Urteil des VG Stuttgart vom 08.07.2014

VG Stuttgart: verzicht, grundstück, schlüssiges verhalten, abmeldung, verwaltungsakt, gebäude, wiederaufnahme, genehmigung, feststellungsklage, werkstatt

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 8.7.2014, 8 S 1071/13
Leitsätze
1. Eine Baugenehmigung nach § 58 Abs. 1 LBO wirkt als grundstücks- und vorhabenbezogener
Verwaltungsakt immer auch für und gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks und
nicht nur für den Bauherrn und dessen Rechtsnachfolger.
2. Die Unterbrechung einer genehmigten Nutzung kann für sich genommen nicht zur Erledigung
der Baugenehmigung auf andere Weise führen, wenn ihr kein dauernder Verzichtswille
zugrunde liegt, der unmissverständlich und unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht worden ist.
3. Die Abmeldung eines Gewerbes kann grundsätzlich nicht als unmissverständlicher und
unzweifelhafter Ausdruck eines Verzichtswillens gewertet werden.
4. Eine Baugenehmigung kann sich aufgrund einer Änderung der Sach- oder Rechtslage nur
ausnahmsweise i. S. des § 43 Abs. 2 LVwVfG auf andere Weise erledigen. Kann einer solchen
Änderung etwa durch nachträgliche Anforderungen oder Anpassungen nach § 58 Abs. 6 und §
76 Abs. 1 LBO Rechnung getragen und dadurch die rechtmäßige Ausnutzbarkeit der
Baugenehmigung sichergestellt werden, tritt eine solche Erledigung nicht ein.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27.
März 2013 - 8 K 979/11 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks mit der Flst. Nr. 5948/11 im Gemeindegebiet
der Beklagten (K-Straße ...). Auf diesem Grundstück befindet sich ein dreigeschossiges
Gebäude, das ursprünglich zu einem industriell genutzten Fabrikgelände gehörte.
2 Mit verschiedenen Baugenehmigungen aus den Jahren 1995 und 1996 genehmigte die
Beklagte die Nutzungsänderung des Erdgeschosses der Fabrikhalle in ein Tanzlokal mit
75 Stellplätzen, die Nutzungsänderung eines weiteren Teils der Halle in eine Gaststätte
mit Gartenwirtschaft mit 17 Stellplätzen, den Einbau einer Speisegaststätte mit Tanzlokal
im 1. Obergeschoss; den Einbau eines Cafés mit Tanzlokal und einer Gaststätte im 2. OG
einschließlich der Herstellung von 84 Stellplätzen und daran anschließend die
„Nutzungsänderung OG und DG des bestehenden Gebäudes in eine
Erlebnisgastronomie“. Die damalige Eigentümerin angrenzender Grundstücke übernahm
zugunsten des Baugrundstücks mit Erklärungen vom 04.10.1995 und 06.12.1995 die
Baulast zur Sicherung weiterer notwendiger Stellplätze für das Vorhaben zulasten ihrer
Grundstücke
3 Am 18.03.2004 genehmigte die Beklagte der W-GmbH den Um- und Ausbau und die
Renovierung des Gebäudes in allen drei Geschossen zur Diskothek „das J“. Die Bauherrin
bezeichnete das Vorhaben in den eingereichten Bauvorlagen als „Ausbau und
Renovierung der bestehenden Discotheken und einer Gaststätte: Abbruch und Neubau
einer Trennwand, Herstellen zweier Türdurchbrüche, Einbau neuer Treppen- und
Podestanlagen; Komplettrenovierung der Wand-, Decken- und Bodenflächen“. Der
Baugenehmigung vom 18.03.2004 waren 33 „Nebenbestimmungen der
Kreisbrandmeisterstelle“ beigefügt.
4 Mit einer weiteren Baugenehmigung vom 17.07.2007 wurde sodann auf Antrag der Fa. p
die Nutzungsänderung von Teilen der Diskothek - allein Teilflächen des Erdgeschosses
betreffend - in eine Verkaufsfläche mit Werkstatt genehmigt.
5 Die Betreiber der genehmigten Gaststätten und Diskotheken haben wiederholt
gewechselt. Die W-GmbH zeigte im April 2003 die Neugründung des Betriebs „Discothek
«J»“ gewerberechtlich an. Am 25.05.2009 erfolgte die Abmeldung dieses Gewerbes zum
31.12.2005. Die J-GmbH zeigte am 16.01.2006 die Aufnahme des Gewerbes in dem
Gebäude - „Betrieb gastronomischer Einrichtungen, vor allem Diskotheken sowie der
Import und Handel mit Waren aller Art wie Gastronomiebedarf und technischen Geräten,
soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist“ - zum 30.11.2005 an. Der J-Betriebs-
GmbH wurde am 06.02.2006 von der Beklagten eine Gaststättenerlaubnis zum Betrieb der
„Erlebnisgastronomie «Disco J»“ erteilt. Am 15.05.2009 wurde die Abmeldung zum
28.02.2007 aufgrund eines Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter der J-
Betriebs-GmbH angezeigt.
