ergebnissen öffentlich äußert oder
4.
entgegen § 16 Abs. 3 Satz 1 der Pflicht zu wahrheitsgemäßen Aussage oder zur Erstattung von Gutachten nicht nachkommt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Luftfahrt-Bundesamt.

Die nachstehend aufgeführten Störungen sind typische Beispiele für schwere Störungen. Die Liste ist jedoch nicht erschöpfend und dient nur als Richtschnur für die Definition des Begriffs "schwere Störungen".

-
Fastzusammenstoß/gefährliche Begegnung; gefährliche Annäherung von zwei Luftfahrzeugen, bei der mindestens ein Luftfahrzeug nach Instrumentenflugregeln betrieben wurde und ein Ausweichsmanöver erforderlich war oder angemessen gewesen wäre, um einen Zusammenstoß oder eine gefährliche Situation zu vermeiden;
-
nur knapp vermiedene Bodenberührung mit einem nicht außer Kontrolle geratenen Luftfahrzeug (CFIT);
-
abgebrochener Start auf einer gesperrten oder belegten Startbahn oder Start von einer solchen Bahn mit kritischem Hindernisabstand;
-
Landung oder Landeversuch auf einer gesperrten oder belegten Landebahn;
-
erhebliches Unterschreiten der vorausberechneten Flugleistungen beim Start oder im Anfangssteigflug;
-
Brände oder Rauch in der Fluggastkabine oder im Laderaum und Triebwerksbrände, auch wenn diese Brände mit Hilfe von Löschmitteln gelöscht wurden;
-
Umstände, die die Flugbesatzung zur Benutzung von Sauerstoff zwangen;
-
Strukturversagen an der Luftfahrzeugzelle oder eine Triebwerkszerlegung, die nicht als Unfall eingestuft werden;
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mehrfaches Versagen eines oder mehrerer Luftfahrzeugsysteme, wodurch der Betrieb des Luftfahrzeugs ernsthaft beeinträchtigt wurde;
-
jeder Ausfall von Flugbesatzungsmitgliedern während des Flugs;
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jeder Kraftstoffmangel, bei dem der Luftfahrzeugführer eine Notlage erklären mußte;
-
Störungen bei Start oder Landung; Störungen wie zu frühes oder zu spätes Aufsetzen, Überschießen oder seitliches Abkommen von der Start- oder Landebahn;
-
Ausfall von Systemen, meteorologische Erscheinungen, Betrieb außerhalb des zulässigen Flugbereichs oder sonstige Ergebnisse, die Schwierigkeiten bei der Steuerung des Luftfahrzeugs hätten hervorrufen können;
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Versagen von mehr als einem System in einem redundanten System, das für die Flugführung und -navigation unverzichtbar ist.

Jur. Bezeichnung
FlUUG
Pub. Bezeichnung
FlUUG
Veröffentlicht
26.08.1998
Fundstellen
1998, 2470: BGBl I
Standangaben
Stand: Zuletzt geändert durch Art. 575 V v. 31.8.2015 I 1474