6 Die Baulasten zur Sicherung der notwendigen Stellplätze wurden auf den Antrag der
damaligen Eigentümerin am 31.08.2009 gelöscht, nachdem die Baurechtsbehörde auf sie
mit der Begründung verzichtet hatte, dass ein öffentliches Interesse am Fortbestand nach
der Abmeldung des Betriebs der Diskothek zum 31.12.2005 nicht mehr bestehe. Die
damalige Eigentümerin des begünstigten Grundstücks, ein Vertreter oder der
Insolvenzverwalter der J-Betriebs-GmbH sind vor der Löschung der Baulast nicht angehört
worden.
7 Der Kläger schloss am 22.07.2010 mit dem Insolvenzverwalter der J-Betriebs-GmbH, für
diese handelnd, einen notariell beurkundeten Kaufvertrag u.a. über das Grundstück mit der
Flst. Nr. 5948/11 in ... Ein sodann von der PS-GmbH gestellter Antrag auf einen
Bauvorbescheid zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer Nutzungsänderung in fünf
Spielhallen wurde mit Bescheid der Beklagten vom 19.11.2010 abgelehnt. Ein hiergegen
erhobener Widerspruch blieb erfolglos (Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen
vom 07.03.2011). Eine diesbezüglich erhobene Klage wurde am 27.03.2013
zurückgenommen.
8 Mit Schreiben vom 29.10.2010 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, für den Fall
der abschlägigen Bescheidung der Bauvoranfrage den Betrieb der Diskothek im
genehmigten Umfang wiederaufleben lassen zu wollen. Daraufhin teilte die Beklagte mit
Schreiben vom 17.11.2010 mit, dass nach der Betriebsaufgabe vor mehr als fünf Jahren
nunmehr der baurechtliche Bestandsschutz entfallen sei. Der Betrieb einer Diskothek
könne daher ohne neue Baugenehmigung nicht aufgenommen werden. Nach der
Rechtsprechung verliere eine Baugenehmigung ihre Wirksamkeit, wenn die genehmigte
Nutzung über einen längeren Zeitraum nicht mehr ausgeübt werde und die
Verkehrsauffassung mit ihrer Wiederaufnahme nicht mehr rechne, was in der Regel nach
zwei bis drei Jahren der Fall sei. Auch sei 2007 eine Nutzungsänderung von Teilen der
Diskothek in eine Verkaufsfläche mit Werkstatt erfolgt. Überdies sei mit der Löschung der
Baulast die Voraussetzung für die Erteilung der damaligen Baugenehmigung entfallen.
Die Beklagte bestätigte diese Rechtsauffassung auf ausdrückliche Nachfrage des Klägers
mit Schreiben vom 16.03.2011.
9 Der Kläger hat am 14.04.2011 Klage erhoben, mit der er zunächst die Feststellung begehrt
hat, dass die Baugenehmigung für die Diskothek „J“ auf dem Grundstück K-Straße ... in ...
nicht erloschen sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger sodann allein
die Feststellung beantragt, dass die Baugenehmigung vom 18.03.2004 nicht erloschen
sei, soweit sie nicht die Teilfläche im Erdgeschoss betreffe, für die mit der
Baugenehmigung vom 17.07.2007 die Nutzungsänderung von Teilen der Diskothek in
eine Verkaufsfläche mit Werkstatt genehmigt worden sei. Die Beklagte ist der Klage
entgegengetreten.
10 Das Verwaltungsgericht hat nach Einnahme eines Augenscheins mit Urteil vom
27.03.2013 festgestellt, dass die Baugenehmigung der Beklagten vom 18.03.2004 für den
Um- und Ausbau der Diskothek „J“ auf dem Grundstück Flst. Nr. 5948/11, K-Straße ... in ...
nicht erloschen ist, soweit sie nicht die Teilfläche im Erdgeschoss betrifft, für die mit
Baugenehmigung vom 17.07.2007 die Nutzungsänderung von Teilen der Diskothek in
eine Verkaufsfläche mit Werkstatt genehmigt worden ist. Im Übrigen hat es das Verfahren
nach der teilweisen Klagerücknahme - betreffend die Teilfläche im Erdgeschoss -
eingestellt.
11 Eine verwirklichte Baugenehmigung bleibe wirksam, solange sie nicht zurückgenommen,
widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf erledigt sei. Eine Erledigung
auf andere Wiese - die hier allein in Betracht komme - trete bei einer Baugenehmigung
ein, wenn sie ihre regelnde Wirkung verliere. Das sei z.B. der Fall, wenn die genehmigte
bauliche Anlage zerstört worden sei oder ihre Substanz eingebüßt habe. Dies sei hier -
wie der gerichtliche Augenschein ergeben habe - nicht der Fall. Eine Baugenehmigung
könne sich auch durch Verzicht, sei er ausdrücklich erklärt, sei er durch schlüssiges
Verhalten betätigt, erledigen. Die bloße zeitliche Nichtweiterführung einer Nutzung trotz
Nutzungstauglichkeit der baulichen Anlagen lasse nicht auf einen dauernden
Verzichtswillen schließen, zumal keine Rechtspflicht zur fortgesetzten Nutzung eines
genehmigten Baubestands bestehe. Umstände, die für eine endgültige Aufgabe des
Nutzungswillens sprechen könnten, seien etwa die Dauer der Nichtnutzung, die Aufnahme
andersartiger Nutzungen oder die nachträgliche Änderung der Umgebung, die eine
störungsfreie Rückkehr zur ursprünglichen Nutzung nicht mehr zulasse. Maßgeblich sei,
ob bei Würdigung aller Umstände die Verkehrsauffassung mit einer Wiederaufnahme der
früheren, bestandsgeschützten Nutzung rechne. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben
rechne die Verkehrsauffassung hier derzeit noch mit der Wiederaufnahme der
genehmigten Nutzung. Die bloße Nichtweiterführung der genehmigten Nutzung führe nicht
zur Erledigung der Baugenehmigung. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger
oder einer seiner Rechtsvorgänger auf die Baugenehmigung vom 18.03.2004
ausdrücklich verzichtet haben könnte. Weder stellten die Verkaufsbemühungen nach der
Insolvenz der früheren Grundstückseigentümerin noch die verschiedenen
Nutzungsanfragen an die Beklagte einen solchen Verzicht dar. Es sei eine anerkannte
Auslegungsregel, dass an die Auslegung einer Willenserklärung, die zum Verlust einer
Rechtsposition führe, strenge Anforderungen zu stellen seien und in der Regel eine
eindeutige Willenserklärung erforderlich sei. Ein Rechtsverzicht sei niemals zu vermuten.
Auch sei die Rückkehr zur genehmigten Nutzung auf dem Grundstück derzeit störungsfrei
möglich. Die Baugenehmigung vom 17.07.2007 beziehe sich lediglich auf die Fläche der
im Erdgeschoss gelegenen Diskothek 2, die am 18.03.2004 als eigenständige Diskothek
genehmigt worden sei. Damit sei sie räumlich und funktional abgrenzbar und
selbstständig. Auch größenmäßig beziehe sie sich auf eine Fläche mit untergeordneter
Bedeutung für das Gesamtgebäude, so dass ihre Erteilung nicht zum Erlöschen der
gesamten Baugenehmigung vom 18.03.2004 geführt habe.
12 Die Beklagte hat gegen das ihr am 19.04.2013 zugestellte Urteil, in dem die Berufung
zugelassen worden ist, am 11.05.2013 Berufung eingelegt und diese am 07.06.2013
begründet: Die Klage sei unbegründet, die Baugenehmigung habe sich auf andere Wiese
im Sinne des § 43 Abs. 2 LVwVfG erledigt. Denn mit der Baugenehmigung vom
17.07.2007 sei auf Teilen der ursprünglichen Fläche der Diskothek eine andere Nutzung
genehmigt und aufgenommen worden. Damit sei auch für die Restfläche der Diskothek die
Baugenehmigung erloschen. Die Diskothek „J“ sei zum 31.12.2005 aufgegeben worden.
Mit der gewerberechtlichen Abmeldung des Betriebs gastronomischer Einrichtungen, vor
allem Diskotheken sowie des Imports und Handels mit Waren aller Art wie
Gastronomiebedarf und technischen Geräten zum 28.02.2007 seien sämtliche Nutzungen,
die von der Baugenehmigung der Beklagten erfasst gewesen seien, aufgegeben
gewesen. Im Jahre 2007 sei mit der Nachnutzung der Diskothekenflächen begonnen
worden, was die erteilte Baugenehmigung vom 17.07.2007 belege. Dafür sprächen auch
die Bemühungen des Insolvenzverwalters zur anderweitigen Verwertung des Gebäudes.
Zum gleichen Ergebnis gelangte man auch bei Anwendung des so genannten Zeitmodells
des Bundesverwaltungsgerichts. Die Nutzung, die nicht von der Baugenehmigung 2007
erfasst sei, sei praktisch fünf Jahre nicht mehr genutzt worden. Nach dem Zeitmodell habe
der Bauherr nach Ablauf von zwei Jahren besondere Gründe darzulegen, dass die
Beendigung der Nutzung noch nicht endgültig sein sollte. Dafür gebe es hier aber keine
Anhaltspunkte. Im Gegenteil habe der damalige Eigentümer oder der Insolvenzverwalter
nie den Eindruck erweckt, die Nutzungsbeendigung solle nicht endgültig sei. Zu keiner
Zeit sei von der Wiederaufnahme der Diskothekennutzung die Rede gewesen.
13 Die Beklagte beantragt,
14 das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2013 - 8 K 979/11 - zu
ändern und die Klage abzuweisen.
15 Der Kläger beantragt,
16 die Berufung zurückzuweisen.
17 Er verteidigt das angegriffene Urteil und weist darauf hin, das in dem Zeitraum zwischen
der gewerberechtlichen Abmeldung der Diskothek zum 28.02.2007 und dem 29.10.2010 -
dem Tag, an dem er die Absicht zur Wiederaufnahme der Nutzung gegenüber der
Beklagten bekundet habe - nichts geschehen sei, was als eindeutiger und
unmissverständlicher Verzicht auf die Baugenehmigung interpretiert werden könne. Weder
folge aus der Nutzungsänderungsgenehmigung für eine abtrennbare Teilfläche ein
solcher Verzicht noch lasse sich ein Verzichtswille daraus ableiten, dass der
Insolvenzverwalter bei dem Bemühen um die Verwertung des Gebäudes auch andere
Nutzungsmöglichkeiten in Betracht gezogen habe. Ein wesentliches Indiz gegen einen
endgültigen Verzicht sei darüber hinaus, dass die gesamte Betriebseinrichtung im
Gebäude verblieben sei.
18 Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten - einschließlich der
Baugenehmigungsakten für das Grundstück des Klägers seit 1995 - vor. Auf diese wird
wegen der weiteren Einzelheiten ebenso verwiesen wie auf die Gerichtsverfahrensakten.
Entscheidungsgründe
19 Die zulässige - insbesondere rechtzeitig eingelegte und begründete (§ 124a Abs. 2 Satz 1,
Abs. 3 Satz 1 VwGO) - Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das
Verwaltungsgericht hat die zulässige Feststellungsklage (I.) zu Recht als begründet
angesehen und festgestellt, dass die Baugenehmigung der Beklagten vom 18.03.2004 für
den Um- und Ausbau der Diskothek „J“ in dem vom Kläger zuletzt behaupteten Umfang
nicht erloschen ist (II.).
I.
20 Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Streit um die Fortgeltung einer wirksam erteilten
Baugenehmigung betrifft das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs.
1 VwGO. Der Kläger ist als Eigentümer des Grundstücks, für das die umstrittene
Baugenehmigung erteilt worden ist, in analoger Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO
klagebefugt. Denn aufgrund des Erwerbs des Eigentums am Grundstück und der damit
erlangten, auch nicht schuldrechtlich beschränkten Verfügungsbefugnis ist er - auch im
Sinne des § 58 Abs. 2 LBO - Rechtsnachfolger der bisherigen Eigentümerin, der J-
Betriebs-GmbH, geworden. Unerheblich ist dabei, dass die Baugenehmigung nicht der
vormaligen Eigentümerin, sondern der W-GmbH erteilt worden war. Denn die
Baugenehmigung wirkt als grundstücks- und vorhabenbezogener Verwaltungsakt immer
auch für und gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks und nicht nur für den
Bauherrn und dessen Rechtsnachfolger (Sauter, LBO, 3. Aufl., Stand: Juni 2010, § 58 Rn.
18). Dem Kläger kommt für seine Klage schließlich auch das erforderliche berechtigte
Interesse an der baldigen Feststellung (§ 43 Abs. 1 VwGO) zu. Denn die Beklagte
bestreitet die Wirksamkeit der Baugenehmigung vom 18.03.2004 für das Grundstück des
Klägers, während dieser sein Gebäude als Diskothek verpachten möchte. Die bestrittene
baurechtliche Zulässigkeit einer entsprechenden Nutzung vermittelt das erforderliche
berechtigte Interesse an einer gerichtlichen Feststellung.
II.
21 Die Feststellungsklage ist auch begründet. Die Baugenehmigung vom 18.03.2004 ist in
dem zur Entscheidung gestellten Umfang entgegen der Auffassung der Beklagten nicht
erloschen, sondern weiterhin wirksam.
22 1. Mit der am 18.03.2004 erteilten Baugenehmigung für „Umbau und Renovierung“ der
Diskothek ist die Nutzung des gesamten Gebäudes K-Straße ... wirksam neu und
unabhängig von früher erteilten Baugenehmigungen genehmigt worden. Die
Baugenehmigung, die mit ihrer Zustellung (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 6 LBO) wirksam
geworden ist, legalisiert insbesondere nicht nur die Umbau- und
Renovierungsmaßnahmen. Dies folgt schon aus den umfangreichen
brandschutzrechtlichen Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung, die erkennen lassen,
dass die Nutzung des gesamten Gebäudes baurechtlich vollständig neu genehmigt
worden ist.
23 2. Die Baugenehmigung vom 18.03.2004 ist weiterhin wirksam, insbesondere hat sie sich
nicht i. S. des § 43 Abs. 2 LVwVfG auf andere Weise erledigt.
24 In Ermangelung einer spezialgesetzlichen Regelung - insbesondere ist § 62 Abs. 1 LBO
mit seinen Bestimmungen zum Erlöschen nicht ausgenutzter Baugenehmigungen auf das
Erlöschen von Baugenehmigungen für bereits errichtete, aber nicht mehr genutzte
Gebäude nicht (analog) anwendbar (Senatsbeschluss vom 19.07.1989 - 8 S 1869/89 -
NVwZ-RR 1990, 171 (172); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.03.2009 - 3 S
1467/07 - BauR 2009, 1881 (1884)) - richtet sich die Fortdauer der Wirksamkeit einer
Baugenehmigung allein nach der allgemeinen Bestimmung des § 43 Abs. 2 LVwVfG.
Danach bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen,
widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt
ist.
25 a) Die Baugenehmigung vom 18.03.2004 ist weder aufgehoben worden noch hat sie sich
durch Zeitablauf erledigt. Ob der bloße Zeitablauf zur Erledigung eines Verwaltungsakts
führt, ist dann, wenn - wie hier - spezialgesetzlich nichts geregelt ist, dem Regelungsgehalt
des Verwaltungsakts zu entnehmen (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl.
2014, § 43 Rn. 206). Weder ist die Baugenehmigung ausdrücklich befristet noch lässt sich
ihrem Inhalt eine zeitliche Grenze ihres Regelungsanspruchs entnehmen.
26 b) Die umstrittene Baugenehmigung hat sich auch nicht auf andere Weise im Sinne des §
43 Abs. 2 LVwVfG erledigt.
27 aa) Auf andere Weise erledigt ist ein Verwaltungsakt, der seine regelnde Wirkung verliert.
Da das Gesetz den Wirksamkeitsverlust des Verwaltungsakts bei den übrigen in § 43 Abs.
2 LVwVfG genannten Varianten entweder - wie in den Fällen der Rücknahme, des
Widerrufs oder der anderweitigen Aufhebung - an ein formalisiertes Handeln der Behörde
oder - wie im Fall des Zeitablaufs - an einen eindeutig bestimmbaren Tatbestand knüpft, ist
die Annahme einer Erledigung „auf andere Weise“ im Sinne der letzten Variante der
Vorschrift nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt (BVerwG, Urteil vom
09.05.2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 19). Als Fallgruppen für die Erledigung auf
andere Weise sind insbesondere anerkannt der Wegfall des Regelungsobjekts (BVerwG,
Urteil vom 17.08.2011 - 6 C 9.10 - BVerwGE 140, 221 Rn. 43; VGH Baden-Württemberg,
Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - BauR 2009, 1881 (1884)), die inhaltliche
Überholung der Regelung durch einen neue Sachentscheidung (BVerwG, Urteil vom
09.05.2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 21), der einseitige Verzicht (BVerwG, Urteil
vom 15.12.1989 - 4 C 36.86 - BVerwGE 84, 209 (211 f.); VGH Baden-Württemberg, Urteil
vom 10.11.1993 - 3 S 1120/92 - NVwZ 1995, 280) und die Änderung der Sach- oder
Rechtslage, wenn diese den Verwaltungsakt ausnahmsweise gegenstandslos werden
lässt (BVerwG, Urteil vom 09.05.2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 25).
28 bb) (1) Hingegen führt eine Unterbrechung der genehmigten Nutzung für sich genommen
nicht zur Erledigung der Baugenehmigung, wenn ihr kein dauernder Verzichtswille
zugrunde liegt (Senatsbeschluss vom 19.07.1989 - 8 S 1869/89 - NVwZ-RR 1990, 171
(172)). Ein solcher Verzichtswille muss unmissverständlich und unzweifelhaft zum
Ausdruck kommen, damit die Baugenehmigung erlischt (VGH Baden-Württemberg, Urteil
vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - BauR 2009, 1881 (1884)). Hingegen spielt das so
genannte Zeitmodell des Bundesverwaltungsgerichts, das es für die Auslegung des
Begriffs der „alsbaldigen Neuerrichtung“ aus § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickelt
hat (BVerwG, Urteil vom 21.08.1981 - 4 C 65.80 - BVerwGE 64, 42 (44 f.)) und mit dem der
seit dem Untergang eines Gebäudes verstrichenen Zeitspanne je nach deren Dauer eine
unterschiedliche Bedeutung für den Bestandsschutz beigemessen wird (BVerwG,
Beschluss vom 04.10.2010 - 9 B 1.10 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr 383 Rn. 25), für
die Erledigung einer nach baden-württembergischen Landesrecht erteilten
Baugenehmigung keine Rolle. Denn die Bestandsschutzregelung aus § 35 Abs. 4 Satz 1
Nr. 3 BauGB konkretisiert Inhalt, Umfang und Dauer der Bestandskraft einer
Baugenehmigung nicht; die Begriffe und die rechtliche Bedeutung des bodenrechtlichen
Bestandsschutzes einerseits und der verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestandskraft der
Baugenehmigung andererseits sind voneinander zu unterscheiden (Gatz, in: jurisPR-
BVerwG 19/2007 Anm. 4; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 07.11.1997 - 4 C 7.97 - NVwZ
1998, 735 (736)). Da das geltende Baurecht keine Rechtspflicht zur fortgesetzten Nutzung
einer genehmigten baulichen Anlage kennt, kann die Unterbrechung einer genehmigten
Nutzung keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Baugenehmigung haben (VGH
Baden-Württemberg, Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - BauR 2009, 1881 (1883 f.)).
Die bloße Nichtnutzung kann daher jedenfalls in aller Regel nicht als - konkludente -
Erklärung eines Verzichts auf die Baugenehmigung angesehen werden (aA. in einem
obiter dictum: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.05.2003 - 5 S 2751/01 - BauR
2003, 1539). Dies entspricht der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte, die
ebenfalls eine Anwendung des „Zeitmodells“ ablehnen und auf einen geäußerten
Verzichtswillen abstellen (Bayerischer VGH, Urteil vom 20.02.2003 - 15 B 00.1363 -
NVwZ-RR 2003, 726 (727); OVG Niedersachsen, Beschluss vom 03.01.2011 - 1 ME
209/10 - BauR 2011, 1154 (1156 f.); OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.03.2013 - 8 A
11152/12 - NVwZ-RR 2013, 672 (673); vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss
vom 09.08.2013 - 2 A 2520/12 - BauR 2014, 679) sowie der wohl herrschenden
Auffassung in der Lehre (vgl. etwa Mager, JA 2010, 79 (80) und Goldschmidt/de Witt,
BauR 2011, 1590 (1596)).
29 (2) Ein Verzicht auf die Baugenehmigung vom 18.03.2004 ist zu keinem Zeitpunkt von
einem hierzu Berechtigten ausdrücklich oder konkludent erklärt worden.
30 (a) Die von der Beklagten angeführten Gewerbeabmeldungen betreffend den Betrieb einer
Diskothek sind kein taugliches Indiz für eine solche Verzichtserklärung.
31 Die gewerberechtliche Anzeigepflicht nach § 14 Abs. 1 GewO obliegt dem jeweiligen
Betreiber des Gewerbes; dieser ist nach §14 Abs. 1 Satz 1 GewO verpflichtet, die
Aufnahme des Gewerbes, und nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GewO, die Aufgabe seines
Betriebs der zuständigen Behörde anzuzeigen. Entsprechend ist jeder Inhaberwechsel
auch mit einer Ab- und Anmeldung des Gewerbes verbunden. Bei einem nahtlosen
Übergang läge es fern, in diesen Vorgängen einen Verzicht auf die Baugenehmigung zu
erblicken. Andernfalls müsste - jedenfalls bei einem Eigentumswechsel - der neue Inhaber
neben der Anmeldung seines Gewerbes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 GewO zugleich auch
einen Antrag bei der zuständigen Baurechtsbehörde stellen, ihm ebenfalls die
entsprechende gewerbliche Nutzung des Grundstücks baurechtlich zu genehmigen. Dies
wäre mit dem Charakter der Baugenehmigung als grundstücksbezogene Genehmigung
unvereinbar.
32 Vor diesem Hintergrund kann die Abmeldung des Gewerbes grundsätzlich nicht als
unmissverständlicher und unzweifelhafter Ausdruck eines Verzichtswillens gewertet
werden. Dies gilt auch für den Fall, dass im Zeitpunkt der Abmeldung des Gewerbes noch
nicht absehbar ist, ob es zur Fortführung desselbigen durch einen neuen Inhaber kommen
wird. Dies gilt insbesondere, wenn der bisherige Inhaber um eine Veräußerung des
Grundstücks bemüht ist. Die Möglichkeit, das Grundstück infolge der fortbestehenden
Baugenehmigung als ein im genehmigten Umfang gewerblich nutzbares Grundstück zu
veräußern, erweitert den Kreis potentieller Käufer und erhöht den Grundstückswert. Ein
Verzicht auf die Baugenehmigung liefe dem Veräußerungsinteresse regelmäßig
erkennbar zuwider und kann bei verständiger Würdigung daher gerade nicht konkludent in
der Gewerbeabmeldung enthalten sein.
33 (b) Ein konkludenter Verzicht auf die Baugenehmigung kann auch nicht den Bemühungen
des Insolvenzverwalters zur Verwertung des Grundstücks entnommen werden, mag er
dazu auch rechtlich nach § 80 Abs. 1 InsO in der Lage gewesen sein. Gemäß § 159 InsO
hat der Insolvenzverwalter nach dem Berichtstermin unverzüglich das zur Insolvenzmasse
gehörende Vermögen zu verwerten, soweit Beschlüsse der Gläubigerversammlung nicht
entgegenstehen. Die zur Masse gehörenden Gegenstände sind von ihm so
gewinnbringend wie möglich zu veräußern. Dies schließt bei der Veräußerung eines
bisher gewerblich genutzten Grundstückes auch die Pflicht ein, bei seinen
Verkaufsbemühungen mögliche, bisher nicht genehmigte Nutzungen des Grundstücks in
den Blick zu nehmen, um auf diese Weise den Kreis potentieller Käufer zu erweitern und
so die Absatzchancen zu erhöhen. Handelte er dieser Pflicht zuwider, liefe er Gefahr den
Insolvenzgläubigern zum Schadensersatz verpflichtet zu sein. Angesichts dieser
Umstände kann auch in dem Handeln des Insolvenzverwalters kein unmissverständlicher
und unzweifelhafter Ausdruck eines Verzichtswillen erkannt werden.
34 (c) In dem Bauantrag der Fa. p, der zur Erteilung der Baugenehmigung vom 17.07.2007 für
die Nutzungsänderung im Erdgeschoss des Gebäudes des Klägers geführt hat, kann
ebenfalls kein Verzicht auf die Baugenehmigung vom 18.03.2004, soweit sie sich auf
andere Räume bezieht, liegen. Denn diese Bauherrin war hinsichtlich der
Baugenehmigung vom 18.03.2004 nicht dispositionsbefugt. Ihr standen die Rechte aus
dieser Baugenehmigung zu keinem Zeitpunkt zu.
35 cc) Schließlich haben auch weder der Verzicht der Beklagten auf die die notwendigen
Stellplätze sichernde Baulasten noch die Erteilung der Baugenehmigung für eine
Nutzungsänderung im Erdgeschoss des Gebäudes am 17.07.2007 zu einer Erledigung
der im Streit befindlichen Baugenehmigung vom 18.03.2004 auf andere Weise geführt. Es
handelt sich bei den beiden Ereignissen jeweils nicht um eine Änderung der Sach- oder
Rechtslage, die die streitbefangene Baugenehmigung hat gegenstandslos werden lassen.
36 (1) Im Grundsatz lässt die nachträgliche Änderung der für den Erlass des Verwaltungsakts
maßgeblichen Sach- oder Rechtslage dessen Wirksamkeit unberührt. Dies folgt aus § 51
Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG und der dieser Vorschrift zugrundeliegenden Wertung. Hat danach
die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines
unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt
zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen
geändert hat, können geänderte Umstände nur dann unmittelbar zum Wirksamkeitsverlust
des Verwaltungsakts führen, wenn sie ihn ausnahmsweise gegenstandslos machen. Ob
von einer derartigen Gegenstandslosigkeit auszugehen ist, hängt davon ab, ob der
Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck und gegebenenfalls im Zusammenhang
mit den Vorschriften, auf denen er beruht, Geltung auch gerade für den Fall der
veränderten Umstände beansprucht oder nicht (BVerwG, Urteil vom 09.05.2012 - 6 C 3.11
- BVerwGE 143, 87 Rn. 25). Eine Baugenehmigung kann sich danach aufgrund einer
Änderung der Sach- oder Rechtslage nur ausnahmsweise i. S. des § 43 Abs. 2 LVwVfG
auf andere Weise erledigen. Kann einer solchen Änderung etwa durch nachträgliche
Anforderungen oder Anpassungen nach § 58 Abs. 6 und § 76 Abs. 1 LBO Rechnung
getragen und dadurch die rechtmäßige Ausnutzbarkeit der Baugenehmigung
sichergestellt werden, tritt eine solche Erledigung nicht ein.
37 (2) Gemessen hieran führen die oben genannten Änderungen der Sach- und Rechtslage
nicht zur Gegenstandslosigkeit und damit nicht zur Unwirksamkeit der Baugenehmigung
vom 18.03.2004.
38 (a) Der einseitige Verzicht der Beklagten auf die Baulasten nach § 71 Abs. 3 Satz 1 LBO -
der entgegen § 71 Abs. 3 Satz 2 LBO ohne vorherige Anhörung und daher ohne Wissen
der durch die Baulast Begünstigten erfolgte - mag zwar dazu führen, dass die Diskothek
nicht mehr über die notwendigen Stellplätze verfügt (§ 37 Abs. 1 Satz 1 LBO). Dieser
Umstand steht aber ersichtlich der Nutzung der Räume auf dem Grundstück des Klägers
als Diskothek weder rechtlich noch tatsächlich zwingend entgegen.
39 (b) Auch die Erteilung der Baugenehmigung vom 17.07.2007 stellt die Weiternutzung des
restlichen Gebäudes entsprechend der Baugenehmigung vom 18.03.2004 weder rechtlich
noch tatsächlich in einer Weise in Frage, dass die letztere gegenstandslos geworden
wäre. Die Baugenehmigung vom 18.03.2004 ist insoweit ersichtlich teilbar. Die weiteren,
nicht von der Baugenehmigung vom 17.07.2007 erfassten Bereiche der Diskothek sind
unabhängig von dem nordwestlichen Teil des Erdgeschosses des Gebäudes zu
erreichen, zu verlassen und können unabhängig von ihm als Diskothek genutzt werden.
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung aufgeworfenen Fragen, ob die
Nutzungsänderung im Erdgeschoss auf der Grundlage der Baugenehmigung vom
17.07.2007 aus Gründen des Brandschutzes für das übrige Gebäude und ob die
zwischenzeitlich eingetretene Verschärfung gesetzlicher Vorschriften zum Brandschutz
zum Erlöschen der Baugenehmigung vom 18.03.2004 führen, sind zu verneinen, ohne
dass es einer brandschutzrechtlichen Bewertung bedarf. Denn die Baurechtsbehörde
kann jedenfalls mittels zulässiger nachträglicher brandschutzrechtlicher Anforderungen
die rechtmäßige Ausnutzbarkeit der Baugenehmigung vom 18.03.2004 sicherstellen. Für
den Fall, dass Gründe des Brandschutzes einer Nutzung des Gebäudes als Diskothek
aufgrund der Nutzungsänderung im Erdgeschoss oder geänderter Vorschriften
entgegenstehen sollten, können nämlich - bei neuen bauordnungsrechtlichen
Anforderungen - eine Anpassung zum Schutz von Leben oder Gesundheit nach § 76 Abs.
1 LBO verlangt werden und es können nach § 58 Abs. 6 Satz 1 LBO Anforderungen
gestellt werden, um Gefahren für Leben oder Gesundheit oder bei der Genehmigung nicht
voraussehbare Gefahren oder erhebliche Nachteile oder Belästigungen von der
Allgemeinheit oder den Benutzern der baulichen Anlage abzuwenden. Es ist nicht
ersichtlich, weshalb solche nachträglichen Anforderungen nicht genügen sollten, einen
aus baurechtlicher Betrachtung gefahrlosen Betrieb der Diskothek sicherzustellen. Sollte
aus derzeit nicht vorhersehbaren Gründen ein Vorgehen nach den §§ 58 Abs. 6, 76 Abs. 1
LBO dafür nicht ausreichen, müsste die Beklagte allerdings prüfen, ob sie die
Baugenehmigung nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LVwVfG zu widerrufen hat.
III.
40 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
41 Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
42
Beschluss vom 2. Juli 2014
43 Der Streitwert wird unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts
Sigmaringen vom 15. April 2013 - 8 S 979/11 - für das Verfahren vor dem
Verwaltungsgericht auf 118.152 EUR und für das Berufungsverfahren auf 105.893 EUR
festgesetzt.
44
Gründe
45 Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn
ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Streitwert für einen
Streit um das Fortbestehen einer Baugenehmigung ist entsprechend dem Streitwert für
eine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung zu bestimmen.
Wirtschaftlich ist das hinter diesen Klagen stehende Interesse identisch. Dieses Interesse
bestimmt sich bei einer wirtschaftlichen Nutzung als Bruchteil des zu erwartenden
Jahresumsatzes.
46 Ausgehend von den Angaben des Klägers, 6 EUR/m
2
Pacht im Monat für die Gastflächen
erzielen zu können, nimmt das Gericht - im Einverständnis mit den Beteiligten - an, dass
der Pachtpreis bei ungefähr 10 % des zu erwartenden Umsatzes liegt. Dies führt auf einen
möglichen Umsatz von 720 EUR/m
2
Gastfläche im Jahr und damit in Ausübung des in §
52 Abs. 1 GKG eingeräumten Ermessens auf einen Streitwert von 90 EUR/m
2
Gastraumfläche. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Gastraumfläche, wie sie in der
Baugenehmigung vom 18.05.2004 berechnet ist, für die Bestimmung des Streitwerts mit zu
großen Abzügen versehen ist. Die Ausgestaltung der Bar- und Thekenbereiche ist nicht
Gegenstand der Genehmigung, so dass sich die gesamte Fläche als Gastraumfläche
darstellt. Dies führt zu folgender Gesamtfläche für die Baugenehmigung aus dem Jahr
2004:
47
EG Disco 1:
506,97 - Abzugsfähig ist allein die Treppe
EG Disco 2:
158,58
OG:
225,11
DG:
422,15
48 Dies führt zu einer Gesamtfläche von 1.312,81 m
2
und damit bei einem Streitwert von 90
EUR/m
2
zu einem erstinstanzlichen Streitwert von 118.152 EUR. In erster Instanz ist die
Feststellungsklage teilweise zurückgenommen worden, so dass im Berufungsverfahren
um eine kleinere Fläche gestritten wird. Es sind 136,22 m
2
Ladenfläche, die ehemals
Tanzfläche waren, abzuziehen. Damit ist die Nutzung einer Gesamtfläche von 1.176,59 m
2
im Streit und daher ein Streitwert von 105.893 EUR für das Berufungsverfahren
festzusetzen. Die ebenfalls zu verpachtenden Nebenflächen bleiben bei der Betrachtung
der wirtschaftlichen Bedeutung der Baugenehmigung außer Betracht.
49 Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.